Baselbieter Erfolgsautor auf neuem Terrain

Fabian Kern am Mittwoch, den 19. Oktober 2016

 

BuchcoverHörten Krimileser bisher den Namen Rolf von Siebenthal, dann stellte sich sofort die Assoziation mit Max Bollag und dem Liestaler Tagblatt ein. Künftig werden sich da wohl noch einige Namen dazugesellen, denn der Baselbieter Krimiautor verlässt sein vertrautes Terrain, die Region Basel, und begibt sich aufs politisch heikle Parkett der Bundeshauptstadt. In Bern ermitteln in «Lange Schatten» offiziell Bundeskriminalpolizist Alex Vanzetti und inoffziell die junge Journalistin Zoe Zwygart sowie deren rüstige Grossmutter Lucy, selbst ehemalige Reporterin. Weil es sich gleich beim ersten Fall, bei dem sich die Wege dieser drei Protagonisten kreuzen, um einen Anschlag auf eine Bundesrätin handelt, ist für gehörig Brisanz gesorgt.

Von Siebenthal verlässt sein gewohntes Terrain also nur geografisch. Wie schon bei der Bollag-Serie werden die polizeilichen Ermittlungen von der Presse unterstützt oder behindert – je nach Perspektive. Diesmal allerdings ist die Hauptperson der Beamte. Vanzetti, ein aufstrebender Ermittler bei der Bundeskriminalpolizei, der sich aufgrund seines verhältnismässig jungen Alters auf höchster Ebene erst noch richtig beweisen muss. Neid und Missgunst stehen Vanzetti Spalier, erst recht, als er die These in den Raum stellt, dass der Mordanschlag, bei dem ein bundesrätlicher Leibwächter erschossen wurde, gar nicht dem Regierungsmitglied gegolten habe, sondern eben dem Sicherheitsbeamten. Derweil ist Zoe Zwygart, die sich bei den Berner Nachrichten ihre Sporen abverdient, der Sonderkommission bereits einen Schritt voraus. Die junge Journalistin erhält immer wieder mysteriöse Hinweise auf einen Serienmörder. Doch von wem und warum?

Rolf von Siebenthal (Jg. 1961) ist selbstständiger Journalist und Texter.

Rolf von Siebenthal (Jg. 1961) ist ausgebildeter Sprachlehrer.

Die Anlage der Hauptfiguren ist keine Neuerung. Die beiden Figuren laufen einander immer wieder über den Weg, was eine ambivalente Beziehung nach sich zieht. Ein bekanntes Muster, das von Siebenthal selbst schon bei seiner Bollag-Serie angewendet hat: Hartnäckiger Journalist wird immer wieder in die Schranken gewiesen, ist dem Ermittler aber immer einen Schritt voraus – dennoch sind die beiden am besten, wenn sie zusammenarbeiten. Ungewöhnlich dafür die Figur von Zoe: Eine ehemalige Elitesoldatin, die nun im Journalismus Karriere machen will – ganz nach dem Vorbild ihrer Grossmutter, die früher eine grosse Nummer bei den Berner Nachrichten gewesen ist. Die Figuren sind gut zugänglich, der Anfang einer neuen Serie scheint gemacht.

Damit wären wir wieder beim fremden Terrain. So fremd ist Bern dem Autor nämlich nicht. Von Siebenthal hat in Bern studiert, als Lehrer unterrichtet und fünf Jahre beim Bundesamt für Verkehr gearbeitet. «Zudem bietet mir die Hauptstadt viele Möglichkeiten für einen Krimi», sagt der frühere Journalist. «Ich kann sowohl die Bundesverwaltung als auch das Parlament oder die internationale Politik einbeziehen.» Es gibt also Grund zur Freude, denn «Lange Schatten» unterhält sehr kurzweilig, und man hofft auf ein baldiges Wiedersehen mit Alex Vanzetti und Zoe Zwygart. 2017 soll das nächste Buch aus der Berner Serie erscheinen. Und was ist mit Bollag? Den hat von Siebenthal immer noch im Hinterkopf: «Noch habe ich die Bollag-Serie nicht ganz aufgegeben, Ideen für weitere Bücher hätte ich jedenfalls…»

Rolf von Siebenthal: Lange Schatten. Friedrich Reinhardt Verlag. Basel, 2016. 464 Seiten, Fr. 29.80.

Die Bollag-Krimis von Rolf von Siebenthal: Schachzug (2013), Höllenfeuer (2014), Schlagzeile (2015).

Bist du Gaffer oder Spieler?

Fabian Kern am Mittwoch, den 7. September 2016

«Nerve» läuft ab 8.9. im Capitol und im Küchlin.

«Nerve» läuft ab 8.9. im Capitol und im Küchlin.

Stell dir vor, es gibt da ein Spiel, bei dem du mit etwas Mut zum Risiko viel Geld gewinnen kannst oder gegen eine Gebühr anderen Menschen via App bei Mutproben zusehen kannst. Diese Mutproben fangen harmlos an, indem man zum Beispiel seine eigene Schüchternheit überwinden muss, in der Öffentlichkeit singen oder sich entblössen. Dafür gibt es dann aber bereits 100 Dollar, wenn man besteht – und schon wartet die nächste Prüfung. Diese wird schwieriger zu meistern sein, die Überwindung höher, vielleicht auch die Gefahr grösser. Gibst du auf, ist das ganze Geld weg. Scheiterst du, ist das Geld weg. Am Ende gewinnt nur einer. Stell dir vor, dieses Spiel existiert wirklich und heisst «Nerve». Bist du Zuschauer oder Spieler?

Vee lässt sich auf «Nerve» ein.

Vee lässt sich auf «Nerve» ein.

Das Problem an diesem Spiel ist nur, dass du dich mit deiner Anmeldung den Machern komplett auslieferst. Sie haben dann Zugriff auf all deine persönlichen Daten auf den sozialen Medien, sie haben Zugriff auf deine Online Accounts, deine Mails, dein Konto. Aufgrund deiner Schwächen werden dir die nächsten Aufgaben gestellt. Vielleicht wirst du mit deiner schlimmsten Phobie konfrontiert, vielleicht musst du ein Verbrechen begehen, vielleicht musst du deinen besten Freund denunzieren. Bist du immer noch Spieler oder doch lieber Gaffer, der die Leichtsinnigen ins nächste Wagnis schickt? Oder sagst du: Dieses Spiel ist irre, lasst mich in Ruhe damit?

Aber ist sie wirklich stark genug dafür?

Aber ist sie wirklich stark genug dafür?

Die Idee von «Nerve» ist topaktuell. Sie treibt das Problem des gläsernen Kunden, unserer vielen persönlichen Daten, die mehr schlecht als recht gesichert im World Wide Web herumschwirren, auf die Spitze. Die Story um die vernünftige Vee (Emma Roberts), die über ihren Schatten springt und endlich mal etwas wagt in ihrem Leben und sich ausgerechnet auf das heimtückische Spiel einlässt und dabei auf den verführerischen, aber dubiosen Ian (Dave Franco) einlässt, ist Liebesgeschichte, Sozialkritik und Thriller in einem. Die rasante Inszenierung der beiden Kumpels Henry Joost und Ariel Schuman («Catfish», «Paranormal Acitivity 3») ist aber vor allem cleveres, junges Kino, das gute, kurzweilige Unterhaltung bietet.

«Nerve» läuft ab 8. September 2016 in den Basler Kinos Capitol und Pathé Küchlin.

Weitere Kinostarts in Basel am 8. September: The Light Between Oceans, Sing Street, Médecin de campagne.

Auch Magier können nicht zaubern

Fabian Kern am Mittwoch, den 31. August 2016

«Now You See Me 2» läuft ab 1.9. in Basel.

«Now You See Me 2» läuft ab 1. September in Basel.

Fortsetzungen können eine Plage sein – nicht nur jene von Teenie-Filmen. Von jedem auch nur halbwegs erfolgreichen Hollywood-Film wird ein Sequel gedreht. Auch wenn es sich bei dem Original um einen wirklich gelungenen Streifen handelt, der intelligent unterhält. Jüngstes «Opfer» dieser unvermeidlichen Studio-Strategie ist «Now You See Me». Wobei man einräumen muss, dass wenn man die Chance hat, eine Besetzung mit Jesse Eisenberg, Mark Ruffalo, Woody Harrelson, Dave Franco, Morgan Freeman und Michael Caine ein zweites Mal gemeinsam vor die Kamera zu bewegen, man dies unbedingt tun sollte. Und, bevor hier Missverständnisse aufkommen, das Resultat ist denn auch durchaus sehenswert.

Merritt McKinney steckt mal wieder in Problemen.

Merritt McKinney steckt mal wieder in Problemen.

Wie bei jedem Sequel kommt auch bei «Now You See Me 2» die Regel zur Anwendung, dass das Wegfallen vom Überraschungseffekt des Neuen wettgemacht werden muss durch mehr. Mehr und spektakulärere Twists, mehr Action, mehr Gags und mehr Figuren. Letzteres ergibt sich auf beiden Seiten. Die vier Reiter, wie sich die Robin-Hood-Magier Daniel Atlas (Eisenberg), Merritt McKinney (Harrelson) und Jack Wilder (Dave Franco) nennen, sind nur noch zu dritt. Dahinter steckt die Schwangerschaft von Isla Fisher, die aussetzen musste. Sie wird aber durch die vorwitzige Lula (Lizzy Caplan) ersetzt, was vor allem Atlas überhaupt nicht passt. Er plant sogar vielmehr noch die Absetzung von Dylan Rhodes (Ruffalo) als Chef des Quartetts. Dabei kommt ihm zupass, dass der erste Auftritt der Crew nach über einem Jahr gehörig in die Hose geht. Der jugendliche Technologie-Magnat Walter Mabry (Daniel Radcliffe) erpresst die Reiter, für ihn in Macau die mächtigste Software der Welt zu stehlen. Doch dessen Motiv ist nicht nur die reine Habgier, sondern er verfolgt auch noch ganz persönliche Rachepläne.

Drei der vier Reiter vor dem Hochsicherheitssafe.

Drei der vier Reiter vor dem Hochsicherheitssafe.

War beim ersten Teil des Magier-Thrillers die Doppelbödigkeit das stärkste Argument, so kommen bei der Fortsetzung noch ein bis zwei Böden hinzu. Bald weiss der Zuschauer nicht mehr, wem er noch trauen kann, ob die Guten wirklich alle gut und die Bösen wirklich nur böse sind. Jon M. Chu, der den Regiestuhl von Louis Leterrier übernommen hat, treibt die möglichen Wendungen an die Grenzen des Aufnehmbaren, bekommt aber meistens haarscharf die Kurve. Das liegt sicher an den starken Darstellern sowie am ausgewogenen Mix aus Ernst und Humor. Die Story ist dicht und dank der Verarbeitung von Dylans Kindheitstraumas abgerundet. Allein die zum Teil sehr mysteriösen Hintergründe der Tricks sind etwas unglaubwürdig.

Steckt Thaddeus Bradley hinter dem Ganzen?

Steckt Thaddeus Bradley hinter dem Ganzen?

Wer den ersten Film mochte, wird auch nach «Now You See Me 2» zufrieden aus dem Kino gehen. Dennoch hält sich die Vorfreude auf den bereits angedachten dritten Teil etwas in Grenzen. Das Schneller-weiter-höher-Prinzip lässt erahnen, wohin sich diese Serie entwickeln könnte. So gern man dieses Zauberer-Ensemble inzwischen gewonnen hat, verliert die Geschichte mit jedem Sequel ein Stück jener Magie, die das Original so stark machte. Dieser Gesetzmässigkeit sind sogar Magier unterworfen.

«Now You See Me 2» läuft ab 1. September 2016 im Kino Pathé Küchlin in Basel.

Weitere Kinostarts in Basel am 1. September: Ben Hur, Mike and Dave Need Wedding Dates, Fuocammare, Un homme à la hauteur.

Die Schöne und der Hai

Fabian Kern am Mittwoch, den 24. August 2016

«The Shallows» läuft ab 25.8. im Küchlin.

«The Shallows» läuft ab 25.8. im Pathé Küchlin.

Oje, warum tue ich mir das nur immer wieder an? Nach langen Jahren sitze ich wieder mal total verkrampft im Kino und muss mich mit diesem wunden Punkt auseinandersetzen: der längst überwundenen Angst vor dem Hai. In meiner Teenagerzeit musste ich – eigentlich eine Wasserratte durch und durch – mich oft überwinden, ins Meer zu gehen. Auch wenn es sich nur ums harmlose Mittelmeer handelt, in dem sich nun wirklich nicht viel tummelt, vor dem man sich zu fürchten hat. Aber eben, Ängste sind nicht rational. Den Schuldigen an meiner vorübergehenden Phobie teile ich mit Tausenden von anderen Opfern, die «Der weisse Hai» (1975) gesehen haben: Steven Spielberg. Der Regie-Grossmeister sorgte mit seinem Schocker in den 70er-Jahren für leere Strände. Wegen ihm würde ich meinen Kindern niemals eine gelbe Luftmatratze kaufen. Nie und nimmer.

Blake Lively macht auch als Surferin gute Figur.

Blake Lively macht auch als Surferin gute Figur.

Seit jenem Meilenstein haben sich viele als Trittbrettfahrer versucht. Doch dass das Spiel mit der Urangst nicht so einfach ist, haben nicht nur die unmittelbaren Folgeprodukte erfahren müssen. Auch in der Neuzeit erlitten ambitionierte Projekte arg Schiffbruch. So klang Renny Harlins «Deep Blue Sea» (1999) zwar vielversprechend, aber zu kluge und zu schlecht animierte Maki-Haie versenkten das Star-Vehikel. Der Rest bewegt sich auf B- oder gar C-Niveau, die Trash-Serie «Sharknado» ist immerhin Kult. Deshalb nun zurück zu meinem jüngsten Kinobesuch. Jaume Collet-Serra, der sich einen Namen mit Liam-Neeson-Actionthrillern gemacht hat («Unknown Identity», «Non-Stop», «Run All Night») bringt die Hai-Angst mit «The Shallows» ins 21. Jahrhundert – und wie.

Starkes Duo: Blake Lively und Jaume Collet-Serra.

Erfolgsduo: Blake Lively und Jaume Collet-Serra.

Collet-Serra tut Vieles richtig, primär aber zwei Dinge: Er setzt wieder auf den Grossen Weissen Hai und auf Blake Lively. Während Ersterer zu seinem ursprünglichen Image als Schrecken der Meere zurückkehrt, entledigt sich Letztere mit ihrer One-Woman-Show ihrer Schätzchen-Rolle. Endgültig. Als amerikanische Surferin Nancy findet die blonde Schönheit nach langer Suche den Traum-Surfstrand ihrer verstorbenen Mutter, ein geheimes Plätzchen irgendwo in Mexiko. Nach vielen schönen Tubes, die sie durchsurft, wird sie auf der letzten Welle des Tages abrupt vom Brett geworfen und von einem Hai attackiert. Sie kann sich retten, allerdings nicht an den Strand, sondern nur auf ein Riff. Das Fiese daran: der Fels ist nur bei Ebbe über Wasser und der Strand menschenleer. Eine grössere Boje ist rund 40 Meter entfernt, sie würde mehr Sicherheit bieten. Aber wer geht schon mit einem blutenden Bein ins Wasser, wenn ein stattlicher Weisser Hai lauert?

Vielleicht hilft das Schreien gegen den Weissen Hai?

Vielleicht vertreibt ja Schreien den Weissen Hai?

«The Shallows» konzentriert sich in diesen nervenaufreibenden 86 Minuten auf das Wesentliche, die den Hai-Film so furchteinflössend macht: Fisch gegen Mensch, Urinstinkt gegen Überlebenswillen – effektvoll inszeniert mit zurückhaltender Computertechnik. Dafür werden die Nerven überaus oft mit der fiesen Unterwasser-Perspektive sowie einem kribbligen Soundtrack strapaziert. Blake Lively ist Hingucker und glaubwürdige Heldin zugleich, bewegt sich stilsicher zwischen Mut und Selbstzweifeln. Das einzig Unrealistische ist wie so oft bei Filmen, die auch unter der Wasseroberfläche spielen, eine Unart, die ich als «Baywatch-Effekt» bezeichne: Dass die Protagonisten unter Wasser ohne Taucherbrille sehen wie wir durch die Kameralinse, sogar in der Nacht. Das vermag den Gesamteindruck aber nicht zu trüben, dass «The Shallows» definitiv der beste Hai-Film seit Spielbergs legendärem «Jaws» ist. Es wird spannend zu sehen, ob er das Genre neu belebt.

Meine jugendliche Hai-Angst erlebt deshalb kein Revival. Aber ich bin dennoch nicht unglücklich, dass meine diesjährigen Badeferien schon vorbei sind.

«The Shallows» läuft ab 25. August 2016 im Kino Pathé Küchlin in Basel.

Weitere Kinostarts in Basel am 25. August: Demolition, Mechanic: Resurrection, Mother’s Day, El olivo.

Scrat im Weltall

Fabian Kern am Mittwoch, den 29. Juni 2016

«Ice Age: Collision Course» läuft ab 30.6. in Basel.

«Ice Age: Collision Course» läuft ab 30.6. in Basel.

Ist es der vierte oder schon der fünfte Teil? So und ähnlich fallen die Reaktionen auf den neusten Ice Age aus. Man scheint also nicht allein zu sein mit einem Mangel an Enthusiasmus für weitere Geschichten mit Manny, Sid und Co. Und offenbar scheint den Machern Ähnliches zu geschehen. War der geniale erste Teil von Ice Age vor mittlerweile stattlichen 14 Jahren ursprünglich geschichtlich doch noch einigermassen an die Frühgeschichte der Erde geknüpft, kann man das von «Ice Age: Collision Course» beim besten Willen nicht mehr behaupten. Im fünften Teil – ja, es ist schon der fünfte! – sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Leider zum Nachteil für den Zuschauer. Zumindest für jene, die Wert auf eine Story legen.

Zusammen sind sie stark: Buck führt die Helden an.

Zusammen sind sie stark: Buck führt die Helden an.

Unsere Hauptdarsteller sind nach all den Aufregungen im gesellschaftlichen Alltag angekommen. Mammut Manny (Ray Romano) und Ellie (Queen Latifah) haben mit Peaches (Keke Palmer) erfolgreich eine Tochter gross gezogen, während Diego (Denis Leary) und seine Säbelzahntiger-Dame Shira (Jennifer Lopez) noch über Nachwuchs nachdenken. Nur Sid (John Leguizamo), das tapsige Faultier, hat in der Liebe kein Glück. Doch Liebe kann auch Probleme bringen, wie Manny erfahren muss. Sein Töchterchen ist verliebt in Julian (Adam Devine), der nach Meinung des stolzen Papas so gar nicht taugt als Beschützer und Familienoberhaupt. Doch mitten hinein in die nur allzu menschlichen Probleme platzen unangenehme Neuigkeiten: Ein riesigen Meteorit fliegt auf die Erde zu, womit den Säugetieren dasselbe Schicksal droht wie einst den Dinosauriern.

Die beiden Chaoten dürfen natürlich auch nicht fehlen: Eddie und Crash.

Die beiden Chaoten dürfen natürlich auch nicht fehlen: Eddie und Crash.

Zur Lösung des Problems erscheint ein neuer Charakter auf der Bildfläche – wortwörtlich. Das verrückte Wiesel Buck (Simon Pegg) findet den Weg aus dem Erdinnern – Jules Verne lässt grüssen – auf die Oberfläche zurück und steht unseren Helden zur Seite. Leider lockt er damit auch drei böse geflügelte Saurier an die frische Luft, die nicht nur ihm nach dem Leben trachten, sondern auch die ganze Aktion zur Rettung der Erde sabotieren wollen. Spätestens an diesem Punkt wird die Geschichte wirr. Nicht, dass man von einem Animationsfilm historische Genauigkeit erwartet, aber vor lauter Nebenschauplätzen muss man sich anstrengen, den roten Faden nicht zu verlieren.

Findet Sid in der schönen Brooke doch noch seine Seelenverwandte?

Findet Sid in der schönen Brooke doch noch seine Seelenverwandte?

Zu diesen Störfeuern muss man leider auch Scrat zählen, den heimlichen Star dieser Reihe. Das Säbelzahneichhörnchen hat sich auf der fieberhaften Jagd nach seiner geliebten Eichel ins Weltall verloren, wo es mithilfe eines Ufos nicht nur die Planeten und Sterne platziert, sondern den tödlichen Meteoriten erst auf Kurs bringt. In Sachen Präsenzzeit und Klamauk werden Scrats Auftritte dermassen übertrieben, dass es mit der Zeit nur noch nervt. Die Reihe ist nur noch für echte Fans – oder um auf die eingangs gestellte Frage zu antworten: Hoffentlich ist es der letzte Teil.

«Ice Age: Collision Course» läuft ab 30. Juni 2016 in den Basler Kinos Capitol, Rex und Pathé Küchlin.

Weitere Kinostarts in Basel am 30. Juni: High-Rise, Soy Nero, Le goût des merveilles, Théo et Hugo dans le même bâteau.

Pulverfass Paris

Fabian Kern am Mittwoch, den 22. Juni 2016

«Bastille Day» läuft ab 23.6. in Rex und Küchlin.

«Bastille Day» läuft ab 23.6. im Rex und im Pathé Küchlin.

Nach wie vor gilt es konsequent jeden Film der A-Klasse zu loben, der sich auf die beinahe schon nostalgisch anmutende Länge von rund 90 Minuten beschränkt. Für «Bastille Day» den temporeichen Actionfilm von James Watkins («The Woman in Black») gilt das in besonderem Masse. Nicht nur, weil er sich in einem Genre bewegt, in dem Überlängen mittlerweile schon fast zum guten Ton gehören. Nein, auch die Thematik würde diverse Möglichkeiten bieten, den Streifen auf über zwei Stunden auszuwalzen. Dass sich Watkins dabei ganz auf den roten Faden konzentriert, ist ihm hoch anzurechnen und zahlt sich in einem starken Gesamtergebnis aus. Die Actionfans unter den Fussballinteressierten, können die spielfreien Tagen der Euro mit einem Kinobesuch überbrücken.

CIA-Agent und Taschendieb: Briar und Mason.

Die Grundidee ist ziemlich brisant und – ob gewollt oder nicht – ungemein aktuell: Terror in Paris. Ein Anschlag bringt den amerikanischen Taschendieb Michael Mason (Richard Madden, «Game of Thrones») unvermittelt ins Fadenkreuz der CIA, weil er ausgerechnet eine Tasche mit einer Bombe geklaut hat. Nur mit Glück wird er nicht selbst Opfer des Anschlags, hinter dem eine perfide Organisation steckt. CIA-Agent Sean Briar (Idris Elba), der Mason zur Strecke bringen soll, wird bald einmal klar, dass der Kleinkriminelle nicht zu den Terroristen gehört, dafür aber Mitglieder der französische Anti-Terror-Einheit. Die Anschläge will die Gruppe den Moslems unterschieben, was das ethnische Pulverfass Paris zum Explodieren bringt. Mitten in den Strassenrevolten am Bastille Day, dem französischen Nationalfeiertag am 14. Juli, suchen Briar und Mason auf eigene Faust nach dem wahren Ziel der Terroristen, das nicht ganz überraschend materieller Natur ist.

Über den Dächern von Paris: Idris Elba alias Briar.

Über den Dächern von Paris: Idris Elba.

Terror in Paris während der Fussball-EM, das ist ein mutiges Timing. Es wird aber nicht zur Stolperfalle für «Bastille Day». Dazu ist ist die Mischung zu überzeugend. Dass Idris Elba, der übrigens hartnäckig als nächster James Bond gehandelt wird, ein starker Action-Darsteller ist, das wissen wir spätestens seit der britischen Kultserie «Luther». Eine angenehme Überraschung ist aber, wie gut er mit Richard Madden harmoniert. Die beiden ungleichen Figuren bilden ein aus der Not geborenes Buddy-Duo, ähnlich wie Bruce Willis und Samuel L. Jackson in «Die Hard 3», das die richtige Dosierung Humor in den kurzweiligen Actionthriller bringt. Dafür ist sogar bei der kurzen Filmdauer genug Zeit.

Im Kino darf man also Terror in Paris als Unterhaltung geniessen. Auch wenn einem der realistische Ansatz ab und zu eine leichte Gänsehaut über den Rücken jagt.

«Bastille Day» läuft ab 23. Juni 2016 in den Kinos Capitol und Pathé Küchlin in Basel.

Weitere Kinostarts in Basel am 23. Juni: The Neon Demon, Me Before You, Heart of a Dog, Un plus une.

Es lebe der Literatur-Trash!

Fabian Kern am Mittwoch, den 15. Juni 2016

«Pride and Prejudice and Zombies» läuft ab 16.6. im Küchlin.

«Pride and Prejudice and Zombies»: ab 16.6. im Küchlin.

Die Hoffnung stirbt zuletzt – wie übrigens auch die Zombies, aber das nur am Rande. Die Hoffnung, die gemeint ist, ist jene auf einen geglückten Versuch, aus einem literarischen Stoff einen anständigen Trashfilm in B-Movie-Qualität auf die Leinwand zu bringen. Der verunglückten Beispiele gibt es einige, die in den letzten Jahren kurz auf- und gleich wieder tief in die hinteren DVD-Regale untergetaucht: «Brothers Grimm» (2005), «Abraham Lincoln: Vampire Hunter» (2012), «Hänsel & Gretel: Witch Hunters» (2013) oder «I, Frankenstein» (2014) – eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Und nun kommt also aus Grossbritannien der nächste Versuch. Das Werk versucht nicht einmal, sich hinter einem grossen Anspruch zu verstecken, denn der Titel ist an Plumpheit nicht zu überbieten: «Pride and Prejudice and Zombies». Dieses lieblose Anhängen des Splatter-Aspekts entpuppt sich aber schon bald als die grosse Stärke des Streifens von Burr Steers. Dadurch wird die Absicht transparent, die Erwartungen werden heruntergeschraubt, dem unbeschwerten B-Movie-Vergnügen steht nichts mehr im Weg. Und – Überraschung, Überraschung – ein solches ist die Zombie-Version von «Stolz und Vorurteil» tatsächlich auch.

Schönheit schützt nicht vor dem Zombie-Virus.

Weder Schönheit noch Adel schützen vor dem Zombie-Virus.

Es ist nicht verbürgt, ob Jane Austen, die Urheberin dieses Literaturklassikers, im Grab rotiert ob der Respektlosigkeit, ihr Gesellschaftsporträt aus dem 19. Jahrhundert zum Horrorvergnügen zu verschandeln. Der Aufschrei unter den Hütern klassischer Literatur ist aber garantiert. Dabei bewegt sich Burr Steers, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, aber erstaunlich nah an der weltberühmten Romanvorlage, die auch schon ernsthaft verfilmt wurde (2005; mit Keira Knightley in der Hauptrolle). Nah, wenn man die Kleinigkeit von Hunderten von Zombies ausblendet, die es nicht nur auf die saftigen Gehirne der süssen Bennet-Töchter abgesehen haben, sondern auf alle in England, ungeachtet von Alter oder sozialem Stand.

Auf alles vorbereitet: Elizabeth Bennet und ihre Schwestern.

Kampfbereit und furchtlos: Elizabeth Bennet und ihre vier Schwestern.

Trotz massiven Widerstands durch das Militär wütet die Plage unaufhaltsam auf der Insel. London droht zu fallen, und auch die Grafschaft Herfordshire sieht sich mit einer rapide steigenden Anzahl an Untoten konfrontiert. Deshalb bildet Mr. Bennet (Charles Dance) seine fünf Töchter in der chinesischen Kampfkunst aus. Während es das Ziel der Mutter ist, alle Mädchen möglichst schnell unter die Haube zu bringen und finanziell abzusichern, ist der Vater primär am Überleben seiner Sprösslinge interessiert. Die vier attraktiven Jungfrauen wissen sich auch gegen noch so hässliche Zombies zur Wehr zu setzen – nicht aber gegen ihre Gefühle. Denn als der attraktive Junggeselle Mr. Bingley (Douglas Booth) in die Nachbarschaft zieht und mit ihm der furchtlose Zombiejäger Mr. Darcy (Sam Riley), da ist es nicht nur um das Herz der schüchternen Jane (Bella Heathcote) geschehen, sondern auch um jenes der toughen Elizabeth (Lily James). Wenn da nur nicht der Stolz wäre und die Vorurteile – und die Zombies.

Freunde auch im Krieg: Mr. Bingley und Mr. Darcy.

Freunde auch im Krieg gegen die Zombies: Mr. Bingley und Mr. Darcy.

Die Hoffnung auf guten Literatur-Trash war gerechtfertigt. «Pride and Prejudice and Zombies» – man wagt es kaum zu schreiben – überzeugt tatsächlich. Hinter diesem kruden Titel verbirgt sich ein unterhaltsamer, rasanter Film mit schwarzem Humor, guter Action und einer Geschichte, für die sich die Jane Austen keineswegs schämen müsste, denn der rote Faden bleibt derselbe – womit sogar Pärchen abgeholt werden. Vielmehr könnte das ein Anreiz sein, die heutige Jugend für einen klassischen Stoff zu interessieren. Und wenn nicht, dann macht der Film einfach Spass.

«Pride and Prejudice and Zombies» läuft ab 16. Juni 2016 im Kino Pathé Küchlin in Basel.

Weitere Kinostarts in Basel am 16. Juni: Central Intelligence, The Conjuring 2, Ama-San, 7 Angry Indian Goddesses, Ma Ma, Nahid.

Rechnen für Fortgeschrittene

Fabian Kern am Mittwoch, den 11. Mai 2016
«The Man Who Knew Infinity» läuft ab 12.5. in Küchlin und Rex.

«The Man Who Knew Infinity» läuft ab 12.5. in Küchlin und Rex.

Hochbegabte sind in der Filmindustrie beliebt. Vor allem die tragischen Geschichten von Mathematik-Genies erfreuen sich in Hollywood grosser Beliebtheit. Gerne erinnern wir uns an Matt Damon als «Good Will Hunting» (1997) oder Russell Crowe in «A Beautiful Mind» (2001). Anscheinend erhält jede Dekade ihren Rechengenie-Film. Nun sind die Briten am Zug: Matthew Brown inszeniert die bewegende Geschichte des Inders Srinivasa Ramanujan, der sich mit seiner einzigartigen Art, die Mathematik zu sehen, Anfang des 20. Jahrhunderts einen Platz in der Hall of Fame der Wissenschaft sicherte. Ramanujans Theorien bilden auch heute noch die Basis zur Berechnung von Schwarzen Löchern.

Langsame Annäherung: Hardy und Ramanujan.

Langsame Annäherung: Hardy und Ramanujan.

Ein junges indisches Genie? Richtig, dafür kann es nur einen Darsteller geben: Dev Patel. Der aus «Slumdog Millionaire» bekannte Schauspieler ist die perfekte Besetzung für Ramanujan, der an seiner Gabe fast verzweifelt. Vergebens versucht der aus armen Verhältnissen stammende junge Mann 1913 in Südindien, mit seinen in einer ganzen Reihe von Büchern festgehaltenen Mathematik-Theorien einen Job zu ergattern. In einem Tempel schreibt er seine Formeln wie ein Besessener mit Kreide auf den Boden. Er kann nicht anders, er muss es rauslassen. Als ihm der Brite Sir Francis Spring (Stephen Fry) eine Chance in der Buchhaltung gibt, eröffnet ihm das eine Perspektive. Spring vermittelt den Kontakt zum Cambridge-Professor G.H. Hardy (Jeremy Irons), der durch seine Eigenwilligkeit im englischen Nobel-College nicht ganz unumstritten ist. Er sieht das aussergewöhnliche Talent in Ramanujan und lädt diesen nach Cambridge ein. Dort muss der von der Sehnsucht nach seiner Frau Janaki (Devika Bhise) gequälte Inder aber lernen, dass ihm nicht nur Essen und Klima nicht behagen, sondern auch die Art, mit Mathematik umzugehen.

Leidet in Indien: Ramanujans Frau Janaki.

Leidet in Indien: Ramanujans Frau Janaki.

Im Zentrum der wahren Geschichte steht weniger das Genie Ramanujans als vielmehr die Beziehung zwischen Ramanujan und Hardy, die lange brauchen, um sich anzunähern. Als sie sich schliesslich zusammenraufen, stossen sie im erzkonservativen England, das vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs gebeutelt ist, auf harten Widerstand. Irons und Patel bilden mit ihrem starken, vielschichtigen Spiel den Höhepunkt dieses Dramas. Ansonsten ist es halt auch nur ein weiterer Genie-Film, keine Meilensteine wie die eingangs genannten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

«The Man Who Knew Infinity» läuft ab 9. April 2015 im Kino Pathé Küchlin in Basel.

Weitere Kinostarts in Basel am 12. Mai: The Angry Birds Movie, A Bigger Splash, La belle saison, Heavenly Nomadic – Sutak.

Schwedens nie versiegende Krimiquelle

Fabian Kern am Dienstag, den 3. Mai 2016

BuchcoverVier Männer in einer dunklen Ecke einer Bar. Vier Losungsworte. Ein Nazi-Geheimbund in Schweden. Da ist man gleich mittendrin. Ein Mord an einem dreijährigen Mädchen. Da ist man fast wieder draussen. Aber nur fast, denn «Die Strömung» ist der neuste Band der Krimiserie um die ungleichen Ermittler Olivia Rönning und Tom Stilton, was für Kenner Grund genug ist, weiterzulesen. Auch wenn Morde an Kindern – auch erfundene – fast unerträglich sind. Aber eben, auf dem Cover stehen die Namen Cilla und Rolf Börjlind, welche mit ihrem ersten eigenständigen Roman «Die Springflut» vor drei Jahren auch ausserhalb Skandinaviens einen Nerv getroffen haben wie zuletzt Stieg Larsson mit seiner «Millennium»-Trilogie. Das schwedische Ehepaar hatte sich bis dahin als Drehbuchautoren-Team einen Namen gemacht. Dass die beiden das richtige Gespür für Spannungsbogen, Timing und Figuren haben, stellen sie nun aber mit eigenen Krimis eindrucksvoll unter Beweis.

Erfolgreiches Autorenpaar: Rolf und Cilla Börjlind.

Erfolgreiches Autorenpaar: Rolf und Cilla Börjlind.

Da wäre zunächst Olivia Rönning. Die angehende Polizistin hat einen untrüglichen Instinkt, was das Ermitteln angeht. Aber es unterlaufen ihr jene Fehler, die einem mit Anfang zwanzig halt noch unterlaufen. Das macht sie so menschlich wie den Rest der Hauptfiguren. Keiner ist perfekt. Erst recht nicht Tom Stilton. Der ehemals beste Ermittler der Stockholmer Kriminal­polizei ist nach seiner Scheidung komplett abgestürzt und schlägt sich als Penner durch. Es ist Olivia, die ihn in der Gosse aufstöbert («Die Springflut») und wieder ins soziale Netz zurückholt. Toms Ex-Kollegin Mette Olsäter hat ihr dazu geraten. Und da ist auch noch Abbas el Fassis, ein Secondo und ehemaliger Zirkus­artist, den Tom Stilton einst gelehrt hat, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Seine Fertigkeiten als Messerwerfer setzt der schweigsame Marokkaner nur noch dann ein, wenn ein Mitglied seiner zusammengewürfelten «Familie» in Not ist.

Denn eine Familie bilden diese Figuren in gewissem Sinn. Auch wenn sie sich immer mal wieder streiten, einander wochen- oder gar monatelang nicht sehen und hören, weil jeder mit seinen eigenen Problemen beschäftigt ist oder wieder einmal seinen Dickkopf durch­stiert. Wenn es hart auf hart kommt, sind sie füreinander da. Keine Helden, sondern einfach Menschen, die das Herz am richtigen Fleck haben. Für die der gesunde Menschenverstand und Empathie Vorrang vor dem Gesetz haben.

Nun also steigen sie schon in ihren dritten Fall. In dem wie schon in den beiden zuvor den Figuren Zeit eingeräumt wird, zueinander zu finden. Olivia verdient sich in der beschaulichen Provinz Schonen, fernab des vertrauten Stockholm, die Sporen als Polizeibeamtin ab. Bis die Beschaulichkeit wegen des erwähnten Kindermordes dem nackten Grauen weicht. Doch welchen Hintergrund hat die Tat? Bald gerät eine rechtsextremistische Vereinigung in den Fokus der Ermittler, denn das ermordete Mädchen war schwarz. Das Motiv scheint klar. Gleichzeitig stösst Tom auf Hinweise in jenem ungelösten Fall aus seiner Kripo-Karriere, der ihn nie richtig losgelassen hat: dem bestialischen Mord an einer Prostituierten – ebenfalls einer Schwarzen. Das bringt ihn Olivia wieder einmal näher.

Wie bei jeder erfolgreichen Krimireihe macht die richtige Mischung aus spannenden Fällen und den persön­lichen Geschichten der Protagonisten den Reiz aus. Die Börjlinds meistern diese Herausforderung so souverän, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ihre Bücher auch hierzulande zu Bestsellern werden. Die schwedische Krimiquelle scheint nie zu versiegen.

Cilla und Rolf ­Börjlind: «Die Strömung», btb Verlag, München 2016, 525 S., ca. Fr. 23.–.

Mogli für die Grossen

Fabian Kern am Mittwoch, den 13. April 2016

«Jungle Book» läuft ab 14.4. in den Basler Kinos Capitol, Küchlin und Rex.

«Jungle Book» läuft ab 14.4. in den Basler Kinos.

Eine Realverfilmung des Dschungelbuchs – da war ich gleich elektrisiert. Wie würde das wohl aussehen, wenn Mogli an der Seite echter Panther, Bären und Wölfe gegen einen bösen Tiger kämpft. Wie jene Szene, in der Mogli auf Balus Bauch durch den Fluss schwimmt? Und kann man den machthungrigen King Louie als echten Orang-Utan überhaupt ernst nehmen? Die Antworten sind schnell gegeben. Regisseur Jon Favreau («Iron Man») hat sich sehr genau an die Original-Romanvorlage von Rudyard Kipling gehalten und mit unzähligen Computer-Animationen ein Werk geschaffen, das fasziniert. Jüngling Neel Seti gibt Mogli ein reales Gesicht, die Tiere – mit Ausnahme von Balu in einigen Szenen – wirken überraschend echt, die Stimmen von Ben Kingsley (Baghira), Bill Murray (Balu), Christopher Walken (King Louie), Scarlett Johansson (Kaa) und Idris Elba (Shir Khan) sorgen für den Starpower, der komplett animierte Dschungel ist atemberaubend, die Story ja ohnehin schon gut. Das ist nicht auch nicht das Problem von «The Jungle Book».

Das sind die Guten: Mogli, der Panther Baghira...

Das sind die Guten: Mogli, der Panther Baghira…

... und der verfressene Bär Balu.

… und der verfressene Bär Balu.

Vielmehr stellt sich die Frage: Wer soll sich diesen Film ansehen? Für mich war das Dschungelbuch in Disneys Zeichentrickfassung der erste Kinofilm meines Lebens, was mein Interesse erklärt. Vielen anderen aus meiner Generation wird es gleich gehen. Doch jener Trickfilm war ein klarer Kinderfilm: Bunt, musikalisch, lustig. Den kann ich bald auch mit meinen Kindern ansehen. Doch die Neuverfilmung verliert durch die Übersetzung ins reale Bild das Verspielte. Zwar werden viele Gags und herzige Wolfswelpen eingesetzt, auch die Gesangseinlagen werden beibehalten. Aber diese Massnahmen vermögen nicht den Zauber «meines» Dschungelbuchs zu ersetzten und vor allem nicht über den ernsten und für Kinder bedrohlichen Grundton hinweg zu täuschen: Es geht um Leben und Tod, Shir Khan will Mogli töten. Nichts anderes. Und das wird halt mit «realen» Tieren viel klarer – oder besser gesagt: düsterer.

Sie sind die Bösen: Tiger Shir Khan...

Sie sind die Bösen: Tiger Shir Khan…

... und der machtgierieg Orang-Utan King Louie.

… und der machtgierige Orang-Utan King Louie.

Deshalb ist die Altersfreigabe ab acht Jahren in Begleitung Erwachsener meines Erachtens zu tief angesetzt. Unter zehn würde ich meinen Kindern diesen Film nicht zeigen, Begleitung hin oder her. Teenager wiederum werden wohl nicht gerade die Kinokassen stürmen, weil das Dschungelbuch eben wegen des Zeichentrickfilms «etwas für Kinder» ist. Sie schauen lieber Serien wie «Divergent», «Tribute von Panem» oder «Maze Runner». Deshalb ist zu befürchten, dass «The Jungle Book», ein Meilenstein der Tricktechnik zwischen Stuhl und Bank fällt. Für jene Nostalgiker wie mich, die mit der Geschichte Erinnerungen verbindet, ist er aber den Eintritt allemal wert.

«The Jungle Book» läuft ab 14. April 2016 in den Basler Kinos Capitol, Pathé Küchlin und Rex.

Weitere Kinostarts in Basel am 14. April: Belgica, Hardcore Henry, Fan, Fragments du paradis.