David Bowies stilvoller Abgang hat die geheimnisvolle Aura, die ihn schon immer umgeben hat, nicht geschwächt, sondern stärker gemacht. Bald ein Jahr ist seit der Todesnachricht vergangen, und wir rätseln noch immer: Wer war der Mann? Er hatte eine schillernde Qualität, die war in seinem quecksilbrigen Verwandlungsspiel begründet. Es gab viele Bowies, die viele Namen trugen, und der zweifarbige Blick schien sowieso jeder Zuordnung zu spotten.
Das Schillern ist andererseits eine zutiefst künstlerische Haltung, darum ist die Entdeckung, dass Bowie exzessiv sammelte, an sich keine so grosse Überraschung. Denn ja, er sammelte, sein Leben lang, an allen Ecken der Kunst, und jetzt kommt die ganze Sammlung unter den Hammer, an drei nacheinander folgenden Tagen in London.
Was: Versteigerung der Kunstsammlung von David Bowie bei Sotheby’s London.
Wann: Donnerstag, Freitag und Samstag (10.,11., 12. November 2016).
Wo: Ausstellung der Werke bis zur Auktion am 10.11. in Sotheby’s-Räumen an der New Bond Street in London.
Bowie war in seiner eigenen Kunst alles andere als ein «one-trick pony», und so eklektisch hat er auch gesammelt. Sotheby’s musste den ganzen Schatz in drei grobe Gruppen unterteilen, und eigentlich könnte man noch weiter gehen. Am ersten Abend wird Modern and Contemporary Art versteigert, am Tag darauf folgt die Day Sale mit weniger prominenten Stücken der zeitgenössischen Kunst (natürlich sind gerade diese besonders spannend). Der wahre Knüller allerdings ist der dritte Vorabend und Abend, betiteltes Design: Ettore Sottsass und die Memphis Group. Wussten Sie das? David Bowie war ein Riesenfan des italienischen Designers und seiner bunten postmodernen Entwürfe, die ihren kurzen Ruhm in den 1980er-Jahren genossen. Danach mochte man sie lange nicht – man sprach sogar despektierlich von einer Zwangsheirat zwischen Bauhaus und dem Bauklötzli-Hersteller Fisher Price. (Jetzt scheint man sie wiederzuentdecken).
Ja, Memphis war alles, was die kühle Moderne nicht war: ein politisch unkorrekter Lustschrei. Memphis war Farben- und Formen-Kakofonie, war bis zum Kitsch verspielt, passte sich einem Raum nicht brav an, sondern erntete ihn wie ein Pirat. Und Bowie liebte Memphis! Unübersehbar! Wie auch die Schweizer Galeristenlegende Bruno Bischofberger Ettore Sottsass liebt. Er lebt sogar in einem Haus, das von dem 2007 verstorbenen Italiener gestaltet wurde, nicht weit von Zürich. Ein Anti-Design-Märchenhaus wie aus Grimms Märchen, aber davon ein anderes Mal.
Hier also extra für Sie: Einige Trouvaillen aus Bowies Sammlung – sind sie nicht toll? Der Schätzpreis ist meist gar nicht so hoch, und die Vorstellung, Müesli aus einer Keramikschale zu löffeln, die einst Bowie gehört hat, muss wahre Fans begeistern. Oder zu schreiben unter einer Lampe, die einst die Entstehung von «Let’s Dance» beleuchtet hat? Oder gar – mit der roten Olivetti zu schreiben, auf der «Modern Love» getippt wurde?!
Man kann online bieten. Aber, passen Sie auf, es ist eine Auktion, Preise können hochklettern. Wer seine Begehrlichkeiten nicht im Griff hat, sollte sich einen befreundeten Aufpasser zur Gesellschaft bestellen.

Bowies portable Olivetti-Schreibmaschine «Valentine», 1969. Der Ausgangspunkt von seiner Liebe zu Ettore Sottsass’ Design. «I typed up many of my lyrics on that», erzählte er. Schätzpreis 300–500 Pfund.

Nein, nicht Memphis, aber irgendwie ein Kind des gleichen Geists… Achille und Pier Giacomo Castiglioni heissen die Designer, die diesen RR126 bereits im Jahr 1966 – offensichtlich in Anlehnung an einen putzigen SF-Roboter – entworfen haben.

Dieses Keramiktablett von George J. Sowden heisst «Potato» oder die Kartoffel. Natürlich nicht nur für Chips! Der Stempel sagt: MEMPHIS / MILANO / Made in Italy. Schätzpreis 100–150 Pfund.

Aus der allerersten Memphis-Kollektion, Design Sottsass, heissen diese Bodenlampen «Treetops». Stehen auch bei Karl Lagerfeld in Monaco. Der Modezar war wie Bowie ein Fan, er soll damals die ganze erste Kollektion von 1981 aufgekauft haben. 600–800 Pfund Anfangspreis.

Halb Pilz, halb Büchergestell, es ist ein Rumpelstilzchen von einem Möbel. Bowies Prunkstück namens «Malabar», designt von Ettore Sottsass, Schätzpreis 2000–3000 Pfund.

Sottsass war ja schon 62, als er mit einer Gruppe junger Wilder gemeinsam Memphis gründete, es war eine Art Altersfreiheit, die aus ihm herausbrach. Diese Keramikschalen von ihm sind von 1958 und verhältnismässig brav. Und doch sieht man darin schon die Ansätze der späteren Exzesse. 400–600, immer in Pfund.

Das wäre mein Liebling: Sottsass’ Vase «Euphrat». Sieht sie nicht wie eine Ausgrabung aus? Wie Spuren einer früheren Zivilisation, die sich in einem Flussbett übereinandergeschoben haben… Wenn Sie mir versprechen, dass Sie nicht gegen mich bieten, versuche ich vielleicht mein Glück: Man fängt bei 600 Pfund an. Wie hoch ich zu gehen bereit bin, verrate ich aber hier nicht! (Alle Bilder Courtesy Sotheby’s)

«We will miss you»: Zeichnung von David Bowie an der Gedenkstätte für den verstorbenen Sänger in Brixton (Januar 2016). (Bild: Keystone)
Hello. And Bye.
seine Augen sind nicht zweifarbig,das eine,mit der nicht mehr reagierenden Pupille,war,m.W.,das Ergebnis eines Unfalls.
Beim Brionvega-Radiomöbel dürfte die Autorin Ursache und Wirkung verwechselt haben… Rein zeitlich gesehen, liessen sich eher die R2D2-Designer von RR126 inspirieren — und nicht umgekehrt. :-)
Lieber Leser, Science fiction gab es schon vor Mr. Lucas! Im übrigen ist es das einzige Sammlungsstück, welches mit Musik zu tun hat. Und ist – nun total anachronistisch – später auf noch moderner adaptiert worden, hat also einen USB-Eingang. Na, kommen Sie in Versuchung, mitzubieten?
USB??! Igitt, Frau Hess, igitt… zum Glück haben Sie mich gewarnt, sonst wäre ich tatsächlich versucht gewesen, mitzubieten!
:-)
Pedantisch, I know, aber seine Augen waren nicht zweifarbig
Verschiedenfarbig?
Naja, ebenso pedantisch gesehen hat jeder Mensch zweifarbige Augen — das weisslich-rote (je nach Vorabend) des Augapfels und die Farbe der Iris. Das Schwarz der Pupille lassen wir gnädigerweise als Nicht-Farbe weg ;-)