Was: die Ausstellung «Das Optische Unbewusste», kuratiert von Bob Nickas, Fredi Fischli und Niels Olsen
Wo: Rapperswil-Jona
Bis wann: 10.8.
Ein Ausstellungs-Titel als Walter Benjamin-Zitat, das ist immer gut. Gut genügt als Bezeichnung für diese Ausstellung aber nicht; es ist vom Feinsten, was das Format «Kurator» der beiden jungen Ausstellungsmacher Fredi Fischli und Niels Olsen in Rapperswil in zwei Ausstellungsräumlichkeiten der Gebert Stiftung und des Kunstzeughaus Rapperswil-Jona vorstellt. Irgendwie kommt es mir wie ein UFO vor, das in Rapperswil gelandet ist.
Genau genommen ist diese ausserirdische Ausstellung kuratiert vom US-amerikanischen Star-Kurator Bob Nickas, der hier auf Einladung der beiden Jungkuratoren fast 50 Künstlerpositionen versammelt hat. Zugegeben: Erarbeiten muss man sich den Kunstgenuss im fernen Rapperswil, denn für den Ortsunkundigen müssen die beiden Ausstellungsorte erst einmal aufgespürt werden und dann gilt es anhand einer doch einigermassen verwirrlichen road-map die einzelnen Werke den jeweiligen Künstlern zuzuordnen. Oder man begibt sich auf eine Ratetour. Lohnen tut sich fraglos Beides.
Ein loser Faden innerhalb der abstrakten Kunst führt einen so durch zahlreiche Entdeckungen und Wiederentdeckungen, es finden spannende und überraschende Gegenüberstellungen statt, die ganze Schau ist auf hohem Niveau stringent orchestriert und überraschend gehängt, so dass es ein Vergnügen ist. Immer wieder begegnet man so John Armleder und Olivier Mosset, den beiden Westschweizer Künstlern, die international arriviert, noch mehr aber für eine junge Generation von Kunstschaffenden wichtig sind. Auf sie beziehen sich Phillipe Decrauzat, Stéphane Kropf oder etwa Mai Thu Perret, nur Sylvie Fleury ist irgendwo im outer space verlorengegangen. Auch US-amerikanische cutting-edge Positionen wie Nick Relph oder Dan Walsh finden sich nonchalant aber passgenau in die Schau integriert. Und es ist gleichermassen Bestätigung wie Freude, dass hier schon fast etwas in Vergessenheit geratene wichtige Künstler der 80er-Jahre wie Luciano Castelli (mit einer Fotoserie!) und Ross Bleckner einer jüngeren Generation gegenübergestellt werden.

Links: Kelley Walker «Nine Desasters», rechts: Kurator Fredi Fischli, Galeristin Eva Presenhuber vor Alex Browns «Alice»
Inhaltlich verbindet die Schau vordergründig so unterschiedlichen Positionen von Video, Fotografie, vor allem aber abstrakte Malerei und Zeichnung und schafft eine Art Schwebezustand, eine eigene Zeit, einen eigenen Raum. Die Ausstellung bietet so spielerisch die unterschiedlichsten Anknüpfungspunkte für eine erhöhte Wahrnehmung, was durch die zahlreichen scheinbar entgegengesetzten Positionen noch unterstrichen wird. In vielen Werken entsteht so eine Spannung zwischen mechanischer Reproduktion und von Hand geschaffenen Bildern. Die Werke verbindet – und das ist die Kernmessage – der Blick ins Unbewusste. Es sind Werke, die auf einer erhöhten Wahrnehmung basieren und es gelingt in manch einer Ausstellungsituation, die Wirklichkeit ebenso zu bündeln wie aufzulösen und so die Pluralität von Wirklichkeiten aufzuzeigen. Noch einmal: das ganze Vergnügen in fast 50 Künstlerpositionen, mehr als in manch arrivierter Museumsschau.
Und so katapultiert einen das Ausstellungs-UFO in Rapperswil dann irgendwann wieder nach draussen in den Sommer 2014, man nimmt die Wegstrecke nach Zürich unter die Räder und schaut sich hier im wieder bekannten Rahmen eine hausbackene Ausstellung an, raus aus dem irritierenden und inspirierenden Unbewussten rein in die biedere Realität. Von Bob Nickas könnte sich hierzulande noch manch ein Kurator eine dicke Scheibe abschneiden. Zum Glück haben die beiden Jungtalente Fischli und Olsen den Altmeister nach Zürich, pardon Rapperswil, gebeamt und ihm die Bühne überlassen.