Der Traum vom Stachelschwein

Es gilt, wehrhaft und «unverdaulich» zu werden: Training der taiwanischen Marine. (Foto: Reuters/Tyrone Siu)
Taiwan durchlebt angespannte Wochen. Es «muss und wird» mit dem chinesischen Festland vereinigt werden, drohte Chinas Präsident Xi Jinping zu Jahresbeginn. Seither hat er Bomber und Kriegsschiffe in die Nähe der Insel entsandt. Laut der Führung in Taipeh trainiert die chinesische Volksbefreiungsarmee die Invasion.
Wenn Politologen und Leitartikler heute Taiwans Optionen diskutieren, fällt oft ein Wort, das die Schweiz gut kennt: Stachelschwein. Taiwan verändere gerade seine Verteidigungsstrategie, wolle so wehrhaft und «unverdaulich» wie ein Stachelschwein werden, schreibt etwa der britische «Economist».
Erstmals formuliert hat die Stachelschwein-Metapher für Taiwan der Amerikaner William S. Murray, ein Professor und China-Experte am U.S. Naval War College in Rhode Island. Bereits 2008 schrieb er von der «Stachelschwein-Strategie». Damit meinte er: Einigelung, Vorbereitung eines langen Abwehrkampfes trotz düsterer Aussichten, Hellfire-Raketen, intelligente Minen, Bunkeranlagen. Die Invasion müsse China abschreckend aufwendig erscheinen. Und wenn es dennoch angreife, müsse der Abnützungskampf so lang als möglich dauern, um Taiwans Chancen auf eine US-Intervention zu erhöhen. Dieses Denken hat nur an Dringlichkeit gewonnen. Wenn die Invasion zu schnell gelingt, in wenigen Tagen etwa, schafft China Fakten. Russland hat es auf der Krim vorgemacht. Dauert die Eroberung aber lange, könnte die Welt sich regen.
Das Lieblingstier der Schweizer
Das Stachelschwein ist ein Lieblingstier der Schweiz. Bis heute bringen Primarlehrer den Kindern bei, die Nazis hätten im Zweiten Weltkrieg verächtlich gesungen: «Die Schweiz, das kleine Stachelschwein, nehmen wir im Rückweg ein.» Zeitzeugen berichten, man habe am Schweizer Radio deutsche Soldaten das Lied singen hören. Der Historiker Thomas Maissen äussert im Buch «Schweizer Heldengeschichten» allerdings Zweifel an der Echtheit der Verse. Die Schweizer Presse jedenfalls schreibt ab 1945 vom Stachelschwein-Lied.
Von Anfang an wird dabei die Nazi-Beleidigung zur stolzen Selbstbezeichnung umgenutzt: Gutes, wehrhaftes Stachelschwein, im Réduit zum Verzweiflungskampf bereit. «Die Schweiz, das kleine Stachelschwein», habe «vor niemandem die Augen zu senken», schreibt die NZZ im Oktober 1945. Die Nazis hätten die Schweiz doch mit «einer gehörigen Dosis Anerkennung» ein Stachelschwein genannt, kommentiert dieselbe Zeitung 1950; nun solle sich das Land auch in Zukunft «so stachelig als möglich machen». Das Glück, von Krieg und Invasion verschont geblieben zu sein, wird im Kalten Krieg zunehmend ausschliesslich auf die heroische Abschreckkraft des Militärs zurückgeführt. An der Expo 1964 feiert sich die Armee mit einer igeligen Betonskulptur.
Es gilt, unbequem zu bleiben!
Erst in den 90er-Jahren stellt sich die Schweiz der Hinterfragung des stacheligen Mythos. Die Aufarbeitung der Wirtschaftsbeziehungen zum Dritten Reich sowie des Umgangs mit jüdischen Flüchtlingen zeigt: Es war nicht nur die Wehrhaftigkeit, sondern auch die Zutraulichkeit der Schweiz, welche die Nazis sie verschonen liessen. Die Erkenntnis schmälert nicht die Anstrengung der einzelnen Aktivdienst-Soldaten und das nationale Bemühen um Widerborstigkeit. Doch es zeigt eine zweite, weniger heroische Realität der Kriegsjahre.
Das Bild des tapferen Schweizer Stachelschweins hat dennoch überlebt. Manche Kreise bemühen das Tier bis heute, wenn es etwa um die Beziehung zur EU geht, in der die Schweiz unbequem bleiben soll. Eine schriftliche Nachfrage bei William Murray vom U.S. Naval War College allerdings ergibt, dass er bei der Ersinnung der «Stachelschwein-Strategie» für Taiwan «bedauerlicherweise nicht direkt» von der Schweizer Erfahrung im Zweiten Weltkrieg inspiriert gewesen sei. «Auch wenn ich denke, dass aus der Art und Weise, wie die Schweiz ihre Verteidigung begreift und organisiert, sehr viel gelernt werden kann.» Diese freundliche Vieldeutigkeit lassen wir gerne so stehen.
17 Kommentare zu «Der Traum vom Stachelschwein»
„Es war nicht nur die Wehrhaftigkeit, sondern auch die Zutraulichkeit der Schweiz, welche die Nazis sie verschonen liessen.“
Die Nazis haben die Schweiz nicht verschont. Die Schweiz ist bis ’45 nur nicht dranngekommen von den Nazis eingenommen zu werden. Es gab ja schon einen Plan für die Invasion der Schweiz (Operation Tannenbaum) und die Aufteilung zwischen Deutschland und Italien. Hitler hat sich auch in diversen Gesprächen negativ über die Schweiz und die Schweizer geäussert.
Mussolini wollte das Oberwallis. Schon Alto Aldige war für Hitler ein Problem, weil es dem Prinzip „Ein Volk, ein Land, ein Führer“ wiedersprach. Auch Diktatoren müssen politische Rücksicht nehmen.
„Zutraulichkeit“ ist eine freundliche Umschreibung dafür, dass die Schweizer, wie z.B. auch die Schweden, sechs Tage in der Woche für Hitler arbeiteten und am siebten in der Kirche beteten, dass er den Krieg verliere.
Hätte Hitler die Schweiz erobert, hätten die Allierten „seine“ Schwerindustrie und seine Verkehrsverbindung nach Italien zerstören können. Neutral war die Schweiz Nazideutschland viel nützlicher als erobert.
Und dies meine ich gar nicht vorwurfsvoll: Wenn sich die Grossen die Köpfe einhauen in der Bar, bleiben den Kleinen nicht viele Strategien zum überleben. In der Bar bleibt den Kleinen noch eine Strategie, welche die Schweiz nicht hatte: Möglichst schnell und unauffällig die Bar verlassen.
… Und wenn´s auch (!) die „Zutraulichkeit“ war, so bleibt es doch die erste und nobelste Aufgabe von Staat und Regierung die EIGENEN Bürger davor zu schützen Opfer dieses Wahsinns namens Weltkrieg zu werden.
Taiwan hatte die Atombombe praktisch in der Hand. Aber der Leiter des Labors, welches die Bombe hätte bauen können, war ein Agent der CIA. Er berichtete seinem Vorgesetzten und die Regierung Taiwans überreichte das Uran den Amerikanern und liess das Labor mit flüssigem Beton auffüllen.
…
Vor zwei Wochen hat Onkel Donald die YPG versetzt, vorige Woche hat er einen Vertrag ( betr. Kapitulation ) mit den Taliban geschlossen, morgen wird er die Taiwanesen verkaufen.
Mit dem Streichen des INF Vertrages werden in Deutschland wieder Pershing stationiert und Deutschland wird wieder bevorzugtes Zielgebiet für den nuklearen Präventivschlag. Die Schweiz sollte vor allem aufpassen, dass sie nicht F35 kauft und damit der NATO beitritt. Wir müssen nicht aufrüsten, nur schlau sein!
Die Schweiz hat, abgesehen von ihren Vorfahren, keinen blassen Schimmer von Krieg und das ist auch gut so.
Die Schweiz ist eine Technologie- und Dienstleistungsorgansation welche bedingt auch hochtechnologisierte Waffen herstellt. Keinerlei Erfahrung mit Kriegshandlungen und Kriesensituationen sind nicht gerade das was Taiwan auf einen Krieg vorbereiten könnte. Sicher, diplomatisches Geschick, das könnte man eventuell vermitteln, aber wenn China auf stur stellt, ist alle Leibesmüh vergebens.
‚Zutraulich‘ war Dänemark. Es wurde zum Dank von den Nazis kampflos besetzt. Die Schweiz war zwar nicht uneinehmbar, aber durchaus wehrhaft und vor allem zur Verteidigung entschlossen. Der Preis für 41’000 km2 Gebirgsland war eher hoch. Hitler mochte die Schweiz nicht, aber seine Interessen waren nach Osten gerichtet. Fruchtbare ukrainische Schwarzerde war dem schweizer Granit vorgezogen worden und das war unser Glück!
Wenn die Amis den Taiwanesen zu Hilfe eilen täten, würde ich einen Besen fressen. Die Amis werden im entscheidenden Moment einen Rückzieher machen und das Land sich selber überlassen. Ausser es gäbe Öl und das angegriffene Land milit. sicher unterlegen ist. Die Amis (Trump) haben nur eine grosse Fresse.
Freeballer hat recht, Hitler hat die Schweiz ganz sicher nicht verschont wegen irgendwelchen Zutraulichkeiten. Der Grund liegt einfach in der Logistik. Er konnte sich schlicht keine Schlachten in Europa leisten, während er im Balkan, der Sowjetunion und Afrika/Italien Krieg führte. Das hätte seine Logistikkette unterbrochen und er wäre Gefahr gelaufen in Nordafrika/Italien wegen fehlenden Nachschubs von den Amerikanern überrannt zu werden. Die Post für Hitler war ab April 1941 abgelaufen und die Schweiz eigentlich sicher. Solange Hitler der Meinung war, dass man sich wehrt und die Pässe sperrt, Tunnel und Brücken sprengt und seine Armeen in den Alpen und Voralpen beschäftigt. Also dort wo er seine Panzerwaffe vergessen konnte.
Da bin ich nicht ihrer Meinung. Es ist der Appeasement-Politik zu verdanken, dass das Reich nicht die Schweiz überfallen hatte. Eine unversehrte, dem Reich wohlgesinnte Schweiz war für die Nazis wertvoller als eine zerstörte Schweiz. Bis 1945 betrieb das Reich regen Handel mit der Schweiz.
Es wäre ein äusserst übler Verrat wenn die demokratischen Länder dieser Erde Taiwan und seine Bewohner widerstandslos der chinesischen KP überlassen würden. Die gemeinsame Sprache, Kultur und Geschichte kann und darf kein Grund sein weshalb ein grösseres Land einen kleineren Nachbar angreifen und besetzen darf. Im Falle der beiden Koreas hat die UNO damals gerade deswegen einen Krieg angefangen um dieses in der UNO Charta verbriefte Selbstbestimmungsrecht der Völker mit Waffen zu verteidigen. Es reicht das die roten Mandarine in Bejjing dieses Recht ihrer eigenen Bürger mit Füssen treten, aber das gibt innen noch lange nicht das Recht dasselbe mit ihren abtrünnigen Nachbarn auf der Insel Formosa zu tun. Ich hoffe Donald Trump ist bereit Taiwan Nuklearwaffen zu liefern!!
Das mit den Nuklearwaffen ist hoffentlich nicht ernst gemeint und betreffend Korea wurde der Süden vom Norden angegriffen.
Taiwan Nukes liefern = Selbstmord.
Besser alle Staaten verbieten den Kauf von CN Produkten, dann gibt’s bald eine Revolution.
Mir ist auch klar das der Krieg in Korea vom Norden ausgegangen ist, aber die Reaktion der UNO auf diese Invasion war eben eine aktive Kriegsführung um diese Invasion zu stoppen. @M. Meyer. Das Beispiel von Nordkorea in der jüngsten Geschichte belegt geradezu exemplarisch das kleine Staaten mit grossen Nachbarn die KEINE Nuklearwaffen haben entsprechend nicht ernst genommen werden. Auch Donald Trump hat erst angefangen den kleinen Dicken aus Pyöngyang ernst zu nehmen nachdem dieser die ersten Atombombentests veranstaltet hat. Xi Jinping tickt diesbezüglich ähnlich, auch er braucht zuerst einen Atompilz vor der Nase damit er Respekt hat.
Atombombentest hat schon Kim Yong Il , Uns Vater veranstaltet. und Die USA überflogen Nord korea wöchentlich seit den 80ern. mit Bombern und Spionageflugzeugen.
Man nimmt das schon ernst.
Ich sehe das so, wenn die Industrie (speziell die chipmanufaktur) in Taiwan zerstört wird bei einem Angriff, werden die USA sogar davon Profitieren. denn ihre eigenen Produzenten hinken ca 2 Jahre hinterher. das dumme dabei ist: Die Amis haben nicht gerade viel Kohle im moment. (die Billionäre schon, aber der rest nicht.) Und Apples version von „Forschung und Entwicklung“ beschränkt sich momentan auf das einkaufen von Talent bei Samsung. (Batteriedesign). Foxconn wird seine geplante Fabrik in Amerika nicht bauen, weil mit Amerikanischer „Workforce“ kein gewinn zu erreichen ist. Und bis Apple eigene fabriken baut um endlich an ein 3000$ „made in USA“i phone zu kommen, dauert es wohl noch etwas länger.
Zu Taiwan frage ich mich warum macht es die USA nicht so wie es seiner Zeit Russland in Kuba gemacht hat? Dann ist es doch immer wieder „schön“ wie neu die Geschichte geschrieben wird. Die Schweiz hat aus dieser Zeit das Bestmöglichste gemacht. Dass es einige Nazis gab besonders in Zürich war ja immer bekannt. Warum viele Intellektuelle und dies auch aus dem nördlichen Nachbarland, meinen wir hätten eine grosse Schuld an diesem Irrsinn des zweiten Weltkrieges, ist mir unklar. Als die Soldaten an die Front geschickt wurden waren die Chance halb / halb heil Heim oder zu Tode zu kommen. Falls diese tatsachlich keine Nazis waren, hätten die Soldaten einen Aufstand anzetteln müssen.