Weniger Bürokratie dank Digitalisierung

Politblog

Ginge das nicht einfacher? Ausfüllen eines Formulars auf einem Einwohneramt. Foto: Christian Beutler (Keystone)

Das Leben der Schweizer Bevölkerung wird einfacher: exakt um einen Brief mit einer Unterschrift und 85 Rappen Porto. Die Steuererklärung soll komplett digital eingereicht werden können, das Nachreichen der Unterschrift auf Papier entfällt. Der Entscheid des Nationalrats fiel diese Woche rasch und schmerzlos, ohne Opposition. Warum nicht immer so? Bürokratie einfach abschaffen?

Die Idee zum Verzicht auf die Unterschrift hatte die FDP. Auf Nachfrage schickt die Partei eine Liste mit 36 weiteren Forderungen. Bei der Durchsicht der Liste beschleicht einen aber der Verdacht, dass es bei vielen Forderungen nicht mit einem Handstreich getan ist. Manchmal gibt es gute Gründe für ein Formular, den Amtsweg, für ein Gesetz – also für Bürokratie. Dies zum Beispiel bei der Abschaffung der Arbeitszeiterfassung bei leitenden Angestellten und Fachspezialisten. Warum sollten ausgerechnet sie ihre Gesundheit nicht ruinieren, wenn sie exzessiv arbeiten? Bei anderen Forderungen, die mit Bürokratieabbau begründet werden, dient der Begriff als Deckmäntelchen. Der «Verzicht auf ungerechtfertigte Werbeverbote im Tabakproduktegesetz» dient offensichtlich anderen Zwecken.

Zum Beispiel AHV und Betreibungsregister

Die Forderung nach einfacheren Lösungen im Verkehr zwischen Bürgern und Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen ist aber trotzdem berechtigt. Wie im Fall der Steuererklärung bietet die Digitalisierung hier viele sinnvolle Möglichkeiten. Ein Beispiel sind die individuellen Konti, die die AHV-Ausgleichskassen für die Versicherten führen. Wer prüfen will, ob seine Arbeitgeber die Beiträge stets brav einbezahlten haben und keine Beitragslücke besteht, muss einen Auszug aus den Konti bestellen. Die meisten Leute haben bei verschiedenen Kassen solche Konti, weil sie den Arbeitgeber mehrmals wechselten. Immerhin fragt die Ausgleichskasse, bei der man den Ausweis bestellt, heute schon die Konti bei den anderen Kassen ab. Den Ausweis erhält man aber – zumindest bei der SVA Zürich – nach «zirka drei Wochen per Post». Wie wäre es mit einem Onlinezugriff auf eine Zusammenstellung der Konti?

Ein weiteres Beispiel sind die Auszüge aus dem Betreibungsregister. Wer etwa innerhalb der Stadt Zürich mehrmals innert kurzer Frist umzieht und dabei die Stadtkreise wechselt, muss sich für jede Wohnadresse einen separaten Auszug beim jeweiligen Betreibungsamt beschaffen – für je 18 Franken. Wie wäre es mit einer automatischen Auflistung aller Einträge im Betreibungsregister schweizweit?

Neben Zeit liessen sich durch die Digitalisierung Kosten sparen. Zu den Klassikern des öffentlichen Abgaberechts gehören zahlreiche Entscheide, mit denen die Gerichte Behörden daran hinderten, überrissene Kosten für Kopien und andere Leistungen zu verrechnen. Da sind die achtzehn Franken, die ein Betreibungsregisterauszug kostet, noch heilig. Trotzdem ginge auch das billiger. Wie wäre es mit einem Code, mit dem man Dritten einen einmaligen Zugriff auf seine Betreibungsregistereinträge gewähren könnte? Für 2 Franken – oder gar kostenlos?

11 Kommentare zu «Weniger Bürokratie dank Digitalisierung»

  • Meinrad Wiederkehr sagt:

    Absolut richtig. Dass es so lange dauert, bis man die Steuererklärung digital unterzeichnen kann, ist peinlich. Denn man hat extra das Gesetz angepasst für die digitale Signatur und die SuisseID mit viel Geld gefördert.

  • Michael sagt:

    Aha, ein Digitaljunkie also, der hier berichtet. Fehlt nur noch das Killerkriterium, gerne alles digital und komplett vernetzt, ich habe ja nichts zu verbergen.
    Ich stamme noch aus einer voll analogen Welt und schreibe jetzt HighTech Programme für diese voll digitale Welt. Und ich sage Euch, da gibt es jetzt Möglichkeiten der Querverweise, da träumt ihr von. Zudem, wie das letzte Beispiel in Deutschland zeigt, keine Daten, seinen sie noch so sensibel, sind wirklich sicher. Auch wenn die Unternehmen gegenteiliges behaupten. Ich möchte ganz einfach, das meine Daten mir gehören. Ich fahre auch kein Auto das andauernd nach hause telefoniert

  • Roberto Conte sagt:

    Hä? wegen der Digitalisierung weniger Bürokratie? Digital eingegeben und digital bestätigt und wer macht die Arbeit, der Roboter!? Aber es ist ja die Zeit der Digitalisierung welches den Leuten so schön über die Lippen rollt, vor Allem den Führungsgremien der Wirtschaft und des Bundes. Morgens Wunschliste einschieben und Abends alles bestätigt wie auf der Wunschliste! Gute Nacht!

  • Fred Käser sagt:

    Das ist sicher alles ganz erfreulich. Noch besser wäre, wenn man endlich die zusätzlichen Belege (Lohnausweis, Banken, Versicherungen u.a.) – die man ohnhin als PDF erhält oder sie selber scannen muss, um sie zu archivieren – als PDF hochladen könnte. Heute müssen die Belege ausgedruckt werden, nur damit das Scan Center sie nochmals einscannt.

  • Morger sagt:

    Vor allem in Zürich: Die Stadt erstellt alle Katasterauszüge, kann sie direkt abrufen, um Gebühren zusätzlich abzuzocken, verlangt sie zusätzlich beglaubigte Kopien jener Auszüge, die sie selber erstellt. Was soll das eigentlich? Reine Abzocke.

  • marsel sagt:

    Wegen der Digitalisierungen machen wir bald NUR NOCH Bürokratie…

  • Jürg Oberli sagt:

    In Österreich ist das schon umgesetzt – seit 2003!!
    In der föderalen Schweiz diskutiert man jetzt, Jahrzehnte später erst mal über die Umsetzung. Ganz ehrlich: Fortschritt sieht anders aus.

  • Fredy sagt:

    Ein absolutes Ärgernis ist der Heimatschein. Jede Gemeinde kassiert beim Umzug kräftig mit, ohne dass noch verständlich ist warum dieser Wisch mitgezügelt werden muss. Den Heimatschein digitalisiert und zentral abzulegen, würde dieser Administrationsposse den Zahn ziehen.

  • Henri Brunner sagt:

    Grins.
    Jaja, das papierlose Büro …. und mit der Digitalisierung kommts.
    Und die Kinder bringt der Storch ….

  • Werner Boss sagt:

    Die Bürokratie mit der AHV ist einfach nur noch von Vorgestern! Warum ist es noch niemandem in den Sinn gekommen eine gesamtschweizerische Kasse einzurichten oder dann wenigstens die verschiedenen einbezahlten Beiträge von einer Kasse bis zu zur letzten , bei der Pensionierung, nach zu bezahlen, so dass die Gesamte einbezahlte Summe sofort erkennbar ist? Ist das so schwierig?

  • Martin sagt:

    Bei Betreibungsregisterauszügen könnte man vieles ändern. So weit ich weiss, kann man die in Basel auch online „kaufen“. Aber sind wir doch mal ehrlich. Ich muss eine Gebühr bezahlen für eine Auskunft über mich selber? Es sind meine Daten, also gehören sie auch mir, da will ich noch nicht noch extra bezahlen müssen. Zudem: Sind Rechnungen bezahlt, sollten sie gelöscht werden. Nur offene Beträge sollten gezeigt werden. Aber eben, der Staat… er macht gerne seinen Bürgern das Leben schwer und zwar mit allen Mitteln!

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