Patriotische Ideen für die «faulen» Zivildienstler
Es ist das Lieblingsthema jedes aufrechten kalten Kriegers: Wie um Himmels Willen können wir den Zivildienst (der übrigens nichts mit dem Zivilschutz zu tun hat) möglichst unattraktiv gestalten? Und die jungen Burschen wieder der korrekten Verwendung in der Armee zuführen?
In einer Woche kommen gleich zwei Motionen der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK) ins Parlament, die den jungen Männern den Zivildienst vergällen möchten. Forderung Nummer 1: «Um die Spiesse mindestens in diesem Bereich gleich lang zu machen», sollen Zivildienstler künftig bei ihrer Arbeit (im Altersheim, im Museum, in einem Garten oder wo weiss ich) «öffentlich erkennbar sein». Ob dazu ein lustiger Hut, ein farbiger Kämpfer, eine Blume im Knopfloch oder eine Armbinde vorgesehen ist, schreibt die Kommission nicht.
Die Hälfte der Zeit vergebens gerannt
Die zweite Motion ist noch perfider: Der Zivildienst dauert heute 1½-mal so lange wie der Dienst in der Armee. Wer erst nach der Rekrutenschule oder nach einem Wiederholungskurs in den Zivildienst wechselt, konnte seine geleisteten Tage bisher an der Gesamtdauer des Dienstes anrechnen lassen. Das soll auch künftig noch möglich sein, meint die SiK. Allerdings nur noch zur Hälfte. Wer nach einer Rekrutenschule in den Zivildienst wechselt, ist nach dieser Rechnung jeden zweiten Tag seiner RS-Zeit vergebens gerannt, gerobbt und gekrochen. Hat zur Hälfte seiner Dienstzeit dem Vaterland nur die liebe Zeit und den Sold gestohlen (den soll der abtrünnige Soldat zumindest behalten dürfen).
Die Logik dahinter: Wer nach einer Rekrutenschule auf die abwegige Idee kommt, die Armee zu verlassen, der offenbart ein schon lange vorhandenes Gesinnungsproblem – und entwertet damit seine geleisteten Tage in Grün. Wäre ja noch schöner, wenn so ein verkappter Zivildienstler noch von der Armee profitieren dürfte! Und so nimmt die SiK gerne in Kauf, dass der Zivildienst nicht mehr um den Faktor 1,5 länger dauert, sondern je nach Beispiel zwischen 2,2- und 195(!)-mal.
Obligatorischer Lupo
Das ist ja schon mal nicht schlecht. Doch warum hier stoppen? Da geht noch mehr! Man könnte die Zivildienstler beispielsweise in die alten Kämpferuniformen der Armee stecken (das sind die mit den tannigen Hosen). Ihnen zum Mittagessen jeden Tag trockene Armee-Biskuits reichen. Den Lupo mit heruntergeklappten Ohren obligatorisch machen (nur im Sommer, versteht sich). Oder verfügen, dass vor jedem Antritt im Altersheim 50 Liegestützen (unter Absingen der Hymne) absolviert werden müssen – plus anschliessendem Fahnenaufzug. Und warum dürfen die Zivildienstler zu Hause schlafen, hä? Da werden sich sicher noch ein paar kalte Betten in einem unserer Bunker finden. Über einen Eintrag im Strafregister könnte man allenfalls auch nachdenken: Hat sich vor der Armee gedrückt, UNPATRIOTISCH!
Vielleicht müsste man alle Zivildienstler auch verpflichten, zumindest einen Teil ihres Dienstes als Kommissionssekretär in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats zu verbringen. Das würde wohl die stursten Vaterlandsverräter zur Vernunft bringen.
30 Kommentare zu «Patriotische Ideen für die «faulen» Zivildienstler»
Eine Glosse, über ein eigentlich sehr ernstes Thema. Denn Wehrpflicht und Zivildienst gehören endlich auf eine neue Basis gestellt. Es ist verfassungsmässig widerrechtlich, dem Zeitgeist widersprechend, und ein ordnungspolitischer Unsinn, dass Männer dienstpflichtig sind, und Frauen nicht.
Die Wehrpflicht ist an sich unbestritten, und wurde vom Volk bereits mehrfach bestätigt. Aber weshalb wird die allgemeine Wehrpflicht (nur für Männer) nicht endlich in eine allgemeine Dienstpflicht für Frauen und Männer mit Wahlmöglichkeit umgewandelt, wie es andere Länder vormachen? Die Armee hätte auf einen Schlag genug Personal. Der Gleichstellungsgrundsatz in der Verfassung wäre endlich erfüllt. Und unzählige Probleme könnten durch einen gleichlangen Zivildienst gelindert werden.
Ganz schlicht deshalb, weil die Nicht-Dienstpflicht für Frauen genauso demokratisch legitimiert und vom Volk bestätigt ist.
Wenn Sie wollen, dass Frauen auch Dienst leisten sollen, starten Sie eine entsprechende Volksinitiative, dafür gibt es die.
„Ganz schlicht deshalb, weil die Nicht-Dienstpflicht für Frauen genauso demokratisch legitimiert und vom Volk bestätigt ist.“
Das stimmt so nicht, Herr Helbling.
Fakt ist vielmehr, dass die Gleichstellung von Mann und Frau wie auch das Diskriminierungsverbot auf dieser Stufe geregelt ist. Der Ist- Zustand läuft der Verfassung definitionsgemäss zuwider, daran gibt es wenig zu rütteln.
Dass dieser Misstand nicht behoben wird, hat mehr mit den politischen als mit den verfassungsrechtlichen Realitäten zu tun.
Das mit der Gleichberechtigung sehe ich genau so.
Die Armee hat nicht zuwenig Personal. Das Gegenteil ist der Fall. Wieso sonst langweilen sich 85% der ADA in ihren Kasernen die meiste Zeit? Das mit dem Personalmangel ist eine weiterer wirre Lüge der Kaltenkrieger.
Das ist keine Glosse, die Vorschläge der SIK sind eine Glosse. So wie der „Schweizermacher“ kein Lustspiel sondern ein Dokumentarfilm ist.
Es wird Zeit, die Dienstpflicht grundsätzlich zu überdenken. Warum braucht es das, was wollen wir damit.
Im Moment gibt es zwei grosse Probleme: Die Beschränkung der Dienstpflicht auf die Männer, was längst nicht mehr zeitgemäss ist und der Verfassung widerspricht. Und die schwierige Situation der Armee, die längst nicht mehr die „Besten“ bekommt. Weil einige den zivilen Weg wählen, andere aber auch auf anderen Wegen abschleichen.
Und natürlich muss man aufpassen, dass der Zivildienst nicht zu attraktiv ist. Dabei geht es tatsächlich auch um das zu Hause schlafen, was ja auch bedeutet, sein ganzes soziales Leben weiterzuführen – ganz im Gegenteil zum Militärdienst, der in irgendeiner Kaserne stattfindet.
Und natürlich ist die RS verschwendet, wenn man dann aussteigt.
Ganz im Gegenteil zu den zwei im Blog erwähnten Motionen bin ich der Meinung, dass die Attraktivität des Zivildienstes gegenüber dem Militärdienst aufgewertet werden sollte.
Wo der Militärdienstleistende oft unnütz in der Kaserne eingesperrt ist und auf Szenarien vorbereitet wird, die zu 99.99% eh nie eintreffen, leistet der Zivildienstler in der Regel einen sinnvollen Beitrag an die Gesellschaft, in dem er Hilfsbedürftige aktiv unterstützt.
Kann ich unterstreichen: Alle Zivildienstler, welche ich kenne haben jeden einzelnen Tag mehr für das Vaterland geleistet als wir in der Armee.
Sie können es so sehen: die Armee hilft auch den Hilfsbedürftigen, einfach nur in besonderen Lagen: und dafür braucht es Personal. Für die „normalen“ Sorgen der Leute können Altersheime und Schulen auch Personal anstellen (aber das kostet eben Geld, bzw. müssten die Kanton/gemeinde selber bezahlen).
@Ineichen
Oder sie sehen es so:
– auf der einen Seite haben wir viele junge Menschen in der Armee, die unbeschäftigt und ohne sinnvolle Aufgabe ihre Militärpflicht absitzen.
– auf der anderen Seite haben wir Altersheime, etc. die dankbar für jede helfende Hand sind.
Leider bleibt zu vermuten, dass ein glühender Militärverfechter wie Sie, die Ineffizienz der obigen Situation nicht einmal bemerkt oder sonst ganz bestimmt nicht wahrhaben will.
Als jemand der alle Diensttage im Zivildienst absolviert hat und es eine Frechheit findet, dass es eine staatliche Diskriminierung gibt in Bezug auf die Wehrpflicht, hat in der Zwischenzeit ein wenig ein differenzierteres Bild.
Rein theoretisch dürfte ein Zivildienstleistender keiner Tätigkeit nachgehen, welche die Arbeitsplätze gefärdet. Ich habe sämtliche Diensttage in Positionen verbracht in denen man vom Markt jemand für viel Geld hätte rekrutieren müssen (somit volkswirtschaftlicher Schaden, nur ich alleine ~6500 Fr/Monat). Das Militär hingegen generiert Umsatz bei sämtlichen Zuliefern und dadurch Arbeitsplätze.
Ganz so lässt sich das nicht rechnen. Sie leisteten Arbeit im Wert von ~6500 sagen sie, d.h. sie schufen diesen Wert! dadurch konnte der Arbeitgeber das Geld anderweitig verwenden, z.B. jemand zusätzlich einstellen, etwas anschaffen oder sparen für eine Investition. Der volkswirtschaftliche Nutzen ist also ganz sicher positiv.
Frauen und Ausländische (EU inklusive!) mussen die Zivildienst machen. Mann möchtet gerne in der CH leben aber dann… will alle haben.
Wäre es denn möglich die Männer, anstatt mit pausenlosen, x-beliebigen Verpflichtungen zu bombardieren, im Ruhe zu belassen?
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Willkommen im einundzwanzigster Jahrhundert!
Sind Sie denn in ihrem (zivilem) Beruf zu nichts verpflichtet ? Machen Sie einfach was Sie wollen und ihr Arbeitgeber hat nichts zu sagen ?
Der Unterschied ist, dass in meinem zivilen Beruf die Verpflichtungen nachvollziehbar und sinnvoll sind, es wird effizient gearbeitet.
Würde die Armee nach Massstäben der Wirtschaft beurteilt, gäbe es sie längst nicht mehr.
Warum wird der Feuerwehrdienst nicht dem Militär- und Zivilschutzdienst gleich gestellt? Selbstverständlich mit einer gemeinsamen, intensiven Grundausbildung, mit Fachausweis als „Eidgenössische Feuerwehrperson“!
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Hat den Vorteil, Frau oder Mann können am Wohnort und am Arbeitsplatz ihren Dienst leisten. Selbstverständlich müssen die Arbeitgeber im Gegensatz muss die Abwesenheit für den Dienst an der Allgemeinheit zu 100 % dem Arbeitgeber ausgeglichen werden.
Nur zur Info: Der Zivildienst dauert heute nicht (mehr) 1.5 mal so lange wie Militärdienst, aber immer noch etwas länger.
Dann soll das Militär bitte dafür sorgen, dass man nicht jeden Tag den Eindruck erhält, man verschwende seine Zeit. Oder auch mal die Organisation überdenken: Es läuft einfach alles so schief, sogar die einfachsten Abläufe funktionieren kaum [Stichwort: Materialabgabe].
Ich habe die RS absolviert, war aber dermassen unterbeschäftigt, dass ich mich den ganzen Tag mit Langeweile abfinden musste. Ich habe ein halbes Jahr meines Lebens verschwendet. Nach der RS habe ich in den Zivildienst gewechselt. Bei meinem Einsatz bei einem Bergbauer merkte ich dann endlich den Unterschied. Meine Arbeit kam einem guten Zweck zu gute, ich sah die Resultate meiner Arbeit und der Bauer war unglaublich froh. um meine Dienste. Diesen Eindruck hatte ich während der ganzen RS nie.
Natürlich war der Bergbauer froh: ein junger Mann arbeitet gratis für ihn; er hätte ja auch jemand anstellen können…aber nein, er kassiert Subventionen vom Bund und kriegt noch gratis Arbeitskräfte dazu.
Ne, der Bauer muss für einen Zivi bezahlen.
@Herbert Ineichen:
Du hast ja keine Ahnung. Ein Zivildienstleistender kostet einen Betrieb nicht wenig Geld, und einen Einzelunternehmer erst recht nicht!
Wenn der Militärdienst eine Zumutung ist, so sehr, dass junge Leute lieber anderthalb mal so lange in einem Heim Hilfsarbeiten machen, dann muss man selbstverständlich keine Sekunde darüber nachdenken. Viel besser, man versucht – auch wenn es schwierig wird – den Zivildienst noch uninteressanter zu machen. How low can you go…
Wieso soll der Zivildienst uninteressanter gemacht werden? Wenn schon, müsste man am anderen Ende ansetzen und den Militärdienst interessanter und vor allem sinnvoller machen!
Wenn der Zivildienst uninteressanter wird, denn gehen die Leute nur in den Militärdienst, weil es das kleinere Übel ist. Doch was soll man mit Soldaten anfangen, die total demotiviert sind?
Dann bringt den Müll doch…ich bin Zivildienstleistender weil ich etwas für die Schweiz machen wollte. Ich will mitwirken und dort helfen wo sich sonst keine Arbeiter finden.
Der Zivildienst ist aktuell wohl die sinnvollste Dienstpflicht welche man absolvieren kann, denn man macht etwas für Alte und Beeinträchtigte Menschen, hilft die Kultur des Landes zu wahren in dem man bei Grabungen mithilft, hilft mit wenn Umweltkatastrophen passieren oder unterstützt das Schweizer Bildungssystem.
Ich habe absolut kein Problem mit Menschen welche ins Militär wollen, ja euch braucht es auch, aber wieso das Parlament Menschen wie mir Steine in den Weg legen will verstehe ich nicht.
Ich sehe die Wehrpflicht als eine Möglichkeit für junge Menschen Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen und ihre Struktur besser kennenzulernen. Somit ist eine Ausweitung auf die Frauen meiner Ansicht angebracht. Im Zivildienst konnte ich benachteiligten Menschen echt helfen, was eine persönliche Bereicherung war. Zudem werden wohl durch den Zivildienst unsere Gesundheitskosten gesenkt. Meine Zeit im Militär war hingegen die reinste Enttäuschung. Zwar rühmt sich diese Organisation von den Fähigkeiten jedes einzelnen zu profitieren, die Ausbildung ist aber ineffizient, verschwenderisch und weitgehend uninteressant. Man könnte eine RS doch als Herausforderung und echte Weiterbildung gestalten, auch was das Wissen rund um den Staat betrifft.
Reiner Sexismus was da im Parlament läuft. Wieso soll dies nicht such für alle jungen Frauen gelten?
Die nachgerade übliche „unheilige Allianz“ halt, Herr Meiner.
Die linke Seite möchte mehrheitlich sowieso die Armee abschaffen, und rührt aus daher von sich aus keinen Finger. Den Solidaritäts- und Gleichberechtigungsgedanken kann man ja dann wieder andernorts bemühen.
Die rechte Seite wiederum verharrt in ihrem Rütli-Winkelried-Haus und Hof-Denken des letzten Jahrtausends und findet das wohl prinzipiell einfach „Männersache“.
Zivildienstleistungen sind nichts Wert.
Mehr Personal in der Kita? Die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Kinder ist uns nicht wichtig.
Junge Leute, die sich mit den Alten beschäftigen, sich mit ihnen unterhalten, basteln, spazieren gehen und ihre Lebensqualität steigern? Warum sollte man sich überhaupt mit den Sterbenden beschäftigen?
Unterstützung in der Schule? Bildung? Alles nur vergänglich!
Garten- und Landschaftsarbeiten? Wem kümmert es, wie unsere Wälder aussehen?
Betreuung von Arbeitslosen, Asylanten & Drogenabhängigen?
Es gibt KEIN Ort, an dem ein Zivi sinnvoll eingesetzt werden kann! Sie verschlechtern den schweizerischen Wohlstand und geben sich nicht einmal die preiswerte, lehrreiche Ausbildung der Armee.
Ich bin aus medizinischen Gründen dienstuntauglich und nein, ich wollte mich nicht drücken, denn eigentlich wollte ich in die Armee, aber da kann ich nichts machen. Als UT abgestempelt. Für die Armee bin ich UT, aber nicht für den Zivilschutz? Und ich muss trotzdem noch Armeeersatz bezahlen? Ich finde es unfair, wenn ich aus medizinischen Gründen nicht zur Armee gehen kann und dann trotzdem in den Zivilschutz eingeteilt werde. Entweder alles oder gar nichts. Frauen sollten nicht in die Armee müssen, aber sie sollten einen intensiven Hauswirtschaftskurs besuchen! Einmalig, 15 Wochen lang, wo sie alles über Kochen, Babies usw. lernen. Es lernen es nicht alle zu Hause und es wäre gutes Rüstzeug für später im Familienleben. Aber bei den heutigen Feministinnen kommen solche Ideen nicht gut an.