Geldwäsche: Behörden ziehen die Schrauben an

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Politblog

Die Schweiz, ein Land der Geldwäscher? Postkarten an der Kunstmesse Art Basel (Juni 2009). Foto: Gaetan Bally (Keystone)

Die Schweiz stand Ende der 1980er-Jahre erstmals unter Druck, gegen Geldwäscherei vorzugehen. Um der organisierten Kriminalität die Finanzgrundlage zu entziehen, rief die OECD die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) ins Leben und erliess mit ihr eine Flut von Empfehlungen und Richtlinien. Milliarden flossen in den vergangenen zwei Jahrzehnten europaweit in die Bekämpfung der Geldwäscherei.

Doch die Wirkung lässt 2016 noch immer zu wünschen übrig. Auch in der Schweiz. Im jüngsten Geldwäscherei-Ranking des Basel Institute on Governance steht unser Land bloss auf Rang 88 von 149 untersuchten Ländern. Das schlechte Rating erklärt sich teilweise durch die Grösse und somit Anfälligkeit des Finanzplatzes, doch, um es mit den Worten von Finma-Direktor Mark Branson zu sagen: «Das Geldwäscherei-Risiko in der Schweiz hat zugenommen. Und die Banken sollten Geldwäscherei noch stärker bekämpfen.» Gegen sieben Banken laufen Verfahren. Es gebe konkrete Hinweise, dass ihre Massnahmen zur Bekämpfung der Geldwäscherei ungenügend gewesen seien, so die Finma.

Schweizer Finanzinstitute stehen unter grossem Druck, Geldwäscherei effizienter zu bekämpfen. Seit Inkrafttreten des revidierten Geldwäschereigesetzes Anfang Jahr müssen auch Händler bei Bargeschäften ab 100’000 Franken abklären, mit wem sie es zu tun haben und wem das Geld gehört. Dies betrifft vor allem Immobilienhändler und Verkäufer von Luxusgütern. Ausgangspunkt des verschärften Gesetzes waren die Empfehlungen der FATF von 2012. Darauf basiert auch die vierte EU-Geldwäscherichtlinie (MLD4), welche die EU-Mitgliedsstaaten bis Mitte 2017 in nationales Recht umsetzen sollen. Als Nichtmitglied der EU muss die Schweiz MLD4 nicht umsetzen. Sollte aber die EU zum Schluss kommen, die Schweiz gehe zu lasch vor, wird sie darauf drängen, dass auch die Schweiz ihre Gesetze nochmals verschärft.

Finanzinstituten und Händlern, die ihre Sorgfaltspflicht verletzen, drohen in der EU bald happige Geldstrafen. Bis zu fünf Millionen Euro oder 10 Prozent des Umsatzes für Finanzintermediäre, bis zu einer Million Euro für Händler. In der Schweiz setzt die Finma eher auf Berufsverbote als auf Bussen. Die Aufsichtskommission könnte aber auch Strafen in Millionenhöhe aussprechen.

Finanzinstitute als Detektive

Angesichts der Terroranschläge in Frankreich drängt die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten, die nationalen Gesetze schon bis Ende Jahr anzupassen, und beschloss, die Geldwäscherichtlinie zu verschärfen, um effizienter gegen Terrorismusfinanzierung vorzugehen. So sollen Finanzinstitute und Händler Geschäftsbeziehungen in Risikoländern noch strenger prüfen. Risikoländer sind zum Beispiel Malaysia, China, Indonesien, Brasilien und Ägypten. Die Banken setzen vermehrt auf Schwellenländer, seit Gelder aus den USA und der EU abfliessen. Die zentralen Meldestellen – die europäischen Pendants zur Meldestelle für Geldwäscherei in Bern – sollen nun zusätzliche Kompetenzen erhalten und dank zentralisierten Datenbanken schnell auf Informationen über Kontoinhaber zugreifen können.

Die Entwicklungen in der Schweiz und der EU bedeuten vor allem eines: Finanzinstitute und betroffene Händler werden ihre Kunden und Geschäftspartner sorgfältiger prüfen müssen, bevor sie ihr Geld annehmen. Elektronische Transaktionsüberwachungen und Formulare, die ein Kunde ausfüllt, genügen nicht mehr. Ebenso wenig standardisierte Personenkontrollen bei gewissen Kunden. Von Finanzinstituten und zunehmend auch von Händlern wird je länger, je mehr erwartet, dass sie bei der Abklärung von Risikokunden regelrechte Ermittlungsarbeit leisten und nicht bloss eine «Cover your ass»-Checkliste abarbeiten. Wenn sie saftige Bussen und Reputationsschäden vermeiden wollen, werden die betroffenen Akteure nicht umhin kommen, die gesteigerten Erwartungen zu erfüllen.

3 commentaires sur «Geldwäsche: Behörden ziehen die Schrauben an»

  • sepp z. dit :

    Ein völlig eindimensionaler Blick auf die Dinge. Heute wird Geld legal über für das Ausland geöffnete Immobilienfonds gewaschen. Ohne Bussen und ohne griffige Schutzmechanismen. Der Lockerung der Lex Koller durch BR Blocher sei dank. Wir Bürger bezahlen es mit gestiegenden Immobilienpreise bzw Mieten.

  • Sacha Maier dit :

    Bei den Grossen ist eh nichts zu holen. Die waschen, säubern und gewinnverschieben ihre Gelder mit anwaltlicher Hilfe in den grossen Off-Shore-Paradiesen oder über Immobilienanlagen. Und gegen die Terrorfinanzierung mittels Hawala nützen Geldwäschereigesetze etwa soviel, wie eine Artilleriekanone gegen Grippeviren. Viel lukrativer ist daher die Bekämpfung der Steuerkleinkriminalität beim Mittelstand. In Feudalsystemen – wie etwa dem real existierenden Neofeudalismus – wird der ohnehin nicht gebraucht. Wer etwa ein Konto mit EUR/CHF 10’000 im Vermögensverzeichnis seiner Steuererklärung «vergisst», wird dank der rigorosen Kontrollen bald auffliegen. Mit dem kommenden Bargeldverbot (vgl. AIA) wird der Normbürger definitiv gläsern.

  • R. Todd dit :

    Ser AIA dient lediglich dazu, dass die Staaten immer wissen welcher Bürger ein Auslandkonto über das eine Kreditkarte läuft.
    Die USA drängte alle Staaten dazu ihre Bürger zuüberwachen bezüglich Kreditkarten-Informationen, jede Person kann somit jederzeit und sofort aufgefunden werden bei Nutzung einer Kreditkarte auf dem Planeten Erde – der gläserene Mensch, Geotracking bei Smartphone sowie bei Kreditkarten- Eindämmung von Steuerhinterziehung diente lediglich als Vorwand für die Einführung des AIA ( Automatischer Informationsaustausch bezüglich Bankdaten von natürlichen und juristischen Personen zwischenstaatlich).

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