Langsamer, nicht teurer!
Ein Zielkonflikt, schrieb der «Tages-Anzeiger» vergangene Woche, entzweie die Linke angesichts des «Mobility-Pricing», das der Bundesrat testen möchte. Dem ökologischen Ziel, den Verkehr zu reduzieren, stehe das soziale Gebot nach gleichem Zugang zum öffentlichen Raum gegenüber.
Wer ökologisch denkt, ist dafür, wer sozial denkt, dagegen? So einfach ist das nicht: Zu den Befürwortern gehört auch der ACS, dem niemand ökologische Absichten unterstellt. Nein: «Mobility-Pricing» ist aus ökologischer Sicht so falsch wie aus sozialer.
Wobei: Es kommt drauf an, was für ein «Mobility-Pricing» man meint. Man kann darin eine Möglichkeit sehen, externe Kosten (Schäden, die der Verkehr verursacht) den Verursachern aufzubürden. Herumfahren würde teurer, es würde weniger gefahren. Gegen Verursachergerechtigkeit kann man schlecht argumentieren – aber man kann sich lange darüber streiten, was zu den externen Kosten gehört (Staukosten beispielsweise sind nicht extern, denn sie fallen bei den Verursachern an).
Der Bundesrat indessen will den Verkehr gerade nicht verteuern, sein «Mobility Pricing» soll andere Verkehrsabgaben ersetzen. Das Ziel, das er anstrebt, ist eine bessere Auslastung der Verkehrswege. Aber bessere Auslastung heisst mehr Kapazität, mehr Kapazität heisst mehr Verkehr. Der ACS sieht das schon richtig.
«Mobility-Pricing» ist der falsche Begriff
Machen wir einen Schritt zurück. Wer unterwegs ist, zahlt in zwei Währungen: Geld und Zeit – wobei die Zeit der limitierende Faktor ist. Fahren nun zu viele Autos gleichzeitig, verstopft die Strasse, der Verkehr wird langsamer. Der Zeit-Preis pro Kilometer steigt, herumfahren wird weniger attraktiv. Für den Verkehrswissenschafter Hermann Knoflacher ist Stau deshalb kein Verkehrsproblem, sondern ein Regulativ. Man kann das für ein sehr primitives Regulativ halten, denn Staustunden sind verlorene Zeit. Aber ohne Stau würde einfach weitergefahren, und ein Mensch in einem Auto, das fährt, ist auch nicht produktiver als einer in einem Auto, das steht.
Dem Bundesrat ist der Zeit-Preis des Verkehrs gleichwohl ein Ärgernis. Er will ihn reduzieren, indem er ihn durch einen Geld-Preis ersetzt, der sich genauso wie der heutige Zeit-Preis nach der Nachfrage richtet. Aus sozialer Sicht ist diese Ersetzung problematisch. Denn ein Tag hat für alle 24 Stunden, aber die einen haben mehr Geld als die anderen. Wer mehr Geld hat, könnte sich mit «Mobility Pricing» zu attraktiveren Zeiten und auf attraktiveren Strecken im öffentlichen Raum bewegen. Die Ungleichheit würde in Raum und Zeit eingeschrieben.
Der Philosoph Ivan Illich hat das so auf den Punkt gebracht: «Jenseits einer kritischen Geschwindigkeit kann niemand Zeit ‹sparen›, ohne dass er einen anderen zwingt, Zeit zu ‹verlieren›. Derjenige, der einen Platz in einem schnelleren Fahrzeug beansprucht, behauptet damit, seine Zeit sei wertvoller als die Zeit dessen, der in einem langsameren Fahrzeug reist.» So ist es. Dass die Gebührenfreiheit der Strassennutzung in der Schweiz Verfassungsrang hat, ist wohlbegründet.
P.S.: Wundern Sie sich, weshalb ich «Mobility Pricing» stets in Anführungszeichen setze? Weil der Begriff falsch ist: Es soll ja nicht die Mobilität, sondern der Verkehr bepreist werden. Erkennt man den Unterschied, löst sich auch der scheinbare Zielkonflikt auf: Dann kann man nämlich sozial die Mobilität steigern und gleichzeitig ökologisch den Verkehr reduzieren. Der Hebel dazu heisst Geschwindigkeit: Verkehr müsste langsamer werden – teurer in der Währung Zeit.
60 Kommentare zu «Langsamer, nicht teurer!»
Gute Sicht der Dinge! Vor allem beinhaltet sie ein Element, welches gerne übersehen wird. Die Wirtschaft will zwar dass ihre Arbeitnehmer rechtzeitig am Arbeitsplatz sind, möchte aber möglichst wenig an die öffentlichen Einrichtungen beisteuern, siehe USR 2 und 3! Auch verneint Sie natürlich jegliche Verdichtung, durch den Zuzug Ausländischer Arbeitskräfte !
Sehr guter Beitrag! So wie ich es erlebe, nimmt der Verkehr stets zu, bis es zum Stau kommt, erst dann werden Alternativen geprüft und probiert … (Gilt insbesondere für die Strasse!).
Die Schweiz sollte den Individualverkehr nicht bevorzugen und auf den öffentlichen Verkehr setzen und das Umsteigen von Individual – auf öffentlicher Verkehr weiterhin belohnen … So wie es im Moment scheint, sollten die Pendler vermehrt ‚zur Kasse‘ gebeten werden, was einen falschen Anreiz setzen würde!
Langsamer würde ja bedeuten, dass die Busse, Trams, Züge zu Stosszeiten langsamer fahren würden… also Bern (ab Zürich) erst ab 09:00 in einer Stunde erreicht wird.
Genau.. Sie haben es erkannt!
Die Züge werden nicht künstlich verlangsamt. Auch der Autoverkehr nicht. Bei den Zügen geht automatisch der Komfort hinunter: zu Stosszeiten gibt es keine Sitzplätze mehr. Wer nicht lange stehen kann, muss zu einer anderen Zeit fahren.
Beim Auto ist die Komforteinbusse einfach die Geschwindigkeit, die wegen Staus automatisch verringert wird. Durch den Gotthard fährt nur noch jemand, der bereit ist, 2 Stunden im Stau zu warten.
Brauchen wir diese Lenkungsabgaben? Wäre es nicht sinnvoller Autoleasing, Autokredite usw. zu verbieten? Ökologische würde es Sinn machen und würde den Autoverkehr mit Staus usw. automatisch regulieren. Der Haken daran ist dass es Volkswirtschaftlichen gravierende Einschnitte gäbe. Im weiteren schafft eine Lenkungsabgaben immer Ungerechtigkeiten, die welche gut verdienen oder Geschäftsinhaber sind können es sich leisten, die anderen werde darüber neidisch, was auch selbstverständlich ist. Dafür bleibt die Frage immer noch offen was die Lenkungsabgaben, die wie früher Wegzölle sind bezwecken? Heisst es dann wiederum, wie bei der Autobahnvignette, es rentiert eigentlich nicht usw.
Deshalb schlägt der Autor ja vor, dass keine Lenkungsabgaben erhoben werden. Jeder Mensch bezahlt mit seiner Lebenszeit, und da jeder gleich viel Lebenszeit hat, ist der Vorschlag gerecht.
«Aber ohne Stau würde einfach weitergefahren, und ein Mensch in einem Auto, das fährt, ist auch nicht produktiver als einer in einem Auto, das steht.» – Das ist ein dummer Denkfehler in einem ansonsten durchaus interessanten Beitrag: Ein Mensch, der ohne Stau eine Strecke in einer Stunde zurücklegt, ist eben (sehr) viel produktiver als einer, der dieselbe Strecke mit Stau in zwei Stunden zurücklegt, da er die zweite, freigewordene Stunde produktiv sein kann.
Im Vergleich mit dem ÖV ist Ihre Stunde im Auto hinter dem Steuer verloren – ausser Sie sind stolzer Besitzer eines Chauffeurs. Telefonate sind vielleicht das einzige, was sie vielleicht noch im Auto als Fahrer erledigen können, das aber auch nur eingeschränkt in Hinblick auf die Fahrlässigkeit. Weiterhin ist von Ihnen ein höheres Mass an Aufmerksamkeit gefordert, was mehr Stress bedeutet. Diese Energie könnten Sie viel besser für arbeits-/freizeitrelevante Dinge verwenden. Weiterhin können Sie sich im Zug erholen, diese Option gibt es für einen Fahrzeuglenker nicht. Wenn ich weiss, dass ich Autofahren muss, ist das für mich immer eine „Strafe“, denn ich weiss, ich kann in dieser Zeit nichts machen. Sie ist verloren.
Und was arbeiten Sie im Zug, wenn Sie von Zürich nach Bern stehen müssen?
Wie wollen Sie das wissen, ob ein Mensch, der nicht im Stau steht, produktiver ist? Er sitzt vielleicht vor dem Fernseher und schaut sich eine Soap-Opera an. Die Zeit vor dem Fernseher wird ja auch nicht in die externen Kosten des Fernsehens eingerechnet, sonst würde der Fernseher 100’000 CHF pro Gerät kosten. Warum denn bei der Strasse?
Am produktivsten wäre er, wenn er das Fahren jemand anderem (öV, Chauffeur) überlassen und während der Fahrt arbeiten, essen, ausruhen würde. Das sehen aber die meisten nicht einn. Sie wollen instantan an den Arbeitsplatz und dann instantan heim zu Muttern ….
Wenn es keine Staue oder Zeitverluste gäbe, würde die mittlere Pendel-Distanz zunehmen über alle Grenzen (praktisch 20’000 km: einmal um die halbe Welt). Am besten in der Südsee wohnen und dann mit dem Hyperschallflugzeug zu 8 Fr. in die Schweiz.
Ich denke, dass das Verursacherprinzip in den Mittelpunkt gestellt werden muss. Nur scheint die grosse Mehrheit nicht zu verstehen, wer die Verursacher eigentlich sind. So gehen all diese Diskussion für mich in die komplett falsche Richtung.
Dann klären sie uns Unwissenden doch auf – wer sind denn die Verursacher eigentlich?
Herr Marolf, Sie haben etwas falsch verstanden! Es geht um die soziale Verteilung der Kosten, nicht um die welche im Stau stehen! Bekanntlich wird von vielen Firmen ( nicht von allen ) in erster Linie der Gewinn abgeschöpft, die dazu nötigen Infrastrukturen interessieren die CEO s nicht ! Dabei hätten die Firmen vieles in der Hand, was andere nicht haben. Sie wissen wer wann zu welcher Zeit wo sein muss und könnte so Busse organisieren!
Die SZU (S4) Zürich HB-Langnau Gattikon braucht für 14km, eine Fahrzeit von 21min. Was unglaublichen 40km/h enspricht. Macht man die Strecke noch langsamer ist jeder Hobbygümmeler schneller mit seinem Velo, von E-Bikes will ich gar nicht erst sprechen.
Wer in unserer hektischen Geselschaft entschleunigen sucht, kann schon Heute mit der S4 zur Arbeit fahren.
Es wäre eben mehr als vorteilhaft, für solch kurze Strecken ein E-Bike oder Rennvelo zu benutzen (bitte Duschen bei Ankunft …).
die SZU hält 10.5 mal, da sie 11 ganze und 1 halbe Haltestellen hat. Auch hat sie keine Kapazitätsprobleme und braucht kein MP.
Nach meinen Erfahrungen kostet ein Velokilometer 5 bis 10 Rappen, Elektro 10 Rappen mehr vor allem für Batterie. Ist also teurer als öV-Abo. Nicht vergessen die verlorene Lebenszeit durch Unfälle. Andererseits spart man Fitnesszeit, und lebt länger falls kein Unfalltod.
ausserdem ist die Velostrecke vom Hauptbahnhof bis Langnau-G. kein Schleck mit dem Velo zu fahren.
Unsere Vorfahren haben es vorgemacht: Rund um die Industriebetriebe wurden auch Wohnungen für die Arbeiter erstellt. Industriebetriebe entstanden auch in abgelegenen Gebieten, dort wo auch Strom erzeugt werden konnte. Die Mobilität war damals ‚mühsam‘. Die Raumplanung (1969) setzte sich die ‚dezentrale Konzentration‘ zu einem der Ziele, sozusagen als Weiterführung der Idee der Vorfahren. Von diesem hehren Ziel ist nichts übrig geblieben. Die moderne Dienstleistungsgesellschaft konzentriert sich in den grossen Städten. Davor blieben auch Verwaltungen des Staats nicht verschont, vermeintlich um Kosten zu sparen. Diese Sparbemühungen sind nicht zu Ende gedacht, wenn man die kostspieligen Infrastrukturbauten in Betracht zieht. Die Ziele der Raumplanung sind ‚unter die Räder‘ gekommen.
Interessanterweise ziehen die wertschöpferenden Betriebe von den peripheren Zonen in die Stadt oder Agglomeration. Beispiel: Straumann Instruments von Waldenburg BL an den Bahnhof Basel SBB. Wenigstens angebunden an öV, aber die Steuern bekommt Basel-Stadt.
Vergass zu schreiben: … trotz stetig steigender Verkehrskapazitäten. Baden (BBC), Winterthur (Sulzer), Vevey (Nestle) wären heute nicht mehr ‚tragbar‘ als Grossfirmensitze.
Es gibt schon Ausmahmen: das Kundenservicezentrum der SBB befindet sich in Brig. Aber verkehrsmässig nicht so schlecht.
eigentlich wäre es ganz einfach, im morgen- und abendverkehr
WARUM NUR MÜSSEN IMMER NOCH ALLE UM 8 ODER 9 IM BÜRO SEIN
völliger Blödsinn!!!!!! gilt für Auto und s-bahn
damit hätten wir dann schon mal mindestens die hälfte der stau`s aufgelöst.
ich sehe das hier im kleinen kaff birmensdorf, will ich um 8 schnell was einkaufen im denner (strasse Richtung Zürich), stehe ich mindestens 10 Minuten, fahre ich nach 9 ist alles frei. so einfach kann das sein.
Der Firmen/Manager wegen. Ich hab mal für eine Firma gearbeitet, die hatte keine Blockzeiten und für die Business-Leute (also IT/HR/FI und AssistentIn ausgenommen) nicht mal Anwesenheitspflicht.
Wurde mit den Begründungen abgeschafft, dass Meetings zu organisieren zu mühsam sei und die Büros zu leer.
Der Autor hat Recht. Der Verkehr ist wie die Luft im Zimmer. Egal, wie gross das Zimmer ist, die Luft füllt es immer auf. Und die Zeit als Bezahlmittel ist gerecht, denn jedermann hat dasselbe Grundkapital an Zeit zu Verfügung.
Das Problem von seiner Lösung ist, dass die Lösung bereits da ist und funktioniert. Das beraubt die Behörden ihres unzähmbaren Aktivismus. Denn mit anderen, technisch aufwendigen Lösungen könnte der öffentliche Dienst wieder mal wachsen – zulasten des Steuerzahlers.
Und der Wirtschaft den zusätzlichen Umsatz/Gewinn.
Lustiger Ansatz, doch nicht zu Ende gedacht: wer mehr Zeit im Zug/Bus/Auto sitzt, hat weniger Freizeit, Familienleben, Erholung. Und vom langsameren Verkehr betroffen sind die finanziell Schwächeren weit mehr als die stärkeren: Wohnsitz verlegen können nur Wenige und nur die Chefs bestimmen, ob sie von zu Hause aus arbeiten, um 5 Uhr früh beginnen oder erst gegen 10 Uhr eintrudeln, während der normale Büetzer zwischen 7 Uhr und 8:30 Uhr einzutreffen hat.
Mobility Pricing trifft die sozial Schwächsten am Härtesten. Deshalb ein anderer Vorschlag: Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie der Autobahnen sollen von nun an die 10% Wohlhabendsten/Einkommens-Stärksten Bewohner der Schweiz berappen über höhere Direkte Bundessteuern. Erhöht den Max-Satz von 12,5% auf 18% und Milliarden fliessen.
Es wäre besser, man würde Randgebiete attraktiver für grössere Unternehmen machen, dann würde es keine Zentralisierung und Konzentrierung von Unternehmen an einem einzigen Ort geben, ergo würde der Pendlerverkehr zurückgehen, oder auf einen Niveau bleiben, auch bei Bevölkerungswachstum.
Das ist leider nicht zu Ende gedacht – die Randgebiete brauchen nicht auch noch alle über- und zugebaut zu werden, wie die konzentrierten Agglomerationen. Alleiniges Wachstum kann kein Ziel mehr sein – die Grenzen, die schon lange aufgezeigt wurden, sind an vielen Orten erreicht.
Wenn man endlich die Zuwanderung stoppen würde dann wären die Strassen auch nicht verstopft denn auch besserverdienende Zuwanderer wollen alle ein oder sogar 2 Autos im besitz haben wie wir erfahren haben von einer Fa. die diese Zuwanderer platzieren Die Schweiz verträgt nun nicht so viele Menschen Sie hat immer die gleiche Fläche!!
Es war einmal ein Land fast gleich gross wie die Schweiz. Ein beträchtlicher Teil davon bestand aus Bergen, auch über 3000m hoch und war deshalb nicht für Besiedlung geeignet. In diesem Land lebten übrer 20 Millionen Menschen, ohne sich auf den Füssen rumzutreten und ohne alle Landwirtschftsflächen zu zu betonieren.
Gibt es nicht? Doch, heisst Taiwan. Nicht dass da alles perfekt wäre, aber es zeigt, dass wir kein wirkliches Problem mit zu dichter Bevölkerung haben, wenn man nur Lösungen für die Problemchen finden wollte. Dass dann irgendwann eine 2 spurige Autobahn und 1 Zug alle 3 Minuten zwischen Bern und ZH nicht mehr reicht, kann man sich ja eigentlich denken. In Taipeh fahren schon S-Bahnen in der Rushhour im 7.5 Minuten Takt, und U-Bahnen teilweise alle Minute!
Genau, habe jahrelang in Taiwan gelebt. Die Lebensqualität ist hoch, wenn man das Scheinproblem „Dichtestress“ ignoriert. Aber in Taiwan jammern sie eben nicht so gern wie hierzulande.
Das Scheinproblem Dichtestress führt u.a. nur zu absurd tiefer Reproduktion: Hongkong & Singapur 1,1! Leider aber ist es so, dass Wohnen in einem Einfamilienhaus vorteilhaft ist bzlg. Freiheit und Immissionen.
Ist das wirklich so schlimm? Es gibt genug Menschen auf der Welt. (Und bringen Sie bitte nicht das Schneeballsystem AHV als Argument.) Ich persönlich finde EFH schrecklich: Garten, Unterhalt, usw. Kinder können auf dem Spielplatz genauso oder noch besser spielen als im Garten, und fürs Draussen-Sitzen reicht mir mein Balkon 🙂 Auch ziehe ich die Anonymität einer modernen Siedlung mit grosszügigen Wohnungen der erzwungenen Nähe – und dem Nachspionieren – mit Nachbarn eindeutig vor.
Die Diskussion über Mobility Pricing ist sowieso eine Zeitverschwendung, da das Volk dem niemals zustimmen würde. Man will weiterhin die (viel zu) günstige Mobilität auf Kosten der Allgemeinheit geniessen. Ist wahrscheinlich aber auch gut so, denn die technischen Lösungen würden in der Schweiz, wo immer nur das Teuerste gut genug ist, eh sämtliche Einnahmen gleich wieder vernichten.
Es gäbe tatsächlich eine bessere Alternative: Endlich den Zuwanderungsartikel umsetzen.
Er fordert also eine Art Sozialismus/Kommunismus, wobei die Gleichheit sich auf die Reisezeit bezieht. Es hat sich aber in allen Belangen bewährt, mehr Leistung denen zu gewähren, die es sich leisten können oder wollen. Wenn einer 100 Fr. die Stunde verdienen kann, ein anderer nur 30: warum soll der erstere nicht weniger Zeitverlust haben?
Ich sehe schlicht nicht ein, warum langsamerer Verkehr Probleme lösen soll.
Wenn der Weg nach Zürich doppelt so lange dauert heisst das, dass entweder sinnlos Zeit verschwendet wird, oder die Pendler entweder ihren Arbeitsort oder den Wohnort aufgeben müssen.
Beides ist jetzt nicht gerade eine ideale Lösung.
Wenn alle Pendler ihren Arbeits- oder Wohnort aufgeben würden, wäre das durchaus eine ideale Lösung für das Mobilitätsproblem. Nur populär ist diese Variante wohl eher nicht…
Ich bin dafür das der öffentliche Verkehr konsequent als Service Public, finanziert mit direkten Steuern auf Einkommen, Vermögen, Erbschaften, Profite bezahlt wird und die weitere Verwendung einfach nichts kostet. Danach kann man alles was mit diesen typisch neoliberalen und wie so oft sinnfreien Verursachergerechten Kosten probiert wird vergessen… gerade in den Zentren und Aglomerationen wäre so ein System unschlagbar, den was einfacher als zur nächsten Haltestelle zu gehen…
Oh nein, alle Erfahrung zeigt, dass Gratisprodukte zu Verschwendung bis hin zum Bankrott führen. In der Sowjetunion wurde Brot subventioniert, so dass Bauern ihren Schweinen Brot fütterten. Das Quasi-Gratisbenzin-Land Venezuela hechelt auch um den letzten Tropfen ….
Ein paar Gedanken dazu:
Erstens wird das teurer für den Staat. Fährt alles langsamer, kommt man in 2 Stunden weniger weit und manch eine Arbeit wird damit dann unzumutbar, da zu weit.
Zweitens: ZH alleine hat 200’000 Pendler pro Tag. Wo kommen bitte so viele Wohnungen her? Du sollst nicht pendeln ist zwar nett, aber bringt nichts. Man muss schon Alternativen schaffen. Nehmen wir an, 10% dieser Pendler ziehen pro Jahr in die Stadt. Das sind 20’000 zusätzliche Wohnungen pro Jahr in ZH Stadt, und zwar on top auf den heutigen Bedarf an zusätzlichen Wohnungen. Woher? Da kaum freie Flächen sind, ginge das nur mit forcierter Verdichtung schnell genug: Wer Grundstücke mit zu wenig dichter Bebauung in ZH hat, zahlt hohe Strafsteuern dafü. Wollen wir das? Nein.
Weiter oben sagen Sie, dass Dichte kein Problem darstelle, in Zürich soll aber nicht weiter verdichtet werden? Ist dies kein Widerspruch, oder wie haben Sie das gemeint? St. Florian?
Weshalb müssen Lastwagen mit Ferngut tagsüber auf den Strassen unterwegs sein? Die Schweiz (üblicherwerweise ein ordentlich organisiertes Gebilde) leistet sich den volkswirtschaftlich fragwürdigen Luxus, ein superteures Autobahnnetz nachtsüber praktisch verwaist herumstehen zu lassen, statt v.a. Lastwagen im Transitverkehr tagsüber zu verbieten und dafür obligatorisch nachtsüber auf die Autobahnen zu zwingen.
Autobahnvignette auf 10 CHF pro Monat setzen und die finanzielle Probleme wären (vorübergehend) vom Tisch.
Es gibt keine finanziellen Probleme, was den Verkehr betrifft.
Der Verkehr finanziert sich selber und nebenbei noch viel anderes.
Es fehlt völlig eine Gesamtschau. Wenn Mobilität teurer wird (ist im Ergebnis so, wenn man nicht Freizeit opfern will), dann werden u. a. städtische Wohnungen noch begehrter und teurer. Wenn man dort in den Markt eingreift, wird die Frage existenziell, wer über die Vergabe der noch verbleibenden günstigen Wohnungen eingreift. Und die Arbeitslosenkasse hält ja ein Pendeln von 2 Stunden pro Weg als zumutbar, wenn dadurch Arbeitslosigkeit vermieden oder verkürzt werden kann. Was gilt denn nun? Wenn immer mehr Familien und selbst kinderlose Paare dazu gezwungen werden, dass beide arbeiten, ist ein schlichter Umzug an den Arbeitsort kaum mehr realistisch…
Die Leute zu zwingen, Zeit im Stau oder in einer langsamen Bahn zu verschwenden, ist eine der dümmsten Methoden, mit einem knappen Gut (z.B. Strassen) umzugehen. Der Preismechanismus macht das viel effizienter. Die behauptete Asozialität beruht auf einem Denkfehler. Richtig umgesetzt, beispielsweise indem die Einnahmen verteilt werden, könnten alle profieren. Ökonomen lernen das in den ersten Semestern, es scheint aber hoffnungslos, das der breiten Öffentlichkeit klarmachen zu können; wir werden also weiterhin im Stau stehen und in überfüllten S-Bahnen sitzen. Doch eigentlich ist es ganz einfach: Wem es genug wert ist, zu einer bestimmten Zeit schnell von A nach B zu kommen, bezahlt den Preis, wem es zu wenig wert ist, weicht aus und profitiert sogar, wenn die Einnahmen verteilt werden.
Wenn ich sehe, dass es bis zu 5 Fahrzeuge „braucht“ um den Garten eines Einfamilienhauses zu pflegen, dann darf man sich nicht wundern, über die Staus auf den Strassen! Die Leute sind heute zu faul auch nur ein paar Schritte zu laufen, um auf den Kollegen zu warten!
Warum sollte man Zeitverschwendung begrüssen? Macht keinen Sinn. Die Antwort darauf, ob Mobility Pricing ökonomisch Sinn macht, hängt davon ab, wie viel Wert einem die Zeit ist — und die ist nicht allen gleich viel Wert, aber das spricht nicht gegen das Konzept. Ob Mobility Pricing gerecht ist (um das in solchem Zusammenhang kreuzfalsche Wort „sozial“ zu vermeiden), hängt davon ab, was mit dem Geld passiert. Und wie immer wäre die einzig gute Lösung der Mittelverwendung die Rückverteilung pro Kopf. Selbstverständlich ja zum Mobility Pricing unter diesem Vorbehalt. Viel dringender und wichtiger ist allerdings eine CO2-Abgabe auf Treibstoffe und die würde das Problem auch schon entschärfen.
Richtig ist, dass die Zeit den limitierenden Faktor darstellt. Mehr als 4 Stunden täglich wird niemand pendeln wollen. Im Schnitt sind Pendler bereit, etwa 2 Stunden im Verkehr zu verbringen. Dies bedeutet auch, dass Massnahmen wie breitere Strassen und häufigere Züge nicht einfach verpuffen, weil diese stets Mehrverkehr anziehen sollen, wie von den Grünen behauptet. Es existiert ein Plafond, der dafür sorgt, dass bei einem weiteren Ausbau die Infrastruktur irgendwann ausreicht. Natürlich werden in den 2 Stunden mehr Strassen und Schienen benötigt, wenn die Fahrzeuge fahren statt im Stau zu stehen. Ist das Netz für eine gegebene Geschwindigkeit aber genügend dicht, wie etwa U-Bahnlinien in den Grossstädten, reicht seine Kapazität aus, auch wenn alle Bewohner täglich ihre 2 Stunden fahren.
Ein Luxus-Mobilitäts-Problem. Und nur eine Frage der richtigen Auswahl des richtigen Verkehrmittels.
Wenn alle Leute die alleine in einem Auto sitzen auf einen Elektro/Motorroller umsteigen würden, der auch Wetterschutz bietet, gibt es keine Staus mehr. Die Strassen müssten nicht für immer mehr Autofahrer ausgebaut werden, die alleine unterwegs sind.
2-Räder wären die Lösung, Fahrrad für kurze und Roller für längere Distanzen. Das Fahrrad könnte noch helfen die Krankenkassen-Kosten zu senken (Übergewicht/Bewegungsmangel).
Ein Benzin-Roller mit Viertaktmotor bis 400ccm verbraucht nur 3-4 Liter Benzin auf 100Kilometer, keine Parkplatz-Probleme, eine große Einkaufstasche hat zwischen Lenker und Sitz auch noch Platz z.bsp SH300, schneller am Ziel auch bei Staus…
…Roller sind viel günstiger im Kauf und Unterhalt wie ein Auto, das man meistens alleine benutzt.
Aber solange das Auto des Schweizer’s liebstes Kind ist, wird sich nicht’s ändern. Realistisch betrachtet ist ein Auto auch Elektroauto in der nur eine Person sitzt, ein Ökologischer Wahnsinn, Platz- Umwelt- Energie- Resourcen-Verschwendung und Klimaschädigend.
Jeder der alleine im Auto sitzt, ist mit seinem Verhalten mitverantwortlich für die aktuellen Verkehrsprobleme, nebst der Politik und Wirtschaft mit der ungebremsten Einwanderung.
@Ruedi: Das ist ja alles schön und gut, aber das Stauproblem würde es nicht lösen, denn: Ein Roller fährt mittig auf der Strasse. Das heisst, es würden nicht zwei Roller nebeneinander fahren, sondern alle hintereinander, wie die Autos. Dadurch würde genau so Stau entstehen, oder man würde die Verordnung noch anpassen. Es könnten auch einfach alle in der Stadt ein Auto der Grösse Smart fahren?
@Martin, man kann das Autofahren mit nur einer Person nicht schönreden, auch wenn es zur Gewohnheit geworden ist. 1-2 Tonnen um nur eine Person zu befördern, ist unverhältnismäßig, verursacht Staus, da es Alternativen gibt, ist es ein nicht notwendiger Luxus.
Der Individual-Verkehr auf der Straße führt Mengenmäßig zur Überlastung, man stößt mit zunehmender Bevölkerung an Grenzen. Der Gewerbliche Versorgungsverkehr sollte Priorität haben.
Bei Straßen-Benutzung mit 2-Rad verdoppelt bis verdreifacht sich die Straßen-Kapazität ohne Baumaßnahmen, der Verkehrsfluss erhöht sich um ein vielfaches, durch die kleinere Bauweise von 2-Rad-Fahrzeugen, schmaler, kürzer, auch viel leichter, 1 Auto (Smart) wiegt soviel wie 6 Roller…
…Ein Auto, auch Smart braucht einen Fahrstreifen. 2 Smart nebeneinander geht nicht, also kein Smart-Vorteil. Die Straßen-Breite der Fahrstreifen variiert zwischen 2,75 m und 3,75 m, da haben 3 Roller nebeneinander ausreichend Platz.
An der Ampel stehend (auch Parkplatz) haben auf einer Fläche die ein Auto braucht 6 Roller Platz. Bei Grün ist dann der Verkehrs-Abfluss 6-mal höher und schneller. An Stau verursachenden Autofahrern, fährt man mit 2-Rad locker und schnell vorbei.
Vor 20 Jahren hat ein Schweizer Verkehrsminister gepredigt, „wir bauen keine Strassen auf Vorrat“!
Das ist angesichts der damals schon absehbaren Planungszeiten und dem wild wuchernden Umweltrecht offensichtlich SP- Sabotage an unserer Volkswirtschaft