Zynische Bildungspolitik

Für Bildungshungrige werden die Hürden höher: Gymnasiastinnen im Unterricht. Foto: Gaëtan Bally (Keystone)
Bildung ist teuer. Wenn sie, wie etwa in den USA, als privat zu finanzierende Aufgabe verstanden wird, bedeutet eine College- oder gar Universitätsausbildung eine herbe finanzielle Belastung für ganze Familien. Es bedeutet auch, dass höhere Bildung in der Regel ein Privileg für Gutbetuchte ist. Der Staat jedenfalls sieht sich hier kaum in der Pflicht.
Auch wenn hierzulande viele vom US-Gesellschaftsmodell träumen, ja sogar dessen Radikalisierung unter einem Präsidenten Trump erhoffen, ist das europäische und vor allem das schweizerische Modell der staatlich finanzierten Bildung eine historische Errungenschaft, die im Prinzip die Gleichheit der Bildungschancen und ein hohes Ausbildungsniveau sichert. Das ist gut für die Wirtschaft, es ist gut für die Gesellschaft.
So weit die Theorie. Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Schweiz mit ihrer bewusst tief gehaltenen Maturaquote von 20 Prozent ein bildungspolitisches Understatement pflegt, das man vielleicht sympathisch finden kann und das zweifellos auch viele begabte junge Leute zu Fachkräften ausbildet – das aber den Anforderungen der postindustriellen Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft nicht mehr angemessen ist. Wir bilden, kurz gesagt, die Akademiker, die wir brauchen, nicht selbst aus, sondern importieren sie.
Diese Bildungspolitik ist zynisch, und sie wird gegenwärtig in Zürich noch zynischer. Sie ist zynisch, weil sie bildungshungrigen jungen Menschen so hohe Hürden entgegenstellt, dass sie – siehe USA – ohne deutlichen finanziellen Aufwand für Lernstudios etc. nicht zu nehmen sind. Der Zufall will es dann, dass die Kinder vom Züriberg in der Regel ins Gymnasium gehen, jene aus Schwamendingen nicht. In Deutschland fragt man mich, ob diese Politik denn nicht gegen das Gleichheitsgebot in der Bundesverfassung verstosse – gute Frage.
Jetzt aber wird die Zürcher Bildungspolitik gerade noch einen Zacken zynischer. Weil der Kanton seit Jahren Steuern senkt oder streicht, fehlen pro Jahr zwischen 1,2 bis 1,4 Milliarden Franken in der Kasse. Woher nehmen, um das – absurde – Ziel einer staatlichen «schwarzen Null» zu erreichen? Nun, man dreht zum Beispiel am Berechnungsschlüssel für die Noten bei der Gymi-Aufnahmeprüfung, um sicherzustellen, dass 400 Schüler(innen) weniger ins Langzeitgymi eintreten können.
Mir haben vor wenigen Jahren noch hohe Bildungsbeamte des Kantons versichert, dass der Notenschlüssel «selbstverständlich nicht» an die Anzahl der verfügbaren Plätze in Gymi-Schulzimmern angepasst wird, sondern dass «alle», die intelligent genug seien, einen Platz bekommen. Wir wissen jetzt, dass das eine schlichte Lüge war. Natürlich werden die Noten so gebaut, dass die Zürcher Schüler(innen) immer nur gerade als so «intelligent» erscheinen, wie es die zu kleinen Kapazitäten zulassen. Jetzt sollen es also 400 weniger sein. Es sind 400 hoffnungsfrohe, lebens- und lernlustige Kinder, die auf diese Weise gezwungen werden, «ihren Beitrag» an die «Sanierung der Kantonsfinanzen» zu leisten.
78 Kommentare zu «Zynische Bildungspolitik»
„…Weil der Kanton seit Jahren Steuern senkt oder streicht, fehlen pro Jahr zwischen 1,2 bis 1,4 Milliarden Franken in der Kasse….“
Das Asyl- und Flüchtlingswesen und die Entwicklungshilfe kosten den Bund offiziell um die 7 Milliarden pro Jahr. In Tat und Wahrheit und mit den Kosten der Kantone und Gemeinden dürfte es einiges höher liegen.
Das gehört abgestellt und für die Einheimischen geschaut. Aber das wollen Sie ja dann auch nicht.
Wenn ich mich recht erinnere, spart man bei der Entwicklungshilfe massiv und ist weit entfernt von der Zielgrösse 0.7 Prozent. Und dies, obwohl man aus unerfindlichen Gründen die steigenden Kosten im Asylwesen ebenfalls diesem Konto belastet.
Asylwesen abstellen ist für mich vergleichbar mit Umweltkatastrophen abstellen. Wie soll das gehen? Oder meinen Sie, Grenzschutz kommt billiger? Oder meinen Sie mit Verbot von Waffenexport und Beteiligung an internationalen bewaffneten Friedensmissionen?
Rüebli und Bananen zu vergleichen ist immer lustig, Herr Moser. „Einheimische“ sind auch die Flüchtlinge nach fünr Jahren, das passt zwar nicht in Ihre Ballenberg-Logik, ist aber so.
statt auf die steuergeschenke an die reichen zu verzichten, wollen sie den geflüchteten und den ärmsten dieser welt noch etwas mehr wegnehmen. so sind sie, die herr mosers dieses reichen landes, immer schön auf die kleinen und armen, weil man sich dadurch grösser und reicher fühlt.
Das ist eigentlich eine Form von Dummheit: Bei den Reichen und Edlen kommt man leichter an die Bazelis heran, weil es eben hat.
Nur hat man vielleicht Angst, deren Freundschaft zu verspielen.
So müssen halt wieder die Ärmeren dran glauben.
Am liebsten liebt man hier ohnehin den Mamon, der Mensch (auch noch ohne grosses Geld) ist dagegen eher weniger erwünscht.
So ist es, Herr Moser und angesichts der gegenwärtigen Massenzuwanderung Unqualifizierter wird es nur noch schlimmer werden.
Wir verspielen damit die Zukunft unserer Kinder und den wirtschaftlichen Erfolg des Landes.
Jetzt kommen sie mir nicht mit ihren Kindern. Denen schenken wir schon unseren Atomabfall und den ueberschmutzten Planeten, also die haben doch keinen Grund sich zu beklagen. Die werden sich an uns bestimmt erinnern!
Das Leben ist kompliziert geworden. Es geht immer um soziale und allgemeine Sicherheit, also ums Geld. Zum modernen Leben gehört auch die (westliche), moderne Kommunikationstechnologie, welche die erkennbaren Vorteile der westlichen Welt in Nullkommanichts über Kontinente verbreitet und auch dazu beiträgt, Migrationsströme zumindest zu vergrössern. Unabhängig von Kriegen und sonstigen Verheerungen migrieren die Menschen seit Jahrtausenden. Auf der Suche nach einem besseren Leben. Eingewandert wurde immer irgendwo. Natürlich immer dort, wo die grössten Vorteile vermutet wurden. Heute wird von Nordafrika z.B. nicht in die Zentralafrikanische Republik emigriert, sondern in die nordwesteuropäischen Sozialstaaten, die dadurch selbst zum Sozialfall werden. Das alles hat auch mit Bildung zu tun.
Genau!
Das Asyl- und Flüchtlingswesen abstellen, damit Geld für die Einheimischen frei wird.
@Roland K. Moser
Unglaublich das in jedem Artikel irgend einer daher kommt und das Asyl- und Flüchtlingswesen erwähnt und für überflüssig empfindet. in diesen Momenten frag ich mich ob Ihr euch eigentlich nach einer Diktatur ala Deutschland dazumal wünscht… Solch Fremdenfeindliches denken in der heutigen Zeit ist einfach nurnoch peinlich und die Intolleranz ist zum främdschämen!
Ganz im Gegenteil!
Und in der Schweiz sind sowieso 3,5 Millionen Menschen überzählig, weil die Schweizer Landwirtschaft mit der verbliebenen 1 Mio. Hektaren Landwirtschaftsland nur max. 5 Millionen Menschen ernähren kann.
Was an einer restriktiven Einwanderungspolitik rassistisch sein soll, wissen nur Sie und andere Linke.
@Müller: Und scheints kommt heute auch kein „Beitrag“ mehr ohne den obligaten Nazivergleich aus, gell?
Zur Präzisierung muss man sagen, dass „irgend einer“ eben sehr oft und immer wieder dieser RKM ist. Man nennt solches Verhalten auch trollen (trolling). Amüsant dazu auch Wikipedia: „Das Schleppfischen, auch Schleppangeln oder Trolling genannt, ist eine Angeltechnik, bei der ein Köder hinter dem Boot durch das Wasser geführt wird.“ – Der Köder wäre hier das Thema Ausländer (, Asylant, Flüchtling) und das Boot die Fremdenfeindlichkeit. Das Wasser ist das Forum. – Ergo: Man sollte nicht mitfischen: Ignore the troll!
Das Problem ist ja offensichtlich, dass immer mehr Ausgaben gesetztlich geregelt und damit „gebunden“ sind. Zum Sparen gibt es dann nicht mehr so viele Bereiche. Wobei es in der Bildung vermutlich schon Möglichkeiten gibt .Aber nicht von heute auf morgen, und nicht, ohne den einen oder anderen deutlichen Richtungswechsel. Aber man kann nicht den Auftrag immer anspruchsvoller machen (bzw. auch immer mehr Kinder einschulen), und gleichzeitig die Mittel kürzen.
Auch das Verschlechtern der Anstellungsbedingungen von Lehrern bei gleichzeitigem Lehrermangel ist vermutlich keine so gute Idee, was doch gerade unseren Markt-Fetischisten einleuchten sollte – tut es aber offensichtlich nicht.
Das Grundproblem ist, dass der Stadt immer mehr Aufgaben an sich reisst oder aufgebürdet bekommt. Viele davon mit höchst fragwürdigem Nutzen.
Dadurch fehlt je länger je mehr das Geld für wichtige Bereiche wie Bildung und Infrastruktur.
„Auch das Verschlechtern der Anstellungsbedingungen von Lehrern bei gleichzeitigem Lehrermangel ist vermutlich keine so gute Idee…“
Die Frage an Sie, Sportpapi: Ist es nur der Lohn der die (verschlechterten) Anstellungsbedingungen ausmacht? Oder sind es andere, eben vielleicht nicht-pekuniäre Umstände die der Lehrerschaft das Leben schwermachen?
@Martin Frey: Nicht nur der Lohn, das ganze Umfeld. Aber bezüglich Lohn auch verweigerte Stufenanstiege (zum Teil schon Jahre lang), die jüngere Lehrer deutlich schlechter stellen als ältere, aktuell an vielen Orten Anstieg der wöchentlichen Lektionenzahl, an Kantonsschulen Reduktion des Pensums in der Maturazeit, weil ja einige Klassen nicht da sind, usw.
@Sportpapi. Was genau meinen Sie mit Klassen, die nicht da sind? Die Kinder sind doch bildungshungrig, oder habe ich Hr. Prof. Dr. Sarasin falsch verstanden?
Das kann ich Ihnen sagen Herr Frey: stagnierende Löhne, wachsende Klassengrössen, weniger unterstützende Lektionen der Speziallehrkräfte, weniger Unterstützung der Kinder von Zuhause, immer mehr zusätzlicher administrativer Aufwand, sinkendes Ansehen des Berufs, oft nicht Zeitgemässe Infrastruktur… Aber das Bild der Schweiz, deren einziger Rohstoff die Bildung ist, wird trotzdem hochgehalten. Wie auch die Folklore des Bauernstandes (1.2% BIP). Das Parlament machts richtig: SParen bei der Bildung, Milliarden für die Bauern…
„Auch das Verschlechtern der Anstellungsbedingungen von Lehrern bei gleichzeitigem Lehrermangel ist vermutlich keine so gute Idee, was doch gerade unseren Markt-Fetischisten einleuchten sollte – tut es aber offensichtlich nicht.“
Vielen Dank. Das musste einfach auch mal geschrieben werden. Ähnliches passiert bei Pflegepersonal etc.
Allerdings sind diese Problem hausgemacht. Der Markt kann bei Lehrern etc. nicht wirklich spielen, weil der Staat der grösste Auftraggeber ist. Der Staat hat nunmal sein Budget. Wird dieses Gesenkt, wie es gerade passiert und dank UST3 noch mehr passieren wird… Naja, man kann sich ja denken was die Folgen davon sind…
Ich bezweifle, dass es genau die 400 bildungshungrigen, lernlustigen Kinder sind, die nicht mehr zugelassen werden.
Meiner Erfahrung als Nachhilfelehrerin solch eines „Lernstudios“ werden diejenigen ausgesiebt, die nur durch hohen Druck und vieler quälender Stunden des Drills knapp hineinrutschen. Der Druck und Drill setzt sich dann vier bzw. sechs Jahre fort. Für diese Kinder ist es besser so, wenn die Eintrittshürde erhöht wird. Dann können die, die bestehen, das Gymnasuim als das geniessen, was es für viele war: Die schönste Zeit ihres Lebens!
Und dafür werden dann Jahre später ausländische Akademiker gebraucht, deren Matura/Abitur leichter war als es in der Schweiz Usus war/ist. Beispiel Medizin: Vor dreissig Jahren wurden mit dem Numerus Clausus viele der hiesigen Bevölkerung aus dem Medizin-Studium rausgeworfen oder im Vornherein davor abgeschreckt, und heute brauchen wir massenweise ausländische Mediziner. Abgesehen davon stelle ich in den Raum dass unser Ausbildungssystem der Bevölkerung gegenüber grundsätzlich nicht redlich ist, d.h. möglichst effizient jemandem etwas beizubringen (ich habe Nachhilfe gegeben), sondern die Ausbildung so gestaltet ist, dass sie für die Kinder (und später Studenten) möglichst obskur und stressig ist. Siehe Ihre Bemerkung des ‚hohen Drucks‘ etc. Es ginge auch mit weniger ‚Druck‘.
Sehr guter Kommentar! Und genau diese Schüler schaffen mit Ach und Krach die Matur und sind für ein MINT Studium absolut unfähig. Die UNI Zürich ist nicht umsonst mit 49% Geisteswissenschaftlern überfüllt.
Das ist nun wirklich nicht nachvollziehbar. In anderen Ländern mit höherer Gymnasialquote haben die Kinder auch eine gute Gymizeit. Vielleicht sollten die Gymnasien einfach mal vom Modell der Paukschule wegkommen.
„Wir bilden, kurz gesagt, die Akademiker, die wir brauchen, nicht selbst aus, sondern importieren sie.“
Ganz abgesehen davon, dass Sie analog Cato dem Älteren offenbar nur eine Thematik gebetsmühlenartig zu beackern wissen…. können Sie Ihre Behauptungen irgendwie belegen? Liegt es wirklich an der tieferen Gymiquote (CAVE: Tabuwort ‚elitär‘) oder doch an anderen Gründen, dass Akademiker in unser Land strömen. Geht es denn den Ländern besser, die wie FR oder I massenhaft Akademiker ausbilden, die dann mangels Stellen bestenfalls (!) irgendwo in einem Supermarkt den Boden aufnehmen dürfen?
Sie tun so, als wäre der Duale Bildungsweg keine Alternative, als würden sich nicht grad diverse andere Länder dafür interessieren. Aber eben, mantramässig behauptet ist halt schon fast gewonnen…
@Frey: es geht doch nicht darum das duale System und das Studium gegeneinander auszuspielen. Die Frage ist warum wir dem einheimischen Nachwuchs das Studium verbauen und dann studierte Einwanderer importieren, die dann die Chefs des einheimischen Nachwuchs werden.
@Antha: „Inländerschutzargumente“ gerade von Ihnen, köstlich. Die berechtigte Frage, warum die ausländischen Akademiker offenbar nichts gescheiteres zu tun haben, als aus ihrem Bildungsparadies ausgerechnet in die böse Schweiz auszuwandern lassen Sie wohlweislich unbeantwortet. Fürchten Sie die Antwort?
@Knüsel: warum wandern die ausländischen Akademiker in die Schweiz? Da gibt es sehr viele Gründe. Beachten Sie aber bitte, dass diese Akademiker aus recht grossen Ländern kommen, d. h. nur einen winzigen Bruchteil an deren Bevölkerung ausmachen.
Jedoch einem bildungshungrigen Menschen wird auch mit einer Lehre das Studium nicht verbaut…er kann auch nach der Lehre bsp. die Matur nachholen und an die Uni. Ich kenne einige solcher Studenten…es wurde ihnen nichts verbaut…beim ersten Anlauf hat es einfach nicht geklappt, aber dafür beim zweiten. Im Nachhinein fanden sie selber, sie wären mit 12 noch nicht reif genug gewesen oder mit 15. Für sie stimmt es erst mit 24 an die Uni zu gehen.
@Flori Antha: Wir verbauen dem einheimischen Nachwuchs das Studium nicht. Nach wie vor kann jeder in der Schweiz ein Studium ergreifen wenn er den Willen und das intellektuelle Rüstzeug mit sich bringt, aller Unkenrufe zum Trotz.
Aber auf einem anderen Blatt steht, weshalb wir in vorauseilendem Gehorsam teils fragwürdige Reformen so umsetzen wie es die anderen Länder, selbst wenn deren Städte den Namen dieser Reform tragen, nicht tun. Und weshalb wir alles nach unten nivellieren wollen nur um europäisch nicht mehr ‚aufzufallen‘. Womit wir wieder beim Thema respektive Sarasin wären….
Die Verakademisierung finde ich sehr problematisch. Nicht jeder Maturand wird automatisch zum Nobelpreisträger und die Verakademisierung vieler Berufe ist m.E. unsinnig. Nicht umsonst sind die Länder mit der dualen Berufsbildung die strukturstärksten.
Aber klar, der überbordende Sozialstaat muss irgendwie finanziert werden und da muss auch das Bildungswesen dran glauben.
Kinder vom Zürichberg gehen ins Gymnasium…Kinder von Schwamendingen nicht. Wie viele hoffnungsfrohe und lebenslustige Kinder werden dadurch in die Kriminalität manipuliert? Wir wissen doch, Kriminalität ist immer auch eine Visitenkarte unserer Gesellschaft. Hier handelt es sich nicht um eine „Zynische
Bildungspolitik“ – sondern um ein ‚asoziales Verhalten“ gegenüber lebens- und lernlustigen Heranwachsenden.
Reform 91 Organisation für Strafgefangene und Ausgegrenzte
Wollen Sie damit andeuten, dass Sie delinquierten und ins Gefängnis mussten, nur weil irgendjemand Ihnen gesagt hat, Sie seien kein Gymischüler?
Ich habe mich auch gerade an meinem Brötchen verschluckt.
Naja wie viele Zürichbergkinder welche ins Gymi geprügelt werden leiden später unter Angststörungen, Depression und empfinden das Gymi als gar nicht eine schöne Zeit? Für einige Kinder wird das Gymi die Qual werden, weil der Druck von allen Seiten so enorm ist: Eltern wollen, die Verwandtschaft…es geht ja schliesslich um den guten Ruf. Ist das denn sinnvoll?
„Es sind 400 hoffnungsfrohe, lebens- und lernlustige Kinder, die auf diese Weise gezwungen werden, «ihren Beitrag» an die «Sanierung der Kantonsfinanzen» zu leisten.“ Das ist eine Schande für eines der reichsten Länder der Welt. Und es ist Missbrauch, wenn Kinder finanziell Schwächerer nicht mehr die gleichen Chancen haben. Ungläubig steht man vor der Tatsache, dass kurzsichtige, auf ihre Eigeninteressen fixierte Politiker dafür verantwortlich sind, dass die Kinder „immer nur gerade als so «intelligent» erscheinen, wie es die zu kleinen Kapazitäten zulassen“. Das ist der eigentliche Skandal, dass das geistige Unvermögen gewisser Politiker dazu führt, lebens- und lernlustigen Kindern eine vielversprechende Zukunft zu verbauen.
Bei den von Philipp Sarasin kritisierten Massnahmen zum Eintritt ins Langzeitgymnasium geht es nicht um eine Beschränkung der Maturaquote, sondern um eine Korrektur des Verhältnisses zwischen Lang- und Kurzzeitgymis. Der ungesunde Druck von ehrgeizigen Eltern hat dazu geführt, dass zu viele Sechstklässler zu früh ins Gymi gepuscht werden und dann scheitern, statt den Weg zur Hochschulreife über die Sekundarschule zu nehmen – so wie in der überwiegenden Mehrzahl der Kantone, wo es gar kein Langzeitgymi gibt. Für manche Schüler ist das sinnvoller und für den Staat günstiger, denn ein Langzeitgymeler kostet die Allgemeinheit einiges mehr.
Das Langzeitgymi kostet vor allem auch den Kanton mehr, als die Schulen in den Gemeinden. Dennoch erachte ich das Langzeitgymnasium als sehr sinnvoll.
Das andauernd mit Lobhudeleien überschüttete Schweizer (Aus-)Bildungssystem ist zwar objektiv betrachtet gut, aber je länger je weniger konkurrenzfähig. Dies nicht nur international, sondern auch im eigenen Land.
Zugewanderte Kaderleute aus Ländern mit Maturitätsquoten von 80 oder mehr Prozent kennen das hiesige System nicht und entsprechend fliegen Kandidaten, die nicht mindestens einen Bachelor vorweisen können, schon in der ersten Runde aus dem Auswahlverfahren.
Man sehe sich bloss einmal aktuelle Stelleninserate an, für welche subalternen Positionen mittlerweile Hochschulabschlüsse verlangt werden.
Die Maturitätsquote muss nicht runter sondern rauf – und zwar deutlich!
Meine volle Zustimmung. Wo früher ein KV reichte brauchts heute scheinbar einen (in diesem Zusammenhang) lächerlichen hohen Tertiär-Abschluss.
Aus der Praxis: Ich muss bei vielen Maturanden beobachten, dass viele von denen nicht einmal einen simplen Dreisatz lösen können. Unser Mittelschulpraktikum beinhaltet darum nun auch „schulische Elemente“, wo wir einen Basis-Crashkurs in Mathematik integriert haben. Tendenziell scheinen mir heute eher zu viele (ungeeignete) Schüler an die Kanti zu gehen. Oder an der Kanti läuft heute vieles grundsätzlich falsch.
Meine Vermutung: Das überreichend vorhandene Geld (die Ausgaben für Bildung steigen ja ständig an) wird schlicht verschwendet (z.B. für Stäbe und „Qualitätssicherung“ im Bildungsdepartement oder Luxusschulhäuser anstatt für Schule).
In ein solches System noch mehr Geld reinzugeben ist schlicht unsinnig, es geht darum, das bestehende System effizienter zu gestalten.
Die meisten Dreisatz-Rechnungen sind schlicht falsch:
3 Arbeiter gegen 5 Arbeiter: 5 Arbeiter quatschen mehr, daher weniger Leistung.
Äpfel verteilen: einer wird immer geklaut, da einer nicht ehrlich ist.
Maschinen-Aufgaben: Be höherer Belastng gehen sie schnelle kaputt, daher Reparaturzeit einrechnen.
Vielleicht hat man ihn etwas Lebensförderlicheres beigebracht?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es auch nur einen einzigen Maturanden eines Zürcher Langzeitgymnasiums gibt, der nicht imstande sein soll, eine Dreisatzaufgaben lösen zu können. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass ein interessantes und wichtiges Diskussionsthema wieder mit viel Polemik vernebelt werden soll. So kann man sich z.B. fragen, ob ein Praktikum für Maturanden überhaupt sinnvoll ist, wenn es doch ein gut funktionierendes Lehrstellenmodell für fast jeden Beruf gibt.
Doch, die gibt es. Leider.
Typischer Hintergrund: Nach der Matura geht es erst ein Jahr auf Kosten der Eltern auf Weltreise. Dann beginnt man 1-2 Jahre ein Studium (möglichst Geisteswissenschaft). Nachdem es auch dort nicht klapt, weil einem der Lehrer nicht genau sagt, was man tun soll, muss man auf den Arbeitsmarkt.
Und in den 3-4 Jahren weg von der Schule scheint quasi jegliches mathematisch-naturwissenschaftliches Wissen zu verschwinden. Satz von Pythagoras? Unbekannt. Kreisumfangberechnung? Noch nie gehört! Chemisches Zeichen von Stickstoff (!)? Haben wir nie gehabt! etc.
Und nein, das war vor 20 Jahren nicht so. Diese Fragen könnte jeder aus meiner C-Matur auch jetzt noch im Schlaf beantworten.
Es läuft etwas falsch an der heutigen Kanti. Und nicht zuwenig Geld.
Da scheinen doch sehr viele Vorurteile zusammen zu kommen. Und das rein aus eigener Beobachtung heraus. Abgesehen davon sollte man nicht pauschal die mathematischen Fähigkeiten typischer Maturanden in einem Deutsch und einer Rechtschreibung kritisieren, das dem geforderten Niveau keineswegs entspricht, Flüchtigkeitsfehler nicht mitgezählt.
Zum Thema: Dass die Steuersenkungen zugunsten der Habenden früher oder später jemanden treffen, ist kaum vermeidbar. Ansonsten hätten wir auf wundersame Weise Geld gespart (und vorher schlicht verschwendet). Dass es die auf der anderen Seite der Habenden Stehenden trifft, ist ebenso logisch: Diese sparen durch Steuersenkungen kaum oder kein Geld, dass Sie in die Bildung Ihrer Kinder stecken könnten.
@Holler: Hauptsache, die heutigen Maturanden können eloquent darlegen, warum sie keine Ahnung haben, gell?
@Günter: Es gibt auch ehem. Gymnasiasten welche an die PH gehen und nochmals erklärt werden muss wie man cm in mm und m3 in l rechnet…oh ja die gibt es ebenfalls!
Den simplen Dreisatz haben auch meine Kinder am deutschen Gymi nicht gelernt, sondern andere Wege. Man kann nun darüber streiten, ob das ein Verlust ist oder die Gymnasien versagen. Schlussendlich zählt nur, dass ein Problem gelöst wird. Oder glauben Sie ernsthaft, dass die heutigen Kinder dümmer sind als unsere Generation?
@Neubert: mal abgesehen davon, dass ich hoffe, dass an Schweizer Gymnasien kein Dreisatz mehr unterrichtet wird, ist mein Eindruck von Maturanden ein ganz anderer. Die sind alle sehr brav und gut gedrillt, können sehr gut auswendig lernen. Aber einen eigenen Gedanken formulieren können leider nicht sehr viele.
Eine gute Allgemeinbildung kann als „Rohstoff“ für ein erfolgreiches und erfülltes Leben sein. Mit Betonung auf „kann“. Man darf aber nicht davon ausgegangen werden, dass alle glücklich sind und das Land automatisch zu weiteren Höhenflügen ansetzen wird, wenn die Anforderungen an den Gymnasien derart gesenkt werden, dass buchstäblich jede und jeder zumindest bis zur Matura-Reife gelangt. Ich persönlich kenne einige junge Leute, Frauen und Männer, nicht in der Schweiz, sondern in einem südlichen Land der EU, welche das Abitur gemacht und anschliessend studiert und promoviert haben. Doch was haben diese jungen Leute studiert? Kunstgeschichte, Soziologie und Politologie. So war der Bildung für alle nicht gemeint. Verboten sind diese Studienrichtungen nicht, aber tendenziell brotlos.
@Barett: Ich bezweifle, dass Sie wissen wovon Sie reden. Sozialwissenschaftler haben auf dem Arbeitsmarkt ungefähr die gleichen Chancen wie die Ökonomen.
Oekonomen sind ja auch Sozialwissenschaftler….
Einverstanden, dass das Gymnasium Kinder aus begüterten Familien ungerecht bevorzugt und die Selektionrkriterien problematisch sind. Nicht einverstanden damit, dass wir zuwenig Akademiker ausbilden, auch wenn Sarasin dieses Mantra immer wiederholt. Als phil-Student sehe ich, wie die Absolventen Mühe haben, Jobs in ihrem Gebiet zu finden, dort gibt es also nicht zu wenig Akademiker. Ingenieure erhalten wir eher über BMS und Fachhochschulen, da die ETH-Ingenieurstudenten am Schluss fast alle in Richtung Management gehen. Bleibt das Ärzteproblem, wo aber nicht die niedrige Maturquote sondern die zu geringe Zahl der Studienplätze das Problem ist Dass unser duales System mit BMS und FH im internationalen Wettbewerb nicht besteht, ist eine unbewiesene Behauptung.
Das Ärzteproblem fusst v.a. darauf, dass wir zuwenig Leute für die medizinische Grundversorgung ausbilden. Und dass die Studienabgängerinnen Jahre nach Abschluss oft nicht mehr oder höchstens Teilzeit arbeiten.
Aber ich bin völlig einverstanden, Hr. Hegetschwiler. Hr. Sarasin ist bis dato die Belege für seine Behauptungen schuldig geblieben.
„Das Ärzteproblem fusst v.a. darauf, dass wir zuwenig Leute für die medizinische Grundversorgung ausbilden.“
Und dass Ärzte lieber nicht die medizinische Grundversorgung – unter der ich vor allem die Hausarztmedizin verstehe – übernehmen.
Warum importieren wir dann so viele Akademiker?
„Und dass Ärzte lieber nicht die medizinische Grundversorgung – unter der ich vor allem die Hausarztmedizin verstehe – übernehmen.“
Das kommt auf dasselbe hinaus, was ich sagen wollte, SP.
@Flori Antha: Weil die Anreize auf vielen Stufen falsch sind. Weil wir als Bevölkerung zuwenig sensibilisiert sind bezüglich der Entwicklung und der möglichen negativen Seiten. Und weil die Schweizer als bauernschlaue Opportunisten denken, sie könnten die teure Ausbildung outsourcen und dann einfach die ausgebildeten Akademiker abwerben. Und weil die dafür massgebenden Leute denken, dass das langfristig gut gehen kann.
Nach dem Bologna System auf Hochschulebene fehlt mir schon lange eine ähnliche Harmonisierung auf Gymi-Ebene. Es ist nämlich auch eine traurige Wahrheit, dass Gymi-Abgänger aus anderen Ländern notenmässig viel besser dastehen, als Schweizer Gymi-Abgänger – auch wenn sie weniger können.
Doch wegen ihrem ’schöneren Zeugnis‘ bekommen sie dann ‚unsere‘ Plätze an der Hochschule/Uni. Und unsere Kinder können nicht einmal im Ausland studieren, obwohl viele sich das wünschen. Grund: Weil sie anscheinend zu dumm dafür sind – gemäss Zeugnis. Warum beachtet solche Zusammenhänge niemand in der Politik? Weil es die Schweiz nicht nötig hat, über ihre eigenen kleinen Grenzen hinaus zu schauen? Kann Bildungspolitik es sich leisten, so engstirnig zu sein?
Herr Süss, genau so ist es! So lange Politiker glauben, dass die Schweiz bildungsmässig eine Insel ist und die eigenen Kinder systemstiscg benachteiligt, indem ihnen absurd hohe Hürden in den Weg gelegt werden, wird die Schweiz weiter viele Akademiker aus dem Ausland anziehen, deren Kinder dann um die wenigen Gymiplätze konkurrenzieren.
Schade, dass weder die Politiker noch viele Stimmbürger erkennen, dass sie die internationale Zukunft für unsere Kinder verbauen. Die letzten Schweizer, die für den guten Ruf im Ausland sorgten, indem sie ihr Wissen exportierten werden bald in Rente gehen und ihre Nachfolger müssen einen Hochschulabschluss vorweisen.
Das bedingungslose Grundeinkommen ist an der Urne abgelehnt worden. Vielleicht hat die bedingungslose Matur die besseren Chancen.
Das ist aber wirklich kreativ. Auf diese Weise können wir ja die 4. oder 5. industrielle Revolution locker schultern. Sie gehören eindeutig nach Bern (Falls Sie nicht schon dort ansässig sind)
Vorschlag an die Elern:
Die Deutschen wissen es schon länger: Man schicke die Kinder nach Konstanz oder Waldshut aufs Gymnasium. Dann ergibt sich ein deutsches Abitur, mit dem dann auch in der Schweiz studieren kann.
Typisch eigentlich: Das geforderte Level befindet sich längst über einem menschenwürdig-vernünftigen Stand. So ist klar, dass dessen dazugehörigen Fachkräfte immer weniger sind. Ein Teil lässt sich noch mit dem Ausland gewinnen (wie lange noch?). Die dann dort aber fehlen. Blutet ein Land aus mangels Leuten mit solventen Kenntnissen, wird es kippen. Populisten und Banden übernehmen dann ähnlich – mit Verweis östlich der Adria. Clandenken und Überlebenskämpfe folglich wiederholen sich. Syrien lässt grüssen! Fazit? Der IQ kann sich anders gesetzt mehrwertbringender vertun (sinnvoller!).
Welch ein Unsinn! Die Anforderungen an die heutigen Gymi-Prüflinge und Gymnasiasten sind viel tiefer als früher, nicht höher. Anders lässt sich die in den letzen 20 Jahren stark gestiegene Gymnasiasten-Quote nicht erklären. Das Gymnasium wurde schleichend auf EU-Niveau gesenkt. Das Gleiche passiert auf Hochschulebene durch Umstellung auf das Bologna-System.
Eine hohe Bildung ist mittlerweile nicht mehr nur mit dem Gymi möglich! Es gibt nicht mehr nur einen Weg, an die Uni zu gelangen! Sowieso haben Fachhochschulabsolventen, welche in ihrem Leben schon einmal gearbeitet haben, bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als diejenigen, die bis Mitte 20 nichts anderes machen, als im Vorlesungssahl herumzusitzen.
Ich bin ihrer Meinung. Eine FH ist aber keine Uni. Das muss man klar sagen. Die Grundlagen werden an der FH weniger stark vertieft. Das Studium an ihr ist deswegen aber oftmals nicht wirklich einfacher. Und wenn man sieht, was in anderen Ländern alles an die Uni darf und besteht, dann kann ich ihnen mit Gewissheit sagen: Schweizer FH Absolventen können sich auf dem Markt behaupten.
Aber in diesem Bereich ist Herr Sarasin ziemlich elitär eingestellt, wie er in anderen Beiträgen schon bewiesen hat. Die BMS und FH zählen für ihn nicht. Aber das ist ein anderes Thema. Eines das er mit sich selber ausmachen muss.
PS: Findet den Fehler 😀
Philipp Sarasin – Sie vermischen Wunschdenken mit der Realität und polemisieren. Offenbar wollen Sie mit der Massenproduktion von Uni untauglichen Gymelern Bildungsgelder verschwenden? Kürzlich stellten Bildungsfachleute in der Schweiz fest, dass zunehmend Gymeler mit hohen Maturanoten an den Hochschulprüfungen durchfallen, in anspruchsvollen Studiengängen im MINT oder Life Sciences Bereich, nicht Soft Studies wie Psychologie und Altgriechisch und derlei rotlose Studien. Die Anforderungen der Uni an Maturanden sind gestiegen. Gymnasien haben das noch nicht realisiert und verteilen weiterhin Gefälligkeitsbestnoten. Wenn die Notenskala dem Unianspruch gerecht werden würde, müssten ein paar Gymeler das Gymi verlassen. Und nicht jeder Dritte Sekschüler würde das Gymi bestehen. So sieht’s aus!
400 zusätzliche Kinder, die also dazu „verdammt“ werden, eine Lehre zu absolvieren? DAS ist zynisch, Herr Sarasin. Ist man als Lehrling weniger wert?
Ausserdem ist es absolut möglich, ohne reiche Eltern und/oder Hilfe von Lernstudios den Gymer zu machen, gestern schon, heute noch und auch morgen. Unzählige Beispiele dafür bevölkern schweizweit die Gymnasien.
Vor allem gibt es viele Kinder, welche sich alleine auf die Gymiprüfung vorbereitet haben, evt. noch mit Hilfe der Eltern. In meinem Umfeld sind alle ins Gymi ohne Lernstudio gekommen und sie kommen aus Arbeiterfamilien. Die Eltern waren nicht mal in der Lage zu helfen, da sie den Stoff nicht konnten. Zusätzlich gab es welche mit fremdsprachigen Eltern, welche 1. den Stoff nicht verstanden, 2. zuhause oft fehlten wegen der Arbeit…
Aber die Kinder hatten biss und wollten ins Gymi und ja eine gewisse Intelligenz war wohl auch vorhanden.
@marsel: Wenn man das Zeug und das Interesse hat, eine akademische Ausbildung anzustreben, dann entspricht eine Lehre eben nicht dem, was man gerne machen möchte.
„Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Schweiz mit ihrer bewusst tief gehaltenen Maturaquote von 20 Prozent…“
Das glaube ich durchaus, aber ich hätte gerne mal noch ein paar Fakten dazu bzw. Hinweise wo diese zu finden sind. Ein Verordnung kenne ich jedenfalls nicht. Wenn ich in einer Diskussion argumentieren möchte, benötige ich dazu ein paar Fakten.
Es gibt noch eine weitere Windung dieser Spirale in den „Fachkräftemangel“: Diejenigen, die den Sprung ins Gymi geschafft haben, erhalten eine immer schlechtere Ausbildung. In der Schule meines Ältesten fällt regelmäßig rund ein Fünftel der Wochenstunden aus. Lernen findet vorwiegend zuhause statt. Und der Schulstoff ist eher bescheiden. Wenn man einen Ausweis wie DELF/DALF bekommen will, muss man separat dafür zahlen und privat darauf lernen. Wenn man über IT etwas lernen will, was über PowerPoint bedienen hinausgeht, muss man privaten Unterricht nehmen. usw. usw.
Zynisch ist nicht die Bildungspolitik, aber trügerisch die immer noch verbreitete Meinung, das ‚reichste Land der Welt‘ könne sich alles leisten. Die uns von aussen aufgezwungene ‚Korrektheit‘ (automatischer Informationsaustausch, Unternehmenssteuerreform III) zeigt uns in aller Deutlichkeit, dass in der globalisierten Welt das ‚Inseldasein‘ schwieriger wird. Die ‚Insel der Glückseligkeit‘ wird ratenweise in die uns umgebende Normalität abgleiten. Sich verschärfende Verteilungskämpfe, Sparen an allen Fronten und auch Solidarität zeigen, wohin die Reise gehen wird: Wir werden uns einschränken und auch teilen müssen. Ein vielleicht schmerzlicher, aber unabdingbarer Prozess. Wir werden wohl weiterhin zu den Besten gehören, aber nicht mehr die Besten sein – in guter Gesellschaft eben.
Nochmals: Warum muss sich ein Professor für Neuere Geschichte in jede politische Debatte einmischen? Ist das seine Kernaufgabe oder Kernkompetenz? Und wie primitiv muss man sein, diesen Kommentar hier mehrfach zu zensieren? Null Kritikfähigkeit.
Sie stellen die Grosse Frage der Demokratie: Wieso muss sich ein Herr Hans Müller in jede politische Debatte einmischen?
Eine staatliche schwarze Null sei absurd ? Sich hemmungslos zu verschulden ist absurd und verantwortungslos, gerade gegenüber der Generation in Ausbildung. Wir täten Akademiker nicht ausbilden, sondern importieren ? Wir bilden genug oder eher zu viele aus. Nur offenbar wenig brauchbar und die falschen Berufe. Schon Kinder werden früh als Träger von Kompetenzen und Nichtswirklichkönner getrimmt. Nicht Anstrengung und Verständnis, sondern Erfüllung und Fleiss zählen. Immer mehr Eltern verlassen sich nicht mehr auf die Schule. Drill, Geld, professionelle Nachhilfe und Übertrittskurse sollen es richten. Das mag ungerecht scheinen. Auch die Steuerung der Schülerzahlen über die Notenberechnung. Manche empfinden das Kriterium der Intelligenz als ungerecht. Nur, was sagen die den noch dümmeren ?
Ist unser Schulsystem überhaupt geeignet, individuelle Intelligenz resp. Fähigkeiten abzubilden?
Promotionsreglemente abschaffen.