Kein neuer Königsweg

Vielleicht hat er die Berufsmatur im Blick: Angehender Uhrmacher in der Firma Zeit Zone Zürich. Foto: Ennio Leanza (Keystone)
Die aktuelle Aufnahmeprüfung zeigt: Der Run aufs Gymnasium bleibt ungebremst, und dies trotz Berufsmatura. Warum ist das so? Dass die Eltern nicht genügend informiert seien, wird immer behauptet, doch das ist Quatsch. Der Punkt ist: Berufsmaturität und Fachhochschule sind für viele keine echte Alternative zum akademischen Weg. Man will nicht, dass die Jugendlichen später trotz grosser Anstrengung irgendwo im Mittelfeld stecken bleiben, während die Uniabgänger in die Top-Positionen aufsteigen. Und man will die eigenen Kinder nicht der Doppelbelastung durch Arbeit und Schule aussetzen.
Berufsmatura und Fachhochschulen existieren nicht lange genug, um zuverlässige Aussagen zu machen, wo ihre Absolventen im späteren Berufsleben landen werden. Zudem gibt es Berufe wie Arzt oder Anwältin, die man nur über den akademischen Weg erreichen kann. Ein Vergleich ist schwierig. Zum Beispiel stellt sich die Frage nach den Abschlüssen: An der Universität führen die meisten Studiengänge zum Master, an der Fachhochschule zum Bachelor. Und innerhalb des jeweiligen Bildungswegs gibt es je nach Bereich grosse Unterschiede – teils deutlich grössere als zwischen den beiden Bildungswegen. Selbst ein promovierter Germanist verdient weniger als ein FH-Ökonom, dieser aber weniger als sein Kollege von der Uni. Die Studien, welche die Bildungswege direkt beim Berufseinstieg vergleichen, sind uninteressant. Doch mittlerweile liegen Zahlen aus dem Jahr 2013 vor, die immerhin fünf Jahre nach Studienabschluss einen vorsichtigen Vergleich erlauben.
Die Arbeitslosigkeit liegt bei den Promovierten bei einem und bei Uni-Masterabgängern bzw. Fachhochschul-Bachelorabsolventen bei je zwei Prozent (Schweizer Schnitt: vier Prozent). Auch bei der beruflichen Stellung führen die Doktorierten: 43 Prozent von ihnen haben nach fünf Jahren eine Kaderfunktion. Es folgen die FH-Bachelorabsolventen mit 41 Prozent, die UH-Masterabsolventen kommen auf 31 Prozent. Leider unterscheidet die Studie nicht zwischen mittlerem und höherem Kader. Vielleicht ist es dafür zu früh, z. B. Ärzte und Juristinnen stehen erst am Anfang ihrer Karriere. Schliesslich der Lohn: Nach fünf Jahren verdienen UH-Masterabsolventen 95’000 Franken brutto, FH-Bachelorabsolventen 90’400 Franken.
Welches Fazit lässt sich ziehen? Sicher mal jenes, dass man nicht so einfach vergleichen kann. Wo ein Vergleich überhaupt möglich ist, liegen die Absolventen beider Bildungstypen in vielen Punkten nah beieinander. Berufsmaturität und Fachhochschule haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Entscheidung zwischen gymnasialer und Berufsmaturität nicht mehr die gleiche Schicksalsfrage ist wie früher. Die Berufsmaturität ist eine gute Alternative. Aber sie als neuen Königsweg zu bezeichnen, wie das Gewerbe das macht, ist vor allem Werbung in eigener Sache.
34 Kommentare zu «Kein neuer Königsweg»
Ein FH-Abschluss schliesst den anschliessenden Besuch einer Uni nicht aus: 3 Jahre FH + 2 Jahre Hauptstudium an der Uni. Wer ein PHD machen möchte, hängt nochmals was dran…
Mein älterer Bruder hat damals den gymnasialen Weg gewählt, ich den über die Lehre mit Berufsmatura: er hatte dann mit 30 Jahren seinen ersten berufsbefähigenden Abschluss, ich mit 29 den Dritten. Ihn hat es sehr gestresst so lange ohne irgend ein Diplom dazustehen.
Ist jetzt schon gut 10 Jahre her, aber mit Bologna ist es heute gar noch einfacher zwischen Hochschulen zu switchen.
Danke für diese ehrlichen Worte. Es sind genau diese elitäre Haltung, das Prestigedenken und das Streben nach dem hohen Einkommen die zeigen, dass der akademische Weg immer mehr die zweite Wahl ist und sein sollte. Die Mischung aus Berufserfahrung, das Wissen, wie Produktionsprozesse auch in der Praxis funktionieren und die Möglichkeit, Beruf und Wissen zu kombinieren sind ein Königsweg. Von Projektleitern, Teilbereichsleitern Strategie undsoweiter haben wir genug. Die blähen zu Löhnen von 95’000 Franken jährlich nur den Verwaltungsapparat auf.
Nun, der Weg über die Lehre ist auch nicht viel Praxisnäher als der Akademische Weg, wenn man ihn in Vollzeit komplett hintereinander geht. Dann ist das einzige bisschen Praxis während der Lehre.
Wird er mit etwas Abstand („nur“ Arbeiten) zwischen den Ausbildungen oder Berufsbegleitend gegangen, ist es schon einiges besser mit der Praxiserfahrung.
Der grosse Vorteil der Lehre ist, dass die KMU zu günstigen Arbeitskräften kommt und der Lernende in 3 Jahren, im Idealfall, einen ganzen Betrieb kennen lernt und somit auch sieht wie ein Betrieb geführt wird. Gleichzeitig hat der Lernende die Möglichkeit erwachsen zu werden. Im Studium unter gleichaltrigen ist das doch eher schwierig 😉
Man lernt wie man ARBEITET.
Das heisst etwas so zu machen dass jemand anders (der Auftraggeber der alles bezahlt) etwas damit anfangen kann.
Viele Akademiker haben damit zu Beginn mühe weil sie ihr ganzes Leben nur für sich selbst gearbeitet haben.
Ok, Vergleich ist schwierig, aber zu unterschlagen, dass nach BMS mit KME Zusatz ehemalige Lehrlinge heute an der Uni studieren, und dass auch nach einem FH Bachelor ein Uni-Master erreichbar ist, blendet einiges aus im Artikel. Die KME (Kantonale Maturitätsschule) im Anschluss an die BMS erlaubt ein Studium an der Uni, auch in Medizin, wenn die Hürde Numerus Clausus geschafft wird. Ja, das sind dann StudentInnen, die sich eine hohe Arbeitsbelastung gewohnt sind, motiviert und fokussiert, weil man ihnen einiges nicht „erspart hat“. Nicht nötig, die beiden Systeme gegeneinander auszuspielen, einfach gut, dass heute jeder junge Mensch sein Potential entfalten kann. Und ja: Eltern aus Ländern ohne Duales Bildungssystem benötigen diese Infos.
Und warum genau wird der UNI Master gegen FH Bachelor verglichen und nicht gegen den FH Master? Die ZHWs und dergleichen sind ja voll mit Masterangeboten!
Weil an der FH ein überwiegender Teil nach dem Bachelor aufhört und arbeiten geht.
Kommt wohl auch auf den Studiengang an aber z.B. Wirtschaftsingenieure machen z.B. kaum je den Master, zumindest nicht direkt anschliessend.
Eine andere Möglichkeit ist die Passerelle um nach der Berufsmaturität an die Uni zu gelangen. Diese dauert je nach Fachrichtung der Berufsmaturität nur ein halbes bis ein ganzes Jahr. Dieser Weg ist nicht der einfachste, aber durchaus machbar. Das Budget wird auch geschont, aufgrund der kurzen Dauer der Passerelle.
Ja von diesem Bildungsweg wollen die Bildungstheoretiker möglichst Abstand halten. Die Passerelle wurde auch schon hämisch als „Schnellbleiche“ abgetan. Unser Bildungssystem bietet so viele Möglichkeiten. Liebe Eltern, Politblog-Journalisten usw. Scheuklappen abziehen und der jungen Generation besser vielfältig statt einfältig über „Königswege“ informieren.
Man darf die Passerelle ruhig als Schnellbleiche bezeichnen, denn dies ist eigentlich ziemlich egal. Der meiste Stoff vom Gymi geht sowieso innerhalb von Jahren (oder eher Monaten) vergessen.
Die Passerelle fordert hingegen viel mehr in anderen Bereichen vom Studierenden, z.B. Selbstkompetenz bei ca. 50% Selbststudium, Zeitmanagement beim dichten Lernplan usw.
Ich (sowie Gymnasiasten) wage es mal zu behaupten, dass einige Gymnasiasten mit ihrem Arbeitsmoral die Passerelle nicht bestehen würden. Ein Arbeitsmoralunterschied welcher aus meinen Erfahrung auch noch im Studium klar ersichtlich ist.
In diesem Sinne hat man mit BM und Passerelle einzig auf Fachkompetenzebene (schulisch) weniger profitiert Ein Rückstand der nach spätesten einem Jahr Studium irrelevant ist.
Lehre-Passerelle -ETH
Persönlich finde ich, dass der grösste Niveauunterschied nicht zwischen FH oder Uni besteht, sondern zwischen den verschiedenen Studiengängen der MINT Richtungen und den Geisteswissenschaften. Die MINT Studienrichtungen sind meiner Meinung nach einfach um ein vielfaches härter als die Geisteswissenschaften. Allerdings kann das auch daran liegen, dass mir das musische einfach weniger zusagt.
Mir wäre ein Abschluss an einer Universität lieber als an der FH. Alleine das es immer wieder zu Diskussionen kommt zeigt, dass der FH Bachelor in Frage gestellt wird. Damit wird die Diskussion zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Der Grund dafür liegt im Konkurrenzkampf. Und in dem ist jeder Trick erlaubt, ganz egal wie unsinnig der akademische Klassenkampf auch ist.
Aber ich gebe auch zu: Ich würde nicht anders handeln. Und dabei kann man dann auch wie in den USA das Hochschulranking zu Rate ziehen. Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral. Die meisten Menschen sind wohl so.
Was ich eher bedauerlich finde ist, dass gerade Rankings nur sehr wenig auf die eigentliche Qualität der Bildung setzen, sondern auf die Anzahl Dissertationen oder Zitationen namhafter Doktoren die unter Vertrag stehen. Das ist wohl kaum der beste Weg, die Qualität einer Hochschule zu beurteilen…
Wie zu Beginn geschrieben verdient ein Germanist weniger als ein Ökonom. Daher sind die Lohangaben am Schluss nutzlos. Im Weiteren bestimmt die Branche den Lohn. Jemand in der gleichen Funktion in einem Industriebtrieb, verdient massiv weniger als bei einer Bank oder Versicherung. Ein Lohnvergleich zwischen den Ausbildungswegen ist deshalb nur innerhalb der gleichen Branche möglich. Alles andere ist Äpfel und Birnen vergleichen.
Die Branche macht es wirklich aus und dabei ist es dann nicht mehr wichtig ob man einen Uni Master oder einen FH Bachelor hat. Wir haben an der FH einige ex ETHler welche durchgefallen sind und jetzt den Bachlor an der FH machen. Bei einigen ist auch der Chefposten nach dem Studium gesichert, resp. das Unternehmen pusht das Studium um sie danach in eine leitende Funktion zu bringen. Zudem ist Networking das A und O. Sich in einer Branche verlinken, Kontakte halten und neue Knüpfen und Vitamin B pflegen. Danach hat man nach einem FH Bachelor beste Aussichten (falls man vorher bereits berufstätig war). Wenn ich auf Stellensuche gehe, habe ich meine Kontakte, welche ich zuvor anrufe, bevor ich mich auf Stelleninserate melde. Irgendwann kennt man sich in der Branche.
Zudem kann man sich mit der Bachelorarbeit und Projektarbeiten bereits während dem Studium in seinem Bereich profilieren und dies nutzen für spätere Jobverhandlungen. Man muss jedoch wissen, was man will und wohnin man will. FH Studierende welche nebenbei Arbeiten haben diesen Fokus und richten sich auch gezielt aus.
Ich kann Ihnen nur zustimmen, das Netzwerk ist für Akademiker das wichtigste. Das ist für mich sogar der entscheidende Punkt ob jemand einen guten Job erhält oder nicht. Für Jobs fragen wir grundsätzlich erst einmal Personen an die wir kennen. Erst danach wird eine Stelle ausgeschrieben. Gut zu sein alleine genügt nicht, das sind viele andere auch. Nun ist aber nicht jedem gegeben zu Netzwerken. Ich bin ebenfalls schüchtern, daher habe ich die Ergebnisse meiner Doktorarbeit an so vielen Gelegenheiten wie möglich zu präsentieren. Dann kommen die Leute auf einen zu und stellen sich vor. Nach einiger Zeit ist man so schnell im Netzwerk-CH. Wichtig ist nur den Vortrag vor Kollegen zu üben, die gut vortragen können und sich getrauen hart zu kritisieren.
Seit einigen Jahren beobachte ich im Bereich der Betriebswirtschaften eine Verwässerung des Wertes insbesondere des universitären Masters. Bei der Rekrutierung von Berufsanfängern in meinem Bereich tendiere ich aufgrund der gewohnten Mehrfachbelastung und der Berufserfahrung für gewöhnlich zu FH-Absolventen. Deren theoretischer Rucksack vermag nicht mit den Abgängern der Universitäten mitzuhalten, was sich jedoch gerade in unserem Fachgebiet als vollkommen unerheblich erwiesen hat. Im Ausgleich zum leichteren Theoriergepäck bringen die FH-Absolventen ein Verständnis über die Arbeitswelt mit, das ihnen die Orientierung im Beruf extrem erleichtert. Im Gegensatz zu einem Uniabsolventen haben sie ja auch inkl. Lehrzeit in etwa 10 Jahre Berufserfahrung sammeln können.
Der akademische Bildungsweg dürfte m.E. generell nicht der Königsweg sein wenn man eine klar privatwirtschaftlich-praxisorientierte Tätigkeit im Sinn hat. Selbst bei den oft gepriesenen MINT-Fächern ist der Grat hin zu einem über-akademisierten Lebenslauf sehr schmal und der Absprung in die Privatwirtschaft oft entsprechend schwierig. Ausser wo nicht anders möglich (z.B. Medizin oder Recht) würde ich darum tendenziell von der Uni abraten, wenn nicht ein tiefergehendes Interesse an einem Fachgebiet vorhanden ist und man sich entsprechend auch vorstellen kann, eine eher mässig bezahlte akademische/forschende Laufbahn einzuschlagen. Universitäre Hochschulen waren schliesslich nie als Karriereschmieden konzipiert und sind darum nach wie vor eher ungeeignet für diesen Zweck..
Ich denke, dass kommt ziemlich auf die Branche an.
Ich stelle in meinem technischen Betrieb lieber einen BMS Absolventen/in mit FH-Abschluss ein, als jemand von der Uni. Die haben wenigstens von der Praxis eine Ahnung (Berufslehre) und sind nicht nur Theoretiker. Daran ändern auch die Praktika der Uni-Absolventen/innen nichts.
So neu ist die Berufsmatura nicht. Vor 30 Jahren wars die BMS und danach statt FH die HTL oder die HWV. Auch da war klar, es ist kein universitärer Weg. Die Hauptursache scheint aber der extreme tiefe Matura Anteil von um 15% zu sein. Die meisten Industrieländer haben über 50% und von dort sind wir auf die Hochqualifizierten Einwanderer angewiesen. So müssen wir uns einfach zugestehen wir sind intellektuell einfach weniger fähig als die anderen. Oder leiden ganz einfach darunter, dass die Mehrheit der Bevölkerung zuerst Hochdeutsch, dann Franz und Englisch lernen müssen und auf diesem Sprachlastigen Weg schnell Schulmüde werden.
Tut mir leid Aebersold Hans, aber das halte ich für ausgesprochen unwahrscheinlich. Und mir drängt sich auch gleich die Frage auf: Sind sie ein Forentroll? Ihre Feststellung ist extrem provokativ. Könnte also durchaus sein…
Die Gauskurve lehrt uns, dass auch Intelligenz normalverteilt ist. Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese Kurve in der Schweiz tiefer liegt als die unserer Nachbarn. Warum sollte das so sein?
Es ist eher wahrscheinlich, dass unsere Matura härter beurteilt wird als die der umliegenden Länder. Dazu muss man nur bei den Bewertungskriterien etwas schrauben.
Wir sind auch nicht auf ausländische Fachkräfte angewiesen, weil wir weniger intelligent sind, sondern weil mehr Unternehmen auf 1000 Schweizer kommen als sonst wo und auch wegen des Lohndrucks…
Was man nicht vergessen darf und was ich bei meinen Kindern gesehen habe. Das Studium an der Uni zu meistern ist sehr anspruchsvoll. Die Prüfungen haben hohe Durchfallquoten. Wenn man nicht mit guten Noten abschneidet, wird es in gewissen Fachrichtungen z.B. Jus recht schwierig eine Stelle zu finden. Also muss man nicht so tun, wie wenn alles nur ein administratives Problem wäre.
Das ist effektiv auch ein guter Punkt. Bei der Bildungs- und Berufswahl wird ja immer gerne getan, als wäre dies ein beliebiges Wunschkonzert, bei dem man seine Auswahl nach Karriere- und Verdienstkriterien optimieren kann/soll. Dabei wird völlig negiert, dass letztlich alleine die Interessen, Eigenschaft und Stärken des einzelnen jungen Menschen zählen. Jugendliche in Fachrichtungen oder an die Uni zu drängen, obwohl diese dafür nicht geeignet sind, war schon immer ein sicherer Weg zum Desaster. Theoretisch irgendwann vielleicht 10000.- mehr im Jahr verdienen zu können wird ja definitiv zum Witz, wenn man es gar nie erst zum Abschluss schafft..
Durchfallquoten sind nicht aussagekräftig. Auch FHs haben Durchfallquoten von 40 Prozent und mehr. Das ist nichts Neues.
Welcher Bildungsweg am sinnvollsten ist, ergibt sich ausschliesslich aus den individuellen Voraussetzungen und Zielen, eine Verallgemeinerung ist darum generell nicht sehr hilfreich. Die Crux dabei: Da gerade die Entscheidung für/gegen das Gymnasium sehr früh getroffen werden muss, weiss man i.d.R. auch selber erst hinterher bzw. zu spät, was besser gewesen wäre. Was mit ein Grund ist, wieso sich viele für Matur und Uni entscheiden: Dadurch behält man sich mehr Optionen länger offen und verschiebt konkrete Entscheidungen zum Berufsweg nach hinten. Die Unentschlossenheit und Unsicherheit in der Frage ist bei Jugendlichen enorm. Gerade auch aufgrund der Angst, in einer beruflichen Sackgasse zu enden, aus der man sich nur mit viel Aufwand wieder herausarbeiten kann, wenn überhaupt..
„Aber sie als neuen Königsweg zu bezeichnen, wie das Gewerbe das macht, ist vor allem Werbung in eigener Sache“.
Vor allen Dingen ist es nur die halbe Wahrheit. Wen Arbeitgeber den BM/FH-Weg verbal „adeln“ und dann lieber doch den Dr. Ing. (!) einstellen, dann erfahren das Eltern und SchülerInnen trotz anderslautenden Versicherungen – sie wählen entsprechend den gymnasialen Weg.
Grundsätzlich sinnvoller wäre es, sich zuerst mit der Persönlichkeit und den Vorlieben des Kindes auseinander zu setzen und endlich damit aufzuhören, Jugendliche im Hinblick auf eine 15 Jahre spätere Kaderposition durch einen ungeliebten Ausbildungsweg zu pressen.
Immer wieder komme ich zum gleichen Schluss bei diesem Thema: die stetige Zunahme der Absolventen der gymnasialen Maturität mit anschliessendem Uni-Studium führt mittelfristig unweigerlich zu einem Überangebot an akademisch ausgebildeten Berufsleuten. Dies wiederum führt zu einem sinkenden Niveau bei den entsprechenden Löhnen. In allen Ländern wo nur der universitäre Weg, oft über private Unis, zu gewissem Wohlstand führt zeigt sich dies eindrücklich. U.a. Rechtsanwälte, Psychologen und Journalisten/Publizisten stehen sich auf dem Markt auf den Füssen herum. Wird ein Job ergattert muss zu einem Tieflohn gearbeitet werden, welcher es oft nicht mal erlaubt die Bildungsschulden abzutragen. Keine Volkswirtschaft kann nur von Verwaltungs- und Managementjobs existieren.
„Die Berufsmaturität ist eine gute Alternative. Aber sie als neuen Königsweg zu bezeichnen, wie das Gewerbe das macht, ist vor allem Werbung in eigener Sache.“
Als würden Sie nicht für die Gymi / Uni Werbung machen Herr Pfister! 😉
Schneider-Ammann macht vor, wie man Probleme verwedelt. Delegationen reisen ins Ausland und preisen die Berufslehre als Lösung im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Eltern wird vorgeworfen, sich zuwenig mit der Materie auseindanderzusetzen und die Vorteile der Berufslehre nicht zu erkennen. Volksver..schung nennt sich dies salopp gesagt. Arbeiter braucht das Land, aber so offen und ehrlich wollen dies die Politiker halt nicht sagen. Wäre es im Interesse von Politik/Establishment, den Wert von Berufslehre + BMS jenem eines Uni-Bachelor-Studienganges anzugleichen, wäre dies längst geschehen. Damit der Otto-Normalbürger mit Berufslehrabschluss von der PFZ profitieren kann und in int. Konzernen im Sitz im In-/Ausland als Hochqualifizierter klassifiziert wird, bedarf es mehr als Worthülsen.
Interessanter Bericht und teilweise interessante Kommentare.
Ich hätte einen anderen Ansatz bzw. eine Frage an die Tagi-Redaktion. Mann könnte doch mal einen Bericht darüber machen, was für einen Berufsabschluss die Kinder der National- und Ständerräte haben. Aufgeteilt in:
Gymnasiale Matur
Berufsmatur
Berufslehre
Dann noch mit den Weiterbildungen, wäre ja mal intessant zu sehen, welche Politiker welche immer davon sprechen, dass man nicht zu viele Akademiker haben sollte, ihre Kinder ins Gymansium schicken.
Die Frage ist doch, welche Ausbildung überhaupt sinnvoll ist. Ein Hochschulabschluss sagt doch noch nichts aus über die Lebenstauglichkeit eines Menschen. Meiner Ansicht nach wäre es viel gescheiter, die Menschen auf das Leben als auf irgendeine Funktion vorzubereiten. Und die Sinnerfüllung im Leben gibt ein akademischer Abschluss alleine nicht.
Gibt es überhaupt einen Königsweg?
Zugegeben, die Studiengänge sind oftmals nicht direkt vergleichbar und die unterschiedlichen Bildungswege weisen unterschiedliche Vor- und Nachteile auf. Statistisch gesehen gibt es da sicherlich auch Faktoren, welche gänzlich ungeachtet bleiben und unter anderem von mehreren anderen Lesern genannt wurden.
Letztlich ist nicht zwingend der Bildungsweg entscheidend, sondern was diejenige Person daraus macht. Fachkompetenz bzw. der Abschluss alleine macht nicht erfolgreich.
Im Übrigen. Das Gewerbe mag zwar Werbung in eigener Sache machen – doch als Schreiber dieses Artikels ist ein Gymnasiallehrer auch nicht viel objektiver.
Wenn von „akademischem“ Weg gesprochen wird, beinhaltet dies nicht nur den universitären Weg. Das Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz ist seit 2015 in Kraft. Es verlangt die Schaffung eines Hochschulraums mit gleichwertigen, aber andersartigen Hochschultypen. Ebenfalls sind die verschiedenen Bildungswege gleichwertig.
Ein weiterer Punkt, der nicht erwähnt wird, ist die Durchlässigkeit. Wir haben in der Schweiz das Glück, dass der Bildungsweg nicht in Stein gemeisselt ist, es gibt immer wieder Möglichkeiten, an eine andere Schule/Hochschule zu wechseln. Und: Obwohl die Fachhochschulen eine kürzere Geschichte als die universitären Hochschulen haben, gibt es je nach Branche bereits sehr viele Beispiele, wie das Berufsleben eines FH-Absolventen aussehen kann.