Mehr mittelmässige Frauen, bitte!

Pirmin, Filippo, Christophe, Konrad und Doris: Manchmal sind Vornamen aussagekräftiger als Nachnamen. Vorname Nummer fünf steht für eine Schweizer Magistratin, die mutmasslich nach ihrem Präsidialjahr 2017 ihren Rücktritt erklären wird. Die Vornamen Nummer eins bis vier gehören den aussichtsreichsten Anwärtern für ihre Nachfolge. Sie haben dieselbe Gemeinsamkeit wie die drei, die jetzt auf dem SVP-Ticket für die Bundesratswahl vom 9. Dezember stehen. Demnach wird die Eveline wohl durch einen Thomas, einen Guy oder einen Norman ersetzt – je nach Streitlust des Parlaments vielleicht auch durch einen Heinz oder Hannes. Vor vier Jahren bereits kam Alain für Micheline, und 2010 gab das Parlament Johann den Vorzug vor Karin.

Frauen benötigen überdurchschnittliches Talent, um ganz nach oben zu kommen, während es bei den Männern auch mediokre Figuren schaffen können.

Rund 15 000 Personen demonstrieren am Samstag, 13. Dezember 2003, in Bern gegen die neue Zusammensetzung und gegen die Untervertretung der Frauen im Bundesrat. (KEYSTONE/Edi Engeler)

Wo bleibt dieses Mal der Aufschrei gegen die Männerdominanz im Bundesrat? Vor zwölf Jahren protestierten noch 15’000 Personen. Foto: Edi Engeler (Keystone)

Von 2010 bis 2011, ein paar wenige Monate lang, hatte die Schweiz erstmals eine Regierung mit weiblicher Mehrheit. Durch die Wahl von Simonetta Sommaruga (SP) anstelle von Moritz Leuenberger kippte das Verhältnis in 4 zu 3 zugunsten der Frauen. Nun dreht das Rad zurück: Nach 2017 könnte Sommaruga als letzte und einzige Frau im Bundesrat verbleiben. Wir wären auf den Stand von 2003 zurückgeworfen.

Die alten Römer sagten: Qui tacet, consentire videtur – wer schweigt, scheint zuzustimmen. Die absehbare Männerdominanz im Bundesrat scheint die minorisierten 50 Bevölkerungsprozente bislang nicht aufzuregen. Diese Dominanz wäre als vorüberziehendes Phänomen auch nicht weiter tragisch. Das wahre Problem offenbart der Blick ins Reservoir. Bundesrätinnen und -räte werden bevorzugt im Parlament rekrutiert, besonders gerne im Ständerat, deren Mitglieder oft überparteiliche Akzeptanz geniessen. Doch der Frauenanteil im Ständerat ist bei den Wahlen vom Oktober gesunken. Gerade mal sieben Ständerätinnen sind übrig geblieben, das entspricht kläglichen 15 Prozent – und keine von ihnen wurde neu gewählt, alle sind Bisherige. Der Weiblichkeit droht für die höchsten politischen Weihen schlicht das Personal auszugehen.

Über Gründe und Gegenmassnahmen liessen sich trefflich Dissertationen verfassen. Aus staatsbürgerlich-egoistischer Warte kann der Kolumnist einer massvollen Diskriminierung auch Gutes abgewinnen. Kategorisiert man die Landesregierung der letzten Jahre nach stärkeren und schwächeren Mitgliedern, so schwingen die Frauen eindeutig obenaus. Eine grundsätzliche Überlegenheit ihres Geschlechts lässt sich daraus nicht ableiten. Die Quintessenz lautet eher, dass Frauen überdurchschnittliches Talent benötigen, um ganz nach oben zu kommen, während es bei den Männern auch mediokre Figuren schaffen können.

Für das Land muss das, wie gesagt, nicht zum Schaden sein. Doch so irritierend es tönt: Gleichberechtigung ist wohl erst wirklich erreicht, wenn es mittelmässige Frauen ebenso leicht in den Bundesrat schaffen wie ihre männlichen Pendants.

26 Kommentare zu «Mehr mittelmässige Frauen, bitte!»

  • Die Rollenverteilung gehört zum Menschen.
    Wo liegt eigentlich das Problem, wenn Frauen Frau sein wollen und sich vom Sozi Gender-Mobbing nicht beeindrucken lassen?
    Und wenn eine Frau die Rollenverteilung nicht mitmachen will, so kann sie das auch.

    • Anita Hofer sagt:

      Bin Frau und keinem „Sozi Gender-Mobbing“ unterworfen – und auch nicht zum „mitmachen“ animiert oder gar von den „Sozi’s“ dazu angehalten. Will ganz einfach mein Leben so leben wie sich das unter gleichberechtigten Partnern gehört: einem Beruf nachgehen und den nötigen Haushalt samt Kinder grossziehen teilen!
      Ihre „Rollenverteilung gehört zum Menschen“ ist richtig – nur entspricht Ihre Schlussfolgerung daraus dem Fübü-Gender-Modell…

      • Meine Schlussfolgerung ist, dass es die Frau so machen soll, wie sie will, aber in Ruhe gelassen, von der rot-grünen Religion. Steht doch so? Finden Sie das wirklich Fübü?

      • The American sagt:

        Und genau hier ist das Problem: Wer sagt denn, dass 50% geteilte Arbeit, 50% geteilte Kinderbetreuung und 50% geteilte Haushaltsarbeit immer das Richtige ist? Frauen, die sich bewusst dafür entscheiden mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen werden heutzutage praktisch verachtet („was, Du ‚arbeitest‘ nicht?“). Alles muss so „gleichberechtigt“ sein wie es uns vorgekaut wird: Die Frau hat gefälligst zu Arbeiten, der Mann das Geschirr spülen, etc.. Gleichberechtigung ist, wenn es für beide Stimmt und nicht wenn es einem Modell entspricht.

    • loulou55 sagt:

      „Das Sozi-Gender-Mobbing“…. muss ich mir merken.
      Mein lieber Roland, wenn wir die Sozi’s nicht hätten, müssten wir sie schleunigst erfinden. Man braucht ja irgendeinen Sack auf den man ständig einprügeln kann.
      Am Schei??wetter die letzten Tage sind die natürlich auch Schuld, die verunfallten Autofahrer (im Schneetreiben) sollten die Partei auf Schadenersatz verklagen.

    • Stefanie sagt:

      Du hast offenbar den Artikel nicht gelesen oder einfach nicht verstanden. Ich vermute, du hast nur das Bild angeschaut?

    • Tina sagt:

      Ach so, eine Frau ist keine Frau, wenn sie sich vom «Sozi-Gender-Mobbing» beeindrucken lässt? Offenbar kennen Sie nicht wirklich die Unterschiede zwischen Mann und Frau. Soll ich Ihnen ein paar Bücher zum Thema empfehlen, die meine Kinder in der Primarschule brauchen? Aber ich habe natürlich grösstes Verständnis für Menschen wie Sie, die gerne die Unterschiede mit viel Eifer ideologisch erklären und deshalb fraglos an die «Rollenverteilung» glauben.

      • Rodolfo sagt:

        Liebe Tina,
        Du musst Dich ja nicht mit einem ewig gestrigen „Bartli“ zusammen tun!
        Du kanst Dir einen besser zu Dir passenden Partner aussuchen, ohne den Patriarchen der Familie zu fragen.
        Auch der Ober-Patriarch der Ortskirche hat Dir nichts drein zu reden!
        Und so bekommen vielleicht endlich mal emanzipiertere Varjanten des Wesens „Mann“ eine Chance, sich in Deiner Gunst zu sonnen und dadurch einen evolutorischen Vorteil zu ergattern, so dass die heute noch lebenden „Fossile“ mit ihrem militärischen Denken allmählich von der Bildfläche verschwinden…

  • Markurs Meier sagt:

    Alle die sich über die kurze Frauenmehrheit im Bundesrat freuen bzw. aufgeregen wie auch solche Personen, die jetzt wieder vor der „drohender“ männlich dominierten Regierung warnen, haben die Politik nicht wirklich begriffen. Das Geschlecht sollte keine Rolle spielen, lediglich die Qualität. Man könnte das als Sexismus durch die Hintertür bezeichnen. Das Geschlecht sollte keine Rolle spielen, solange das Land gut geführt wird. Daher akzeptiere ich Kritik an der Qualität, man sollte jedoch aufhören, sich immer über einen geringen Fraueanteil (auch im Parlament) zu beklagen.

    • Kurt Werder sagt:

      Sie sind ein naiver Gutmensch wenn sie glauben, dass das Geschlecht keine Rolle spielen kann.

    • loulou55 sagt:

      Das wäre ja schön… wenn es um Qualität ginge…!
      EWS dürfte dann locker noch 4-8 Jahre bleiben, sagt man… (ok DIE 30% der Wähler natürlich nicht).
      Maurer…. ? ach… reden wir besser nicht drüber…!

    • Rania sagt:

      Ich bin ganz Ihrer Meinung.
      spiels es eine Rolle ob Mann Oder Frau?
      Man entscheidet sich in einem Laden auch nicht anhand des Geschlechtes ob man jetzt hier einkaufen soll oder nicht.
      Eigentlich finde ich es viel mehr spannend zu sehen was jedes Geschlecht noch dazu bringt um in die Wahl zu kommen.
      Uns Frauen geht es hier gut. Den Männern auch.
      Nun müssen wir jetzt lernen zusammen arbeiten zu können um das Land bestens zu führen. Es ist gut an die Menschen zu glauben.
      An Mann und Frau.

  • Laurent Meier sagt:

    Dieser Befund hat wohl viel eher damit zu tun, dass die weiblichen Bundesrätinnen linke bis linksaussen Positionen vertreten und vertraten, welche wohl ziemlich deckungsgleich mit jenen des Autors sind, ich als Liberaler und Bürgerlicher, pardon, auf Neusprech: neoliberaler Nationalkonservativer kann der Regierungsarbeit „unserer“ Frauen wenig bis gar nichts abgewinnen. Da wurden utopische Energiewenden beschlossen, das SEM verschandelt, die Personalkosten explodieren, der Umfairteilung und Gängelung Vorschub geleistet, und, und, und, mein Verdikt: mediokre bis insuffizient!

    • Gerold Stratz sagt:

      Lieber Herr Meier, betr. „Ihrem Verdikt“, zu Frauen in der Politik!?
      Auf deutsch: „Ihr „Urteilsspruch“: Mittelmässig, üngenügend, leistungsschach!?
      Betreffend, diesem Kommentar kommt mir in den Sinn: Unglaublich befangen und ziemlich unanständig.

  • Meier Pirmin sagt:

    Leben heisst Problem lösen. Margaret Thatcher und Golda Meir, zwei der dynamischsten Poltikerinnen der Geschichte, waren je die einzigen Frauen in ihrem Kabinett, von Meir hiess es: „Der einzige Mann im Kabinett.“ In der Schweiz ist weder eine Merkel noch eine Thatcher vorhanden. Diese Problemsicht ist rein psychisch und befindlichkeitsmässig, völlig apolitisch und trägt nichts zur Verminderung des Asylansturms und zu dessen Lösung bei, wofür übrigens in der Schweiz Frau Sommaruga und im Aargau Frau Hochuli zuständig sind. Ihr Geschlecht tut nichts zur Sache, siehe Frau Thatcher und Frau Meir.

  • Annette Nimzik sagt:

    Politische Entscheidungsgremien müssen ein Spiegelbild der Gesellschaft sein, um alle Interessen der Bevölkerung vertreten zu können. Frauen haben in manchen Lebensbereichen und zu bestimmten Gesellschaftsfragen andere Interessen und Meinungen als Männer. Wenn die die politischen Vertreter eines Landes im Durchschnitt älter und männlicher sind als die Bevölkerung, die sie repräsentieren, kann man sich ja ausrechnen, zu welchen Gunsten Entscheidungen getroffen werden. Wie ist der hohe Grad an Ungleichheit überall auf der Welt zu erklären?

  • werner boss sagt:

    In unseren obersten Behörden werden Entscheide von grosser und vor allem langjähriger Tragweite gefällt. Deshalb sind Modeerscheinungen und politische Ränkespielchen fehl am Platz ! Wenn fähige Frauen da sind, welche diese Ämter bekleiden können,werden sie sich auch entsprechend souverän zur Wahl stellen! Die meisten wollen aber wohl eher in der Privatwirtschaft schnell viel Geld verdienen und möglichst unabhängig sein!

  • Luzia Keller sagt:

    Danke für diesen träfen Artikel, Fabian Renz! Wenn man bedenkt, dass noch 1990 das Frauenstimmrecht im Appenzell per Bundesentscheid verpasst werden musste, wundert diese Entwicklung nur mässig. Frauen werden nach wie vor stark in ihrem beruflichen wie politischen Treppensteigen behindert durch eine Familienpolitik, die diesen Namen nicht verdient hat. Da ist die Krux und alles weitere würde sich ergeben. Aber es gibt eine neue Generation von taffen Männern wie Frauen, die sich das nicht länger bieten lassen und entsprechend ihr Leben gestalten. Sie gehen in die Horizontale, statt Vertikale.

  • Christoph Bögli sagt:

    Nun, das ist halt auch das Resultat der Wahlen, logischerweise, immerhin geht es hier ja um Politik. Wer also die Altherrenpartei SVP gewählt hat, der wollte offensichtlich, dass EWS durch einen dieser Altherren bzw. deren HSG-Marionetten ersetzt wird. Und da auch deutlich mehr Frauen SVP gewählt haben, unterstützen sie anscheinend diese Entwicklung. Es liegt also schlicht in der Hand der Wähler, was für Leute im NR/SR und BR vertreten sind. Wobei m.E. das Geschlecht da nicht einmal sekundär sein sollte. Ich wähle jedenfalls nach Positionen, nicht nach Geschlecht oder Aussehen..

  • Josef Marti sagt:

    Man sehe sich mal diese bisherigen Vorzeigefrauen an zB Lagarde vom IWF oder früher Thatcher. Wollen sich das die Frauen wirklich antun? An die Leitstellen der Macht kann man nur mit dem Image als absoluter Kotzbrocken kommen, bei den Männern erwartet man nämlich nichts anderes.

    • Valentina sagt:

      @Marti: Wieso? Haben nur männliche Politiker ein Recht drauf, Kotzbrocken zu sein? Und auch wenn einer kein Kotzbrocken ist, nimmt er es nicht in Kauf einer zu sein, weil er dafür was kriegt, dass seiner Meinung nach erstrebenswert ist? Zum Beispiel Macht, Geld, Einfluss, Sex etc.?

    • Christoph Bögli sagt:

      Das wäre wohl maximal ein Argument dafür, dass sich die Arbeitskultur im Allgemeinen und insbesondere an jenen Leitstellen der Macht ändern muss, damit nicht mehr jene nach oben gespült werden, die die grösste Klappe und die härtesten Ellenbogen, aber selten sonderlich grosse Kompetenz haben. Dieser Typ des Macho-Managers mit seinem old boys-Netzwerk ist ja mit ein Grund für die Banken-Krise und Co.
      Im übrigen, sowohl Thatcher wie Lagarde gelten privat eigentlich als umgänglich bis sympathisch, auch wenn sie in beruflichen Angelegenheiten gnadenlos sein können..

  • Marcel Zufferey sagt:

    Diese Frauenfrage nervt langsam: Es lässt sich in jeder gängigen Studie nachlesen, dass Frauen sich erheblich weniger für politische Belange interessieren, als Männer- und zwar über sämtliche Bildungs- und Einkommensschichten hinweg betrachtet! Es ist auch kein Geheimnis, dass durchschnittlich 2/3 aller Parteimitglieder Männer sind- egal, welche Partei man betrachtet. Mehr zu Letzterem hier: http://goo.gl/PDKOLc

    • Christoph Bögli sagt:

      Diese statistische Momentaufnahme erklärt sicherlich einiges, schliesslich bildet dies letztlich den Rekrutierungspool für zukünftige Regierungsmitglieder. Allerdings sagt es wenig bis nichts zu den Kausalitäten aus, also wieso dies so ist. Was ja dann die interessante Frage wäre und zum klassischen „nature vs. nurture“ führt. Dass Frauen von Natur aus einfach weniger (politisch) engagiert sind ist jedenfalls nicht sehr glaubwürdig..

      • Marcel Zufferey sagt:

        Wie ausgeprägt das politische Interesse von Frauen ist und wie stark Frauen bereit sind, sich politisch überhaupt einzubringen, lässt sich auch sehr gut an jeder Gemeindeversammlung beobachten: Da dominieren i.d.R. ebenfalls Männer. Wer politisch Karriere machen will, wird zuerst einmal a) Parteimitglied und lässt sich dann b) zu den Gemeinderatswahlen aufstellen. Darauf folgen Jahre, in denen man sich mit vergleichsweise langweiligen, regionalen Anliegen auseinander setzen muss. Ochsentour nennt sich das. Vielleicht wollen Frauen das einfach nicht mitmachen, schon einmal daran gedacht?

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.