Sind Schweizer Unis zu international?

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Die Besetzung von Lehrstühlen ist wieder zum Politikum geworden. Im Fall der Nachfolge eines Publizistik-Professors an der Universität Zürich hat der «Tages-Anzeiger» laut geklagt, dass einem schweizerischen Bewerber eine Amerikanerin vorgezogen wurde. Dies, obwohl zum Aufgabenbereich der Professur auch die Analyse der Schweizer Medienlandschaft zähle. Auf die hohe wissenschaftliche Qualität der Amerikanerin habe die Unileitung nur gesetzt, weil das «dem Ranking» der Uni Zürich nütze.

Man sollte sich an dieser Stelle daran erinnern, dass in den späten 90er-Jahren das «Magazin» in einer Reportage Hohn und Spott über den angeblich zum Einschlafen langweiligen Lehrkörper der Philosophischen Fakultät der Uni ausgegossen hatte. Denn statt bei Berufungen auf Exzellenz zu setzen, seien Hausberufungen gang und gäbe, nach dem Motto: Der langjährige Oberassistent wird Nachfolger seines Chefs (beides Schweizer).

Dieses Bild war zwar überzeichnet, aber nicht ganz abwegig: An den Schweizer Unis war Heimatschutz dieser Art verbreitet. Doch seither hat sich einiges geändert: Bewerberinnen und Bewerber für eine Professur haben sich in breit zusammengesetzten Berufungskommissionen und in einem mehrstufigen, mehrfach kontrollierten und von politischen Vorgaben freien Verfahren zu bewähren. Die Veränderung war spürbar, die zunehmende Internationalisierung hat den Universitäten gutgetan.

Bei der Nachwuchsförderung darf der Pass keine Rolle spielen.

Politblog

Geht es bloss um das Ranking? Hauptgebäude der Universität Zürich. Foto: Keystone

Dennoch regt sich jetzt Widerstand. Nationalkonservative Kreise möchten die ungeliebten Unis in ein geistiges Reduit stellen und politisch wieder in die Zange nehmen. Denn kritisches Denken gilt als «links» und unschweizerisch, Schweizer Themen sollen von Schweizern bearbeitet werden, ein «deutscher Filz» verhindere die Karrieren von Schweizern.

Differenzierter kritisiert der St. Galler Historiker Caspar Hirschi, dass die Internationalisierung kein nachhaltiges Geschäftsmodell für unsere Unis sei: Die Mehrzahl der Doktoranden komme aus dem Ausland auf gut bezahlte Stellen in die Schweiz, verlasse diese aber nach dem Abschluss wieder; und viele Professoren importiere die Schweiz zum Nachteil des eigenen Nachwuchses. Diesem stünden viel zu wenig Stellen zur Verfügung, um schrittweise und vor allzu viel Unsicherheit abgesichert den akademischen Karriereweg einschlagen zu können. Daher würden die jungen Schweizer nur selten Interesse an einer Unikarriere zeigen.

Wer Überfremdungsängste schüren will, könnte sich hier bestätigt fühlen. Was also ist von dieser Kritik zu halten? Erstens, und dazu nur kurz: Solange sich die Schweiz mit 18 Prozent eine extrem tiefe Matura-Quote leistet, muss man sich über den fehlenden akademischen Nachwuchs nicht wundern. Zweitens: Wer genau gehört eigentlich zum akademischen Nachwuchs? Wer in der Schweiz in die Schule ging (oder gar den roten Pass besitzt)? Oder zum Studium in die Schweiz kam? Oder erst fürs Doktorat? Nationalisten setzen auf den roten Pass, Caspar Hirschi scheint jene zu meinen, die hier zur Schule gingen.

Auch wenn es gut gemeint sein mag, so ist doch beides falsch. Denn während die Bildungspolitik alle Kinder und Jugendlichen zu fördern hat, die hier aufwachsen, gilt für die Nachwuchsförderung an der Uni eine andere Regel: Hier darf der Pass keine Rolle spielen. Soll man denn Amerikanern, Deutschen oder Franzosen, die z. B. seit dem Masterstudium hier leben, studieren und forschen, bei der Vergabe von Stellen oder Stipendien bescheinigen, man könne ihre Anträge nicht unterstützen, weil sie damit eventuell einem Schweizer im Weg stehen würden? Soll man als akademischer Vorgesetzter bei Stellenbesetzungen oder in Kommissionen zur Vergabe von Forschungsstipendien auf die Herkunft schauen und Schweizer auch dann bevorzugen, wenn sie weniger qualifiziert sind als andere? Wohl kaum! Denn auch für Schweizer gilt: Ihre Förderung muss darauf hinauslaufen, sie international konkurrenzfähig zu machen. In einer Welt der globalisierten Wissenschaften wäre das geforderte nationale Einhegen von Unikarrieren ein Schuss ins Knie, der der Schweiz noch sehr lange sehr wehtun würde.

67 commentaires sur «Sind Schweizer Unis zu international?»

  • Daniel Graf dit :

    Sehr geeherter Herr Sarasin,

    Liefern Sie doch den Beleg.

    Wieviele Schweizer Doktoranden aus Ihrer Gruppe, die Sie ausgebildet haben, sind dennheute Professor – in der Schweiz oder zu ähnlich guten Konditionen? Kommen Sie mir nicht mit Deutschland und Frankreich, da verdient eine Professorien weniger als eine Kantilehrerin.

    Sofern die Zahl aus Ihrer Gruppe von Schweizern unter 5 liegt, wie empfehlen Sie einer jungen talentierten Schweizerin, die nicht bereits wohlhabend ist, bei Ihnen zu doktorieren bzw. als Postdoc zu arbeiten?

    Freundlichst Daniel

    • Flori Antha dit :

      Die Mythen über die hohen Löhne in der Schweiz sind irgendwie nicht auszurotten. Ich kenne genügend Kollegen aus Deutschland, die einen Ruf in die Schweiz abgelehnt haben, weil sie hier nicht den gleichen Lebensstandard und nicht die gleiche Versorgung wie in Deutschland haben würden (bessere Krankenversicherung, Kinderbetreuung, Renten, günstigere Immobilien, geringere Abgaben, etc.). Versuchen Sie mal mit einem Professorenlohn in ZH eine Wohnung in der Nähe der Universität zu kaufen oder in einer x-beliebigen Universitätsstadt in Deutschland….

      • Sandra Emmenegger dit :

        Frau Antha, das glauben Sie selber nicht. Ich bin Akadmikerin und kann Ihnen bestätigen, dass Professorenlöhne in Deutschland nicht halb so hoch sind wie in der Schweiz.

        • Flori Antha dit :

          Haben Sie schon mal etwas von Einkaufstourismus gehört? Was glauben Sie wohl, warum so viele Schweizer in den umliegenden Staaten einkaufen? Weil man sich für nominal sehr viel weniger Geld dort real sehr viel mehr leisten kann. Und spätestens wenn Sie in der Schweiz 4000 CHF für Kinderbetreuung bezahlen und in Deutschland 500 Euro (wenn es hoch kommt), dann merken Sie den Unterschied.

          • max bernard dit :

            @Flori Antha: Dass die Lebenshaltungskosten in Deutschland billiger sind als hierzulande, bestreitet keiner. Doch ändert dies nichts daran, dass bei Berücksichtigung der Einkommen – mind. das doppelte Gehalt – der Lebensstandard in der Schweiz höher ist. Bei Ihrer 4000 CHF-Kinderbetreuung muss es sich um einen exklusiven Laden handeln. Einen solchen kriegen Sie aber auch in Deutschland nicht für 500 CHF geboten.

          • Flori Antha dit :

            Wenn Sie in Zürich zwei Kinder in der Krippe betreuen lassen wollen, dann ist rund 4000 der ganz normale Satz und das hat mit Luxus überhaupt nichts zu tun. Und sie müssen überhaupt erst einmal einen Platz bekommen. Aber diese Diskussion zu versachlichen ist ein Kampf gegen Windmühlen…

  • b dit :

    Heimatschutz hat nicht nur etwas mit Heimat zu tun sondern mit einem gewissen Selbstverständnis wie man mit den Bürgern die bereits hier leben umgeht… Wohlwollend, Sozial, Verbindlich, Respektvoll u.a. . Es ist immer dann nicht von Heimatschutz die Rede wenn es darum geht Investoren zu unterstützen d.h. Investitionen und Profiten um jeden Preis zu ermöglichen. Die Ableitung das dies mit der globalisierung alles nur richtig und gut ist ist ebenfalls nur eine Frage des Geldes nicht eine der hier lebenden und arbeitenden… Darwinismus ist eine Gesellschafts und Ökonomielehre geworden.

  • Hugo Knüsel dit :

    1) Wenn « Internationalisierung » oft bloss heisst « Brunsbüttel bis Buxtehude » anstatt « Boston bis Beijing », resp. einheimische Seilschaften einfach durch deutsche ersetzt werden, ist nichts gewonnen.
    2) Wie genau sich die ewige romantische Forderung nach Erhöhung der Maturaquote mit Berufungen auf Basis von Exzellenz vertragen soll, erklärt uns der gute Professor leider nicht. Und das von Hirschi beklagte Fehlen von Stellen hat nichts mit der Maturaquote zu tun. Oder werden die knappen Stellen einfach dadurch mehr, weil sich mehr Leute bewerben?

    • Halser dit :

      Dann freuen Sie sich doch über den aktuellen Fall: Hier wurde eine Amerikanerin ungarischen Ursprungs gewählt. Kine Deutsche.

  • Sara Marchand dit :

    Sarasin hat insofern recht, als dass wir selber schuld sind, wenn wir eine Matura-Quote von nur 18% haben. Falsch ist, dass der Pass keine Rolle spielen soll: Ich bin auch dafür, dass die Uni/ETH die « Besten » haben soll. Wenn aber alle Profs. nur aus Deutschland rekrutiert werden (zumindest Uni ZH), dann ist das keine « Internationalität » sondern eine Germanisierung. Das ist ein Fakt und hat nichts mit Heimatschutz oder Überfremdungsängsten zu tun, sondern ist eine Frage der guten Durchmischung!!

    • Hansli dit :

      Bevor Sie Lügen verbreiten, könnten Sie sich über die Professorenschaft informieren. Ich kenne sehr viele Professoren die keine Deutschen sind an der UZH. Aber natürlich stellen die den grössten Anteil, da halt Zürich für einen Deutschen attraktiver ist als für einen US-Bürger. Obwohl dann auch wieder gehetzt wird, wenn eine mit US-Pass Professorin wird.

      • Hugo Knüsel dit :

        @Hansli: Wäre es nicht etwas konstruktiver mal ein paar konkrete Zahlen zu präsentieren als auf Ihren nicht-repräsentativen Bekanntenkreis zu verweisen und andere nassforsch der Lüge zu bezichtigen? Dass es Deutschen in ZH besser gefällt als Amerikanern ist ja ganz nett, kann aber kein ernsthaftes Argument gegen eine bessere Durchmischung sein, wenn das je das Ziel war.

        • Jemand dit :

          Die Krux liegt in der Sprache und Integrationsschwierigkeiten. Für Deutsche ist Schweizerdeutsch nach relativ kurzer Zeit zumindest verständlich. Für Amerikaner ist schon Hochdeutsch schwierig zu lernen und Schweizerdeutsch de Facto unmöglich, da es kaum formale Regeln oder Vokabellisten gibt und nicht-Muttersprachlnern das Gefühl für die Sprache fehlt. Forschung und Lehre an der Uni und ETH laufen oft in Englisch, aber trotzdem haben es nicht-deutschsprachige Ausländer oft schwer sich zu integrieren und gehen deswegen oft nach kurzer Zeit wieder, bzw. kommen erst gar nicht.

          • Hugo Knüsel dit :

            @Jemand: Schön, aber dann sollte man ehrlicherweise endlich aufhören, das ganze als « Internationalisierung » zu verkaufen und sich selber auf die Schulter zu klopfen wie weltmännisch man doch sei. Damit gewinnt man in internationalen Bildungs-Wettbewerb keinen Blumentopf. Da kann man gleich an einer deutschen Provinz-Uni studieren, wenn schon alles Personal von dort kommt.

        • Hansli dit :

          Ich habe keine Ahnung warum man als Gutmensch immer Zahlen liefern muss: Aber hier die Zahlen von 2014 – 243 CH-Professoren, Ausländer 298 und davon 193 Deutsche.

          PS: Das kann jeder googeln.

          • Hugo Knüsel dit :

            @Hansli: 193 von 298 ausländischen Professoren sind Deutsche, fast zwei Drittel. Sorry, « International » stellt man sich gemeinhin etwas anders vor.

  • Jürg dit :

    Tatsächlich ist gerade diese Diskussion ein Zeichen, wie sehr die Schweiz unter dem Druck der Rechtsnationalisten bereits heruntergekommen ist. Provinzieller geht es kaum. Stets im internationalen Wettbewerb die No. 1 für die Hochschullandschaft reklamieren, und dann über internationale Besetzung von Lehrstühlen jammern – so dämlich muss man erst einmal sein.

    • Reto dit :

      Wenn man den eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs fördern würde, dann könnte man sogar No.1 sein und viele Lehrstühle mit Schweizern besetzen. Dies ist aber zu teuer!!!

    • max bernard dit :

      @Jürg: Ihre Aussage beweist, dass Sie vom Hochschulbetrieb wenig Ahnung haben. Ansonsten wüssten Sie wie sehr Beziehungen/Seilschaften bei solchen Berufungen v. a. bei den Geistes- u. Gesellschaftswissenschaften eine Rolle spielen. Da gibt es nämlich keine objektiven, allgemeingültigen Erkenntnisse wie bei den Naturwissenschaften, sondern ein Sammelsurium von wissenschaftlichen Standpunkten, genannt Pluralität. Weshalb es auch kaum objektive Kriterien in Bezug auf die wissenschaftl. Qualität eines Bewerbers gibt. Subjektive Kriterien der Berufungskommissionen spielen deshalb eine große Rolle.

      • Flori Antha dit :

        Ihr Beitrag beweist, dass Sie von Sozialwissenschaften keine besonders grosse Ahnung haben. Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass der stärkste Prädiktor für eine Berufung die Anzahl von Publikationen im SSCI ist (jüngst Lutter/Schröter).

  • Sportpapi dit :

    Ob wohl Forschung in Schweizer Geschichte überhaupt « international konkurrenzfähig » ist? Aber deswegen für die Schweiz doch nicht weniger wichtig. Es geht also in meinen Augen weniger um die Besetzung, als viel mehr um die Themen, die ein Professor schliesslich bearbeitet. Was wiederum, aufgrund der Lehr- und Forschungsfreiheit, nur mitder Auswahl des Professors beeinflusst werden kann.
    Unklar ist, was die Gymiquote von 18 Prozent mir dem Thema zu tun haben soll. Professoren werden doch nur die besten, da würden wohl auch 5% reichen…

  • Corinne Huwyler dit :

    Ich weiss nicht, ob es international ist, wenn an bestimmten Instituten fast ausschliesslich deutsche Professoren angestellt sind. Da kommt schon eher der Verdacht auf, dass die Deutschen in der Berufungskommission ihre Landsleute fördern (bzw. dem ehemaligen Studienkumpel eine fette Stelle zuhalten möchten).

    • Flori Antha dit :

      Diese Verschwörungstheorien über irgendwelche Seilschaften, egal welcher Nationalität, scheinen mir weit hergeholt. Wenn Sie in einer Berufungskommission 80 Bewerbungen von Deutschen und 5 von Schweizern haben (und vielleicht noch 15 anderer Nationalität), dann gibt es schlicht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass ein(e) Deutsche(r) ausgewählt wird. Und diese Zahlen entsprechen ungefähr der Realität….

      • Hugo Knüsel dit :

        @Flori Antha: Mir ist es egal wie das zustande kommt. Ich finde es einfach eher amüsant, dass das Resultat von allen Beteiligten auch noch stolz als « Internationalisierung » verkauft wird. Provinziell.

      • Sandra Emmenegger dit :

        Das ist leider keine Verschörungstheorie, sondern meine eigene Erfahrung aus Kommissionssitzungen. Kürzlich wurde an einer Schweizer uni eine junge Politologin aus den USA, die in Top-Journals publiziert hatte, nicht genommen, dafür ein älterer Herr aus Deutschland, der nur mittelmässig publiziert hat (thematisch hätten beide gepasst). In der Kommission sassen etliche Deutsche, darunter in der Tat eine Person, die den besagten mittelmässigen Professoren von früher her kannte. Nebenbei beschreibt der Soziologe Marcur Olson solche Prozesse, es handelt sich hierbei keineswegs um Einzelfälle.

        • Flori Antha dit :

          Komischerweise hat bei meinen Rufen nie eine Person in der Kommission gesessen, die ich vorher gekannt hätte. Und in den Berufungskomissionen, in denen ich gesessen habe, war das auch nicht so….

          • Reto dit :

            Dann gratuliere ich Ihnen, dass sie eine Ausnahme darstellen! Ihr Name ist nirgends in einem Universitätsverzeichnis zu sehen, d.h. ich bezweifle sehr, dass sie die Situation überhaupt kennen.

          • Flori Antha dit :

            Ich glaube kaum, dass ich die Ausnahme darstelle. Solche Verschwörungstheorien werden vor allem von denen vertreten, die den Unibetrieb kaum von innen gesehen haben.

          • max bernard dit :

            @Antha: Ich habe vor ca. 1 Jahr an einer Spiegel-online-Leserdiskussion teilgenommen über das Thema Auswanderungsland Schweiz. Dabei hat sich eine Forumsteilnehmerin, die an einer CH-Hochschule tätig ist, zu Wort gemeldet. Nachdem sie sich in höchstem Lob über die vorzüglichen Studien- und Lehrbedingungen an den CH-Hochschulen geäussert hatte, erzählte sie, dass diese guten Arbeits- und Einkommensbedingungen mehrere(!) Ex-Kollegen animierte ebenfalls einen Job an ihrer CH-Uni zu ergattern und wie es ihr im Laufe der Zeit gelang mit Hilfe deutscher Kollegen von selbiger Uni dies zu ermöglichen.

          • Flori Antha dit :

            Bernard: Also dafür würde ich gerne mal belastbare Evidenz sehen. Ich sehe eher deutsche Hochschullehrer, die vor lauter Angst den einzigen Schweizer Bewerber unter achtzig Bewerbern nehmen….

  • Sandra Emmenegger dit :

    Wieso soll der Pass bei der Nachwuchsförderung keine Rolle spielen? Dass man mit Schweizer Steuergeldern in erster Linie Schweizer fördert ist m.E. selbstverständlich.

    • Flori Antha dit :

      Heisst das, Sie stellen eher einen Schweizer Doktoranden ein als zehn besser qualifizierte Ausländer?

      • Reto dit :

        Tatsache ist, dass Doktoranden normalerweise zu 60% angestellt werden, aber (inoffiziell) zu 100% arbeiten sollten. Als ich mich als Schweizer gegen eine solche inoffizielle Regel beschweren wollte, hat man mir mehrfach gesagt, wir finden schon einen Ausländer, der das akzeptiert. Die Ausländer sind nicht besser, sondern einfach billiger und besser manipulierbar.

        • Hansli dit :

          @Reto Das Doktorat war noch nie besser bezahlt. Früher war es noch üblich Teilzeit irgendwo zu arbeiten und das Doktorat gratis zu machen. Ausser bei Ingenieuren und Informatikern.

        • Flori Antha dit :

          Sie haben vollkommen Recht, dass es nicht in Ordnung ist, dass Doktoranden nur zu 60 % beschäftigt werden – wobei das schon eine Verbesserung gegenüber der früheren Situation ist. Nur wenn Sie ernsthaft während der Zeit des Doktorats nur zu 60 % arbeiten wollen, dann ist von vorneherein klar, dass Sie nicht konkurrenzfähig sein werden. « Die Ausländer » sind nicht billiger oder besser manipulierbar, die wissen offensichtlich, dass man für eine wissenschaftliche Karriere Leistung zeigen muss.

          • Hans-Jörg Meister dit :

            Haarsträubend, was Sie da schreiben. Zwischen « Leistung » und AUSBEUTUNG besteht noch ein gewisser Unterschied, oder nicht? Und 60% Lohn bei erwarteten 100% Einsatz sind leider… Ausbeutung.

            Aber wenn nicht einmal über solche Dinge ein Konsens besteht – schockierend genug -, dann überrascht es mich nicht, dass die meisten meiner Kollegen schon kurz nach der Promotion nach Alternativen Ausschau halten.

          • max bernard dit :

            Die Ausländer sind nicht billiger – die Gehälter sind schliesslich vorgegeben -, aber sie sind eher bereit die schlechten Bedingungen zu akzeptieren weil diese in ihren Heimatländern noch mieser sind. Zudem sind deutsche Assistenten es gewohnt, dass sie als willige Handlanger ihrer Professoren zu fungieren haben. Das ist ein entscheidender Grund weshalb deutsche Professoren deutsche Assistenten gegenüber Schweizern bevorzugen.

          • Flori Antha dit :

            Meister: Ich weiss nicht, ob Sie meinen Beitrag gelesen haben. Ich finde das kein gutes System. Aber wenn Sie in der Wissenchaft Karriere machen wollen, dann müssen Sie ausreichend publizieren. Das wird man aber mit einem 60 % Pensum nicht erreichen. Man kann es dann eben lassen oder machen…

          • Flori Antha dit :

            Bernard: Das mit den schlechteren Bedingungen ist im Durchschnitt sicher richtig. Aber das mit der Hierarchie an den Lehrstühlen ist nun wirklich nicht zutreffend. Diese ist in der Schweiz extrem stark ausgeprägt, aber die Schweiz ist ja generell ein recht hierarchisches und konservatives Land, wieso sollte das an der Uni anders sein?

  • Andreas M Müller dit :

    Ich bin nur teilweise mit der Analyse von Prof. Sarasin einverstanden. Das Problem ist die winzige Zahl von Unis in der Schweiz. Angenommen man hat an Uni A studiert, an Uni B doktoriert und an Uni C einen Post-Doc gemacht, dann schliesst dies schon fast gänzlich eine spätere Stelle an diesen drei Unis aus, da alle panische Angst vor dem Nepotismus-Vorwurf haben und deshalb ganz sicher nicht den Bewerber/in nimmt, der schon mal an der Institution gearbeitet hat. In einem Unternehmen wäre man froh, kenne ein Bewerber den Betrieb schon…

  • Philipp Sarasin dit :

    Danke für die Kommentare. Nur kurz:
    – dass wir Teil des deutschen Sprachraums und Arbeitsmarktes sind, zeigt sich an den Bewerbungen – nicht an den Stellenbesetzungen. All die Chinesen und Amerikaner und Norweger – oder wer auch immer – bewerben sich längst nicht in dem Masse, wie das vielleicht wünschbar wäre
    – die letzten beiden Besetzungen am Historischen Seminar: ein Engländer und ein (West-)Schweizer
    – Matura-Quote: sie ist zu tief, um die Begabtenreserve auszuschöpfen
    – Schweizer fördern: bei gleicher Qualifikation ist das unbestritten und wird von den Unileitungen auch verlangt

    • Andreas M Müller dit :

      Sehr geehrter Herr Sarasin,

      sehen Sie denn nicht das Problem der « Nicht-Heuasbesetzung »? Ging es anscheinend in den 1990er noch ins eine Extrem, geht es nun ins andere. Wenn man in der CH ein wenig mehr als nur bis zum Liz/Diplom studiert hat, muss man sich richtiggehend überlegen wo man sich um Oberassistenz- /Habilstellen bewerben will, da diese Uni dann de facto für eine spätere Karriere verschlossen ist.

    • Hugo Knüsel dit :

      @Sarasin: Hm, dann müsste die CH-Maturaquote ein Vielfaches höher sein als in D, nur um sicherzustellen, dass in absoluten Zahlen die « Begabtenreserve » aus der Sie bei Berufungen schöpfen wollen, gleich gross wird… Dieses Crowding-Out durch Deutsche werden Sie wohl über die Maturaquote nicht lösen können.

      • Flori Antha dit :

        Stimmt, wie wollen Sie das lösen, wenn Sie weiterhin die besten Bewerber nehmen wollen?

        • Hugo Knüsel dit :

          @Flori Antha: Tja, das müssen Sie schon den Herrn Sarasin fragen, er behauptet ja die tiefe Maturaquote sei schuld daran, dass die Unis fast nur deutsche Bewerber haben. Bin auch gespannt.

          • Flori Antha dit :

            Im Gegensatz zu Ihnen sieht Herr Sarasin hier gar kein so grosses Problem, insofern liegt die Antwort eher bei Ihnen…

          • Hugo Knüsel dit :

            @Florin Antha: « Solange sich die Schweiz mit 18 Prozent eine extrem tiefe Matura-Quote leistet, muss man sich über den fehlenden akademischen Nachwuchs nicht wundern. ».

          • Flori Antha dit :

            In einer Welt der globalisierten Wissenschaften wäre das geforderte nationale Einhegen von Unikarrieren ein Schuss ins Knie, der der Schweiz noch sehr lange sehr wehtun würde.

    • max bernard dit :

      Solange die Anforderungen der Matura deutlich höher sind als die der Hochschulreife im Ausland, z. B. des Abiturs in Deutschland, solange wird sich die Matura-Quote nicht entscheidend ändern. Das Resultat: Immer mehr ausländische Studenten nutzen die von CH-Steuerzahlern finanzierten Hochschulen, während die Schweizer Jugendlichen sich den Buckel für die heimische Wirtschaft krumm machen dürfen. Das ist auch durchaus so gewollt, da diese weniger nach Akademiker als nach handwerklich tätigen Mitarbeitern verlangt. Die erforderlichen akademischen Führungskräfte holt man sich preiswert im Ausland

  • Hans-Jörg Meister dit :

    Die Diskussion um die Nationalität des wissenschaftlichen Nachwuchses ist doch ein reines Scheingefecht. Es ist nun leider so, dass diese Karrieretrajektorie enorm unsicher ist – auch ein summa-cum-laude-Promovend bekommt nur eine befristete PostDocstelle, und auch ein profilierter und exzellenter PostDoc hat nur eine einzige Chance sich wirklich zu etablieren, nämlich indem er eine Professur erlangt. Das Problem ist also, dass es in der Wissenschaft keinerlei berufliche Perspektiven unterhalb oder neben der Professur gibt. Der Eintritt in diese Branche kommt einer Prekarisierung gleich.

    • Reto dit :

      Der Kommentar von Herr Meister bringt das Problem auf den Punkt. Die fragwürdige Situation lässt sich damit erklären, dass es billiger ist einen « vorgefertigten » Prof vom Ausland einzukaufen, als selber für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu sorgen. Ich finde dies moralisch sehr bedenklich!

      • Hansli dit :

        Schweizer ergattern überall auf der Welt Professuren. Wer eine wissenschaftliche Karriere will, der verlässt halt nun einmal mit grosser Wahrscheinlichkeit die CH. Das war noch nie anders.

        • Hans-Jörg Meister dit :

          Genau diese Einstellung, Hansli, hängt mir so unglaublich zum Hals heraus. Warum eigentlich werden ausgerechnet an Wissenschaftler derart abstruse Erwartungen gestellt? Wenn ich in meinem Beruf arbeiten will, muss ich also bereit sein, mich gänzlich zu entwurzeln, alle meine Freunde und Angehörigen und meine Heimatstadt zu verlassen und irgendwo in der deutschen Provinz für einen Sekundarlehrerlohn zu arbeiten? Und das, obwohl es in der Schweiz durchaus InteressentInnen für Lecturer- oder Reader-Stellen nach angelsächsischem Vorbild und auch entsprechenden Bedarf an den Unis gäbe… Kein anderer Arbeitnehmer lässt sich sowas bieten. Naja, ich ziehe die Konsequenzen und bin im Begriff, mich von meiner PostDocstelle wegzubewerben – Forschung und Lehre sind meine Leidenschaft, aber nicht um jeden Preis.

          • Hansli dit :

            Wir haben Wettbewerbs- und kein sozialistischen System. Wenn kein Schweizer die Anforderungen erfüllen will, dann muss man sich nicht beklagen, dass Ausländer bevorzugt werden. Das ist übrigens in der Privatwirtschaft genauso. Je nachdem was Sie machen wollen, sind Sie auch gezwungen auszuwandern. Wobei eine globale Karriere nun wirklich nichts Aussergewöhnliches ist.

          • Hans-Jörg Meister dit :

            Tja, das habe ich mittlerweile auch begriffen, Hansli. Ich beneide meine Freunde, die in ihrer Heimatstadt Teilzeit als Informatiker, Ingenieure, Juristen, Ärzte u. ä. arbeiten und an die niemand den Anspruch stellt, nach HIntertupfingen auszuwandern, um sich in irgendeiner Form zu ‘beweisen’. Aber wie gesagt, ich habe die Konsequenzen gezogen, eine Zweitausbildung absolviert und werde der Wissenschaft bei der ersten Gelegenheit den Rücken kehren. Macht auch nichts, gute Leute werden nachrücken, aber leid tut’s mir schon.

          • Hans-Jörg Meister dit :

            Übrigens, Hansli: Die « Anforderungen » an eine Professorin / einen Professor sind gemeinhin

            – Hervorragende Promotion
            – Hervorragende Habilitation
            – Lehrerfahrung mit hervorragenden Evaluationen
            – Eine VIelzahl hochkarätiger Publikationen
            – Mindestens zwei distinkte Forschungsschwerpunkte
            – Erfahrung in der Akquirierung von Drittmitteln

            Das bringen viele, viele Kollegen allesamt mit, nur gibt es halt kaum offene Stellen. Soll man jetzt auswandern, um einige Jahre auf irgendeiner unterbezahlten Stelle im Ausland zu überwintern? Lieber Branche wechseln, TBH.

          • Hansli dit :

            @Hans-Jörg Meister Zur Liste möchte ich noch einen Punkt Anfügen: Während dem PhD und PostDoc muss zwingen in einem Bereich mit gearbeitet werden mit möglichst hohem Publikationsproduktion bei geringem Aufwand. Und im naturwissenschaftlichen Bereich muss zwingen zu Themen geforscht werde, die in Nature, Science und im Notfall in PNAS akzeptiert werden. Ich wusste daher bereits zu Beginn meiner Doktorarbeit, dass ich nachher die Wissenschaft verlasse.

          • Hansli dit :

            Aber Grundsätzlich sollte man nicht in der Forschung arbeiten, wenn man viel verdienen will.
            Ich kenne auch viele andere die wegen dem Job ausgewandert sind, weil hierzulande die Jobs nicht vorhanden oder selten sind. Da wären Investmentbanker, Geologen (Bergbau), Fischzucht und einige mehr. Insbesondere Akademiker müssen mobil sein, weil in der Wirtschaft diese Stellen in den Zentren konzentriert werden.

  • peter huber dit :

    Dass Herr Sarasin eine Professur an einer Schweizer Uni bekommen hat, ist das nun gut oder schlecht?

  • Hans-Jörg Meister dit :

    Übrigens geht es Herrn Hirsch (den ich ungemein schätze) in seinen jüngsten Kommentaren zur Situation noch um etwas anderes, nämlich eben genau um die verfehlten Förderbemühungen im Wissenschaftsbereich und die massive und nach wie vor ungebrochene Prekarisierung, der sich der ‘Nachwuchs’ ungebrochen ausgesetzt sieht. Vgl. diesen instruktiven Artikel: http://www.nzz.ch/meinung/debatte/paradebeispiel-einer-scheinreform-1.18550103

  • Philippe Weber dit :

    Die Vertreter einer tiefen Matura-Quote sagen, dass das Gymnasium für die Besten reserviert sein müsste. Philipp Sarasin ist gegen dieses Argument, möchte aber für die Uni ebenfalls nur die Besten. Natürlich sind Gymnasien und Universitäten unterschiedliche Paar Schuhe. Dennoch zaudere ich: So wie sich bei 13-Jährigen der spätere Bildungserfolg wohl nur schwer feststellen lässt, ist auch der Forschungserfolg von 40-jährigen Habilitierten nur schwer prognostizierbar. Vielleicht müsste man da die Rhetorik von « only the Best » etwas zurückschrauben und im Zweifelsfall doch Heimatschutz erwägen.

    • Sportpapi dit :

      Man muss sich vor allem die Frage stellen, wie viele, die es heute nicht ans Gymnasium schaffen, mit 20 Jahren doch so gute Noten schreiben würden, dass sie sich für ein Studium qualifizieren, später einen Master, Doktorat etc. machen und mit 30-40 Jahren Kandidaten für eine Profesur sind. Ich glaube, das wäre doch eher selten.

  • max bernard dit :

    Anbetrachts der an unseren Hochschulen längst Alltagspraxis gewordenen deutschen Seilschaften, v. a. bei den Geistes- u. Gesellschaftswissenschaften, wäre es bereits ein Fortschritt wenn Schweizer die gleichen Chancen erhielten wie deutsche Mitbewerber. Da die deutschen Hochschulen bei internat. Rankings allenfalls im Mittelfeld rangieren, kann es an der Qualität der deutschen Lehrkräfte kaum liegen, dass diese immer mehr Hochschulpositionen bei uns einnehmen.
    Die niedrige Maturitätsquote hierzulande ist bedingt durch die, im Vergleich zum Ausland, höheren Anforderungen und ist somit gewollt!

    • Flori Antha dit :

      Haben Sie irgendwelche belastbare Evidenz für diese angeblichen Seilschaften? Und Ihr Schluss von der Qualität der deutschen Hochschulen auf die Qualität der deutschen Bewerber ist natürlich vollkommen ungerechtfertigt, da sich nur ein kleiner Bruchteil der deutschen Professoren auf die recht kleine Zahl von Professuren in der Schweiz bewirbt. Und ob das nun unterdurchschnittliche gute, durchschnittliche oder überdurchschnittlich gute Bewerber sind, müsste man empirisch prüfen.

  • Die Nationalität von Kandidaten sollte bei der Personalrekrutierung in der Tat keine Rolle spielen. Mehr Transparenz in Bezug auf die Personal- und Rekrutierungspolitik einer Universität wäre jedoch wünschenswert. Wenn ich an den ehemaligen Chef von Herr Mörgeli denke, gelange ich zur Ansicht, dass ausländische Professoren mehr Verständnis für Schweizer Besonderheiten mitbringen sollten.

  • Oiblitos dit :

    Ich denke es braucht nicht mehr Maturanden, sonst wird die BIldungsinstitution Gymnasium verwässert. Das NIveau kann bei einem Überandrang nicht mehr hochgehalten werden, da die Betreuung durch Lehrer dadurch pro Kopf sinkt. Nehmen Sie die Universität St. Gallen als Beispiel. Der Unterricht ist wegen der hohen Studierendenanzahl sehr unpersönlich und monoton, die Betreuung der einzelnen Studierenden sehr schlecht, was zu viel Frust unter den Studierenden führt. Ein Austausch zwischen Dozenten und Studierenden findet sehr spärlich statt. Die Uni baut zwar das Platzangebot aus, ob dies reicht?

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