Die SVP im Wachstumscheck
Von Michael Soukup, 31. Oktober 2014
Im Abstimmungskampf zur Masseneinwanderungsinitiative hängte sich die SVP ein grünes Mäntelchen um. Wie ernst ist es der Partei mit ihrer Wachstumskritik nach dem 9. Februar?
Dank der SVP wird voraussichtlich weiter gebaut, als sei die Zweitwohnungsinitiative nie angenommen worden.

Die SVP kritisierte das Wachstum im Abstimmungskampf. Nun fordert sie einen Ausbau der Strassen. Foto: Keystone
Die SVP vor dem 9. Februar: Wachstumskritik
- «Es wird eng in unserem Land. Von 1985 bis 2009 gingen pro Sekunde 1,1 Quadratmeter Kulturland verloren.»
- «Die Staus nehmen auf allen Strassen zu, Busse und Züge sind überfüllt.»
- «Jede Sekunde gehen 1,1 Quadratmeter Kulturland verloren.»
- «Kulturlandverlust stoppen.»
- «Jede Sekunde wird ein Quadratmeter zubetoniert.»
- «Die Zersiedelung der Landschaft und die damit einhergehende Reduktion fruchtbarer Ackerfläche verstärkt sich.»
- «Eine Schweiz ohne intakten Lebensraum hat keine Zukunftsperspektive.»
- Jährlich braucht es zusätzlich «4448 Fussballfelder Siedlungsfläche», «34 500 Wohnungen», «630’400’000 kWh Strom» und «194 Millionen Personenkilometer Bahn».
(Die Zitate stammen aus dem «Extrablatt» der SVP, das Anfang Jahr an sämtliche Haushalte der Schweiz verteilt wurde, sowie von der Website www.masseneinwanderung.ch)
Die SVP nach dem 9. Februar: Wachstumskurs
- Die Zürcher Stimmberechtigten hatten 2012 die Kulturlandinitiative überraschend angenommen. Bei der Umsetzung im Kantonsrat schmetterte die SVP zusammen mit den anderen bürgerlichen Parteien jedoch alle Anträge ab, die das Ackerland vor der Zubetonierung retten würde.
- Die Volksinitiative «Energie- statt Mehrwertsteuer» der Grünliberalen will mit fiskalischen Anreizen den Konsum fossiler Energien und den Stromverbrauch allgemein drosseln. Die SVP ist aus Rücksicht auf Industrie und Gewerbe gegen die Energieabgabe.
- Die Zürcher SVP lancierte die Anti-Stau-Initiative mit dem Ziel, die Strassen auszubauen.
- Um die Finanzkraft des Kantons Bern zu erhöhen, will die SVP mit Steuersenkungen neue Firmen anlocken und damit die Steuereinnahmen erhöhen. Auch in der Stadt Bern setzt sich die SVP für tiefere Steuern ein. Mitte Mai wurde zudem die Teilabschaffung der Handänderungssteuer im Kanton Bern vom Stimmvolk abgenommen: Für die SVP war es «ein klares Zeichen zugunsten einer breiteren Streuung des Wohneigentums» – und sicherlich nicht schlecht für das Baugewerbe.
- Die Zweitwohnungsinitiative hat das Ziel, den Landfrass in den Bergen zu bremsen. Dank der Zustimmung der SVP beschloss der Ständerat bei der Umsetzung Gesetzesbestimmungen, die eine unverblümte Aufforderung zur Umgehung sind. Es wird also voraussichtlich weiter gebaut, als sei das Volksbegehren nie angenommen worden.
- Dass Grossanlässe wie Olympische Spiele auch dazu dienen, den Immobilienmarkt zu fördern, ist eine Binsenwahrheit. Wohl auch deshalb lehnte das Bündner Stimmvolk eine Kandidatur letztes Jahr ab. Anfang Oktober überraschte der Bündner Gewerbeverband die Öffentlichkeit mit der Idee, die Kandidatur für die Spiele neu zu lancieren. Prominenten Sukkurs gab es vom SVP-Nationalrat und Präsidenten der parlamentarischen Gruppe Sport, Jürg Stahl.
- Steuerprivilegien sollen nicht zuletzt die Wirtschaft ankurbeln und sind somit Treiber der Zuwanderung. Die SVP lehnt jedoch die Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung ab.
- Nächstes Jahr wählen die Zürcher ihren Regierungsrat. Damit die bürgerlichen Kandidaten vom Forum Zürich, das 17 Wirtschaftsverbände vereint, unterstützt werden, müssen sie sich auf ein 9-Punkte-Programm verpflichten. «Ziel ist eine wettbewerbsfähige Zürcher Wirtschaft, der es möglich ist, zu wachsen», heisst es im Programm. So fordert das Forum unter anderem Steuererleichterungen, Investitionen in den Strassenbau, Stärkung des Wirtschaftsmotors Flughafen, eine drastische Beschleunigung der Bauverfahren und lehnt eine zusätzliche Verknappung von bebaubaren Flächen ab. Es ist nicht bekannt, dass sich die SVP-Kandidaten vom 9-Punkte-Programm distanziert haben.
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22 Kommentare zu «Die SVP im Wachstumscheck»
Dass die SVP-MEI nicht umgesetzt werden wird, war mir schon von Anfang an klar. Darum ist es nötig, der Ecopop-Initiative zuzustimmen.
Und was hat ihr Kommentar mit dem Beitrag zu tun? Die MEI muss innerhalb von drei Jahren umgesetzt werden. Das stand im VI-Text. Können Sie überhaupt lesen? Ich freue mich aber auf die Umsetzung. Weil dann – wenn die Arbeitslosigkeit so richtig schön steigt – geht der Wettbewerb um die verbleibenden Arbeitsplätze erst richtig los. Ich hoffe, Sie sind geistig und körperlich rüstig genug für diesen Verteilkampf. Und das dazu: die im Arbeitsmarkt verbleibende Elite wird dafür sorgen, dass die Zurückbleibenden an der kurzen Leine geführt werden. Also: Jetzt sofort lesen lernen – oder NEIN stimmen.
Dann wird halt das Wort Eigenverantwortung und vernünftiger Umgang mit Geld wieder ein Thema, Hr. P. Meier. Dass dann wieder kleinere Brötchen gebacken werden müssen schadet in keiner Art und Weise. Früher musste man viel knapper durch und hat auch recht gelebt !
Olympsche Winterspiele bringen uns sehr viel —- in einem überschaubaren Zeitfenster
und danach gehen die Sportler wieder nach Hause —- im Gegensatz zu den Einwandern
Die Masseneinwanderungs-Initiative der SVP macht auch das, was sie sagt und was die SVP will: Die Masseneinwanderung ankurbeln.
Deshalb ist die SVP ja gegen die Ecopop-Initiative – Weil die nützen würde.
Entschuldigen Sie, Herr Moser, aber: Könnten Sie mir bitte erklären, wie eine Initiative, die verlangt, dass die Zuwanderung beschränkt wird und Inländer bei der Besetzung offener Stellen zu bevorzugen sind, die Zuwanderung ankurbeln soll? Glauben sie, der Rest der Welt sieht das als Herausforderung, es trotzdem zu versuchen und die Schweiz zu stürmen?
Die Wirtschaft kann wie bisher die Einwanderung steuern. Ganz einfach.
Das würde die Einwanderung aber nicht ankurbeln, sondern auf dem aktuellen Niveau belassen. Ankurbeln würde bedeuten, dass gegenüber zu vorher eine Steigerung stattfindet. Wieso sollte die Wirtschaft nach der Annahme der MEI nun mehr Zuwanderer benötigen oder beschäftigen als vorher? Mit der Beschränkung ist es schwieriger, nicht einfacher, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu rekrutieren.
Es bleibt alles so, wie es ist. Es ändert sich nichts. Ganz einfach.
Die SVP hat allergrösstes Interesse daran, dass die Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt nicht in Konkurrenz geraten.
Die SVP will das Angebotsoligopol der Arbeitgeber erhalten, damit der Markt nicht spielt, also nur die Arbeitnehmer in Konurrenz sind und die Arbeitgeber nicht.
Ob die Einwanderung angekurbelt wird oder nur exorbitant hoch bleibt, sehen wir nach dem leider zu erwartenden Nein zu Ecopop.
Frau Felder , Sie scheinen damals die Abstimmungsunterlagen auch nicht gelesen zu haben (wie andere auch nicht) .Die zwei
wichtigsten Punkte waren : die Schweiz steuert die Einwanderung wieder selbst. Die Einwanderung richtet sich nach den Bedürfnissen der Wirtschaft . Dass haben Sie nun davon , wenn Sie nur die Plakate lesen !
Ja, auch ich bin der Ansicht, dass uns die SVP im Namen Ihrer beschränkten Eliten etwas vorgemacht hat und nur noch mit linken EU-Umverteilern um Macht und Einfluss mit deren Mitteln wetteifert. Mit Ecopop könnten denkende Menschen (noch) ein letztes Zeichen setzen, damit z.B. wirklich nur noch kompetente, am LAND und nicht seinen Honigtöpfen interessierte Menschen mit Respekt davor einwandern. Es ist schon beliedigend genug, das man Schweizer nicht mehr für kreativ hält und unsägliche Respektlosigkeit, ja Unverschämtheit, oder die pure, aus der ideologischen Ignoranz motivierte Dummheit.
Ziemlich schwach, wir stimmen nämlich über eine Initiative ab, welche gar nicht von der SVP stammt und sowieso nie umgesetzt wird, auch bei einer Annahme.
Mit der Behauptung, dass die Initiative von der SVP stammt, will man ein Nein an der Urne herbeizwingeln. Es könnte klappen.
Leider ist es so, dass die ganzen ökologischen Argumente offensichtlich nur vorgeschoben werden, denn wenn diese effektiv das Problem wären, könnte man diese ja mit einer Initiative angehen oder einfach die Initiativen umsetzen, die zu den Themen angenommen wurden. Stattdessen werden genau diese sabotiert und ständig das Gegenteil angestrebt, nur um die Verantwortung hinterher auf die Zuwanderung zu schieben. In der Hinsicht sind MEI wie Ecopop bzw. ihre Unterstützer schlicht heuchlerisch. Ökologie und Landschaftsschutz sind nicht mehr als bequeme Deckmäntelchen für Xenophobie..
Billige Ausreden. Ich habe in den letzten 20 Jahren immer grün abgestimmt. Aber alles was man in dem Bereich bis jetzt erreicht hat, wird durch die Zuwanderung wieder zunichte gemacht. Was tun Sie denn konkret für den Landschaftsschutz?
@ Christoph Bögli: Sie vermischen resp. verwechseln SVP mit ecopop. Der kleine Verein ecopop unterstützt selbstverständlich sämtliche Anstrengungen, die unser Land in Richtung ökologisches Gleichgewicht bringen. Die ecopop-Initiative wurde ein halbes Jahr vor der MEI lanciert, leider kam sie viel später zustande, die SVP hatte selbstverständlich auch mehr Mittel zur Verfügung. In ihrer Argumentation übernahm die SVP ganze Sätze aus dem Argumentarium der ecopop. Dies den ecopop-Initianten vorzuwerfen ist absurd.
Mir scheint, die bisherigen Kommentarschreiber haben tatsächlich den Inhalt des Textes bzw. der zusammengetragenen Fakten nicht verstanden. Die SVP verhält sich in der Realpolitik diametral entgegengesetzt zu dem, was sie tagtäglich öffentlich fördert. Dank Ecopop wird dieses Verhalten nun entlarvt. Es ist so offensichtlich! Die SVP bewirtschaftet das Thema Ausländer einfach nur auf billigste populistische Weise. Dies verschafft Mehrheiten für die Durchsetzung ihrer eigentlichen Agenda.
Da haben viele der Kommentarschreiber den Autor wirklich nicht verstanden! Ich gehe sogar noch weitervals er: die SVP erschrack noch mehr als alle andern, dass die MEI angenommen wurde! Für sie als angebliche Partei der Wirtschaft ist die Annahme ein Eigentor.
@Caraillo Gazzo: Ihr Szenario ist richtig. Ich gehe davon aus, dass Ecopop- und MEI-Befürworter identisch sind. Was sie nicht begreifen ist, dass sie mit einem Ecopop-Ja
-die MEI ausser Kraft setzen
-für eine Rezession und galoppierende Arbeitslosen-Zunahme sorgen
-der AHV ein Beitragsloch von ca 3 Mrd bescheren und ihre Rente gefährden
Danke für diesen Blogeintrag. Schön gibt es doch noch Leute, die Abstimmungstexte lesen.
Die Frage stellt sich vermehrt, wem man noch trauen kann und wer uns schon verriet. Ein Lebensraum ohne (natürlichen) Ressourcen kann nicht überleben! Die Schweizer haben dank ihrem Fleiss und Ihren eigenen Werten aus fast nichts viel gemacht. Die Ecopop-Initiative sei gefährlich heisst es! Für wen denn? Möglicherweise für die sich damit ebenfalls beschränkenden Investitionsmöglichkeiten von ausländischem Kapital, das nach Sicherheit in immer neuen „Arbeitsplätzen“ in der Schweiz sucht! So geben sich die Medien fürsorglich für die unbefriedigende Stimmung und nicht für Lösung oder Wahrheiten.
Dass die SVP nicht den Platz der SP einnehmen will, sollte eigentlich jedem einigermassen klar denkenden Stimmbürger klar sein. Es geht der SVP lediglich darum, Stunk zu machen und politische Effekthascherei zu betreiben. Dass die MEI angenommen wurde, hat die SVP wohl selber erschreckt, wie ein Kommentator weiter oben auch schon bemerkt hat. Und was die Ecopopper anbelangt: Nein, ich will nicht in einer Schweiz leben, die nur noch aus Appenzeller Trachten, Bauern, Holzchalets, Alpweiden und pittoresken Chueli besteht!
Wenn ich so zwischen 10:00h und 16:00h an den Himmel schaue und mir den Lärm bewusst werde, dann muss ich sagen die Ecopopinitiative hätte vor Jahren schon eingeführt werden sollen.Wenn UNSERE eigenen Leute es bezahlen können Tagtäglich für jeden Chabis mit dem Flugzeug in der Welt herum zu fliegen, dann haben wir jegliches Mass an Vernunft verloren. Das ist aber nur möglich, wenn man anderswo billige Arbeitskräfte hat, auch in der Schweiz!