Offener Brief an die FDP
Lieber Philipp Müller,
Liebe FDP,
Im Interview mit der «SonntagsZeitung» vor rund einem Jahr haben Sie gesagt: «Die FDP muss ein ökologisches Profil entwickeln». Das hat mich sehr gefreut, denn Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft. Jetzt haben Sie gleich eine dreifache Chance, den Worten Taten folgen zu lassen. Denn am Dienstag behandeln wir im Nationalrat die Volksinitiative «Energie- statt Mehrwertsteuer», welche die Grünliberalen Ende 2012 eingereicht haben.
Die Initiative verlangt den Ersatz der bürokratischen Mehrwertsteuer durch eine Energiesteuer auf nicht-erneuerbare Energien. Die Gesamtsteuerbelastung für die Wirtschaft und die Bevölkerung soll dabei genau gleich hoch bleiben wie heute. Personen, welche die Umwelt durch ihren Konsum unterdurchschnittlich belasten, werden damit künftig mit einer tieferen Steuerbelastung belohnt. Das schafft die richtigen Anreize für mehr Energieeffizienz und Investitionen in erneuerbare Energien und ist damit die Basis für den Atomausstieg und weniger Umweltemissionen. Gleichzeitig wird das Bürokratiemonster Mehrwertsteuer abgeschafft, das heute jedes Jahr mehrere hundert Millionen Franken Steuergelder für die Administration verschlingt und der Wirtschaft, insbesondere den KMU, einen enormen Aufwand beschert.
In Ihrem energiepolitischen Konzept haben Sie leider sowohl Treibstoffe wie auch Atomstrom komplett ausgeklammert.

FDP-Parteipräsident Philipp Müller (hier an einer Medienkonferenz im Mai 2014). Foto: Keystone
Erste Chance: Mit der Initiative der Grünliberalen wird die Gesamtsteuerbelastung um keinen Franken ansteigen und es könnten erst noch zahlreiche Subventionen und Regulierungen im Energiebereich abgeschafft werden. Der Weg hin zu einer wirtschaftsfreundlichen Energiewende wäre geebnet. Für Liberale mit einem ökologischen Profil wäre das doch genau das richtige?
Zweite Chance: Wenn Ihr liberales und ökologisches Herz noch nicht genügend hoch schlägt, bietet sich am selben Tag eine zweite Chance. Falls der FDP beispielsweise zu viel am Erhalt der Mehrwertsteuer liegt, könnten Sie immer noch dem Gegenvorschlag zustimmen, der durch eine Minderheit der Umweltkommission eingebracht wird. Dieser fordert einzig und allein eine Verfassungsgrundlage für eine Lenkungsabgabe zur Reduktion der Umweltbelastung durch nicht-erneuerbare Energien und zur Abgeltung von Sicherheitsrisiken der Kernenergie. Auch diese Abgabe würde fast vollständig an die Bevölkerung zurückverteilt.
Dritte Chance: Sollten Sie auch bei diesem Vorschlag noch ein Haar in der Suppe finden, haben Sie morgen sogar noch eine dritte und letzte Chance für Ihr ökologisches Profil: Im eingangs erwähnten Interview meinten Sie doch, dass Ihre Partei «einer ökologischen Steuerreform als marktwirtschaftliches Instrument» unter gewissen Bedingungen offen gegenübersteht. Sie können heute noch einen eigenen Gegenvorschlag einreichen, der diesen Bedingungen genügt. Je liberaler desto besser! Wir wollen wie gesagt keine höhere Gesamtsteuerbelastung als heute und weniger Bürokratie. Nur eine einzige Bedingung haben wir: Eine echte ökologische Steuerreform muss auch eine ausreichend hohe Belastung von Treibstoffen und Atomstrom beinhalten, alles andere hat mit Umweltschutz nichts zu tun. In Ihrem bisherigen energiepolitischen Konzept haben Sie leider sowohl Treibstoffe wie auch Atomstrom komplett ausgeklammert. Das ist schade. Und es hat wenig mit einem «ökologischen Profil» zu tun, dafür aber mit umso mehr mit Zugeständnissen an die Auto- und AKW-Lobby.
Deshalb mein Appell: Nutzen Sie doch eine der 3 Chancen. Ebnen wir gemeinsam den Weg für eine glaubwürdige und wirtschaftsfreundliche Energiewende, ohne höhere Gesamtsteuerbelastung, aber mit weniger Vorschriften, Bürokratie und Subventionen!
Liberale und ökologische Grüsse
Roland Fischer
27 Kommentare zu «Offener Brief an die FDP»
Jedenfalls hat die GLP mit ihrer utopischen Initiative den Beweis für eine „bürgerliche“ und vernünftige Politik selber eine grosse Chance vertan.
Es geht hier nicht um die GLP sondern um die leeren Worte des FDP-Präsidenten. Falls die FDP den GLP-Vorschlag nicht unterstützen will, soll sie doch ein eigenes Konzept vorlegen. Das Nichtstun bloss als vernftige Politik darzustellen ist penibel.
Bitte etwas präziser und konkret, was ist daran utopisch?
Die Schweiz schaffte es nicht mal einen (steuerneutralen) Einheitssteuersatz für die Mwst einzuführen. Daher ist ein Systemwechsel wie die Initiative es verlangt utopisch. Schade um all die pol. Ressourcen, wir hätten wirklich andere reale Probleme (Renten, Gesundheitskosten, Einwanderung usw.) welche einen Effort benötigen und dem Bürger einen Nutzen bringen würden.
Mit der Initiative hat sich die GLP keinen Gefallen getan. Andererseits weiss man jetzt eher woran man mit dieser Partei ist. Jetzt auf andere (FDP) einprügeln ist eher peinlich.
Wenn unser zerstrittenes Parlament nicht in der Lage sich auf einen Einheitssatz zu einigen, ist ein neuer und vor allem sinnvoller Ansatz alles andere als eine Utopie. Bei den nächsten Wahlen sind deshalb vor allem die Bewahrer und Verhinderer von dringend notwendigen Reformen auszumerzen.
Die GLP muss auf die FDP verzichten. Diese Partei wird immer weniger Freunde haben. Ihr Mann in der obersten Exekutive muss zurück treten, seine Vergangenheit bezüglich Steuervermeidung ist zu dunkel.
Neuen Parteien gegenüber bin ich immer skeptisch – sie bringen nie etwas Gutes. Bei den GLP war ich bereit ein bisschen Geduld aufzubringen, da ich eine liberale Partei gerne unterstützen würde.
Aber mit „Energie- statt Mehrwertsteuer“ hat diese Partei bei mir sämtlichen Goodwil verspielt und befindet sich auf der Stufe von Piratenpartei und anderen Utopen (die es zwar in der Schweiz auch braucht, aber von mir keine Stimme kriegen).
Nach der „1. Chance“ war ich schon in den Tasten zu Chance 1 + 2 Folgendes:
a) Lenkungsabgaben sind nicht liberal und verteuern Energie, was der Wirtschaft nicht hilft.
b) Für die ökologische Steuerreform sind wohl nur Steuerexperte, die die Steuererklärung noch komplizierter haben wollen. Vielleicht auch BR EWS, damit damit Mehreinnahmen generiert werden können.
Die Grünliberalen sind definitv in der Politik angekommen: Scheinargumente zur Durchsetzung der eigenen Ziele. Dem Durchsetzungserfolg wird alles geopfert (insbesondere die Wirtschaft).
Ob eine Energiesteuer „liberal“ ist sei dahingestellt, gesamthaft betreibt die GLP aber eine wesentlich liberalere Politik als die FDP. Die Abschaffung der Mehrwertsteuer ist allemal ein liberales Anliegen und ein sinnvolles dazu, selbst wenn man diesen „Teufel“ mit dem „Beelzebub“ Energiesteuer austreiben muss. Wirtschaftsschädlich ist das jedenfalls kaum, zumindest wenn das Ganze wie vorgesehen ein Nullsummenspiel bleibt. Alleine die erhöhten Konsumanreize ohne Mwst in manchen Sektoren könnten durchaus ein Wachstumsfaktor sein..
„Alleine die erhöhten Konsumanreize ohne Mwst in manchen Sektoren könnten durchaus ein Wachstumsfaktor sein.“
In der Schweiz muss der Konsum nicht noch mehr angereizt werden (gibt wohl genug Leute, die sich verschuldet haben), sondern die Investitionen müsste angekurbelt werden und da hat die MWST ihre Funktion, da sie nur den Konsum besteuert. Eine MWST von 25% auf Energie, dass wäre eine Lösung gewesen. Dann würden Private ein bisschen mehr Strom sparen.
Jeder Wirtschaftszweig der mit Energie arbeitet, wird aber wohl die Schweiz verlassen müssen, wenn die WMST abgeschafft wird.
Der Systemwechsel bringt dem Staat gleich viel Einnahmen, ohne dass die Hälfte davon in der MWSt-Bürokratie versandet. Nach dem neuen System müssen nur noch die 40 oder 50 Importeure von nicht erneuerbaren Energien an der Grenze ihre Ware versteuern – 320’000 Unternehmen in der Schweiz wären von dieser elenden Abrechnerei befreit und können ihre Ressourcen sinnvoller einsetzen.
Amüsant wie Andere immer genau wissen, was Gegner tun sollten und sich erdreisten Ratschläge zu geben.
Sie tun das, um von eigenen, eklatanten Schwächen und Problemen abzulenken die sie selbst nicht in Griff bekommen.
Vormachen und Vorleben ist noch immer das wirksamste Vorbild das zum Nachahmen motiviert.
Guten Tag Herr Bänninger. 1. Herr Fischer „erdreistet“ sich nicht, Ratschläge zu erteilen, sondern erinnert Herrn Müller an eine gemachte Aussage – völlig zu Recht, da diese Aussage (ziemlich PR-mässig, wie mir scheint) eine leere Worthülse geblieben ist. – 2. „Schwächen“ und „vormachen“: die GLP hat eine Initiative auf die Beine gestellt, die sich vertieft zu prüfen lohnt – während der ökologische Leit-„Faden“ der FDP durchsichtig, ohne Inhalt und mit vielen dicken Knöpfen drin dahinmäandriert und im Nirvana verschwindet. Ich erwarte von der Bundesratspartei FDP Inhalte. Aber da kommt nix.
Dass man Roland Fischer überall soviel Aufmerksamkeit schenkt, erstaunt mich. Fischer will der FDP Vorschläge machen, dabei hat dieser Mann überhaupt nichts mit Liberal zu tun. Fischer ist ein Chamäleon der ändert seine Meinung laufend. Seine Politik ist extrem links/grün und nur in der Presse gibt es sich als sei er bürgerlich. Er will Ökonom sein, dies ist aber in seinen Aussagen ein Fremdwort. Ökologische Steuerreform, das ist doch lächerlich und nicht gerecht. Zudem müsste ein riesiger Beamtenapparat neu aufgebaut werden und nicht nur die Wirtschaft, jeder einzelne würde darunter leiden.
vor allem würde am Schluss nicht die Wirtschaft Steuern zahlen, sondern nur noch der private Konsument. Die Unternehmen würden die Energiesteuer einfach auf die Verkaufspreisr abwälzen.
Die Initiative könnte auch von den jungen Grünen oder Juso stammen
Der letzte Satz bringt es auf den Punkt, weshalb man auch nicht über eine Gegenvorschlag zu dieser Initiative diskutieren sollte. Nachdem man auch dieses kommunistische Sozialexperiment an der Urne versenkt hat, kann man evtl. mit der GLP dann vernünftig über Umwelt und Wirtschaft diskutieren.
Natürlich würde die Wirtschaft die Energiesteuer auf die Kunden abwälzen. So wie es der Bäcker mit dem Mehl und dem Zucker macht, der Coiffeur mit den Scheren und dem Shampoo oder der Schreiner mit dem Holz und den Maschinen. Sämtliche Kosten, die einer Firma entstehen, müssen durch die Kunden bezahlt werden. Das ist seit Tausenden von Jahren so. Aber hier besteht die Chance, die MWSt abzuschaffen, also Möbel, Autos, Coiffeur, Kino, Restaurant schon mal 8% Reduktion. Dazu die Einsparung der Firmen durch die wegfallende Abrechnerei!
Herr Fischer bringt es auf den Punkt. Eine stringente Politik ist gefragt. Die FDP kann sich entscheiden, ob sie effektiv ihr ökologisches Profil schärfen möchte und bei einer vernünftigen Politik mitmachen möchte, welche Oekonomie und Oekologie gleichermassen berücksichtigt, oder ob es sich wieder einmal um ein rein mediales und virtuelles Statement handelt, um medial zu punkten. Darin hat Phillipp Müller ja Erfahrung. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Eine weitere Möglichkeit wäre, ehrlich zuzugeben, dass Umweltpolitik, Nachhaltigkeit keine Priorität hat. Schauen wir mal 🙂
Die einst stolze FDP war mal liberal, jetzt dümpelt sie irgendwo als Juniorpartner der SVP rum, und bald ergeht es ihr wie ihrer deutschen Namensvetterin.
Da kann der Müller noch erzählen was er will, es ist gegenstandslos.
Die „Energie- statt Mehrwertsteuer Initiative“ ist ein guter liberaler Ansatz um etwas für den Umweltschutz zu tun und gleichzeitig die einheimische Wirtschaft zu fördern. Natürlich ist auch eine Energiesteuer nicht frei von Problem. Aber anstatt daran zu arbeiten um eine möglichst gute Lösung zu finden, wartet die FDP bis sie selber nicht mehr existiert.
Ich (ehemals FDP jetzt glp) hätte mich gefreut, wenn die FDP endlich das macht was sie selber sagt und will. Und ihr Handeln nicht weiter durch Angst bestimmt wird.
Roland Fischer ist Ökonom. Dass er die „Energiewende“ und insbesondere den Atomausstieg durch ökonomische Massnahmen erreichen will, ist nahe liegend. Leider genügt diese Ausbildung bei der komplexen Beurteilung der zukünftigen Entwicklung unserer Energieversorgung nicht. Deshalb studierte ich an der Uni Bern nicht nur Volkswirtschaft sondern auch Physik (inkl. Kern- und Reaktorphysik) sowie Mathematik. Zudem ist es notwendig, die internationale Forschung über längere Zeit zu beobachten und zu verstehen. Im Folgenden versuche ich, möglichst leicht verständlich zu schreiben:
(1) Die Nutzung der fossilen Brennstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle sowie die damit verbundene Industrialis. ermöglichten der Menschheit ein Wachstum von 1 auf 7 Mrd. Menschen. Erdöl und Erdgas werden in den kommenden Jahrzehnten knapp, politisch umkämpft und im Einfluss von Spekulanten teuer. Anstatt schrittweise auf die nicht fossilen Energien umzusteigen, schauen wir machtlos zu, wie ihr Anteil an der weltweiten Gesamtenergieversorgung auf 15% abtaucht. Die schrittweise Ablösung der fossilen Brennstoffe durch erneuerb. Energie und Kernenergie ist eine grosse Herausforderung für die Menschheit.
(2) Die Nutzung der Kernenergie steht erst ganz am Anfang ihrer langfristigen Entwicklung. Brennstoff gibt es unbeschränkt. Wir nutzen bis heute nicht Uran, wie viele meinen, sondern das darin nur zu 0,7% vorhandene Nuklid Uran-235. Der riesige Rest ist Uran-238 und kann schon bald in Reaktoren der 4.Gen. genutzt werden. Der erste prod. Reaktor dieser neuen Gen. wird zurzeit in Rongchang (China) gebaut. Es ist ein kleiner mit der Bahn transportierbarer Reaktor. Eine Kernschmelze wie in Fukushima ist nicht möglich. Reaktoren der 4.Gen. können auch das weit verbreitete Nuklid Thorium-232 nutzen.
(3) Das langfristig mit Abstand grösste Potenzial hat die Kernfusion. Entsprechend gibt es dort auch die grössten international abgestützten Projekte, allen voran Iter in Cadarache (Südfrankreich). Beteiligt sind die USA, Russland, China, Indien, Südkorea, Japan, die EU und auch die Schweiz. Der dort in Bau stehende Kernfusionsreaktor soll uns ab ca. 2022 zeigen, dass der Dauerbetrieb der Kernfusion möglich ist. Die vielen Computersimulationen zeigen uns schon heute, dass er laufen wird. Brennstoff sind Wasserstoff-Isotope. Von diesen hat es auf unserer Erde unbeschränkt.
(4) Reaktorabfälle werden bei den Reaktoren 4. Generation und bei den Fusionsreaktoren kein grosses Problem mehr sein. Ihre Radioaktivität klingt in überblickbar kurzer Zeit ab. Da unsere heutigen Reaktorabfälle noch sehr viel noch nutzbares Uran-238 enthalten, dürfen die ausgemusterten Brennstäbe nur rückholbar gelagert werden. Die Nagra achtet in ihren Studien streng darauf.
(5) Die von Bundesrat und Parlament beschlossene „Energiewende“ war ein Schnellschuss im Fukushima-Schock. Zurzeit steht kein Reaktorprojekt zur Diskussion. Für die schrittweise Ablösung der fossilen Brennstoffe braucht es erneuerbare Energien und Kernenergie. Das Schweizervolk will heute keine radikale Umstellung des Steuersystems. Ungeduldig warten wir auf die Volksabstimmung zum neuen Energiegesetz und damit zum Atomausstieg. Offenheit für kommende Entwicklungen sowohl bei den erneuerbaren Energien wie bei der Kernenergie wäre die nahe liegende und in die Zukunft weisende Energiestrategie.
Abgesehen davon, dass die Europäischen Uranminen schon lange kein Uran mehr produzieren: http://arxiv.org/pdf/1106.3617.pdf
Neue AKW sind viel zu teuer und viel zu langsam. Seit 2005 baut Finnland an einem neuen AKW mit massiven Kostenüberschreitungen und 100% Uranimportabhängigkeit, welches – wenn überhaupt – frühestens 2018 Strom produzieren wird. Im gleichen Zeitraum hat Deutschland seinen erneuerbaren Stromanteil vervierfacht:
http://www.ise.fraunhofer.de/de/downloads/pdf-files/data-nivc-/stromproduktion-aus-solar-und-windenergie-2014.pdf