Abends Eiweiss oder Kohlenhydrate?
Sport regt an, weckt, vitalisiert. Aber wer regelmässig trainiert, braucht auch genügend Schlaf. Er ist wichtig für die Regeneration und Superkompensation. Zwar begünstigt Bewegung meistens einen erholsamen Schlaf. Aber nicht immer. Ob ein Mensch entspannt durchschläft, hängt unter anderem von der richtigen Ernährung ab.
Wir fragten unsere Expertin *Dr. Antoinette Sarasin, auf welche Nahrungsmittel Sportler achten sollten, um erholsam schlafen zu können. Abends Eiweiss oder Kohlehydrate?
Anmerkung: Die nachfolgenden Tipps richten sich dieses Mal an Sportler mit stabilem Gewicht, nicht an Abnehmwillige.
Welche Nahrungsmittel wirken entspannend, welche machen munter?
1. Eiweisse sorgen für Tatendrang: Die beiden Aminosäuren Tyrosin und Phenylalanin erhöhen Wachsamkeit und Tatendrang. Sie bilden die Vorstufen für Gehirnbotenstoffe wie Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin, sind also regelrechte Muntermachter.
Darum: Dauerdiäten, bei denen auf Eiweiss fokussiert und auf Stärkeprodukte verzichtet wird, können über längere Zeit zu Nervosität und Schlafproblemen führen.
2. Kohlenhydrate wirken entspannend: Serotonin ist der Wohlfühl-Neurotransmitter. In den Abendstunden wandelt unser Körper Serotonin in Melatonin um und sorgt auf natürliche Weise für einen entspannenden, guten Schlaf. Zentral für den Serotonin-Aufbau ist die Aminosäure Tryptophan, die jedoch nur unter Präsenz von Kohlenhydraten effizient ins Gehirn aufgenommen wird. Begünstigend wirken dabei B-Vitamine, insbesondere B6, Magnesium und ein moderates Ausdauertraining.
Welche Nahrung unterstützt einen tiefen, gesunden Schlaf?
Damit der Körper das Wohlfühl-Hormon Serotonin besser aufbauen kann, empfiehlt sich bei der Ernährung: 65 % Kohlehydrate, 25 % Fette, 10 % Proteine.
Um erholsamer zu schlafen: tagsüber tryptophanhaltige Nahrungsquellen, abends Kohlenhydrate.
Welche Lebensmittel enthalten Tryptophan?
1. Getreideprodukte wie Weizenkeime, Weizenkleie, Haferflocken.
2. Eiweissquellen wie Hartkäse (z.B. Parmesan), Magerquark, Molkenprotein, Erdnüsse, Fleisch, Huhn, Hülsenfrüchte wie Soajbohnen oder Erdnüsse, Erbsen, Linsen, Meerfische (z. B. Lachs) sowie Forelle oder Dorsch.
3. Bei Früchten ist es die Banane.
Welches sind zentrale Ko-Faktoren?
B-Vitamine, insbesondere B6 – Quellen: Weizenkeime, Haferflocken, Kartoffeln, Schweinefleisch, Leber, Lachs, Gemüse wie Lauch, Kohlarten, Avocado, Hülsenfrüchte und Banane.
Magnesium: Supplemente als Magnesiumorotat anderen Verbindungen wie Magnesiumaspartat vorziehen. In Orodat-Form wirkt es besonders entspannend! Magnesium-Quellen: Vollkorngetreideprodukte, Haferflocken, grünes Gemüse (z.B. Spinat), Nüsse und Kerne, magnesiumreiche Mineralwässer, Kakao (aber aufgepasst, schwarze Schokolade kann wieder anregen).
Tipps für einen erholsamen Schlaf:
1. Schwerverdauliches meiden und nicht zu spät essen! Wenig gesättigte Fette, wenig Rohkost, nicht zu viel Ballaststoffe (schwer verdaulich, Blähungen).
2. Muntermacher vermeiden
Alkohol, Koffein (z.B. Kaffee, schwarzer Tee, Grüntee, Mate Tee, Cola Getränke oder Red Bull) sowie Tabak enthalten Muntermacher, die den Schlaf beeinträchtigen können. Niktoin und Koffein verzögern den Schlaf, Alkohol kann ihn in der Nacht unterbrechen. Auch zu viel Schokolade und Kakao können aufputschen. Hingegen entspannen Kräutertees umso mehr.
3. Nicht zu spät und zu intensiv trainieren
Lockeres Ausdauertraining fördert Schlaf. Wenn aber plötzlich Schlafprobleme auftreten, besser morgens, mittags oder bis am späten Nachmittag trainieren – nicht spät abends. Körper und Geist sollten danach genug Zeit haben, zur Ruhe zu kommen. Ausserdem: Moderates Ausdauertraining beeinflusst den Schlaf besser als extensives Krafttraining.
4. Warme Mahlzeiten entspannen und sättigen besser als kalte Mahlzeiten. Zum Beispiel:
– (Getreide-)Risotto mit Pilzen, Gemüse, wenig Parmesankäse
– Nudeln an Gemüse-Tomaten-Sauce, wenig Kalbfleisch und/oder Parmesankäse
– Milchreis mit Banane, Ananas, Datteln und geriebenen Nüssen
– Porridge mit Milch, Früchten und wenig Honig
– Gemüsesuppe z.B. Minestrone als leichtere Version
Wenn es doch etwas aus der kalten Küche sein soll:
– Vollkornbrot mit Bündnerfleisch, dann mit etwas Honig und Konfi
– Einschlaftrunk: ein Glas Milch mit einer Banane und Honig gemixt
– Cocktail aus 1 Orange, 1 Becher Joghurt oder Kefir, 1 EL Bierhefe, 2 EL Weizenkeime, 1-2 EL gemahlene Mandeln oder Baumnüsse, Honig (wenn ein Eiweiss-Shake, dann tryptophanhaltiges Molkeprotein plus Honig für die bessere Resorption)
Trotz Kohlenhydraten am Abend kann man sein Gewicht stabil halten – sofern man tagsüber auf geregelte Mahlzeiten achtet, auf magere Eiweissquellen fokussiert, auf raffinierte Kohlenhydrat-Snacks «zwischendruch» verzichtet und regelmässig trainiert. Nebst der Ernährung gibt es natürlich weitere unterstützende Massnahmen für einen erholsamen Schlaf, sei es pflanzlicher Art zur Beruhigung, gezielte Entspannungstechniken wie progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training vor dem zu Bett gehen.
Was ist Ihr Rezept für einen erholsamen Schlaf?

Dr. Antoinette Sarasin Gianduzzo ist bei «Running im Outdoorblog» Expertin für alle Ernährungsfragen.
* Dr. Antoinette Sarasin Gianduzzo, Dipl. Anti-Aging- und Präventivmedizin (SSAMP), Nachdiplomstudium in Humanernährung ETH Zürich. Sie ist spezialisiert auf persönlich abgestimmtes, nachhaltiges Gewichtsmanagement, gezielte Stoffwechselanalysen und Vital Aging sowie massgeschneiderte Mikronährstoff-Ergänzungen. Praxis in Zürich und Adliswil. www.yourlife.ch
5 Kommentare zu «Abends Eiweiss oder Kohlenhydrate?»
good articles
Diese Tipps sind zwar grundsätzlich nicht schlecht, aber man muss diese mit Vorsicht geniessen. Die Menschen sind zum Glück Individien und was für ein Teil stimmen kann, stimmt für einen anderen Teil nicht. So kann ein Glas Rotwein, dass beste Schlafelexier für die einen sein (probieren Sie mal ein Glas Rotwein aus), andere Sportler machen vor dem Schlafen gehen ihre Hausrunde. Im übrigen gibt es (auch vereinfacht gesagt) Eule- und Lerchentypen. Die einen sind Frühausteher die anderen eben Nachtmenschen, beides hat ein grossen Einfluss auf das Training, ebenso die Gewohnheit. Es ist eben viel komplizierter als man denkt. Deshalb sollte jeder auch auf seinen Körper hören, was ihm gut und was weniger gut tut. Man kann auch mal etwas ausprobieren, Hauptsache man lebt nicht nach vorgeschriebenen Regeln! Im übrigen haben fast alle Spitzensportler ihre Sünden bei der Ernährung, daran sollte jeder Freizeitsportler auch denken!
Zu Punkt 3 Tipps für einen erholsamen Schlaf:
Zitat: „Wenn aber plötzlich Schlafprobleme auftreten, besser morgens, mittags oder bis am späten Nachmittag trainieren – nicht spät abends.“
… ist wahrscheinlich bei den meisten nicht machbar, die einer geregelten Arbeit nachgehen und Mittags nicht genügend Zeit/Möglichkeiten haben zu trainieren.. !
Also ich find ihre Tips auch für Leute gut die gerne abnehmen wollen. Für viele ist das hier schon eine enorme Ernährungsumstellung und wie immer macht es in der Regel nicht das Essen aus, sondern die Menge. Wer abnehmen will muss halt den Tag durch mehr verbrennen als er zu sich nimmt, in welcher Form er das bewerkstelligt ist sein Problem. Daher find ich ihre Tips auch für jemanden gut der sich sonst nur Fastfood und Tiefkühlprodukte zuführt. Schon alleine wenn die Leute sich selber anfangen zu kochen und einige der Speisen hier regelmässig verteilen inkl viel Gemüse und Salat, dürfte deren Pfunde purzeln. Daher find ich, müssten sie das am Anfang nicht zwingend betonen dass dies nur für Leute ist die stabil im Gewicht sind.
Was mir hier aber generell fehlt sind Mengenangaben. Es ist leicht gesagt welche Nüsse oder Früchte, Fleisch oder andere Produkte zu sich zu nehmen sind, schwerer ist aber ob davon eine Handvoll reicht oder es etwas mehr sein sollte. Damit schlage ich mich auch jedes Mal rum wenn ich mir selber was koche. Gerade nach dem Training wenn der Kohlenhydratespeicher so richtig leer ist könnte ich beinahe 200-300 Gramm Spaghetti essen oder auch bis zu einem halben Kilo an Kartoffeln (Geschwellte, Rösti mit wenig fett etc) Auch sind die Kohlenhydrate von Spaghetti und Kartoffeln eigentlich verschieden vom verwerten her, und daher müsste man doch eigentlich nicht nur Kohlenhydrate schreiben sondern diese getrennt voneinander betrachten. Somit könnte es doch sein dass eine Kohlenhydratart nach einem gewissen Training mehr Sinn macht, und die andere weniger.
Super Kommentar, genau so ist es!!