Tabuthema Unterwäsche: Welche taugt am Berg?
Bleiben wir ehrlich: Gibt es etwas Unattraktiveres als einen Mann in langen Unterhosen? Egal! Manchmal bleibt Outdoorsportlern eben nichts anderes übrig, als ästhetische Barrieren zu überwinden. Gerade was die erste Schicht auf der Haut betrifft. Styling spielt da eine untergeordnete Rolle. Thermounterwäsche muss funktional sein und aus nachhaltiger, tierfreundlicher Produktion stammen. Unsere Ansprüche sind hoch, die Sortimente breit – und die Preise zum Teil unverschämt.
Hier einige Tipps, auf was man beim Kauf achtet:
– Um mich bei jedem Wetter und jeder Anstrengung wohl zu fühlen, kleide ich mich in Schichten: Aussen wind- und wasserdicht. Darunter je nach Bedarf warme Daune, Fleece oder Softshell. Und direkt auf der Haut atmungsaktive Thermounterwäsche, die bei Anstrengung kühlt, überschüssige Wärme nach aussen leitet, Feuchtigkeit zügig aufnimmt, schnell wieder trocknet und bei Inaktivität wärmt. Wie eine zweite Haut.
– Baumwolle ist im Bergsport gänzlich ungeeignet. Im Notfall kann sie sogar lebensgefährlich sein, weil sie rasch nass ist, aber sehr langsam trocknet und den Körper abkühlt.
– Im Hochgebirge sind im Winter minus 20 Grad Lufttemperatur nichts Aussergewöhnliches. Trotzdem schwitze ich beim Aufstieg, wenn ich zum Beispiel eine Skitour unternehme. Oben auf dem Gipfel, wo oft noch der Wind eisig bläst, will ich keine nasse Unterwäsche, die am Körper klebt und Frostbeulen provoziert. Am Berg brauchts Kleidung, die wie auf Knopfdruck kühlt oder wärmt.
– Wir schwitzen beim Sport, damit der Körper nicht überhitzt. Schweiss kühlt die Haut. Aber nicht an jeder Stelle gleich stark. Während Rücken, Brust, Nacken und Achseln als «Problemzonen» gelten, bleiben etwa Ellbogen, Schultern oder Knie staubtrocken.
Grundsätzlich gibt es zwei geeignete Arten von Thermounterwäsche:
1. Hightech-Fasern mit Funktionssystem. Viele Hersteller statten Leibchen und Hosen mit verschiedenen Zonen aus, damit jede Körperpartie je nach Bedarf optimal profitiert. Wichtig: Die Zonen funktionieren nur effektiv, wenn sie da sitzen, wo sie sollen (Unterwäsche immer hauteng wählen).
2. Merinowolle mit ihrem natürlichen Thermosystem. Die Fasern sind flauschig und warm, sie können nur wenig Feuchtigkeit aufnehmen und trocknen fast so schnell wie synthetische Ware. Merinogarn ist viel feiner als gewöhnliche Schurwolle – und kratzt nicht.
Inzwischen gibt es Wäsche, die mit Kunstfasern und Merinowolle kombiniert ist.
Vor- und Nachteile:
1. Hightech-Fasern sind leichter und trocknen schneller als Merinowolle. Nachteil: Synthetische Wäsche stinkt schnell sehr übel. Egal wie viel sie kostet. Irgendmal holt selbst die Waschmaschine den Geruch nicht mehr raus. Darum sind solche Funktionsshirts für mehrtägige Touren eher ungünstig, oder man packt für jeden Tag ein frisches Teil in den Rucksack.
2. Merinowolle trocknet etwas weniger rasch als Synthetik, ist jedoch auf der Haut angenehmer zu tragen. Und wesentlicher Vorteil: Sie bleibt geruchsneutral. Selbst nach mehreren Tagen schweisstreibender Bewegung.
Nachhaltigkeit:
Damit Hightech-Kleidung wie gewünscht funktioniert, wird sie mit verschiedenen Chemikalien behandelt. Der Energiebedarf für diesen Herstellungsprozess ist hoch. Hinzu kommt: Gewisse Kunstfasern sind nicht ökologisch abbaubar – und darum kritisch.
Merinowolle ist dagegen ein Produkt der Natur, sie wächst jährlich nach und kann vollständig abgebaut werden.
Tierschutz:
In gewissen Ländern – wie etwa Australien und in Asien – wird das Mulesing angewendet. Das ist eine grausame, tierquälerische Praktik, um bei Merinoschafen den Befall vor Fliegenmaden zu verhindern.
Viele Bergsportausrüster geben an, das Thema ernst zu nehmen. Sie hätten sich verpflichtet, ihre Merinowolle aus tierfreundlicher Produktion zu beziehen. Damit begründen sie auch den markanten Preisunterschied zu Billigprodukten der Discounter, die möglicherweise Merinowolle von Mulesing-misshandelten Schafen einsetzen.
Kosten:
Für gute Thermounterwäsche aus kontrolliert ökologischer, sozial gerechter und tierfreundlicher Produktion, muss man relativ tief ins Portemonnaie greifen. Mikrofasern sind tendenziell etwas günstiger als Merinowolle. Bis ca. 200 Franken für ein Leibchen.
Die Qual der Wahl
Jeder muss selber herausfinden, welche Variante er favorisiert. Das Empfinden ist sehr individuell. Und es spielt sicher eine Rolle, ob man am Berg schweisstreibend oder gemütlich unterwegs ist. Heissblüter schwören eher auf Hightechmaterial, «Gfrörlis» auf Merino. Ich selber besitze alle Varianten an Thermounterwäsche. An den Beinen bevorzuge ich Kunstfasern. Am Oberkörper geht für mich nichts über Merinowolle. Obschon Bergsportunterwäsche mein Budget belastet – Winter und Sommer – mache ich keine Kompromisse. Frieren ist nicht mein Ding.
Sind Sie eher der Typ Hightechfaser oder Merinowolle?
23 Kommentare zu «Tabuthema Unterwäsche: Welche taugt am Berg?»
Jedes Mal wenn ich mich aus meiner stinkenden Falke- oder Odlowäsche schäle, denke ich wieder darüber nach es trotz meiner extrem empfindlichen Haut mal mit icebraeker zu versuchen. Habe aber mittlerweile auch schon von einem Kollegen gehört den diese Wäsche gebissen hat.
Praktisch jeder den ich kenne, der schon ein Merino-Shirt probiert
hat, möchte nichts anderes mehr. Aber es gibt nicht nur Icebreaker,
sondern mittlerweile sehr gute Alternativen, welche erst noch in Europa
(und nicht Far East, China) hergestellt sind. DEVOLD of Norway ist eine
Merinomarke, welche ich wirklich sehr empfehlen kann. Schlicht, schnörkellos und funktional.
Ich bin von X-Bionic überzeugt! Es ist eine Schweizer Firma mit Produktion in Italien und die Produkte sind Top. Wer sich die Sets für 400 Franken nicht leisten kann, sollte am search.ch Gewinnspiel teilnehmen.
http://www.facebook.com/search.ch?v=app_6009294086&ref=ts
Grüsse
Philipp
Persönlich bevorzuge ich klar Merinwolle, denn da hält keine Kunstfaser mit. Wärmt auch in nassem Zustand, isoliert extrem gut, kratzt nicht und das Beste: sie riecht nicht. Auch nach einer Woche Tragen nicht. Wer einmal in einer schön engen Berghütte mit tränenden Augen neben einem Zeitgenossen stand, der sich gerade aus seinem stinkenden Plastikleibchen schält, weiss was ich meine.
Der einzige Nachteil ist der Preis und das besagte Mulesing. Merinowolle beim Discounter wurde ziemlich sicher von Schafen geschoren, welche dem Mulesing unterzogen wurden. Denn die Merinoschafe leben üblicherweise in recht grosser Höhe, wo es kalt ist und Mutter Natur eben für diesen besonderen Wäremeschutz gesorgt hat. Nur ist hier der Platz recht eng und so lässt sich die weltweite Nachfrage nicht bedienen. Also werden die Schafe auch in tieferen Gegenden gezüchtet (und nicht nur in Neuseeland sondern auch in China und anderen Ländern). Hier wird ihnen der besondere Wärmeschutz zum Verhängnis, denn im Flachland gibt es Fliegen, welche ihre Larven… bei Wikipedia könnt ihr ja weiterlesen.
Kurzum, für Merino-Massenware müssen die Schafe leiden, daher kauft lieber Merino-Unterwäsche von Icebreaker, Smartwool oder Mammut. Die sind zwar teuer, allerdings habt ihr die Unterwäsche auch einige Jahre. Und diese Hersteller versuchen wenigstens, etwas gegen Mulesing bei ihren Lieferanten zu unternehmen.
Man lernt jeden Tag dazu: Der Tip mit der Merino-Unterwäsche ist wirklich top. ― Übrigens trage ich bei großer Kälte Alpaka-Teile
aus Peru, die ich vor 20 Jahren als Mitbringsel geschenkt bekam. Kann ich nur empfehlen. Dumm nur, dass die Anden nicht um die Ecke sind.
Juckt das nicht extrem? ich hatte mal ein Hemd mit ein paar Prozent Alpaca. Das war neu fast nicht auszuhalten.
Vielleicht gibt es Unterschiede. Schal und Leibchen, die ich habe, tragen sich wie Watte. Also, weich und warm. Man kann’s wohl am besten noch mit Angora vergleichen. Habe die Sachen bislang immer handwarm und mit Shampoo gewaschen, stets an der Luft getrocknet und nie gebügelt. Allmählich werden sie allerdings mit jedem Jahr etwas dünner. Und das ist echt schade.
Nachtrag: Habe die Erfahrung gemacht, daß Shampoo nicht nur ein ideales Waschmittel für Wollprodukte ist, sondern auch für Daunen. Also Jacken, Bettdecken und Kopfkissen. Diese Sachen sollte man möglichst im Hochsommer, an den heißesten Tagen des Jahres waschen und im Freien trocknen lassen, damit die Daunen nicht klumpen und beim Trocken keine unschönen Wasserränder zurückbleiben. Daunensachen wasche ich immer in der Waschmaschine. Keine Angst, wenn beim Waschen etwas Schaum austritt. Und bitte möglichst nicht Schleudern, dafür die Sachen beim Trocknen öfters mal aufschütteln und wenden.
Wozu soll alles immer sexy sein? Sieht ja eh‘ keine und auf einer Skitour ist mir herzlich egal, was ich anhab, es muss „nur“ funktional sein. Mir wollte im Biwak ohnehin noch keine an die Wäsche.
Modern, Modisch, Funktionell, Geruchsneutral,…
ganz klar icebreake! ich würd nie mehr ohne…
Ich würde mich selbst einen kritischen Käufer nennen, der beim Kauf auf Funktionalität, Komfort und Style achtet. Trotzdem habe ich schon viele Pleiten erlebt, da man die wirkliche Qualität eines Produktes weder Sehen noch Fühlen kann. Sie zeigt sich erst im Einsatz.
Gute Sachen, Schnäppchen, findet man zuweilen im Discounter. Vor zwei Jahren habe ich einmal in einem solchen Laden eine Snwoboardhose (Thinsulate isolation) für 15,- € entdeckt. Heute kann ich sagen, dass ich mir eine bessere Wander- und Radfahrhose bei eisigen Minusgraden nicht vorstellen kann.
In letzter Zeit lande ich jedoch immer öfter in Ausrüsterläden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie nicht unbedingt teuer sind, aber bessere Qualität führen. Gelegentlich ist der Preis für mich allerdings Nebensache: Ich habe einige Lieblingsmarken, denen ich schon lange treu bin. Kleidung ist schließlich mehr als nur Schutz, Komfort und Funktionalität. Immer auch Sprache.
Stimmt alles nicht, Thermounterwäsche kann sexy sein!
Bleiben wir ehrlich: Gibt es etwas Unattraktiveres als einen Mann in langen Unterhosen?
Two words:
Robert NurejeW
Optisch führt kein weg an Stripes Gear vorbei! Und warm geben sie auch ;-)
Strippen Sie am Berg und zeigen Ihre Unterwäsche? Oder was soll das mit dem „optischen“? Oder wollen Sie im Massenschlag glänzen?
Im Massenschlag glänzen :-D Aber im Ernst, gehen sie mal auf die Website stripesgear.com! Wieso ist die Thermounterwäsche immer so öde dunkelblau?
Unterwäsche aus Merinowolle ist eine tolle Sache. Wer jedoch echt funktionale Unterwäsche tragen will, sollte es einmal mit den erstklassigen Produkten von Skins (www.skins.net) probieren. Gem. meinen Erfahrungen eignet sich diese Unterwäsche nicht nur während der aktiven Phase, sondern auch – wie sich übrigens auch in zahlreichen Tests gezeigt hat – während der Regenerationsphase. Ich trage Skins beim Joggen, Biken aber auch beim Wandern oder wie angesprochen einfach auch nur zum regenerieren. Übrigens, die Firma hat ihren Sitz auch in der Schweiz ;)
Punkto high-tech Merinounterwaesche fuehrt kein Weg an „Icebreaker“ vorbei. Ist ein Produkt aus Neuseeland, bei welchem jedes Kleidungsstueck zur Farm wo das Schaf geschoren wurde zurueckverfolgt werden kann.
Es gibt auch noch andere Anbieter als Icebreaker….welche in Europa die Produkte herstellen.
Sagt dir die Marke Devold etwas? Wenn nein, probiere es doch mal aus! :-)
Tja Frau Schulthess, wenn Sie schon Gratiswerbung betreiben, dann bitte für Merinomarken welche sich klar von Mulesing-Qualtierhaltung distanzieren. Danke!
Die schönste Unterwäsche in den Bergen sind für mich die von DiegoBarberi…
nicht unbedingt Thermo, aber ansonsten so heiss, dass es Thermo gar nicht braucht ;-)