Zwischen High Heels und Bergschuhen
Innsbrucks Investitionen in Image und Infrastruktur scheinen sich auszuzahlen – die zweitgrösste Alpenstadt zieht junge Menschen ebenso an wie sportliche Grossereignisse, zuletzt die Weltmeisterschaften im Rad- und Klettersport. Was macht diese Stadt richtig?
«Berge im Visier einer Graffiti-Gruppe», so titelte die Tiroler Regional-Redaktion des ORF vor knapp zwei Jahren auf ihrer Website. Stein des Anstosses war selbstverständlich nicht die unbezifferbare Anzahl bunter Markierungen, die seit Menschengedenken den Weg auf, durch und über die Tiroler Bergwelt weisen. Nein, das sonderbare Kürzel «FOVS» war es, was die Gemüter erregte. Immer häufiger wurde es in und um Innsbruck gesichtet, als Pickerl an Strassenlaternen genauso wie an den Kreuzen stolzer Berggipfel, wie dem Habicht. Selbst in entlegenen Stubaier Kletterführen stösst man, auch heute noch, auf die vier Buchstaben. Die Dechiffrierung des Kürzels lieferte der ORF gleich mit: «For overall visual satisfaction», auf deutsch: «Zur allgemeinen visuellen Befriedigung». Man tut wohl gut, die Einordnung dieser alpinen Schmierereien den Stammtischen und Gerichten Tirols zu überlassen. Ein Kommentar sei erlaubt: Wenn es Innsbruck – und zwar Stadt und Land gleichermassen – an einem nicht mangelt, dann sind es befriedigende, visuelle Reize.
Mountain and the City
Für alle, die gerne Eulen nach Athen tragen: Drei gefühlte Wahrheiten über die Beziehung der Innsbrucker zu ihren Bergen, die seit jeher mehr sind als nur die Hintergrundkulisse der zweitgrössten Alpenstadt. Das von Stararchitektin Zaha Hadid gestaltete Gebäude, das sich gerade anschickt, das Goldene Dachl als Innsbrucks Wahrzeichen abzulösen, ist kein Konzerthaus, sondern die Talstation der Hungerburgbahn. Die weitaus berühmteste Tat von Kaiser Maximilian I., dessen Todestag die Tiroler heuer zum 500. Mal begehen, dürfte seine Gamsjagd sein, während der er sich in der Innsbrucker Martinswand verirrte und auf wundersame Weise gerettet wurde – Ursprung des heutigen Kaiser-Max-Klettersteigs. Und wer im Winter durch die zentrale Maria-Theresien-Strasse flaniert, sieht über den Schultern der Passanten mehr geschulterte Ski als Einkaufstüten.
Sage und schreibe siebzehn Klettergärten und sechs Kletterhallen (inkl. der weltweit grössten) sind im Umkreis von 30 Minuten von Innsbruck erreichbar. Vom familientauglichen «Innsbrucker Wohnzimmer» auf der Muttereralm bis zu den Toprouten im «Dschungelbuch» am Zirler Berg. In den alpinen Wänden von Karwendel am einen Innufer und den Kalkkögeln am anderen haben Kletterikonen wie Heinz Zak, Reinhard Schiestl, Andi Orgler oder Reini Scherer ihre Spuren hinterlassen. Ganz ohne Seil und Haken kann man sich Innsbruck auch erwandern: an einem Tag auf dem aussichtsreichen (FOVS!) Zirbenweg am Hausberg Patscherkofel, oder in bis zu acht Tagen auf dem frisch abgesteckten Innsbruck Trek. Und weil das Stadtgebiet nicht nur renovierte Bergbahnen und mehrere Almen, sondern auch einige Hochschulen mit 30’000 Studenten beheimatet, braucht man über das Angebot an Bars und Restaurants nicht viele Worte verlieren, ausser «zur kulinarischen Befriedigung aller» vielleicht.
Eine Stadt, in der das Verhältnis zwischen Kultur und Natur, zwischen High Heels und Bergschuhen, zwischen Knödelkarte und Aperol Spritz so stabil und ausgewogen ist, kann ein paar pinselnde Selbstdarsteller verkraften.
Dieser Beitrag wurde unterstützt von Innsbruck Tourismus.
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