Holpriger WM-Start für E-Mountainbikes

Der E-Mountainbike-Sport wird professioneller: Fahrerin auf dem Berninapass. Foto: iStock

Am 28. August ist es so weit: Dann wird in Mont-Saint-Anne in Québec die erste offizielle Mountainbike-Weltmeisterschaft ausgetragen, bei der Mountainbikes mit Elektromotor am Start stehen werden. Zumindest in zwei Wettbewerben. Der Welt-Radsportverband UCI kürt in Kanada den ersten E-MTB-Weltmeister der Frauen und der Männer.

Der E-MTB-Markt boomt. Daher ist es wenig überraschend, dass auch die UCI das Thema bei der Weltmeisterschaft spielen möchte – oder durch den Druck aus der Veloindustrie sogar muss. Denn in der Vergangenheit fiel der Verband nicht gerade durch innovative Beschlüsse auf. Da liegt die Vermutung nahe, dass Druck von aussen die Entscheidung mit beeinflusst hat. Erhärtet wird der Verdacht, wenn man an die Imageschwierigkeiten denkt, die E-Mountainbikes nach wie vor haben. Ausserdem gibt es in Nordamerika rechtliche Probleme in Bezug auf die Trailnutzung. Da kommt eine Weltmeisterschaft mit Austragungsort in Kanada nicht ungelegen.

Fabian Obrist, Teammanager und Fahrer des schweizerischen Teams Bergstrom, war früher selbst Crosscountry-Rennfahrer, heute steht er mit seinem E-MTB am Start. Die Faszination für E-MTB-Rennen beschreibt er so: «Wir fahren Strecken hoch, die sind wir beim CC-Rennen bergab gefahren, und die Abfahrten sind richtig harte Enduro-Strecken. Zudem hat die gesamte Rennstrecke über 90 Prozent Singletrails.» Aktuell hat Obrist schon zwei Rennen der vierteiligen Rennserie «World E-Bike Series» absolviert und hofft, für die Schweiz in Kanada an den Start zu gehen. Fest eingeplant hat er die Weltmeisterschaft.

Alle Unklarheiten vorhanden

Doch braucht es bei Wettkämpfen tatsächlich Motorunterstützung? Diese grundsätzliche Diskussion wird teils hitzig geführt. Denn Chancengleichheit ist eines der obersten Güter des Sports. Es muss also auch in Mont-Saint-Anne sichergestellt sein, dass jeder Starter mit den gleichen materiellen Voraussetzungen auf die Strecke geht. Damit letztlich doch wieder nur die körperliche Leistungsfähigkeit und die Geschicklichkeit des Fahrers zählen.

Wie diese Gleichberechtigung bei so vielen verschiedenen Motorlieferanten und -ausführungen tatsächlich garantiert werden kann, wird die erste WM zeigen. Genau wie viele andere Unklarheiten. Im Herbst 2018 hat die UCI die Durchführung der ersten E-MTB-WM mit einem schlichten Dreizeiler in einer Pressemitteilung bekannt gegeben. Ohne irgendwelche Regularien anzufügen. Zumindest der Start einer neuen Disziplin verlief mehr als holprig – und die Fragezeichen in der Szene waren sehr lange sehr gross.

Informationströpfchen

Mittlerweile steht fest: Die nationalen Verbände dürfen die Starter für die WM selbst benennen. Schliesslich gibt es noch gar keine nationalen Rennserien, über die man sich qualifizieren könnte. Die Frauen fahren eineinhalb Stunden, die Männer zwei Stunden auf einer 7,3 Kilometer langen Crosscountry Strecke. Zulässig ist dabei ein 250-Watt-Elektromotor, der bei 25 km/h (mit fünf Prozent Toleranz) abriegelt. Rad und Batterie dürfen während des Wettkampfs nicht getauscht werden.

Um zu verhindern, dass Fahrer mit getunten Bikes starten, werden diese aufwendig und mehrmals kontrolliert: Vor dem Rennen werden bei jedem Bike die Motordaten eingelesen, der Radumfang vermessen, und es gibt einen visuellen Check, ob Tuning-Teile verbaut sind. Nach diesem Check kommen die Bikes bis zum Start in einen abgesperrten Bereich. Hier werden per Zufallsprinzip nochmals Motoren- und Batterie überprüft. Und direkt nach dem Rennen werden die Bikes der besten fünf Fahrer sowie zufällig ausgewählte Bikes überprüft.

«Wir unterstützen die UCI in ihrem Vorhaben mit unserem Wissen, unserer Erfahrung und unseren technischen Möglichkeiten», sagt Claus Fleischer, der Geschäftsleiter von Bosch eBike Systems. «Die Definition der Rahmenbedingungen sowie die Kontrolle ist Sache des Weltradsportverbands.» Fleischer appelliert an einen fairen Wettkampf: «Im Sport hat Doping nichts verloren, weder beim Menschen noch am Motor.» Er spricht sich deutlich gegen eine sogenannte offene Klasse ohne jegliche Beschränkungen und für ein Rennformat mit serienmässigen E-Mountainbikes aus. «Für einen fairen Wettkampf müssen Regeln und Rahmenbedingungen für alle Sportler gleich sein.»

Auch wenn die UCI lange den Anschein erweckte, nicht genau zu wissen, wie die E-MTB-WM aussehen soll, kann man zumindest wohlwollend behaupten, dass es positiv ist, dass die UCI den Trends der Branche offen gegenübersteht. Eines zumindest ist sicher: Die erste E-MTB-Weltmeisterschaft erhitzt die Gemüter und ist schon spannend, bevor sie überhaupt begonnen hat.

Einen Weltmeister unter Strom: Ist das fair? Ergibt es überhaupt Sinn – oder ist das Elektro-Doping? Diskutieren Sie mit!

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