Lauf, Freiheit!

Was vergessen geht: Es ist nicht der Hidschab im Sportsortiment, der den Frauen die Freiheit nimmt. (Foto: iStock)

Die Sportartikelkette Decathlon hat international für Schlagzeilen gesorgt und steht unter starkem Beschuss. Denn: Aufgrund eines einzigen Produkts ist in Frankreich eine heftige Debatte entbrannt. Decathlon hat beschlossen, den ursprünglich nur für den marokkanischen Markt vorgesehenen Hidschab der Eigenmarke Kalenji auch in die französischen Regale zu legen. Damit folgt die Kette dem Sportartikelhersteller Nike, der bereits einen Hidschab auf den Markt gebracht hat.

Anders als Nike kassierte die Sportladenkette daraufhin so richtig Haue. Von der politischen Rechten, weil etwas wie ein Hidschab grundsätzlich nichts in einem französischen Laden zu suchen habe. Und von links, vor allem von Feministen: Mit der Kopfbedeckung trete Decathlon die Würde der Frau mit Füssen und mache sich zum Gehilfen jener, die sie unterjochten.

Vergeblich versuchte Decathlon die Wogen zu glätten und legt schliesslich nach einem mehrtägigen Shitstorm sein Vorhaben auf Eis – nicht zuletzt, weil seine Mitarbeiter teilweise massive Drohungen erhalten haben.

Das ist sehr beschämend, denn diese aggressiv geführte Debatte ist nichts anderes als eine Stellvertreterdiskussion. Rechts und links vergeuden ihre Energie und betreiben Symptombekämpfung. Einen Sportladen zu verteufeln, ist viel bequemer und feiger, als sich einer grundsätzlichen, gesellschaftlichen Diskussion zu stellen.

Selbstverständlich müssen Frauen baren Hauptes leben können, wenn sie das möchten. Natürlich haben sie das Recht, grundsätzlich frei zu entscheiden, ob sie sich verhüllen oder nicht. Und es ist nur richtig und essenziell, dass sie von der westlichen Gesellschaft im Kampf gegen ihre Unterdrückung Schützenhilfe erhalten.

Doch es ist nicht der Hidschab im Regal von Decathlon, der den Frauen ihre Freiheit nimmt – im Gegenteil. Unabhängig davon, ob sie sich freiwillig verhüllen oder nicht, schenkt er ihnen Bewegungsfreiheit und die Möglichkeit, selbstbestimmt Sport zu treiben. Es ist den Frauen zu wünschen, dass Decathlon den Mut findet, den Hidschab ins Sortiment aufzunehmen, und die Gesellschaft die Courage hat, die eigentliche Diskussion zu führen.

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21 Kommentare zu «Lauf, Freiheit!»

  • Lillian sagt:

    Mädchen und Knaben wird von klein auf eingetrichtert, dass Frauen mit Verhüllung schön, edel, respektierbar etc. sind. Im Gegenzug seien Frauen ohne Kopfbedeckung keine richtigen Musliminnen, sie würden die Ehre der Familie beschmutzen.
    Und dann ist es soweit, es wird Zeit… Und zack wird das Kopftuch/der Hijab ohne Murren aufgesetzt – „freiwillig“.

  • tststs sagt:

    Etwas Tröstliches hat dieser Sporthijab schon: hier kann ich doch zu 99% davon ausgehen, dass er wirklich freiwillig getragen wird.
    (Bitte richtig nachdenken: wenn die Frau, die so dermassen unter der Fuchtel von Mann/Familie steht und zum Kopftuch gezwungen wird, ist wohl kaum die Frau, die draussen Sport machen darf…)

  • Dracomir Pires sagt:

    Islamische Kleidung hat rein gar nichts mit Freiheit zu tun. Ganz im Gegenteil: Damit zeigen die Islamisten ganz öffentlich unserer christlichen Gesellschaft ihre Missachtung und Geringschätzung. Sie bringen optisch zum Ausdruck, dass ihnen unsere Bräuche, Sitten, Traditionen, Kultur, Gesetze, Anstandsregeln usw. Völlig am A… vorbeigehen. Europäer/Schweizer, wacht endlich auf!

    • Heidi Herrmann sagt:

      Und mit Kleiderverboten zeigt die Christlich-abendländische Gesellschaft, dass sie keinen Deut besser ist als die Islamisten in der Geringschätzung der Frauen und anderer Religionen. Wo genau ist der unterschied zwischen einem Gesetz, das Frauen befiehlt welche Kleider sie tragen dürfen zu einem Gesetz, das Frauen befiehlt welche Kleider sie tragen dürfen?

      • maettu sagt:

        Es gibt da einen kleinen Unterschied, beim ersten Teil kommt das Gesetz vom Mann, welcher der Frau befiehlt, was diese zu tragen hat. Das ist nicht frei und Selbstbestimmt. Lesen Sie bitte die Blogs von Michèle Binswanger, ist eine Feministin und LOGISCH.

  • maettu sagt:

    Liebe Frau Wertheimer, das Thema ist eine Schuhnummer zu gross für Sie. Völlig unreflektiert. Bei der Aussage „… die Möglichkeit, selbstbestimmt Sport zu treiben.“ stehen mir die Haare zu Berg! LG

    • Dracomir Pires sagt:

      Bravo!

      • Maike sagt:

        Aber so wirklich habt Ihr es nicht begründet, warum das Thema für Frau Wertheimer zu gross sein soll. Einfach mal so einen Satz raushauen, damit ist es nicht gatan. Im Gegensatz zu Eurem heissen Wind hat Frau Wertheimer sich mit diesem Thema kritisch auseinandergesetzt.

  • Carlo Corno sagt:

    lächerlich, einen Sportladen kritisieren ist völlig legitim, wenn er politische Entscheide vorwegnehmen und die Gesellschaft vor vollendete Tatsachen stellen will. NOCH sind die Kunden in der überwiegenden Mehrzahl, die keine Hijabs tragen. Es wäre deshalb auch im Eigeninteresse der Firma, auf solche Experimente zu verzichten.

    • Markus Künzli sagt:

      Ein Unternehmen ist aber nicht demokratisch. Heisst: ich will als Unternehmer nicht die Mehrheit mit Artikeln beliefern. Ich will alle mit Artikeln beliefern. Und wenn 0.5% nur dann bei mir einkaufen, wenn ein Hidschab erhältlich ist – ja, dann verkaufe ich den.

      Vor welche vollendeten Tatsachen stellt Decathlon die Gesellschaft denn? Dass mittlerweile Muslimas unter uns leben? Nun, damit hat Decathlon ja nur recht. Wenn Sie deren Existenz leugnen, sind Sie das Problem, nicht Decathlon.

      Im Übrigen stimme ich der Autorin 100% zu. Die von links und rechts völlig ideologisch verblendete Debatte ist schlicht lächerlich.

  • Karl-Heinz sagt:

    Wahre Freiheit bedeutet, den Hidschab in die Ecke zu schmeißen.

  • Emrah Erken sagt:

    Die Verfasserin des Artikels geht von der irrigen Vorstellung aus, dass die Pflicht, das islamische Kopftuch zu tragen, etwas Freiwilliges sei. Man kann diese angebliche Freiwilligkeit daran messen, wenn eine dieser Frauen sich dazu entschliesst, das Kopftuch nicht mehr zu tragen. Die Folge davon ist Mobbing. Gewalt und vieles mehr. Tatsache ist, dass die Scharia mit Freiwilligkeit rein gar nichts zu tun hat.
    Ferner ist zu erwähnen, dass das islamische Kopftuch eine gesellschaftsregulierende Funktion hat, mit dem Zweck, die islamische Sexualmoral zu gewährleisten. Menschen, die in unserer Gesellschaft leben und diese Sexualmoral nicht wollen, haben jedes Recht, sich dagegen auszusprechen und auch das Kopftuch öffentlich abzulehnen. Eine reine Privatangelegenheit ist das Kopftuch nicht.

  • Dominique Kim sagt:

    Kranke Welt: Decathlon mit dieser Idee, und die, die Decathlon-Mitarbeiter so anfeinden, beide sind krank.

  • Dominik sagt:

    Die Leute regen sich über einen Hijab/Hidschab/Hidudeldadeldü auf, nicht aber darüber, dass Decathlon Asiaten für die Produktion ihrer Billigware ausbeutet.

  • Tony Binder sagt:

    „Selbstverständlich müssen Frauen baren Hauptes leben können, wenn sie das möchten.“ Schlecht reflektiert, diese Frauen dürfen bekanntlich nicht wählen, der Patriarch der Sippe bestimmt! Und dies alles im Zeichen dieser mittelalterlichen Ideologie, dies sich Islam nennt. Respektiert unsere Werte und Gesetze liebe Moslems oder geht zurück in Eure totalitären, meist gescheiterten Länder.

    • Heidi Herrmann sagt:

      Wo ist der Unterschied, ob der Patriarch der Sippe bestimmt wer ein Kopftuch zu tragen hat oder der Nachbar bestimmt, wer kein Kopftuch tragen darf? Kleidervorschriften sind allesamt mittelalterliche Ideologie, und ich frage mich, warum sie dieser Ideologie anhängen.

  • M. Cesna sagt:

    Eigentlich sollte jeder Mann, der seine Frau schlägt, auch dazu verurteilt werden können, den Hidschab für ein halbes Jahr überall tragen zu dürfen, so als Alternative zu Gefängnis.

    Es sind schliesslich die Männer das Problem, … und nicht das Kleidungsstück.

    • Patrik Peter sagt:

      Nö. Reines Erschliessen eines neuen Kundensegmentes um daraus einen Konkurrenzvorteil zu erhalten. Rein ökonomisch also. Nichts von: ach wir sind doch so offen und stehen so ein für die muslimische Frau. Oder wieviele Muslima mit Kopftuch hats in der Geschäftsleitung? Richtig: 0. Eben.

      • flori antha sagt:

        @Dominik: haben Sie irgendwelche handfesten empirischen Argumente? In Bangladesch haben die Jobs in der angeblich so bösen Textilindustrie inert kürzester Zeit zu einer massiven Verringerung der Armut geführt. Und wovon reden Sie?

    • ri kauf sagt:

      ein sehr fragwürdiger vorschlag der an der problematik des schlagens von frauen fundamental vorbeigeht!!! also echt jetzt! – der hidschab ist ja nicht wirklich das/ein problem.

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