Warm und trocken durch den Winter

Outdoor

Wintersport stellt an die Bekleidung besondere Herausforderungen. Foto: iStock

Eigentlich hat der Mensch als Lebewesen im Winter draussen nichts verloren. Weder sind wir wechselwarm noch haben wir ein Fell, das uns gegen Kälte isoliert. Logisch also, dass wir uns dick einpacken, sobald es auf Piste, Loipe oder Skitour geht. Das Problem dabei: Zu warm ist auch keine Lösung. Denn leider ist der Mensch kein Hund, der sich durch intensives Hecheln temperieren könnte.

Überschüssige Wärme – sei es wegen körperlicher Anstrengung oder zu warmer Kleidung – müssen wir durch kühlenden Schweiss ausgleichen. Am ganzen Körper strömt er uns aus den Poren und in die Kleidung. Während ein klammes T-Shirt bei 35 Grad plus durchaus angenehm wirkt, ist schweissnasse Unterwäsche der wohl unangenehmste Teil jeder Wintertour. Nicht umsonst gilt im Winter: «Schwitzen ist schlimmer als Frieren – oder gleich schlimm.»

Baselayer, Midlayer und Hardshell

Das Zwiebelprinzip hilft Outdoor-Sportlern, wohltemperiert durch den Winter zu kommen. Wer mehrere Bekleidungsschichten trägt, kann je nach Wohlbefinden Teile an- und ablegen. Das Grundmodell besteht aus eng anliegender Unterwäsche (Baselayer), darüber eine isolierende Zwischenschicht (Midlayer) mit Daunen-, Kunstfaser- oder Wollfüllung. Ihre Füllmenge richtet sich nach der herrschenden Temperatur.

Als dritte und äusserste Schicht folgt eine Wetterschutzjacke (Hardshell) – immer dann, wenn Wind, Niederschlag oder hohes Tempo, etwa bei einer Skiabfahrt, im Spiel sind. Bei tiefen Temperaturen oder passiver Tätigkeit können auch vier Schichten zum Einsatz kommen.

Generell unterschätzt wird die Rolle des Baselayers. Als Basisschicht ist er für den Abtransport von Schweiss verantwortlich. Das klassische T-Shirt aus Baumwolle, das Unmengen an Feuchtigkeit aufnimmt und entsprechend lange für den Weitertransport braucht, ist für Wintersportler tabu. Glatte Kunstfasern bilden dagegen kaum Hohlräume, in denen sich Schweisspartikel sammeln können. Je intensiver man Wintersport treibt, desto funktioneller sollte die Faser des Baselayers sein. Einen guten Kompromiss aus Funktion und Tragekomfort bieten Baselayer aus einer Merinowolle-Polyester-Mischung.

Der neuste Trend: Hybridjacken

Zwiebel gut, alles gut? Nein, denn der Vorteil des Schichtprinzips ist zugleich auch sein Nachteil. Nichts ist nerviger, als ständig Schichten an- und ablegen zu müssen. Um das zu vermeiden, stecken die Outdoor-Ausrüster viel Energie in die Entwicklung sogenannter Hybridjacken. Sie machen sich zunutze, dass wir Menschen nicht überall gleich stark schwitzen. Eine typische Hybridjacke für Skitourengeher ist daher an den Armen und am Rücken weniger stark gefüttert als an der Rumpfvorderseite.

Topmodelle nutzen die unterschiedlichen Materialeigenschaften voll aus und platzieren atmungsaktive Kunstfasern an den «heissen» Zonen, Daunen- oder Wollfutter an empfindlicheren Körperstellen. Ausgeklügelte Midlayer mit wasser- und windabweisenden Fronten und abriebfesten Schulterpartien sind inzwischen so gut, dass die Hardshell oft nur noch als Backup im Rucksack landet. Wer nun schon von einem Oberteil für alles träumt, muss sich allerdings gedulden. Noch kann kein Material das Zwiebelprinzip ersetzen. Im Vorteil ist vielmehr, wer seine Garderobe gut kennt und die Schichten je nach Intensität und Temperatur passend zu kombinieren weiss.

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Welches Material sich für Isolierungen eignet:

Wolle
Ihre komplexe Struktur ermöglicht Wollfasern, bis zu 30 Prozent ihres Eigengewichts an Wasser aufzunehmen, ohne dass sie sich nass anfühlen. Wolle wirkt geruchshemmend und temperaturausgleichend, der Rohstoff ist nachwachsend und pflegeleicht. Anders als Daune wärmt Wolle auch im nassen Zustand, sie ist allerdings schwerer und weniger kompakt.
Daune
Das Verhältnis von Isolation, Gewicht und Kompressionsfähigkeit ist bei Daunen immer noch unschlagbar gut. Kein anderes Material lässt sich bei gleicher Wärmeleistung so klein verpacken. Der Nachteil: Nasse Daunen verklumpen und wärmen nicht. Beim Kauf auf fair gewonnene Daune mit dem Siegel «Responsible Down Standard» (RDS) achten!
Kunstfaser
Bei der künstlichen Nachahmung von Daune werden die Hersteller immer besser. Generell sind Kunstfasern unempfindlicher und pflegeleichter, sie wärmen auch im nassen Zustand. Beim früher recht voluminösen Packmass wurden Fortschritte gemacht. Einen Hinweis auf die Wärmeleistung bietet das angegebene Füllgewicht (in g/m2).

Dieser Text erschien zuerst im Outdoor-Magazin «Seek», einer Beilage der «SonntagsZeitung» und der «Schweizer Familie».

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10 Kommentare zu «Warm und trocken durch den Winter»

  • Bergsteiger sagt:

    U.a. alle 48 4000er der CH-Alpen bestiegen (Sommer & Wintertouren). Unschlagbare Kombination sind aus meiner Erfahrung ein atmungsaktiver Baselayer (Kunstfaser) plus Softshelljacke ( Unterarmlüftung! und helmtaugliche Kapuze), evt. mit Windstopper, dazu Softshellhose mit Oberschenkellüftung.
    Zudem leichte Goretex Jacke und Midlayer (Fleece und/oder leichte Daunenjacke) im Rucksack. Zusätzlich Merinoshirt für Hütte und Biwak.
    Mit dieser Kombination muss ich bedeutend weniger oft Schichten an resp. ausziehen wie meine Tourenkollegen mit Hardshell, Hybridjacke, etc.

    • The Big R sagt:

      Also eigentlich genauso wie es der Autor beschreibt….. Goretex = Hardshell.

      • Bergsteiger sagt:

        Nein, eben nicht. Die Hardshell-Light(!) ist höchstens für Notfälle im Rucksack oder bleibt gleich zu Hause! Der Softshell (quasi als 2.&3.Lage) mit Windstopper wird (praktisch) nie abgezogen, weder im Auf- noch Abstieg und es wir lediglich mit den Reissverschlüssen temperiert.
        Ein klassische 3-Lagen Goretex Hardshell ist nicht so atmungsaktiv wie eine Softshelljacke; die Fleecejacke bietet selten genügend Windschutz im Gipfelaufstieg, etc.
        Mit der Softshelljacke sind daher viel weniger Wechsel notwendig; auf einer anspruchsvollen Tour will ich nicht ständig der Rucksack ablegen und Bekleidung anpassen müssen! Ok, die Pausen bleiben, da einige Kollegen ständig Hardshell/Fleece/Daunenjacke aus- und anziehen müssen… ;-)

  • Heinz Blaser sagt:

    Ich krieg Schweissausbrüche, wenn ich den Titel nur schon lese (der Inhalt ist dann halbwegs sachlich).
    Wenn man sich bewegt, schwitzt man. Da nützt auch die beste Atmungsaktivität nichts mehr (übrigens wird sogar Merinowolle als atmungsaktiv angepriesen). Ich könnte eine Skitour ‚ oben ohne‘ machen und ich schwitze!
    Der Vorteil von Wolle ist die langanhaltende ‚Nichtstinkigkeit‘ (wenn ich allerdings triefnass bin, stinke ich wie ein Schafbock), die Kunstfaser trocknet viel schneller als die anderen Stoffe.
    Da hilft nur ausziehen, anziehen, ……

    • Hans Hasler sagt:

      Geht mir auch so. Nicht alle Leute schwitzen stark. Einige – mich inklusive – eben schon. Und dann nützt alle teuere Technik nichts mehr. Die einzige Lösung sind Reserve-Shirts en masse. Und wegen der Geruchtsentwicklung viel Wolle und keine Kunstfaser.

  • reguell sagt:

    mir fehlt hier information zu den nachteilen von kunstfaser. für die leute (stinkt rasch) und die umwelt (stinkt rasch, mikroplastik beim waschen, herstellung)…

  • Mike Warden sagt:

    Softshell, Baselayer, Hybrid etc. ?
    Baumwollunterwäsche, Hemd, Pullover, Windjacke: die 4 Schichten seit Erfindung des Wintersports.
    Die ist wohl ein Werbebeitrag für die Sportartikelindustrie.

  • Martin sagt:

    Finde auch dass das T-shirt (bei mir meist langärmlig und dünn) fast das Wichtigste ist. Drüber kommt bei mir ein günstiger Faserpelz und je nach Temperatur eine Wind- oder Daunenjacke. Gerade bei den äusseren Schichten kann man Unmengen an Geld sparen. Wenn es derart kalt ist, dass man beim Laufen die Jacke anhat, schwitzt man auch nicht wirklich, ansonsten zieht man sie aus. Sprich man braucht kaum die teuerste Membranjacke. Wer eher stark schwitzt ist mit einem günstigen Faserpelz besser bedient als mit einer teureren Softshell.
    Die Hybridjacken gaukeln einem nur eine eierlegende Wollmilchsau vor. Gerade auf Skitouren kann die gefühlte Temperatur innert kurzer Zeit so stark variieren, dass man von T-Shirt auf Daunenjacke wechselt. Da vermag keine Hybridjacke mitzuhalten.

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