Rätsel um die Römerruine

Diese Woche von Wagen nach Schmerikon und Eschenbach (SG)

  • Wagen, kurz nach Wanderstart: Chlosterwald voraus.

  • Es geht über die Oberlandautobahn.

  • Blick von der Krete zur Spitze des Obersees.

  • Am Obersee, vorn die Wirtschaft zum Hof.

  • Etwas näher am Wasser steht die Kapelle St. Meinrad.

  • Schöner Riedgürtel Richtung Schmerikon.

  • Mmmmmh, Bouillabaisse.

  • Blick zurück oberhalb Schmerikon.

  • Trauter Waldpfad.

  • Strom muss sein.

  • Tolles Polster.

  • Eschenbach, der Ortsrand.

  • Die letzte malerische Ecke.

  • Hier endet die Wanderung.

Frühmorgens musste ich zum Zahnarzt, der Weisheitszahn. Während ich lag und litt, stellte ich mir eine Route am oberen Zürichsee vor, die ich am Vorabend geplant hatte für irgendwann.

Und ich dachte: Du hast heute frei, Widmer, und du hast Turnschuhe an, bist also wanderfähig. Wenn du hier lebend rauskommst, solltest du dir etwas Schönes gönnen!

Das Masclus-Rätsel

Eine Stunde später nahm ich, derweil der Krater links hinten unheilvoll pochte, in Zürich den Zug nach Jona und wechselte dort auf den Bus. Im Dorf Wagen stieg ich aus, Wanderstart, ich bog gleich von der Strasse rechts ab und hielt auf den schütteren Kamm des Chlosterwaldes zu. Nachdem ich die Oberlandautobahn überquert hatte, kam ich im Wald ins Gebiet Salet. Auf meiner Karte war eine Ruine eingezeichnet, ein römischer Gutshof, wie ich im Internet gelesen hatte.

Ich wich vom Weg ab, stolperte durchs Kraut, fand die Ruine beim besten Willen nicht. Ich war enttäuscht. Und meine Hosen schmutzig.

Mit dem Gutshof, nebenbei, ist ein Rätsel verbunden. Die Archäologen fanden eine antike Wandkritzelei mit dem Satzfragment: «Masclus hat seinem Sohn erlaubt, über …»

Ja, was jetzt? Was erlaubte Masclus seinem Sohn? Über den See zu schwimmen? Meine Fantasie drehte. Das wiederum lenkte mich von meinem Mund ab, der vollends erwacht war. Ich ging weiter aufwärts. Vom Scheitelpunkt des Chlosterwaldes sah ich den Obersee, der Föhn peitschte das Wasser und bewirkte wilde Wellen. Weit hinten machte ich den Mürtschenstock aus, einen breiten Klotz mit je einer kecken Spitze auf beiden Seiten, was an Katzenohren erinnert.

Als ich unten war, erblickte ich am Weg von Rapperswil nach Schmerikon die Wirtschaft zum Hof. Und das frühgotische Kapellchen St. Meinrad etwas weiter vorn zum Wasser hin.

Parallel zum See zog ich Richtung Osten, das Röhricht wogte, die Enten hoben und senkten sich mit jeder Welle – ein Wunder, dass die nicht seekrank werden, dachte ich. Bald war ich in Schmerikon. Im Restaurant Bad am See, einem historischen Haus, in dem ich mehrmals gut gegessen hatte, fand ich das perfekte Gericht für meine eingeschränkte Beissfähigkeit: Bouillabaisse. Die Suppe duftete fein nach Pernod, mein Glück war definitiv.

Die Kantonsarchäologie hilft

Während des Essens musterte ich durch das Fenster jenen Ort an der Spitze des Obersees, an dem der Aabach einmündet. Ich beschloss, einen Abstecher dorthin einzulegen, wieder einmal. Ganz vorn an der Mündung war ich mutterseelenallein; ich setzte mich auf einen Stein und genoss die Ruhe.

Dann hielt ich zurück nach Schmerikon. Von dort visierte ich Eschenbach an, querte also wieder, jetzt etwas östlicher, den Kamm über dem See. Im Wald raschelte es unter meinen Schuhen, der Laubteppich roch nach Zimt. Bald darauf langte ich an meinem Ziel an. Ich war bester Laune. Eine Wanderung kann einen schlechten Tag jederzeit kehren. Eine Bouillabaisse sowieso.

Ein Nachtrag zum römischen Gutshof Salet. Von der St. Galler Kantonsarchäologie habe ich dies erfahren: Die Ausgrabung fand kurz nach dem Zweiten Weltkrieg statt, man sicherte die Mauerkrone des Gutshofes mit Beton. 2000 stellte man fest, dass die Mauern unter dem Beton faulten. Auch hatten Leute Steine entfernt, um Feuerstellen anzulegen. Man deckte die Mauern mit einer speziellen Decke, Geotextil, ab und überschüttete das Gelände mit einer Erdschicht. Kein Wunder, ist nichts mehr zu sehen von den Römern.

Was Masclus damals seinem Sohn erlaubte – werden wir es je wissen?

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Route: Wagen, Alte Post – Moos – Wirtschaft zum Hof/St. Meinrad – Schmerikon – Abstecher zur Aabach-Mündung und retour – Chrüzliweg – Eschenbach, Post. Längere Stücke auf Hartbelag.

WanderzeitKnapp drei Stunden. Verlängerung: Von Eschenbach via Seewadel wieder nach Wagen, eine Stunde mehr.

Höhendifferenz195 Meter auf- und 148 Meter abwärts.

Wanderkarte: 226 T Rapperswil, 1:50’000

GPX-Datei: Hier downloaden.

Charakter: Sehr leichte Wanderung zwischen Herbst und Winter mit romantischen Abschnitten am Obersee.

Höhepunkte: Der Anblick des Obersees von der Krete des Chlosterwaldes. Die Visite bei der Kapelle St. Meinrad. Die Einkehr in Schmerikon. Die Rast an der Einmündung des Aabaches.

Kinder: Passt gut.

Hund: Passt auch gut.

EinkehrBad am See, Schmerikon, Mo Ruhetag. – Preiswerter, auch gut: Pier 8716, Schmerikon, Mo Ruhetag. – Zum Hof, Oberbollingen: Ruhetag Do. Fr offen ab 14 Uhr.

Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.

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5 Kommentare zu «Rätsel um die Römerruine»

  • Franziska Gerber sagt:

    Im bewaldeten Hügelzug nördlich des Obersee entdeckt man auch überall ehemalige Steinbrüche, in welchen seit mehreren hundert Jahren Bollinger Sandstein abgebaut wird. Mittlerweile gibt es noch zwei aktive Abbaustellen in Eschenbach SG und Jona. All die historischen Gebäude von Zürich wurden fast ausschliesslich mit Steinen aus diesem Gebiet errichtet.

  • Anton Paschke sagt:

    Ja, aber das Bild dazu ist die Sankt Sebastian Kapelle in Schänis. Zur Zeit der Reformation war die Linthebene noch richtig malaria-verseuchter Sumpf, die Wege führten an den Hängen mindestens 10 Meter höher und trafen sich eben bei Sankt Sebastian, wo die pausierenden Reisenden durch feurige Reden der Reformatoren und der Katholisch Konservativen unterhalten wurden. Auch Bahngeleise gibt es südlich und nördlich der Linthebene, sie treffen sich in Ziegelbrücke. Von dort ist es etwa 1 km zur Kapelle. Weiter hat man eine Auswahl von Wegen in das von Herrn Widmer beschriebene Gebiet. Aber eine Stunde wird wohl nicht reichen.

    • Jens Hafner sagt:

      Ja, das erstaunt mich immer wieder, wenn ich auf die Linthebene blicke von meiner Terrasse in Rieden aus und mir vorstelle, wie das da unten vor einigen hundert Jahren ausgesehen hat: mäandernde Bäche und Flüsse, Sümpfe, phasenweise Seen, und die Dörfer am Hang wie z.B. Schänis oder Schübelbach lagen quasi als Uferdörfer an Wasserrändern. Heute fahren wir in der Regel ohne Eingedenk dessen mit Rollerblades, dem Velo oder dem Auto über die gut geteerte Infrastruktur der Linthebene – doch dann und wann, plötzlich, wenn man einmal innehält und sich diesem Wandel gewahr wird, stockt einem der Atem und man staunt aufs Neue hin.

  • Christoph Schneider sagt:

    Danke, lieber Thoams Widmer, dass Sie den Hartbelag erwähnen.

    • Emil Bättig, Füsilier sagt:

      Im Sumpf bei Reichenbach habe ich schon ein wenig geschlafen … WK 1956 … wir waren zu Fuss von Steinen hierher getippelt. Da kam plötzlich ein „Panzer“, eine Attrappe bloss und fuhr neben unserem Lager vorbei. Wir ergriffen den Karabiner und zielten auf dieses Gefährt. Doch da wurde Einhalt geboten: Mit dem Gewehr auf Panzer zu schiessen ist unsinnig.

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