Neues Wanderziel im Zürcher Oberland
Diese Woche im Zürcher Oberland (ZH/SG)
Ein prachtvoller Spätherbsttag stand an. Was ich wollte, wusste ich: wieder einmal ins Zürcher Oberland. Ich beschaute die Karte, sah den Bachtel, das Hörnli, das Schnebelhorn, hatte auf die grossen Drei der Region nicht so rechte Lust, weil ich auf allen schon mehrmals gewesen war.
Dann erblickte ich den Hüttchopf, 1231 Meter über Meer. War ich auf ihm schon gewesen? Ich hätte mich jedenfalls nicht erinnern können. Und also hatte ich nun ein Ziel.
Zur Bruederegg, einfach so
Mit dem Zug reiste ich frühmorgens von Winterthur durchs Tösstal, verschattet und mit Raureif bedeckt lagen die Felder. In Fischenthal stieg ich aus, zog den Faserpelz über, es war kalt. Im Dorf musste ich feststellen, dass die liebe «Blume» geschlossen war, dauerhaft, wie es aussah. Bei Fistel vergass ich sie wieder, ein brutal coupiertes Wiesenbord nahm mich in Beschlag.
Weiter oben beruhigte sich das Gelände, bei pfleglicher Steigung kam ich zu den Bauernhäusern von Tannen. Kurz darauf entschied ich mich für einen Umweg. Statt direkt dem Hüttchopf zuzustreben, lief ich linkerhand durch dichten Wald zur Bruederegg. Einfach so. Die Route parallel zur jungen Töss 300 Meter tiefer war einsam. Von der Bruederegg ging es steil hinauf, höher oben trat ich in die Sonne, die Steilheit hielt an.
Über diese Pyramide wuchs Gras
Schliesslich hielt ich von Osten schnurgerade auf den Hüttchopf zu. Was für ein reizender Grashoger! Auf der Karte kam er als Pyramide daher, doch in der Realität machte das Grün der Wiesen alles Geometrische zunichte. Oben freute ich mich über die Rundbank, ein 360-Grad-Modell, auf dem ich mich jede Minute ein wenig verschob, sodass ich am Schluss die ganze Welt rundum gesehen hatte. Die Berge, die Alpen, die Dörfer.
Im Abstieg gaben die von den Kühen eingestapften Tritte, durch die schräg einfallende Sonne herausgearbeitet, dem Wiesland das Gepräge balinesischer Terrassen. Die folgende Strecke hinüber zur Scheidegg: Gehen und Atmen, Freude statt Denken, schwerelos der Körper.
Auf der Scheidegg gefiel mir die aussichtsreiche Terrasse des Gasthauses, auf der ein Mann aufdeckte. Gern hätte ich gegessen, der Hunger war schon da, bloss war ich eine gute Stunde zu früh. Kein Problem, für solche Fälle habe ich immer einen Schoggiriegel bereit.
Autos statt Raubtiere
Durch den Wald ging ich hinunter zur Wolfsgrueb, was nach Raubtierrudel klingt, doch waren da bloss parkierte Autos; dies ist ein Wanderverzweiger und Startpunkt mit Möglichkeiten. Unterwegs zum Gehöft Ger war ich auf einen Schlag kurz mal im Kanton St. Gallen.
Die letzte Etappe meiner Unternehmung war noch einmal anders: ein Plätscherspektakel im Wald. Ich kam ins Sagenraintobel, dessen Bach nicht Sagenbach, sondern Schmittenbach heisst. Beide Namen erzählen von altem Handwerk, dem der Säger und dem der Schmiede. Der Bach lieferte dem örtlichen Gewerbe einst seine Kraft und erzeugte Strom. Heute ist er vor allem ein Gewässer zum Entlangwandern und Sicherholen, Kinder lieben die Abwechslung: die Stege, die Trittsteine im flachen Wasser.
Der Club gehört erweitert
Am Bahnhof Wald dachte ich über das Erlebte nach und befand: Das Trio von Bachtel, Hörnli und Schnebelhorn sollte sich zum Quartett erweitern. Der Hüttchopf ist ihnen als Wanderziel der Region ebenbürtig und verdient ebenso Beachtung. Er gehört in den Club.
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Route: Fischenthal, Bahnhof – Fistel – Tannen – Bruederegg – Hüttchopf – Scheidegg – Wolfsgrueb – Ger – Sagenraintobel – Wald, Bahnhof.
Wanderzeit: 4¼ Stunden.
Höhendifferenz: 570 Meter auf-, 690 abwärts.
Wanderkarte: 226 T Rapperswil, 1:50’000.
GPX-Datei: Hier downloaden.
Charakter: Steiles Hügelland, gute Schuhe nötig. Sehr kurzweilig und aussichtsreich.
Höhepunkte: Nach der ersten coupierten Passage der Tiefblick auf den Startort Fischenthal. Der Rundblick vom Hüttchopf. Das hübsche Sagenraintobel mit den vielen Stegen.
Kinder: Gut, weil abwechslungsreich.
Hund: Eine gute Pfotenstrecke.
Einkehr: Alp Scheidegg. Restaurants am Ende in Wald.
Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.
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4 Kommentare zu «Neues Wanderziel im Zürcher Oberland»
Der Hüttchopf ist im Winter auch eine schöne Schneeschuhtour => https://wandernohneende.blogspot.com/2017/01/schneeschuhe-wald-huttkopf-steg.html
Für alle die den „Hüttkopf“ auf Geoadmin suchen, dort heisst er: Hüttchopf.
In den letzten zehn Jahren war ich: 0x auf dem Bachtel, 1x auf dem Hörnli, 2x auf dem Schnebelhorn und 4x auf dem Hüttchopf. Man kann auch in Steg starten. Das ist auch recht steil am Anfang, aber nicht ganz so wie von Fischenthal.
Ja, der Hüttkopf ist ein interessanter Berg. Sollte eigentlich Glatzkopf heissen.
Besonders schön finde ich den Weg von Oberegg-Dürrspitz-Hüttkopf.
Auch im Winter ist der Hüttkopf gut erreichbar von Tannen aus, da der Grad viel Sonne und Wind abkriegt und der Weg trotz Schnee gut begehbar ist.
Schlechte Idee im Winter dann zur Tössscheidi runter zu Wandern. Dort bleibt der Schnee liegen. 50 cm tiefer Schnee, ich war den Tränen nah!!!