Vom Umgang mit Rückschlägen
Dass mein Weg auf die Rigi nicht gradlinig sein würde und es nicht nur beim tatsächlichen Aufstieg einige Stolpersteine geben würde, war mir von Anfang an klar. Doch wie geht man damit um, wenn einem der eigene Körper einen richtig mühsamen Brocken hinwirft?
Nach einigen nicht zielorientierten Sommermonaten begann ich im letzten Herbst mit der Unterstützung von Personaltrainer Steve Husistein mit einem gezielten Aufbautraining. Statt meiner in der kalten Jahreszeit üblichen «Winterschlaf»-Phase schaffte ich meine drei bis fünf wöchentlichen Trainings mit für mich ungewohnt hoher Motivation und durfte mich auch über einige kleinere Erfolgserlebnisse freuen. Als ich dann beim Outdoor-Training ausrutschte und mich danach das Knie ziemlich schmerzte, schenkte ich diesem Umstand nicht viel Beachtung – das würde dann schon wieder aufhören.
Das Knie macht nicht mit
Doch es hörte nicht auf. Squats zu machen, wurde fast unmöglich, beim Treppensteigen tat jeder Schritt weh und schliesslich wurde auch das Walken zur Qual. Nach dem ersten Arztbesuch kam die Vermutung, dass es entweder der Meniskus oder die Bänder sind. Ich erhielt die Empfehlung, das Knie zu schonen, und ging mit der Hoffnung nach Hause, dass dies genügen würde. Leider wurde es statt besser schlimmer und ich kam in einen Strudel von Zweifeln.
Würde ich die Kondition, welche ich aufgebaut hatte, gleich wieder verlieren? Die restlichen Kräftigungsübungen machte ich weiterhin – aber würde das genügen? Und wie viel wertvolle Vorbereitungszeit würde ich verlieren?
Personal Trainer Steve Husistein coacht die Autorin beim Aufbautraining. Video: Youtube
Schliesslich führte kein Weg an einer weiteren Untersuchung vorbei und die Diagnose «angerissenes Innenband» stand fest. Da ich bis dahin keine Erfahrungen mit Bänderverletzungen hatte, kontaktierte ich umgehend Steve. Und bibberte ein bisschen. Was, wenn ich ein komplettes Trainingsverbot erhielt? Etwas, was ich vor ein paar Jahren vermutlich noch freudig aufgenommen hätte – eine «offizielle Lizenz zur Rückkehr auf die Couch» sozusagen – war für mich nun zum Horrorszenario geworden. Steve zeigte mir alternative Übungen und beruhigte mich: «Versuch, es positiv zu sehen, Alexandra. Mit diesen Übungen bauen wir sowieso gleich die Muskeln auf, welche du fürs Aufwärtslaufen brauchst – es kommt alles gut!»
Das Vertrauen in mich ist weg
So weit, so gut. Doch irgendwo auf diesem Weg hatte ich das Vertrauen in die wichtigste Instanz in diesem Prozess verloren: mich selbst. Ich fühle mich von meinem Ziel momentan weiter denn je entfernt. Und tue mich extrem schwer damit, den mühsam gewonnenen und extrem schnell wieder verlorenen Fokus wiederzufinden. Geduld ist auch nicht gerade eine Kernkompetenz von mir und jedes Mal, wenn das Knie nach einem Training wieder mehr schmerzt, kommt die Unsicherheit wieder hoch. Werde ich diese Hürde rechtzeitig überwinden, um mein Ziel in diesem Jahr noch zu erreichen?
Wie schnell das Innenband heilen wird, kann ich momentan noch nicht abschätzen. Zwei Dinge weiss ich jedoch ganz genau: Meine Entschlossenheit, das Ziel zu erreichen, kommt so langsam aus meinem tiefen Loch der Zweifel wieder hoch. Und diesen mentalen Umgang mit Rückschlägen, den werde ich lernen (müssen) – denn wenn mein Geist in diesem Prozess nicht mitmacht, wird es auch mein Körper nicht hoch zum Ziel schaffen.
Wie Steve so schön sagt: «Wenn dir mal wieder Steine in den Weg gelegt werden, drauf stehen, Balance halten, Aussicht geniessen, lächeln und weitergehen. Denn mit jedem Stein hast du wieder an Erfahrung und an Training gewonnen. Wäre doch schade, wenn du oben auf der Rigi ankommen würdest und den Rucksack mit all den Erfahrungen, welche dich in deinem Leben weiterbringen werden, zu Hause vergessen hättest, oder?»
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