Auf den Spuren des Bibers
Diese Woche von Schaffhausen via Opfertshofen nach Thayngen (SH/D)
Den Randen kennen viele, das ist der Schaffhauser Jura. Und den Reiat? Er ist weniger bekannt. Die Definitionen, was dazugehört, variieren. Sicher darf man dies sagen: «Reiat» nennt sich angrenzend zum Randen im Osten ein Gebiet, ebenfalls schaffhausisch, mit einsamen Dörfern und kargen Hochflächen.
Eines schönen Frühlingstages brachen wir auf, uns den Reiat anzuschauen – wir hatten, um es vorwegzunehmen, viel Spass und genossen insbesondere die Weite. Der Reiat bietet Platz zum Durchschnaufen.
Bei der Bushaltestelle Schaffhausen Dachsenbüel starteten wir und gingen die ersten paar Minuten die vielbefahrene Strasse entlang durch die Gewerbezone. Ein riesiger Felsen fiel uns auf, an ihm wird gebouldert, also geklettert, fand ich später heraus; darüber hinaus ist Schweizersbild, wie der Ort heisst, auch eine prähistorische Fundstelle. In der Altsteinzeit schon hielten sich hier Menschen auf.
Dein Baum ist rund
Wir bogen rechts in den Wald, wurden die lärmige Strasse los, stiegen empor durch einen Buchenwald, dessen Blättern noch ein wenig das saftige Hellgrün abging. An einer Stelle gab es an der Hangkante ein Aussichtsterrässchen, wir bekamen einen schönen Tiefblick ins Tal von Merishausen serviert. In diesem Waldabschnitt wurde uns auch Poesie zuteil – der Schaffhauser Dichterpfad. «Dein Baum ist rund und meine Stunde voll…», beginnt das Gedicht «Weglese» von Elisabeth Brägger. Wer es ganz lesen will, muss hingehen.
Bald erreichten wir das Plateau des Emmerberges und das weite Gmaafeld. Das Gehen wurde uns vollends leicht. Die nächsten drei Stationen: erstens der Betrieb «Ferienheim» beim Schlösslibuck, Gemeinde Büttenhardt, ein Ort für Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen mit Pferdepension und Besenbeiz. Zweitens: der abgelegene Reiathof, von dem der Name Reiat offenbar ursprünglich stammt. Und drittens: Opfertshofen, unser Mittagsziel.
Der Herrgott kegelt
Das Dorf in seiner Senke und dahinter der Hegau mit seinen erloschenen Vulkankegeln, die Namen tragen wie Hohenhewen, Hohenstoffeln, Hohentwiel: ein Anblick, der mir bleiben wird. Das ganze vulkanische Ensemble ist, nebenbei gesagt, bekannt als «des Herrgotts Kegelspiel». Ein Plan, den ich seit Jahren habe, doch bisher nicht umgesetzt habe: alle diese Kegel besteigen. Einzig auf dem Hohentwiel bei Singen war ich schon.
In der Reiatstube in Opfertshofen assen wir gut; Gott sei Dank hatten wir reserviert, das Lokal war voll. Den Hang entlang wanderten wir hernach Richtung Eggrüti, legten eine Schleife ins Gelände, stiegen ab nach Bibern: wieder ein kleines Dorf zum Liebhaben. Es begann die Schlussetappe: Die gluckernde Biber entlang gingen wir nach Thayngen. Aber nicht auf dem Schweizer Wanderweg; wir nahmen die erste Brücke auf deutsches Gebiet. Dort kann man am Wasser auf Naturboden gehen, während die Schweizer Seite leider asphaltiert ist. Velofahrer mögen das. Wir Wanderer hassen es.
Rat von den Rollatorfrauen
Etwas mehr als vier Stunden hatten wir bis Thayngen gebraucht, reine Gehzeit, versteht sich. Im Schaffhauser Grenzdorf hatten wir Durst, fanden auf dem Weg zum Bahnhof aber kein Restaurant, das offen gewesen wäre. Wir fragten – es war Samstag – zwei Frauen mit Rollator. Sie sagten, soweit sie wüssten, sei grad alles zu. Und sie rieten uns: «Geht ins Altersheim, dort bekommt ihr etwas zu trinken.»
Wir bedankten uns, nahmen den Zug und stiessen einige Zeit später im Bahnhof Schaffhausen in der Brasserie an.
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Route: Schaffhausen, Dachsenbüel (Buslinie 6 ab Bahnhof Schaffhausen Richtung Schaffhausen, Ebnat) – Schweizersbild – Emmerberg – Ferienheim, Schlösslibuck – Reiathof – Opfertshofen – Eggrüti – Bibern – Weg an der Biber – Thayngen, Bahnhof.
Wanderzeit: 4 1/4 Stunden.
Höhendifferenz: 334 Meter aufwärts, 362 abwärts.
Wanderkarte: Swisstopo 1:50 000, 405 T, Schaffhausen–Stein am Rhein.
GPX-Datei: Hier downloaden.
Charakter: Perfekte Frühlingswanderung zum Wieder-Fit-Werden, keine übertriebenen Steigungen, aber doch eine mittlere Länge. Schöne Weitblicke in den deutschen Hegau.
Höhepunkte: Der Blick vom Aussichtsterrässchen ins Merishauser Tälchen. Der Blick von oben auf Opfertshofen und den Hegau. Das Auslaufen an der reizenden Biber.
Kinder: Alles gut.
Hund: Alles gut.
Einkehr: Ferienheim-Besenbeiz, Donnerstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Reiatstube in Opfertshofen, Ruhetage Mo/Di.
Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.
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4 Kommentare zu «Auf den Spuren des Bibers»
Schauen wir, wie lange es hierzulande noch Buchen gibt. Die Laubbäume, namentlich die Ulmen, sind in Gefahr, wie ehemals waldbewirtschaftende Bekannte kürzlich bemerkten. So mein Kurzkommentar, als einer, der damals noch „Focus“ las, Briefe schrieb und heutzutage fleissig – selbstverständlich online im Tagi – beim Pferdefreund kommentiert.
Nachtrag: Biber sind m.E. schädlich.
Missverständnis 1: Biber.
Missverständnis 2: „Facts“ statt „Focus“.
Sorry.
Lieber Thomas Widmer
Herzlichen Dank für die abwechslungsreichen Wandervorschläge, die wir öfters und gerne wandern, so auch die Biber-Wanderung. Allerdings leicht modifiziert, Start Haltestelle Herblingen, am Schluss von Thayngen zurück zum Start, ergibt eine Rundwanderung von ca. 6 Stunden, als Bonus das Pfahlbauerhaus beim Alten Weiher sowie einen Steingarten, das Kesslerloch läge auch noch beinahe am Wege.
Die Biber auf der Deutschen Seite zu wandern würde ich nicht empfehlen, das Gras ist bereits sehr hoch – nach der Appenzeller Landsgemeinde betritt man in der Ostschweiz die Wiesen nicht mehr.
Wir freuen uns auf weitere Wandervorschläge!