Zwischen Piste und Pulver

Bjoern_Heregger

Extrem im Tiefschnee: Freeride-Profi Björn Heregger.

Seit einiger Zeit wird immer wieder berichtet, Skifahren sei total in, Snowboarden total out. Mittlerweile fahre jeder vierte Schweizer Ski, hingegen stagniere die Zahl der Snowboarder. Abgeleitet wird diese Tendenz aus den Verkaufstatistiken des Wintersporthandels. Aber entspricht dies auch der Realität da draussen?

Soeben verbrachte ich eine Woche im Berggebiet – auf der Piste und abseits der Piste. Und ich muss gestehen, die Trend-Situation ist komplex geworden.

Jahrelang habe ich präparierte Skigebiete gemieden. Sie waren mir zu hektisch und zu gefährlich. Irgendwann blickte ich gar nicht mehr durch, um was es dort ging. Um schnell zu fahren? Schön zu fahren? Nicht angefahren zu werden? Selber keinen umzufahren? Ausweichen, aufpassen und für die Tageskarte viel Geld ausgeben? Kein Zweifel: Ich bevorzuge die Einsamkeit und Stille einer Skitour in abgelegenem Gelände. Aus eigener Kraft auf einen Gipfel zu «fellen», danach ins Tal zu powdern.

Variantenfahrer entlasten den Betrieb auf der Piste

Aber mittlerweile, so scheint mir, ist es auch auf der Skipiste entspannter geworden. Stemmbogen-Fahrer können sich vielerorts auf speziellen «Slow Slopes» austoben. Gerast wird mit dem modernen Skimaterial kaum noch. Viele suchen das Abenteuer im Tiefschnee und entlasten dadurch den Betrieb auf der Piste.

Dass Snowboarden out sei, würde ich nicht tel quel unterschreiben. Wer gut fährt, kommt immer noch cool rüber. Aber mir ist aufgefallen: Die Anfänger sind verschwunden. All jene, die früher auf den Pisten rumlagen, weil sie zu wenig Kraft hatten. Oder solche, die mit ihren Boards den Schnee von einer Seite auf die andere Seite pflügten, weil sie es nicht besser konnten. Gut möglich, dass diese Leute auf Ski umgestiegen sind. Mit dem heutigen Material geht das Fahren auf zwei Brettern unbestritten einfacher als mit den einstigen langen Latten. Auch Tiefschneefahren ist mit dem richtigen Ski keine Hexerei mehr, zum Beispiel mit dem breiten, hochgebogenen «Rocker».

Freeriden

So sehen die breiten Ski der Freerider aus.

Die Bezeichnung «Skifahren» ist sozusagen gestorben. Man redet nur noch von Carven, Freeriden, Freeskiing, Big Mountain Skiing, Park and Pipe Skiing, Backcountry Skiing, Slopestyle etc. Hauptsache, es klingt Englisch.

Wunderschön zeigt sich der Trend zum Variantenfahren – also zur Kombination zwischen Piste und Pulver – wenn es schneit. Dann dauerte es keinen Tag, bis alle frisch zugedeckten Hänge erneut von Hunderten von Spuren gezeichnet sind, selbst an exponierten Stellen. Ein Schauspiel, manchmal sicher nicht ungefährlich.

Wie viele Bretter braucht man heute?

Ich selber sehe mich vor ein anderes Problem gestellt, ein finanzielles: Fürs typische Variantenfahren bin ich suboptimal ausgerüstet. Meine Tourenski sind leicht und weich, Freeriden geht damit zwar, aber für die Piste sind sie ungeeignet. Die Pistenski hingegen sind schwer und hart, haben scharfe Kanten und eine flache Spitze. Mit ihnen kann ich über jede Kunstschnee-Eisplatte brettern, ohne einen Millimeter zu rutschen. Im Off-Piste-Gelände taugen sie aber wenig. Ich habe mit einigen Variantenfahrern und Freeridern geredet. Viele besitzen mehrere Paar Ski. Für jeden Schnee, jedes Gelände, jedes Ziel das perfekte Modell. Es gibt Leute, die haben mindestens fünf Paar. Brauche ich das jetzt auch? Ich bin (noch) im Zwiespalt.

Was sind Ihre Erfahrungen? Wie viel sind Sie bereit, für Wintersport auszugeben?

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15 Kommentare zu «Zwischen Piste und Pulver»

  • Joachim Adamek sagt:

    Danke für das charmante feed back, Fr. Knecht. Ich bitte die Holprigkeit meiner Beiträge zu entschuldigen, da sie in größter Eile geschrieben sind.
    Eine gute Analyse über den rückläufigen Trend beim Wintersport, von dem auch Deutschland betroffen ist, war am 28.01.11 im Focus online.de zu lesen: “Den Skischulen gehen die Schüler aus”.

  • Skifreak sagt:

    Es gibt tolle Allmountain-Ski, die auf- und neben der Piste gut funktionieren. Diese sind aber trotz allem ein Kompromiss und zu solchen bin ich zur Zeit nicht bereit – ich habe 5 Paar ski ;-)

  • Tino Etter sagt:

    Nun ja wie alles ist es auch hier eine reine Marketingstrategie der Hersteller. Es wird vorgegauckelt, man bräuchte 3 bis 4 paar Ski, dazu dann noch die dazugehörige restliche Ausrüstung. Ohne ginge es nicht, wollen uns die Hersteller weiss machen. Da sage ich nur: hahaha! 1 Paar Ski reicht! Dazu kommt dann das Wichtigste: Können

  • Stefan Gerig sagt:

    Auch hatte dieses Dilemma und habe nun zwei Paar Ski, ein Paar Race Carver (Elan SLX) und ein Paar Freeriders (da ich nicht Touren fahre brauche ich im Moment keine Tourenski). Meine Freerider (Scott Crusade) sind wohl ein guter Kompromiss und auch für die Piste durchaus geeignet, sind aber mit den extremen Carving Skis nicht wirklich zu vergleichen sind. Ich möchte auf beide Paare nicht verzichten, denn die Race Carver sind im Tiefschnee nicht zu gebrauchen, aber die Radien die sie auf der Piste erlauben sind einfach geil. Das Spiel mit Zentrifugal- und Schwerkraft beim Carven und auch die Freiheit im Pulverschnee sind das Geld für zwei gute Paar Ski wert!!!

  • Skifahrer sagt:

    Also bezüglich Anzahl Skier..
    Ich persönlich besitze 2 Paar.. Ein Paar als Everyday-ski, den ich hauptsächlich auf den Pisten fahre.. Dann hab ich noch nen Freerideski mit Tourenbindung. Mit 103mm unter der Bindung gehört er sicher zu den breiteren Tourenskis aber halt auch zu den schmaleren Freerideskis… Ich würd mir, wäre das Geld vorhanden, wohl noch nen reinrassigen Freerider kaufen.. Für die richtig fetten Powdertage.. Es würden wohl Praxis Powderboards werden.. aber eben.. mein Konto spricht ne andere Sprache :D

  • Urs Kyburz sagt:

    Mit meinem Stöckli Stormrider XXL bin ich sehr zufrieden, sowohl auf der Piste (eher ein Müssen, dank den Kindern kann ich mich aber auch dazu überwinden) als auch auf Tour. Das Mehr an Gewicht macht die Dynafit-Bindung wieder wett. Ich habe zwar auch mehrere Paar Skis (neu, alt und noch älter), aber für unterschiedliche Schneemengen. Denn bei wenig Schnee reut mich mein neuer Ski, da nehme ich den alten (ebenfalls ein Stöckli, zehn jährig, gleitet hervorragend, fährt allen neueren Skiern davon).

  • Joachim Adamek sagt:

    Jeder Tag hat so seinen kleinen Freuden parat. Was den Mittwoch betrifft, so warte ich stets ungeduldig auf die neuste Ausgabe des Alpin-Outdoorblogs. Er war auch heute interessant, obschon und gerade weil in ihm so viele Begriffe auftauchten, die mir erst gar nichts sagten.
    Ich habe mir die Mühe gemacht, sie nacheinander zu googlen: carvern = wedeln; freeriden = Skifahren und Snowboarden durch unberührten Schnee abseits der Pisten; slopestyle = Wettkampf bei dem es einen Hinternisparcours zu bewältigen gilt … Die Zeit, in der wir leben, ändert sich rasant, und das trifft auch auf den Alpinsport zu.
    Aber seien wir ehrlich: Wer würde heute noch gerne mit den schweren Skiern der 60-ziger Jahre einen Berg runterfahren wollen, mit zwei primitiven Bindungen und kiloschweren Skischuhen aus Leder?
    Ich habe zwei Paar Ski (Langlauf & Piste). Aber sie stehen bei mir schon Jahre ungenutzt im Keller, weil ich nur selten Möglichkeit zum Skilaufen habe. Deshalb lohnt sich für mich auch keine Neuanschaffung. Ich bin weit besser bedient, wenn ich vom Ski-Verleih Gebrauch mache.
    Was den finanziellen Aspekt betrifft, so war Winterurlaub schon immer ein bißchen teuerer als Sommerurlaub, sicher. Aber wer den Aufwand nicht scheut und sich im Internet informiert, wird zweifellos etwas Erschwingliches finden. Die Top-Ziele sind meistens ohnehin langweilig. Oder was ist schon besonders reizvoll an einer Weißwurst-Party, bei der der Eintritt 150 € kostet und die in einem Reitstall stattfindet? — Ok, dabei gewesen zu sein ist alles.
    Letzte Woche habe ich in einer österreichischen Zeitung gelesen, daß das Interesse der Jugendlichen am Skisport massiv eingebrochen ist, nachdem die Ski-Ferien in Österreich aus dem Pflichtunterricht herausgenommen wurden. An den Finanzen alleine kann es nicht liegen, da Anschaffungskosten und Freizeiten für sozial schwache Familien bezuschußungsfähig sind. …

  • Alex Magno sagt:

    Als Variantenski kann ich die Dynastar Altiride 4800 empfehlen. Nicht allzu schwer, eignet sich also für Skitouren. Und gute Fahreigenschaften auf der Piste – kein Flattern etc.

  • Daniel Zollinger sagt:

    Das Carving bei den Skiern ist natürlich eine ganz Geniale Erfindung. Carving bei Skiern ist wie Servolenkung beim Auto. Ich liebe beides.

  • Das Wort „Ski“ stammt aus dem Norwegischen, die Mehrzahl lautet „Skier“, ebenso „Telemark“ u.a.m. Die heute fast
    krankhafte Anglomanie überflutet alles Ursprüngliche mit den vielen lächerlichen Anglizismen. Wer sie dauernd ver-
    wendet, meint natürlich à jour zu sein oder gar gebildet. Die Sportfans gehören allerdings nicht unbedingt zur geist-
    vollen Schicht, diese Einstufung müssen sie sich gefallen lassen, solange sie unsere Sprache verhunzen.

  • Deenster sagt:

    kleiner kommentar zum foto: der herr rechts ist nicht mit freeskiern, sondern mit einem SPLITBOARD unterwegs. dies ist ein snowboard, das sich für den aufstieg in ein paar tourenski umfunktionieren lässt. ich war lange skeptisch, habe aber auf diese saison hin mit dem produkt „the solution“ von freeride-snowboard-legende Jeremy Jones mein traum-equipment gefunden. das ding hat magne trace und ist ein directional rocker…hat also sowohl einen tollen flex als auch stabilität und wunderbaren auftrieb. fazit: man steigt fellend auf, ohne mühsam ein snowboard auf dem rücken zu tragen, und hat ein tolles pow-snowboard für die abfahrt: http://www.jonessnowboards.com/boards/solution
    dass niemand mehr snowboarden muss, bloss weil es IN ist, finde ich seehr entspannend. ich bin auf der piste gerne mit skiern am carven, im tiefschnee aber haben die fritten keine chance…:)

    • BK sagt:

      @ Deenster:
      Habe letztes Jahr ein Splitboard ausprobiert und hatte ziemlich Probleme beim Aufstieg. Beim Queren von Hängen brachte ich wegen der kleinen Verbindung zwischen Board und Bindung nicht genügend Druck auf die Kante und ich rutschte ständig ab. Ist das beim Solution bester gelöst. Hast du eine Voilebindungssystem? Danke für dein Feedback

  • Independent sagt:

    Vor 10 Jahren kaufte ich mir ein paar Snowrider zum touren und zum fahren auf der Piste. Dank 130 mm Schaufel und 13 m Radius kann ich damit sowohl auf der Piste carven (dank des Radius) als auch im Tiefschnee kurze oder lange, schnelle Schwünge fahren (dank der breiten Schaufel).

    Nach zweijähriger Abstinenz sind die Ski (mit Diamir-Tourenbindung) Anfang Dezember im Skigebiet von Fiesch zum Einsatz gekommen. Meine Erwartung war, dass die Dinger outdated, nicht mehr schön zu fahren seien. Ich war überrascht – auf der glatten, nicht übertrieben harten Piste war der Ski zum carven beinahe perfekt geeignet.

    Snowrider scheint man noch kaufen zu können (http://www.snowrider.ch/00000095821176809/50198196fb129e203/index.html). Da ich die letzten Jahre nicht mehr viel gefahren bin und mich auch nicht mehr so stark dafür interessierte, fehlt mir der Überblick, obs ähnliches auch von anderen Marken gibt (ich vermute, ja).

  • Curdin sagt:

    Ich wäre mit 3 Paar Ski ideal abgedeckt. 1 Pistenski, 1 extremer Freeride Ski und 1 Tourenski…. Ich bin nun aber am überlegen, ob ich den Tourenski und den Freerideski mit einem Paar abdecken kann. Mit der der Konsequenz dass ich natürlich mehr Gewicht den Berg hochtragen muss, dafür kann ich danach ohne Einschränkung Freeriden. Skifahren bleibt teuer….

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