Gnadenlos erniedrigend: Die Laufanalyse
Fakten first: Mein letzter Trainingslauf ging über eine Distanz von 9,04 km. Durchschnittliche Pace: 06,15 min/km (jawohl, es tut sich was), das Ganze bei einer durchschnittlichen Herzfrequenz von 153 Schlägen pro Minute. Angenehmer Nebeneffekt: Auch beim Gewicht hat sich etwas getan. Immerhin 4 Kilogramm sind auf den diversen Trainingseinheiten liegen geblieben. Hätte ich meine gelegentlichen kulinarischen Gelüste besser im Griff, wären es bestimmt noch mehr geworden.
Meinem Running-Challenge-Gegner Peter Wick geht es ähnlich, behauptet er zumindest, lässt sich aber bekanntlich höchst ungern detailliert in die Karten blicken. Jedenfalls gibt es Fortschritte, und ab dieser Woche starte ich mit meinem Coach Pia Wertheimer mit dem regelmässigen Intervalltraining. Dazu dann mehr im nächsten Blog.
Mit dieser Kolumne ist die zehnte Woche der Running Challenge angebrochen. Seit über zweieinhalb Monaten versuchen Wetterfrosch Peter Wick und ich, zusammen mit Expertinnen und Experten, aus zwei phlegmatischen Genussmenschen – also uns – akzeptable Halbmarathonläufer zu machen. Ziel: Der Greifenseelauf am 16. September. Für alle Beteiligten ein spannendes Experiment, aber auch ein hartes Stück Arbeit.
Hat nicht Bildhauer Michelangelo irgendwann den Gedanken geäussert, dass sich die Skulptur bereits im Steinblock befinde und er sie nur noch befreien müsse? Gilt dies auch für den Couch-Potato? Müsste nicht in jedem Genussmenschen auch ein Athlet hausen, der nur darauf wartet, befreit zu werden und Spitzenleistungen zu vollbringen?
Was trampelt so spät durch Nacht und Wind?
Vergangene Woche haben uns die «TeleZüri»-Kameras bei der Laufanalyse mit Legende Markus Ryffel begleitet. Eine Laufanalyse ist eine wunderbare Sache. Man läuft ein paar Runden und wird dabei von der Kamera gefilmt. Anschliessend kommt es zum unangenehmen Moment: Das Video wird mit dem Lauftrainer ausgewertet und analysiert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur ein Gefühl, eine leise Ahnung davon, wie mein Laufstil wohl aussehen könnte.
Die Selbsteinschätzung: «Wie ein Kenianer schwebe ich leichtfüssig über den flimmernden Asphalt. Die Arme schwingen locker, der Körper ist aufrecht, der Schritt federleicht.» Die Realität: «Was trampelt so spät durch Nacht und Wind? Ist es das Nashorn, schwanger mit Kind?»
Unglaublich, welch dramatisch erniedrigende Bilder man bei einer Laufanalyse über sich ergehen lassen muss. Der Lerneffekt allerdings ist riesig. Hier kommen die wichtigsten Punkte, die Markus Ryffel bei Peter Wick und mir hervorgehoben hat. Vielleicht helfen sie ja auch Ihnen:
- Der Oberkörper neigt zu stark nach vorne. Dies ist vor allem mangelnder Kraft im Bauch- und Lendenbereich geschuldet. Krafttraining, meine Herren!
- Die Schritte sind zu lang. Wir trainieren für einen Halbmarathon, da sind kürzere Schritte viel ökonomischer. Ausserdem ist die Chance gross, dass wir mit kürzeren Schritten eher auf dem Mittelfuss statt auf dem Fersen landen.
- Die Arme rudern seitlich. Ellenbogen ausfahren mag im Job nützlich sein, beim Laufen müssen sich die Arme eng am Körper und immer im rechten Winkel vor und zurück bewegen.
Drei Punkte. Nur drei Punkte, die wir am Laufstil ändern müssen, und schon unterstützen wir den Trainingseffekt positiv und schonen den Körper. Eine Laufstilanalyse ist etwas vom Eindrücklichsten, was wir im Zusammenhang mit der Running Challenge gemacht haben. Ich empfehle es allen Läuferinnen und Läufern.
Tipp: Gönnen Sie sich den perfekten Laufschuh
Laufeinsteigerinnen und -einsteiger, die auf den sozialen Medien beinahe stolz ihre abgelatschten, zerlöcherten Laufschuhe aus längst vergangenen Aktivphasen präsentieren, tun sich keinen Gefallen. Mit altem oder ungeeignetem Schuhwerk sinkt der Laufspass, und das Verletzungsrisiko steigt. Gönnen Sie sich und ihren Füssen nur das Beste. Budgetieren Sie grosszügig und befolgen Sie folgende Gebrauchsanweisung mit eingebauter Erfolgsgarantie:
- Vergessen Sie für einmal Zalando und Co. Suchen Sie sich einen analogen Laufschuhspezialisten. Einen echten Laden mit echten Beratern.
- Nehmen Sie unbedingt den alten Laufschuh mit. Der Laufschuhspezialist sieht sofort, wo der Schuh drückt.
- Nehmen Sie sich Zeit. Gut Schuh will Weile haben. Im Fachgeschäft warten neben einem Beratungsgespräch auch eine ausführliche Fussanalyse und ein Probetragen auf Sie.
Brandaffinen Läuferinnen und Läufern rate ich dringend davon ab, sich zu sehr auf eine bestimmte Marke zu versteifen. Nicht jeder Trendschuh ist auch der beste für Sie und Ihre Bedürfnisse. Vertrauen Sie dem Spezialisten und bleiben Sie offen für den Blick über den Tellerrand.
Alle Folgen der Running Challenge finden Sie hier.
9 Kommentare zu «Gnadenlos erniedrigend: Die Laufanalyse»
War das von Anfang an als Halbmarathon geplant?
Und dann natürlich viel Erfolg beim Umsetzen der Technik. Und viel Spass beim Trainieren :-)
besonders gesund schaut dieser ryffel ja auch nicht aus weiss nicht ob soviel sport eher schaldet
Man müsste einmal ‚vorher‘ mit ’nachher‘ vergleichen. Nicht ’nach‘ Analyse, Instruktion, Therapie, sondern nach monate- bis jahrelanger Praxis des Rennens . Die ganze Physiologie und Neurologie passt sich nämlich an und optimiert sich. Am besten merklich beim Schwimmen. Sonst würden auch Urvölker ein wenig unbeholfen trotten oder den Pfeil schiessen.
erster Gedanke: Der Autor arbeitet wohl im Auftrag einer Sportartikelfirma
und zweiter Gedanke “ .. kulinarische Genüsse besser im Griff.. “ . Wenn ich so etwas höre, dann denke ich an die vielen Hobbyläufer an der Limmat, vom Ehrgeiz zerfressen, quälen sie sich einen ab.
Es gibt viel bessere Möglichkeiten, sich fit zu halten und trotzdem das Leben zu geniessen.
sieht so unabhängiger qualitätsjournalismus aus?
das ist eine werbesendung für ryffel running, sonst gar nix.
warum wird es nicht als paid post gekennzeichnet?
übrigens, zuviel joggen ist ohnehin nicht gut für die gelenke.
Naja – da hatten wir im Tagi aber schon deutlich schlimmere Schleichwerbung für Ryffel, da finde ich das noch sehr dezent.
Übrigens, wer beim Joggen Gelenkschmerzen hat, ist eventuell einfach zu fett.
Oder die Gelenke sind tilt.
oder beides.
Zusatz:
4. Wenn Sie keinerlei Probleme mit Ihren derzeitigen Schuhen haben, sparen Sie sich die Ausgabe für die Beratung.
5. Wenn Sie einmal Ihren perfekten Laufschuh gefunden haben, kaufen Sie einfach immer das Nachfolgermodell – gern auch im Internet, denn die Preise, die das Fachgeschäft aufruft, stehen in keiner Relation zu den 5 Franken, die die Herstellung eines Laufschuhs kostet. Egal, was die Industrie uns einredet, die Dinger sind zu teuer.
«kaufen Sie einfach immer das Nachfolgemodell». Modelle ändern sich. Man nennt das «Weiterentwicklung». Und plötzlich passt der Schuh halt nicht mehr wie gewohnt. Hauptsache im Internet gekauft und an der Beratung gespart. In einem Punkt gebe ich Ihnen allerdings recht: Die Dinger sind definitiv zu teuer. Wie alle Markenartikel.