Dämpfer in der Kältestarre

Die Kälte bekommt nicht allen: Sehr «cooles» Velo am Megavalanche, dem Mountainbike-Event in den französischen Alpen. Foto: Hoshi Yoshika (SR Suntour WERX)
Selbst bei Schnee und Eis verzichten nicht alle Mountainbiker auf ihr Hobby – und auf der Alpensüdseite findet man sogar noch schneefreie Trails. Eiskalt ist es trotzdem. Minus vier Grad am Einstieg auf dem Berg. Da heisst es: nicht lange rumstehen, fahren! Die ersten Wurzeln und Stufen fühlen sich ganz schön rumpelig an, obwohl da eigentlich vorn und hinten 150 Millimeter Federweg für Sänftengefühl sorgen müssten. Was ist bloss mit Gabel und Dämpfer los?
Tiefgekühltes Öl
«Schuld sind in erster Linie Öl und Fette», sagt Christophe Petit von Akira Tuning in Bern. Die werden bei niedrigen Temperaturen zäher und dickflüssiger, Dämpfer und Gabel federn durch die erhöhte Reibung träger. Christoph Bösl von SR Suntour erklärt ergänzend: «Beim Ein- und Ausfedern bewegt sich das Öl je nach Einstellung der Druck- und Zugstufe durch mehr oder weniger geöffnete Kanäle und Plättchen, den sogenannten Shims.» Bei sehr niedrigen Temperaturen und entsprechend zäherer Viskosität des Öls wird der Vorgang verlangsamt. Umgekehrt verhält es sich bei sehr hohen Temperaturen und einer niedrigeren Viskosität des Öls.
«Wenn das Öl infolge kalter Temperaturen zäher wird, wäre ein erster Schritt, die Durchflusskanäle zu erweitern, die Einstellungen an Druck- und Zugstufe also Richtung Minus zu öffnen», so Bösl. Der dadurch reduzierte Widerstand ermöglicht einen schnelleren Durchfluss des Öls und damit leichteres Ein- und Ausfedern.
Gabeln und Dämpfer werden in der Regel mit einem Standardöl befüllt geliefert. «Wenn jemand das Winterbiken ausgiebig betreibt und nach gründlichem Service immer noch ein besseres Dämpfungsverhalten anstrebt, dann lassen sich die Kartuschen für die kalte Jahreszeit auch mit Ölen mit niedrigerer Viskosität befüllen», sagt Bösl.
Bei Akira Tuning arbeitet man mit einem Öl des Schweizer Herstellers Motorex, das auch bei Temperaturen um die 3 Grad noch sehr gut funktioniere, sagt Christophe Petit.
Die Luftveränderung
Natürlich wird auch der Luftdruck durch die Kälte beeinflusst. Harte Gabel, Luft ablassen? Weniger Luft heisst weniger Gegendruck, der Dämpfer kann leichter arbeiten. Allerdings zieht sich bei Kälte die Luft im Dämpfer zusammen, der Luftdruck ist niedriger als gewohnt, die Gabel dahingehend eigentlich zu weich. Petit rät, das Bike schon vor dem Fahren eine Weile an der kalten Luft stehen zu lassen und dann den Luftdruck anzupassen, sprich: etwas Luft hineinzupumpen. «Oft können drei bis fünf psi schon etwas ausmachen», sagt er.
«Im Prinzip schadet die Kälte den Federelementen nicht», meint Petit. Seiner Erfahrung nach seien auch geeignete Schmiermittel bei Kälte wichtig. Denn während sich das Dämpfungsöl durch die Ein- und Ausfederbewegung erwärme, kühle das Schmieröl oft durch den Fahrtwind weiter ab. Dies lässt sich kaum verhindern, theoretisch nur durch eine Isolierung. Schon tauchen vor dem inneren Auge Bilder von bunt umhäkelten Gabeln auf. Ob ich … ? Nein, ich mache natürlich Witze. Besser: bei der nächsten frostigen Runde die Expertentipps berücksichtigen. Und sich auf den Frühling freuen!
Biken Sie bei Temperaturen um oder unter dem Gefrierpunkt? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, was das Ansprechverhalten von Gabel und Dämpfer im Winter angeht? Verändern Sie bei Kälte etwas am Setup, oder fahren Sie einfach wie gehabt? Welche Tipps haben Sie für andere Biker?
Ein Kommentar zu «Dämpfer in der Kältestarre»
Da ich mich auf die kommende Rennsaison vorbereite, fahre ich durch den Winter durch. Auch bei Minustemperaturen geht das hervorragend. Am Setup des Bikes verändere ich nichts. Der Reifendruck wird je nach Terrain und Verhältnis (Eis, Schnee, Boden hart gefroren, etc.) eventuell nochmals ein wenig abgesenkt. Mehr braucht es meiner Meinung nach nicht.