Achtung, Pistengeher!
Im Bergsport gibt es offenbar eine neue Problemdisziplin: das Pistengehen. Statt im freien Gelände steigen immer mehr Tourengänger am Rand präparierter Pisten auf. Sie tun dies aus unterschiedlichen Gründen: Etwa weil sie im gesicherten Skigebiet ihre Kondition schnell und effizient trainieren können. Oder weil sie sich nicht ins ungesicherte Gelände wagen und das Pistengehen als naturnahe Alternative zum Fitnessstudio begreifen. Oder weil im freien Gelände schlichtweg zu wenig Schnee liegt und ihnen der Kunstschnee gelegen kommt.
Das Pistengehen gilt als «neues Phänomen», das insbesondere von Bergbahnbetreibern nicht gerne gesehen wird. Denn Pistengeher nutzen präparierte Hänge für den Aufstieg und die Abfahrt, ohne dafür zu bezahlen. Zudem – und dieses Argument ist tatsächlich nicht zu unterschätzen – gefährden diese Sportler sich und andere. Sie sind ein zusätzliches Risiko auf der Piste. Es kann zu Kollisions- und anderen Unfällen kommen.
Gefahren des Pistengehens
Viele Pistengeher sind sich dessen nicht bewusst. Weil sie sich in geringer Geschwindigkeit gegen die Abfahrtsrichtung bewegen, glauben sie, sie seien nicht gefährlicher respektive gefährdeter als ein stehender, sitzender, liegender Skifahrer oder Snowboarder. Doch sie unterschätzen wohl, dass längst nicht jeder Abfahrende auf Sicht fährt und in der Lage wäre, auszuweichen. Und selbst verantwortungsbewusste Fahrer rechnen nicht unter jeder Kuppe mit einem Pistengeher. Im Gelände gibt es Engpassagen, Steilhänge und Vereisungen. Das Risiko erhöhen die Pistengeher, wenn sie in Gruppen unterwegs sind und nicht hinter-, sondern nebeneinander aufsteigen – und vielleicht noch den Hund mitnehmen.
Die Gefahr nimmt auch nicht ab, wenn der Aufstieg erst nach Betriebsschluss der Bahnen begonnen wird – also am späten Nachmittag, am Abend oder in der Nacht. Dann nämlich kommen die Pistenfahrzeuge zum Einsatz. Oder Seilwinden, mit denen dünne Stahlseile zum Präparieren quer über die Pisten gespannt werden. Sie sind bei der Abfahrt in der Dämmerung kaum zu sehen und bedeuten Lebensgefahr. Ebenso die Strom- und Wasserleitungen, die für die Beschneiungsanlagen verlegt werden. Bei Neuschnee werden in Skigebieten ausserdem Lawinensprengungen durchgeführt.
Regeln ausgearbeitet
Für die eigene Sicherheit ist der Pistengeher selber verantwortlich – nicht die Bergbahn. Um dem Konflikt zu begegnen, hat der Verband Seilbahnen Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Alpen-Club ein Merkblatt ausgearbeitet und Regeln zusammengefasst. In einzelnen Wintersportorten gibt es bereits spezielle, lokale Regelungen für Skitourengeher auf Skipisten. Mancherorts ist es verboten.
Selbstverständlich gilt das Pistengehen als wenig einfallsreiche, alpinistische Betätigung. Sie wird deshalb auch verpönt und belächelt. Dennoch ist sie ein praktisches Training an frischer Bergluft – und findet mehr und mehr Anhänger. Gut möglich, dass auch Schweizer Skigebiete in Zukunft diesem neuen Trend entgegenkommen, die Voraussetzungen für gefahrenfreie, nächtliche Aufstiege und Abfahrten schaffen, dafür allerdings Geld verlangen.
24 Kommentare zu «Achtung, Pistengeher!»
Schon Wahnsinn! Unser Winter Tourismus ist unter Druck, weil immer weniger Gäste zu uns kommen. Die Kosten für eine Skikarte mit Parkplatz und Essen für eine Familie ist selbst für uns kaum mehr erschwinglich. Da kommt nun endlich der Trend vom Skitouren Training am Abend auf Pisten von der Westschweiz in die Deutschweiz und es wird gejammert und gejammert. Habt Ihr wirklich noch nicht erkannt, dass sich die Leute nach dem Stress am Tag noch am Abend aktiv bewegen wollen? Und dies nicht in einem Fitness Studio! Wow!!
Warum nicht an 1-2 Abenden pro Woche nach Pistenschluss eine Strecke „freigeben“ 18.00h-21.00h (erst danach wird die Piste präpariert) und die Bergstation offeriert ein Pastagericht zu einem guten Preis? Der lokale Sporthändler wird auch eingebunden. So gewinnt doch jeder?
Ist auch in der Schweiz nicht so neu.
Auszug: Die neun Regeln für Skitourengeher auf Skipisten sind abgestimmt zwischen dem Verband Seilbahnen Schweiz und dem Schweizer Alpen-Club SAC. Sie gelten ab Dezember 2005.
Diese Art Training oder Skitourenlauf trifft man im Engadin oft an. Sie ist vor allem auch von unseren angrenzenden südlichen Nachbarn sehr beliebt. Komme soeben von einem solchen Trainingslauf zurück. Haben uns am Wendepunkt im Bergrestaurant warm angekleidet einen Kaffee getrunken und ein Stück Aprikosenwähe gegessen, ordentlich das Parkhaus benutzt und da ich aufgrund einer Knie OP noch nicht Downhill fahren sollte, uns für die Rückfahrt mit der Bahn und die Pistenbenutzung beim Aufstieg eine Tageskarte besorgt.
In Summe ein guter Tag und ohne Probleme.
Wahnsinn, schon hat man einen „Pistengeher“ gesehen, schon muss man ihn reglementieren und quälen bis er wieder verschwindet. Seit über 40 Jahren bin ich Skitourenfahrer, aber am Rand von Pisten gehen wir nur wenn der gewählte Gipfel wirklich nicht anders erreichbar ist.
Eine schlimmere Plage sind derweil die Biker, welche nun mit ihren Fatbikes nicht nur die Winterwanderwege sondern auch die Skipisten unsicher machen. Ein solches Velo kann im von den Fahrern/Fahrerinnen gewünschten Temporausch auf der Piste überhaupt nie in sinnvoller Distanz gestoppt werden. und diese Typen wollen nicht nur am Rande fahren. So wie auf den Wanderwegen, Trottoirs usw. auch nicht…. Aber alle drücken die Augen zu weil es ja grad hip ist. Wieso nur??
Die Fatbikes fahren bergab wie die Skifahrer.
Die Piste führt über mein Land. Ich bekomme nichts dafür, dass das Skilift- unternehmen das Land nutzt. Ich darf aber Tourismusabgabe an die Gemeinde zahlen und im Frühling den Dreck wegräumen.
Wem sollen jetzt die „Pistengänger“ etwas zahlen?
Auf meinem Land dürfen Spaziergänger, Schneeschuhläufer und Tourenskifahrer kreuz und quer gratis herum gehen!
Zur Versöhnung als Idee: ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn für das Begehen der Piste ein kleiner Obulus (5CHF oder so) eingefordert wird. Auch gegen eine Parkplatzbewirtschaftung (10 CHF, die auf den Skipass angerechnet werden) habe ich nichts, da ich ja wirklich Platz für zahlende Gäste wegnehme. Kein Verständnis dagegen habe ich gegen überhöhte Gebühren. Wenn mich meine Infoquellen nicht täuschen, verlangen z.B. die Betreiber an der Diavolezza für den Aufstieg 26 CHF, was sich aufgrund der Topologie nicht einmal verhindern lässt.
Man sieht wieder einmal, die Gier in Davos kennt keine Grenzen.
Da werde ich mein Winterurlaub in einem 5 Sterne Hotel in ein anderes Ferienziel verlegen. Aber das spielt für Davos auch keine Rolle.
Die Diavolezza liegt nicht in Davos.
Hier wird in guter kapitalistischer Manier über die Verweigerer des kostenpflichtigen Wintersports geurteilt und dazu ziemlich erschreckend argumentiert. „Die Tourengänger begeben sich in Gefahr weil die Pistenfahrer nicht auf Sicht fahren..“ Auf was fahren sie denn? Auf Gehör oder Gefühl? Es ist wohl offensichtlich wer sich hier nicht an die Regeln hält und dass die Bergbahnbetreiber von der Allgemeinheit das Recht zugebilligt erhalten, die Nutzung ihrer Bahnen durch das freiwillige präparieren der Hänge zu verbessern, wird von diesen offenbar nicht geschätzt. Machen Sie doch die Wanderer mal darauf aufmerksam, in welch grosse Gefahr sie sich begeben, wenn sie auf Wanderwegen unterwegs sind und von zahlenden Downhillbikern, die nicht auf Sicht fahren über den Haufen geschreddet werden..
@Marc: Sie bremsen also als Pistenskifahrer vor jeder Kuppe und Kurve auf Null ab, man muss ja auf einer Skipiste stets damit rechnen, dass da z.B. ein Sofa oder eben ein Kapitalismusverweigerer steht, stimmts?
@Knüsel
Ja, man muss damit rechnen, dass vor allem die Tagesausflügler / Neufahrer hinter der Kuppe pausieren. Oder genau dort in der Kurve, wo einem die Fliehkraft hintreibt. Wer das noch nie erlebt hat, der fährt kein Ski.
@Knüsel: Naja auf Null bremse ich nicht ab, aber von den 80 km/h welche ich auf graden, übersichtlichen und leeren Pisten schon mal erreiche bremse ich auf ein Tempo ab, mit welchem ich auf Sichtweite anhalten oder ausweichen könnte, sollte da ein Wanderer, Hund, Pistengeher, Snowboarder oder sogar ein Sofa stehen. Ich finde das kann man von jedem vernünftigen Biker, Skifahrer und übrigens auch Autofahrer erwarten
„Viele Pistenabfahrer sind sich nicht bewusst, wie gefährliches es ist, nicht auf Sichtweite anhalten zu können“. So müsste es doch heissen, oder?
Pistengeher sollte eher gefördert werden. Und bei den Tageskartenpreisen werde ich wohl auch bald Pistengeher ; ).
Mal wieder schlafen die Schweizer Wintersportorte. Die sollten eigentlich auch langsam begriffen haben, dass die Leute in den Winterferien nicht einfach einen Wochenpass kaufen und rauf und runter wollen, sondern Skifahren nur eine Option von vielen ist. Mit Verboten und Einschränkungen lässt sich kein Trend aufhalten, die Leute gehen dann einfach dorthin, wo die gewünschten Möglichkeiten bestehen und gefördert werden (nicht nur geduldet) Und wieder einmal ist das Österreich.
Liebe Frau Knecht
Tatsache ist aber auch, dass mit zunehmender Kommerzialisierung der Winterlandschaften weniger Platz für Tourengänger bleibt. Tourengänger nehmen übrigens auch viel mehr Rücksicht auf die Natur und die Tiere als lärmige Pisten-Feten. Erst durch die Kommerzialisierung, sprich, das zunehmende Erschliessen und damit verbunden verdrängen der Tourengeher wurde die Situation so. Sprechen Sie nun aus der Lobby der Betreiber von Wintersportgebieten? Traditionelle Sportarten sollen halt auch irgendwo noch Platz haben. Wenn am Pistenrand gegangen wird, hat das meistens den Grund, dass da früher vielleicht einmal eine Tourenroute war, wo dann eine Piste gebaut wurde. Links und rechts davon ist vielleicht die Lawinengefahr zu gross. Sie urteilen viel zu hart!
@Hofer: Ich finde Ihre Argumente etwas an den Haaren herbeigezogen, es ist mir noch nie passiert, dass mich ein böses Skigebiet von meinen Tourenrouten verdrängt hat. Oder gehen Sie nur Modetouren auf Gaudihütten?
Ihr ökologisches Bild von Tourenfahrer in Ehren. Aber leider ist es falsch. Was stimmt ist, dass Tourenfahrer häufig sehr naturverbunden sind. Pistenfahrer weniger. Aber das macht den Tourenfahrer in keiner Weise „ökologisch“. Tatsache ist, dass das Wild den Pistenfahrer ausweichen kann. Diese befinden sich auf einer eng begrenzten Strecke. Freerider und Tourenfahrer hingegen sind schlichtwegs überall und strören desswegen das Wild erheblich stärker. Auch beschädigen die Skis der Pistenfahrer gerade mal die Pflanzen auf der Piste – im Gegensatz zu Tourenfahrer, die auch mal irgendwo in Schutzwälder gegegen Lawinen etc durchlaufen und dort sehr wohl unbeabsichtigt Triebe beschädigen. Absicht und Effekt bei Tourengänger sind zwei völlig verschiedene Dinge!
Ich als Abfahrer habe und hatte nie ein Problem mit Pistengeher. Jedoch mit Laferis welche alle Skifahrer als Pistengaudi Deppen und Türeler als Rücksichtsvoll generalisieren.
Lieber Herr Hofer, vergleichen Sie doch mal die gesamte, zu grossen Teilen den Tourengehern zur Verfügung stehende Fläche der Alpen mit der kleinen Fläche, die Transportanlagen und präparierte Pisten in Anspruch nehmen.
Dazu kommt, dass in der Schweiz in den letzten 20-30 Jahren nur sehr wenige Gebiete neu erschlossen worden sind. Vielfach ist das Gegenteil der Fall und Transportanlagen und präparierte Pisten wurden abgeschafft, wie z.B. auf Pischa oder Muottas Muragl.
Ihre Argumentation ist an den Haaren herbeigezogen.
Geschätzte Frau Knecht, die Pistengeher sind kein neues Phänomen, das gibt es in Östereich schon seit vielen Jahren, siehe http://www.mountaineers.at/winter/nachtskitouren , und ist dort auch bestens organisiert. Da sich die Bergbahnen in der Schweiz (vorallem bei uns in Davos) verweigern, laufen die Leute am Abend unorganisiert eine Piste rauf und begeben sich in sehr gefährliche Situationen, weil dann die Pistenmaschinen unterwegs sind. Da ich früher selber Pistenmaschinenfahrer war, weiss ich von was ich spreche. Den Bergbahnen empfehle ich, anstatt einfach ein Verbot für die Pistengeher auszusprechen, dass eine markierte Laufspur installiert wird, nach dem Vorbild in Innsbruck. Mit freundlichen Grüssen
Das klingt doch nach einem vernünftigen Vorschlag!
Anstatt innovativ etwas für die Kondisportler zu machen und von ihnen für eine *gute Leistung* (Präparierte und sichere Aufstiegspiste in den Abendstunden) auch etwas zu verlangen, wird lieber gemeckert und verboten. Aber der gemeine Schweizer ist leider nicht geschäftstüchtig genug, hier einen Markt zu erkennen und zu bearbeiten. In anderen Alpenländern wird vorgemacht, wie’s geht… Würde ich nicht so weit weg von den Bergen wohnen, ich wäre der erste der sich ein Saisonabo kaufen würde :-)
@Dominik: … aber kaum ist der „gemeine Schweizer“ geschäftstüchtig genug, finden die gleichen Leute, es sei dann doch alles „zu kommerzialisiert“, „zu teuer“, „für jeden Scheiss muss man bezahlen“, etc etc…
@Hugo Das ist dann der Bruder des gemeinen Schweizers, welcher sich über alles echauffiert was Geld kostet :-)