Was für eine wässrige Route!

Diese Woche von Koblenz durchs Auengebiet Chly Rhy nach Bad Zurzach (AG)

Unterwegs nach Koblenz fällt mir auf der Höhe von Klingnau der Bildband ein, der mir eben zugegangen ist. Eine Neuerscheinung, der dritte Band der Reihe «Stille Orte». Autor Heinz Storrer hat die Gabe, Natur in Sprache fassen zu können. Fotografieren kann er ebenso gut.

Einer von Storrers stillen Orten ist der Klingnauer Stausee, ein Vogelparadies. Flammende Hagebutten, Eicheln so traut wie auf der Jasskarte, Schwäne und Wasserlinsen holt Storrer ins Bild. Ein «blau flammender Blitz» und «ein türkisfarbenes Flackern»: So schildert er einen Eisvogel im Flug.

Nützliche Kriegsbunker

In Koblenz-Dorf steige ich aus dem Zug und bin schnell am Rhein. Er wird meine Wanderung bestimmen, die nicht lang ist, aber apart. Weltkriegsbunker flankieren den Fluss. Obendrauf hat es Aussichtsplattformen mit Tafeln, die zum Beispiel von der Nutzung der Kraft des Rheins erzählen, aber auch von seiner Geschichte. 13’000 Durchfahrten hinüber nach Deutschland seien es täglich, lese ich über den Koblenzer Brückenübergang.

Ruhig ist es am Fluss, ab und zu ein Jogger, etwas Lärm von der Strasse, wo diese nah ist. Irgendwann führt der Wanderweg aus dem Wald aufwärts zum römischen Wachturm aus Kalkstein. 1906 wurden die verbliebenen Mauern ausgegraben. Eine Inschrift erlaubt die Datierung: 371 nach Christus, die Zeit des Kaisers Valentinian. Der Standort ist auch genannt, «summa rapida», oberste Stromschnelle.

Die Boa constrictor

Heute ist der Koblenzer Laufen, den ich auf diesem Abschnitt passiere, die einzige erhaltene Schnelle am Hochrhein. Viel sehe ich nicht von ihm. Dafür bin ich bald darauf begeistert vom Auengebiet des Laufen. Inselchen, anarchische Grasbüschel, Wasser in allen Tempi, Tümpel, sumpfige Ufer. Und Grün in zig Nuancen. Wie am Amazonas fühle ich mich, es fehlt bloss die Boa constrictor, die sich gelegentlich einen Wanderer holt.

Genau zur Mitte der Unternehmung erreiche ich die Aue von Rietheim; Chly Rhy heisst sie auch nach dem gut anderthalb Kilometer langen Seitenarm des Rheins, der lange verbaut war, bis ihn unsere Gegenwart sanierte und wieder richtig an den Hauptfluss anschloss. Letztes Jahr war Einweihung der renaturierten Aue.

Der Wanderweg führt durch die Ebene. Ein Aussichtsturm auf einem Tümpelinseli ist das dominante Bauwerk, er ist mit Büschen getarnt und aus Holz. Safari in Kenia, denkt es in mir. Froh bin ich, dass wenig später der Sandhaufen am Weg erklärt ist. In ihm können Uferschwalben brüten.

Die Fähre ruht

Als ich wieder am Rhein bin, ist die Wanderung noch nicht fertig, auch wenn der Turm des Thermalbads Zurzach nah ist. Am anderen Ufer lockt das deutsche Örtchen Kadelburg. Schön wäre es, überzusetzen und dort etwas zu essen. Doch die Fähre hat Winterpause.

Letzte Attraktion meiner Wanderung ist die Barzmühle, die von einer Stiftung gerettet wurde. Das Rad ist imposant, die Türen verschlossen, man muss sich anmelden, wenn man das Haus samt Getreideausstellung besichtigen will. Bald darauf, als ich praktisch in Bad Zurzach bin, beginnt es zu tröpfeln. Das passt: Wasser als dominantes Element dieser Route.

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Route: Station Koblenz-Dorf–Rheinufer–Römischer Wachturm–Chly Rhy–Zollhus, Fähre–Barzmühle–Bad Zurzach, Bahnhof.

Wanderzeit: 2¼ Stunden. Fast keine Höhendifferenz.

Wanderkarte: 215 T Baden, 1:50’000.

GPX-Datei: Hier downloaden.

Charakter: Schwereloses Wandern am Rhein mit viel Geschichte und Natur.

Höhepunkte: Die Aussicht von den Bunkern auf und über den Fluss. Die Auenlandschaft des Koblenzer Laufen. Der Beobachtungsturm im Auengebiet Chly Rhy.

Kinder: Perfekt!

Hund: Anleinen!

Einkehr: Nur am Anfang und am Schluss.

Auengebiet: Hier der Link zum opulenten Internetauftritt.

Fähre: Die Fähre von Zurzach-Zollhus nach Kadelburg hat bereits Winterpause.

Erwähntes Buch: «Stille Orte der Schweiz», Band 3, von Heinz Storrer. Grossformat, mit vielen Fotos. 69 Franken. Verlag Werd & Weber.

Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.

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2 Kommentare zu «Was für eine wässrige Route!»

  • Stefan Haus sagt:

    Einkehren kann man durchaus auch in der Mitte, mit ganz kleinem Umweg in die Krone Rietheim. Und bei Bad Zurzach Tourismus (www.badzurzach.info) findet man allerlei infos zum Auengebiet, zur Barzmühle, den Salzbohrtürmen und vielem mehr, das einem in Bad Zurzach geboten wird! ;)

  • Urs Kyburz sagt:

    Im Chly Rhy lohnt sich übrigens ein längerer Aufenthalt, oder zumindest sollte man am Abend nochmals vorbei kommen. Dann sind nämlich die Biber aktiv.
    http://idnu.ch/wordpress/zwei-naturjuwelen-im-aargauer-norden/
    Ebenso lohnend für Naturfreunde ist der Klingnauer Stausee, der bald ein Besucherzentrum beim Aussichtsturm erhalten soll.

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