Ab nach Felsenarsch
Diese Woche zu den unterirdischen Mühlen bei Le Locle und nach Les Brenets (NE)
Man stellt sich die Müllerei als fröhliches und lichtes Handwerk vor, so kennt man sie aus den Märchen, dick und satt steht der Müller vor seiner Mühle. Mit Col des Roches verhält es sich ein wenig anders: Es handelt sich um unterirdische Mühlen. Die Männer, die einst in ihnen arbeiteten, waren wohl eher hohlwangig und bleich.
Wir können mit dem Postauto vom Bahnhof Le Locle nach Col des Roches am südwestlichen Rand des Hochtals von Le Locle fahren. Wenn wir die halbe Stunde zu Fuss gehen, erkennen wir gleich die Beschaffenheit der Landschaft.
Feuchte Unterwelt
Nämlich: Gegen Col des Roches zu verengt sich das Tal, bis knapp vor der Grenze zu Frankreich ein Felsriegel es abschliesst. Das träge Talflüsslein Bied versickert an dieser Stelle, legt unter Tag entscheidend an Geschwindigkeit zu und hat eine Serie von Kavernen geschaffen. Im 17. Jahrhundert erkannten findige Leute, dass man den Bied auf diesem Abschnitt als Treiber von Wasserrädern, Dreschwerken, Ölpreissen nutzen kann. So entstanden die unterirdischen Mühlen, die bis Ende des 19. Jahrhunderts im Betrieb waren, um in unserer Neuzeit als Museum aufzuerstehen.
Wir zahlen am Schalter des Museumsgebäudes unseren Eintritt, zu Gruppen gesellt sich ein Führer, Einzelreisende fassen einen Audioguide, eine Ausstellung ist zu besichtigen. Und dann geht es die Treppe hinab in die Unterwelt, feucht ist es, es rieselt, gute Schuhe sind vonnöten. Ebenso faszinierend wie der Anblick des riesigen Holzrades, all der zudienenden Geräte, der immer neuen Hohlräume und Schächte und Stege und Stiegen sind die Töne und Klänge. Es rieselt, die Schritte hallen, das Mühlerad klappert.
Erstaunlich, dass Col des Roches in der Deutschschweiz nicht bekannter ist. Übrigens: Der Ort hiess zunächst Cul des Roches, Felsenarsch; den Namen zog er sich durch seine Abgelegenheit zu.
Nun wird gewandert, besonders anstrengend ist der Weg zur nächsten Sehenswürdigkeit nicht, dem Jürgensen-Turm. Wir gehen durch den Autotunnel, kommen zu einem Kriegsdenkmal, drehen gleich rechts, ein zweiter kleiner Tunnel ist zu nehmen. Nah einem Druckrohr geht es hinab zum ziemlich verschmutzten Grenzfluss Rançonnière, wieder aufwärts zur Bahnlinie nach Les Brenets und via Les Combolles zum Punkt Caroline. Herrlich dort der Blick auf Les Brenets mit dem gleichnamigen Lac des Brenets, dem verdickten Doubs.
Zum Schluss aufs Schiff
Weiter oben ist die Sicht noch schöner. Dort steht unser Turm, der mit seinen zackigen Zinnen aussieht wie ein normannisches Jagdschlösschen. Wieder sehen wir Les Brenets und den See und französisches Land. Erbaut hat das surreale Turmding, das Mittelalter spielt, der dänisch-schweizerische, mit der Houriet-Dynastie verbandelte Uhrenpionier Jules Jürgensen in den 1870er-Jahren.
Wenn wir uns sattgesehen haben, gehen wir weiter. Der Abstieg nach Les Brenets ist schnell vollzogen, er führt wieder zum Gutteil durch schattigen Wald. Unten im Grenzort empfiehlt sich, bevor wir mit dem Schmalspurzüglein nach Le Locle zuckeln, eine Schifffahrt. Regelmässig verkehren Boote zum Saut du Doubs, einem imposanten Wasserfall; auch ihn muss man gesehen haben. Hernach wird man sagen: Doch, eine ergiebige Wanderung, drei Sehenswürdigkeiten auf einen Streich.
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Route: Le Locle, Bahnhof – Col des Roches, unterirdische Mühlen (Besichtigung) – La Rançonnière – Caroline – Jürgensen-Turm – Caroline – Les Brenets, Bahnhof.
Wanderzeit: 2 1/2 Stunden ohne Besichtigung der Mühlen.
Höhendifferenz: 320 Meter auf-, 390 abwärts.
Kürzer: Mit dem Bus (381, Richtung La Brévine) vom Bahnhof Le Locle nach Col des Roches (die Haltestelle heisst «Le Locle, Moulins Souterrains»). Das spart eine halbe Stunde Gehzeit.
Wanderkarte: 231 T Le Locle, 1:50’000.
GPX-Datei: Hier downloaden.
Unterirdische Mühlen: Die Mühlen sind, abgesehen von kurzen Weihnachtsferien, das ganze Jahr offen. Öffnungszeiten bis Oktober: jeweils von 10 bis 17 Uhr. Man kann sie allein besichtigen, die Information kommt dann von einem tragbaren Gerät. Für Führungen konsultiere man die Website. Wichtig: Warme Kleider mitbringen, es ist kühl.
Charakter: Ziemlich leichte Wanderung. Weil einige kurze Stücke leicht coupiert sind oder im Wald (Wurzelwerk) verlaufen, braucht es doch Wanderschuhe. Faszinierend gerade für Familien wegen der Mühlen und des Turmes; die Wanderung ist sehr abwechslungsreich.
Höhepunkte: Die unterirdischen Mühlen. Der Weitblick vom Jürgensen-Turm. Das herzige Bähnli von Les Brenets nach Le Locle.
Kinder: empfehlenswert.
Hund: Er darf nicht mit in die Mühlen.
Einkehr: Am Anfang und am Schluss.
Saut du Doubs: Toll ist die Schifffahrt von Les Brenets auf dem Lac des Brenets zum Saut du Doubs (Wasserfall) und retour. Fahrzeit hin und retour je 20 Minuten. Zum Fahrplan.
Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.
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3 Kommentare zu «Ab nach Felsenarsch»
Herzlichen Dank für den interessanten Artikel über unser Museum. Super Wanderbericht, spannend zu lesen.
Von Mai bis Oktober bieten wir täglich Führungen für Gruppen und Einzelreisende an.
Wir freuen uns, Sie nächstens in Le Col-des-Roches empfangen zu dürfen.
http://www.lesmoulins.ch
Grüsse aus den Neuenburger Bergen
Es ist wohl weder Abgelegenheit noch Sackgasse, sondern schlicht und einfach der Anblick, welcher die Namensgeber inspirierte, vgl. z.B. die Bilder, die zum Col des Roches auf Panoramio.com zu finden sind.
http://www.panoramio.com/photo/23981594
Danke für Ihre Berichte vom Neuenburger Jura und viele Grüsse von dort
„Der Ort hiess zunächst Cul des Roches, Felsenarsch; den Namen zog er sich durch seine Abgelegenheit zu“…..mit Verlaub, Hr. Widmer, glaub ich eher, dass der Name eine einfache Ableitung des französischen Worts für Sackgasse ist: eine solche heisst nämlich „cul-de-sac“.
Danke trotzdem für den Wanderbericht…ich werde diesen auf die immer-länger-werdende Wanderliste für meinen nächsten CH-Besuch einschliessen.
Gruss aus Kanada