Unterwegs im Rettungssektor X3

Diese Woche von Bargen zur Wutach und nach Schleitheim (SH/D)

Immer wieder gut, über den Randen zu wandern, den Schaffhauser Jura. Circa ab Merishausen hat man im Bus das Gefühl, man werde der Normalität entrückt. Alles so abgelegen, so ruhig und für sich da hinten – eine eigene Welt.

Bargen, der Bus wendet, Ende der Fahrt. Einst stieg ich an diesem Ort im Winter aus, wanderte via Schwedenschanze nach Beggingen; ich stürzte im Abstieg dreimal im Schneeregen, und am Schluss in Beggingen stürzte sich ein Höllenhund auf mich, worauf ich den Regenschirm zückte, in den er sich verbiss. Schirm kaputt, Widmer intakt.

In die Wutachflühen

Aber das ist lange her. Und diesmal ist es nicht kalt, sondern heiss. Wir wandern zu dritt los, Ronja und Svenja und ich. Die anderen vom Grüppli haben gekniffen oder waren anderweitig verplant.

Wir halten hinein ins Mülitäli, biegen bald rechts ab, wir wollen auf den Hoh Hengst. Der Waldweg wird steil, oben schwitzen wir gehörig, ich klatsche eine Bremse flach, die aber schon zugestochen hat.

Kurze Rast und Betrachtung des Wegweisers. Fützen ist angegeben, fünf Kilometer sind es dorthin, zu den Schweizer gesellen sich jetzt deutsche Wandermarkierungen.

Denn per sofort wandern wir in Deutschland. Freilich leitet uns weiterhin die Schweizer Wanderkarte 1:50’000 «Schaffhausen / Stein am Rhein». Beim Randenhof zweigen wir links ab in den Waldhang, der Pfad wird schmaler. Wir verlaufen uns kurz, kein Problem, wir haben die Orientierung, wissen recht genau, wo Fützen ist.

Wir durchqueren Fützen auf dem Weg zur Wutach, stattlich, diese Ortschaft inmitten von Äckern und Waldstücken. Die Gaststätte Zum Kranz hat offen. Schön kalt die Getränke, sie tun not. Dann ziehen wir weiter, halten rechts vorbei am Hügel Hartbuck, treten ein in den Wald der Wutach.

Wutachflühen heisst der Abschnitt, den wir im Folgenden laufen. «Flühen» gleich steile Wände. Kühl ist es im Schluchtwald, der Weg zieht in einiger Entfernung zum Fluss in etwa der Höhenlinie entlang vorwärts, manche Partien sind glitschig, andere wurzelbepackt. An einer Stelle ist ein Riesenstein mit «Mannheimer Felsen» beschriftet.

In derselben Gegend passieren wir ein Schild, das informiert: Dies ist die Grenze zwischen Rettungssektor X2 und Rettungssektor X3. Darunter die Nummer 112. Wenn man ausrutscht und sich den Fuss bricht oder so, kann man der Bergwacht Schwarzwald am Handy gleich sagen, wo man in etwa abzuholen wäre.

Schlussbier in Schlaate

Ist das nicht etwas dramatisch, witzeln wir, während wir, nunmehr hart am Trassee der Wutachtalbahn, bekannter als «Sauschwänzlebahn», nach Grimmelshofen hineinhalten. Bergwacht? Rettungssektor? Die Wutachschlucht ist hübsch, aber unser Abschnitt war etwa so gefährlich wie, sagen wir, das Meilemer Tobel über dem Zürichsee oder die Twannbachschlucht über dem Bielersee. Alles eine Frage der Perspektive, als Schweizer ist man Gröberes gewohnt.

Ende der Flühen, wir sind in Grimmelshofen. Ein älterer Mann sitzt vor seinem Haus. Schweizer, fragt er? Er habe, erzählt er, sicher 30-mal den Altmann erstiegen, den zweithöchsten, nur in leichter Kletterei erreichbaren Gipfel des Alpsteins. Seine Sehnsucht, noch einmal jung zu sein und Hand an den Fels zu legen, ist spürbar.

Weiterhin folgen wir ab Grimmelshofen der nunmehr total gemässigten Wutach, um dann – womit wir wieder Schweizer Boden betreten – nach Holeneich und Ländli aufzusteigen. Wo kein Wald ist, brennt uns die Sonne brutal auf die Köpfe. Endlich erscheint zu unseren Füssen Schleitheim, das von seinen Bewohner «Schlaate» genannt wird. Wieder ein sehr apart gelegenes Schaffhauser Dorf, wieder diese Aura von Losgelöstheit.

Vor der Brauerei, einer klassischen Dorfknelle, stossen wir einige Zeit später im Schatten auf die Wanderung an: viel gesehen – und viel geschwitzt.
++

Route: Bargen, Dorf (Bus ab Schaffhausen) – Müli – Hoh Hengst – Randenhof (auch: Klausenhof) – Fützen – Hart – Wutachflühen – Pfaffenholz – Grimmelshofen – Kuhhalde – Holeneich – Ländli – Stauffenberg – Schleitheim (Bus nach Schaffhausen).

Wanderzeit: 5 Stunden.

Höhendifferenz: 545 Meter auf-, 675 abwärts.

Wanderkarte: 405 T Schaffhausen / Stein am Rhein, 1:50’000.

GPX-Datei: Hier downloaden.

Retour: Bus von Schleitheim nach Schaffhausen Bahnhof.

Charakter: Am Anfang und am Schluss Randen, also Jura. Dazwischen ein Bachtobel-Weg. Mittlere Anstrengung. Die Wanderung verläuft teilweise in Deutschland, ID oder Pass und Euro mitnehmen.

Höhepunkte: Kalte Getränke in Fützen. Die kühlen Wutachflühen. Schleitheim von oben.

Kinder: keine Probleme.

Hund: keine Probleme.

Einkehr: In Bargen und Schleitheim. In Fützen: Zum Kranz, Mo Ruhetag. Di ab 16 Uhr,  Mi ab 10 Uhr, Do 10 bis 14 Uhr und wieder ab 16.30 Uhr, Fr bis So ab 10 Uhr.

Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.

++

Beliebte Blogbeiträge

Ein Kommentar zu «Unterwegs im Rettungssektor X3»

  • J. Gönner sagt:

    Liebe Wanderfreunde,
    und die Bezeichnung auf den Landesgrenzsteinen in dieser Gegend können auch Verwirrung auslösen, Schweizerseite CS (Czechosslovakia!!) und auf deutscher Seite (GB) (Great Britain!!), was jedoch für Canton Schaffhausen (CS) und für Grossherzogtum Baden (GB) steht.
    Wie auch immer Wanderungen in dieser Gegend sind immer erholsam, kein Massenandrang! Habe jedoch schon öfters Wanderer, die ich traf, zur Frage betreffend der Grenzsteinbeschriftungen in Zweifel gebracht.
    Gruss J. Gönner

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.