Ein Pfui aus der Frauenwelt

«Ran London Marathon»: Das offizielle Finisher-Shirt ist manchen eine Nummer zu gross. Foto: PD

«Ran London Marathon»: Das offizielle Finisher-Shirt ist manchen eine Nummer zu gross. Foto: PD

Die Marathonstrapazen von London liegen inzwischen einige Wochen zurück. Die Muskeln fühlen sich Tag für Tag geschmeidiger an, die Energiereserven sind wieder spürbar, und langsam realisiert auch das Hirn, welche Parforce-Leistung der Körper vollbracht hat. Zufriedenheit und ein Quäntchen Stolz haben sich in den vergangenen Tagen ins Herz geschlichen. Wie bei der schmerzhaften Trennung von einem Partner, lässt auch beim Marathon die Zeit vergessen, welche Qualen, Ärgernisse und Krämpfe mit dem körperlichen und emotionalen Abenteuer einhergingen. Zurück bleibt das Produkt einer verklärenden rosaroten Brille: die Sonnenschein-Momente, die Schmetterlinge, die Euphorie und die Sehnsucht nach diesen Gefühlen. Das ist bei Läufern nicht anders.

Marathonlaufen ist so etwas wie eine On-off-Beziehung: Einige Kilometer vor der Ziellinie verflucht wohl manch ein Marathoni seinen Entschluss anzutreten und schwört sich, das nie wieder zu tun – und nur wenige Wochen später verzehrt er sich nach den Trainings und den Glückshormonen, die zu dieser Leidenschaft gehören. Während gebrochene Herzen ihre Sehnsucht mit dem unablässigen Abrufen romantischer Selfies, mit nach dem Verflossenen riechenden Shirts oder Schnulzen à la «All by Myself» von Eric Carmen lindern, lassen sich die Läufer vor allem durch ein ganz spezielles Erinnerungsstück in die Vergangenheit katapultieren: das Finisher-Shirt. Es ist nicht nur eine Belohnung, ein Beweisstück, sondern – je nach Ausgang des Rennens – auch eine Trophäe, die Verbindung zu den Gefühlhochs und, wie ein vergilbtes Foto, ein Erinnerungsstück.

Marathons sind wie Männer, manche sind dieser Sehnsucht nicht würdig, sie sind zu vergessen – nach dem Motto: hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen. Andere sind zwar passé, haben aber zeitlebens einen fixen Platz im Erinnerungsalbum des Herzens. Sie waren prägend. Der Marathon von London ist so einer. Nach mehreren Watschen endlich wieder einer, der mein Herz wieder höher schlagen liess, einer bei dem vieles passte: die ausgelassene Stimmung der Zuschauer auf der Tower Bridge; die nahezu perfekte Organisation; die Kulisse, die einem Crescendo gleich von Greenwich ins Herz Londons führt und den Läufer mit immer sehenswürdigeren Szenarien von den immer grösseren Strapazen ablenkt; ein gnädiger Petrus – und eine Bestzeit.

Trotzdem: Dieses Finisher-Shirt werde ich freiwillig niemals tragen. Nicht etwa, weil ich mich nicht gerne an jeden einzelnen dieser 42’195 Meter erinnern würde oder nicht stolz darauf wäre. Der Grund ist viel banaler: Es passt mir nicht! Weil es ein Unisex XS ist – die kleinste Grösse muss nicht nur weiblichen Stöpseln wie mir passen, sondern auch den kleinen Männern. Ich habe also ein halbes Nachthemd mit nach Hause genommen, immerhin, es ist atmungsaktiv. Das macht es aber wiederum untauglich als Pyjama, weil weder angenehm noch sexy. Was für eine Enttäuschung!

London ist aber bei weitem nicht der einzige Veranstalter, der uns Frauen vergisst. Auch in der Schweizer Laufszene haben die wenigsten Organisatoren realisiert, dass die Läuferinnen einen immer grösseren Anteil ihrer Teilnehmer ausmachen. Immerhin sind mit dem Grand Prix von Bern und dem Greifenseelauf zwei Grossveranstaltungen dieses Jahr endlich aufgewacht.

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38 Kommentare zu «Ein Pfui aus der Frauenwelt»

  • Thomas Renner sagt:

    Also ich kann das nicht nachvollziehen, ganz im Gegenteil. Ich nehme immer das grösste T-Shirt (XL) und in 9 von 10 Fällen kann es nicht tragen, da es viel zu eng ist. Die Arme bewegen geht nicht mehr und ich sehe wie ein Presswurst aus. Ich wäre noch so froh, wenn die Finischer T-Shirts eine Nummer grösser wären.

  • Luise sagt:

    Von wegen aufgewachtem GP von Bern: Für Leute wie mich, die etwas länger brauchen, gabs nur noch M, L und XL. Ich war wirklich frustriert und hab das sackartige Ding in der unmöglichen Farbe gleich in den Rotkreuzsack geworfen.

  • Sandro Papenfuss sagt:

    Auch Frau Wertheimer sollte mittlerweile verstanden haben, dass Sport – und insbesondere Running – eine todernste Angelegenheit ist, welche keine humoristische Betrachtung (selbst in homöopatischer Dosis) duldet.
    Wo kämen wir denn da hin, wenn man über sein Hobby oder gar über sich selber schmunzeln könnte!

    Kurzum: Danke Pia und weiter so :)

    • Markus sagt:

      Ich befürchte nur, dass Frau Wertheimer dies ganz und gar nicht humoristisch gemeint hat – aufgrund ihrer bisherigen Blogs – , sondern ernst.

  • Lexi sagt:

    Ay, easy.
    Sei stolz auf das Finishing. Du jammerst auf extrem allerhöchstem Niveau. In den 70ern hat es so einen Knopf gegeben, unten, seitlich um die weiten „Maxishirts“ Bauchfrei zu machen. Einfach Knopf ins T-Shirt machen. Geht aber nur mit wirklich viel zu grossen Shirts. Und sieht echt super aus. Probier es! Wähle am nächsten London Marathon zwei Grössen zu gross. Als Schwimmerin habe ich das Problem, dass mir die Sachen oft oben zu eng sind. Aber dann unten viel zu lang. Ich machte diesen alten 70er Knopf erst als Notlösung rein. Aber es sieht dann fast immer aus wie echt chic!
    Würde Dir bestimmt super stehen. Und dann der Sihl entlang damit und hoch Richtung Albisgüetli- Üetliberg, der Shower Strecke aller Zürcher mit Finischer-T-Schis. Wir werden neidisch hinterhergurken.

  • Hans Knecht sagt:

    „hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen.“
    Jöh, ein Prinzessinnen-Marathon.

  • Fritz sagt:

    Ich habe das Gefühl, es gäbe interessantere Themen im Bereich Laufsport als das Finisher T-shirt eines Marathons. Dieser Beitrag fühlt sich für mich nach ich-muss-jede-Woche-was- schreiben,-was könnte-ich-heute-mal-thematisieren? an… etwas tiefgründiger und relevanter, das Ganze bitte!!!!
    Warum nicht mal eine Serie „Schöne Trainingsläufe als Vorbereitung auf einen Bergmarathon“ (Um den Gempen, Taminaschlucht, Täsch-Riffelalp,… mit entsprechenden Tipps von Spezialisten, wie man diese Strecken „packen“ muss und was es zu beachten gibt)….

    • Luise sagt:

      Interessantere Themen? Den meisten Frauen ist nicht egal, was sie für ein Shirt tragen. Da kommen wir zum alten Thema „sollen, wollen, können, müssen Sportlerinnen hübsch aussehen oder sich in unsexy Säcke stecken und vor sich hin müffeln?“

  • maia sagt:

    Warum holt man sich ein T-Shirt ab, dass einem nicht gefällt? – Das muss ich jetzt nicht wirklich verstehen – oder?

  • Markus sagt:

    Als Mithelfer eines Marathons bei der Finisher-Shirt-Ausgabe, müssen wir uns sowohl von Männern und noch vielmehr von Frauen immer das gleiche anhören: „welche Grösse ist für mich die richtige?“
    Vieles muss man sich dabei anhören bis zu Wutausbrüchen! Gespräche mit dem Organisator, etwas anderes als die Finisher-Shirts abzugeben führen ins Leere. Ich möchte nicht wissen, wie viele Leibchen, der im Ausland hergestellten Shirts völlig sinnlos in den Kleiderschränken „verrotten“
    Es sollten sich möglichst viele Läufer bei den Organisatoren melden, nur so merken diese, dass die Läufer(innen) gerne etwas anderes, als die zum Teil schreckfarbenen Leibchen wünschen.

    • Lukas Aeschbacher sagt:

      Bei mir sind die Finisher-Shirts in regem Gebrauch. Klar, habe ich mittlerweile mehr als ich eigentlich brauche, aber es sind Erinnerungsstücke, die ich immer wieder gerne trage – Funktions-Shirts für Sport und baumwollige für Gartenarbeit, zum schlafen oder einfach so zu Hause. Ich finde hingegen die Medaillen sinnlos. Diese liegen bei mir irgendwo in einer Schachtel. Oder beim Hallwilersee-HM gab es mal ein Hufeisen – was soll ich denn damit?

  • Oliver Brunner sagt:

    Sorry, aber dieses Thema ist sehr banal. Hier mal eine gute Idee (ich will kein Honorar, ihr seid eh schon schlecht bezahlt). Der ganze Synthetik-Mist ist in der Produktion und der Entsorgung (die eigentlich nicht passiert) eine Öko-Katastrophe. Wenn man auch noch die optische Verschmutzung hinzuzählt, gehören die Dinger verboten. Mit Wehmut denke ich an meinen ersten Marathon in NYC zurück, als noch niemand in Plastik gekleidet war… Ja, ich bin ein alter Angeber.

  • Jörg sagt:

    Warum nicht einfach die grossen Läufe meiden und mal den Frauenfelder machen (gibt ein Glas Honig), dies auch am Flughafenlauf oder am Reppischtallauf (Konfitüre). An den Innerschweizer Bergläufen, da bekommt jeder Teilnehmer Naturalien z.B. der Rütlischwurlauf (kleiner Leib AlpKäse) und die Verpflegung im Ziel und danach ist nur top. Nicht zu vergessen der Lauf-Cup in der Ostschweiz. Tolle Organisation und fleissige Freiwillige zaubern ein Kuchenbuffet als Finishergabe, einfach nur köstlich.

  • Lia sagt:

    diese Frau schreibt mehr über Make-Up und sexy Sportkleidung als über den Sport an sich – wie soll man Sportlerinnen ernst nehmen, die dann nur über zu grosse Shirts und verlaufende Mascara jammern? Who cares! Frau muss nicht sexy sein, und beim Sport erst recht nicht! Soll sie das Shirt doch einnähen oder sich ein paar Muskeln zulegen, es sind nicht alles solch dürre Pflänzchen.

  • Stefan Moser sagt:

    Ach Ja, und der Männervergleich macht den Text nicht lustiger.

  • Stefan Moser sagt:

    Finisher-T-Shirts sind wohl genau so peinlich wie die I-did-it-T-Shirts. Man sollte froh sein um jede Ungrösse – denn sie erspart einem, sich der Lächerlichkeit preiszugeben.

    • Christoph Bögli sagt:

      Richtig platzierte Lächerlichkeit, vorzugsweise mit einem Augenzwinkern, ist doch gerade im heutigen Sportumfeld überaus erfrischend. Mir sind jedenfalls Leute lieber, die mit leicht abgehalfterten Finisher-Shirts von irgendeinem obskuren Event mitsamt farblich unpassender Shorts im Fitness-Studio oder der Laufstrecke auftauchen, als all die ganzen durchgestylten Funktionskleidungs-Menschen, die mit ihren hautengen Leggings, Muskelshirts und Datenabsaug-Armbändchen herumstolzieren..

  • Hubert sagt:

    ich nehme die Finisher-Shirts jetzt 2 Nummern kleiner.
    Meine Frau trägt sie, aber nur zuhause

  • Ama sagt:

    Ich renne 3-4 Marathons pro Jahr aber nie käme es mir in den Sinn, so ein hässliches Finishershirt öffentlich zu tragen (besonders schlimm jeweils: Die Dinger vom Jungfrau Marathon).

    • Rosche sagt:

      Besser als die Synthetik-Sch*** noch zusätzlich zu kaufen, wenn es einem an jedem Rennen sowieso nachgeworfen wird. Ich renne deswegen nur in Finisher-Shirts und es ist mir total egal, ob die einen meinen, ich sei ein elender Angeber, und die anderen davon ausgehen, ich hätte den Stil einer Nacktschnecke.

      Ok, als Frau würde ich auch nicht im Rosa-Zeugs rumlaufen wollen.

  • mauritius.hafner@hotmail.com sagt:

    Zum Glück gibt’s keine andere Probleme auf der Welt als ein zu grosses gratis T-Shirt.
    Unglaublich.

  • Markus sagt:

    1. Beim GP Bern gibt es schon seit Jahren ein separates T-Shirt für Frauen.
    2. Es sind nicht alle unterernährte Pflänzchen und für mich – und vieler meiner Genossen und Genossinen – ist es jedesmal ein Frust, dass ich kein T-Shirt abholen kann. aber auch renne den GP unter 1:40, trotz 100 Kg. Dies schlicht darum, da die Grössenbezeichnungen mit den Buchstaben nicht normiert sind. Ein Adidas XL geht problemlos, bei Switcher geht ein X aber bei Asics müsste es ein XXL sein, da das XL in etwa einem L bei Adidas entspricht.

  • Anja sagt:

    Es gibt auch Läufe (z.B. Auffahrtslauf in St.Gallen), die haben zwar Frauen-Shirts, die sind dann aber so kurz und eng geschnitten, dass einem die „normale“ Grösse leider nicht passt. Das T-Shirt ansonsten wäre klasse.

  • Rudi sagt:

    Finisher-Shirts sind eh ein stilistisches No-Go! Früher als sie noch aus Baumwolle waren, konnte man sie wenigstens noch zum Veloputzen verwenden. Heute wo sie syntethisch und pseudo-aktiv sind, sind sie nicht mal mehr für das zu gebrauchen. Veranstalter lasst euch doch mal was neues einfallen.

    • kein shirt bitte sagt:

      Bspw. beim Silvesterlauf in Grippigen hab ich mal Asics Socken erhalten, fand ich super. Beim Gürbentalduathlon gab es einen Korb voll Lebensmittel von den Dorfläden, auch nicht schlecht. T-Shirts müssen wirklich nicht sein.

  • Dani sagt:

    Dieser Beitrag muss von einer Frau geschrieben sein. Nur schon der Vergleich mit der Trennung von einem Partner. Wie gross wäre wohl der Sturm der Entrüstung, wenn ein Mann den gleichen Vergleich zwischen einer Frau und einem Marathon anstellen würde?
    Und naja, welches T-Shirt als Nachthemd getragen ist schon wirklich sexy?

    • kat sagt:

      @Dani: Dann käme hier mit Garantie ein #aufschrei. Verschiedene Tagi-Journalistinnen greifen leider immer wieder auf diese verstaubten, ausgeleierten und stereotypen Vergleiche zurück. Geben sich gerne emanzipiert aber hauen verlässlich in die Gender-Bashing Kerbe. Unerfreulich und ärgerlich.

  • Andreas sagt:

    atmungsaktiv – unmögliches Wort und saumässig gute Marketingumschreibung für nicht saugfähige Kunsstoffgewebe.

    • Lukas Aeschbacher sagt:

      Nun ja, die einen stehen darauf, einen schweren, nassen Baumwollsack am Leib kleben zu haben, und andere ziehen ein leichtes, schnell trocknendes Funktions-Short vor. Ich würde nie wieder Sport in Baumwolle machen wollen – handkehrum kommt mir als „normale“ Wäsche und Kleidung nichts synthetisches auf den Leib. Ausser bei grosser Hitze trage ich in der Freizeit manchmal superleichte und unifarbene (!) Funktions-Shirts von Under Armour.

  • Annette sagt:

    Ich trage lieber ein zu grosses Shirt (in Luzern z.B. gabs nur noch Männer-L) als ein PINKES (ich glaub es war der Reusslauf), nur weil der Veranstalter meint Frauen brauchen Rosa….

    • Martina sagt:

      Sie Annette, ich, und so ziemlich alle Läuferinnen die ich kenne sind da einer Meinung. Wieso die Veranstalter (und Ausrüster) so auf Rosa beharren ist mir umso unverständlicher …..

      • Hans Knecht sagt:

        Vielleicht glauben die Verantstalter dass Frauen aus Rosa stehen und dies die Attraktivität bei Frauen steigern würde? Ich weis nicht.
        Welche Farbe sollte T-Shirts aus der Sicht der sportlichen Damenwelt haben?

      • maia sagt:

        Lasst doch die Shirt’s einfach liegen – dann merken die Veranstalter das schon.

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