Kommt jetzt das Elektro-Doping?

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Manche E-Mountainbikes sind nicht mehr auf den ersten Blick als solche zu erkennen. Foto: Vivax

Nicht jede Form des Dopings ist gesundheitsschädigend. Rufschädigend allemal. Das beweist der Fall Femke van den Driessche. Wir erinnern uns: An den diesjährigen Radquer-Weltmeisterschaften im belgischen Zolder stand die Neunzehnjährige zwar nicht auf dem Siegertreppchen, ging aber dennoch in die Geschichte ein. Zum ersten Mal konnte nämlich bei einem internationalen Radrennen sogenanntes «Motor-Doping» nachgewiesen werden, das heisst der Einbau einer versteckten elektronischen Antriebshilfe in das Renngefährt. Was so harmlos klingt, wie wenn ein Halbstarker sein Moped frisiert, ist in Tat und Wahrheit Betrug. Van den Driessche bestreitet zwar, von der Manipulation gewusst zu haben, und spricht von einer Verwechslung. Dennoch gab sie vor zwei Wochen ihren Rücktritt aus der Profiliga bekannt.

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Der für Freizeitbiker entwickelte Vivax Assist E-Bike-Antrieb wirkt direkt auf die Tretkurbel und ist so klein, dass er in ein Sattelrohr passt. Foto: Vivax

Dass ein solcher Vorfall insbesondere für Radfahrer dramatische Folgen hat, kann man sich denken. Das Image des Radsports hat in den letzten Jahren bereits stark unter den zahlreichen Dopingskandalen gelitten. Motor-Doping eröffnet eine neue Dimension des Schummelns. Verdachtsmomente gab es schon öfter. 2010 etwa, als sich der Schweizer Radrennstar Fabian Cancellara – seines Zeichens mehrfacher Weltmeister im Zeitfahren und erfolgreichster Schweizer Classique-Jäger – mit dem Vorwurf konfrontiert sah, die überlegenen Siege bei der Flandern-Rundfahrt und im Rennen Paris-Roubaix mit elektrotechnischer Unterstützung eingefahren zu haben. Beweise fand man dafür jedoch keine.

Als Reaktion auf die Geschehnisse verschärfte der Internationale Radsport Verband UCI die Kontrollen und ergänzte einen entsprechenden Passus im Regelwerk. Der besagt, dass das Velo ausschliesslich über die Kurbel, die in einer Kreisbewegung durch die Beine des Fahrers bewegt wird, angetrieben werden dürfe. Eigentlich logisch oder? Aber wir leben schliesslich auch im E-Bike-Zeitalter. Und ganz klar – mit dem Siegeszug der Technik wächst auch die Gefahr, diese zu missbrauchen. Droht das Motor-Doping also auch im Mountainbikesport? Schliesslich können Cross-Country- oder Marathon-Racer genauso unauffällig Kraftreserven fürs Finale sparen – Hilfsmotor sei Dank. Immer voluminöser sind die Rahmenrohre geworden, immer kleiner die Einbauten, ergo sind sie immer leichter zu verstecken. Getarnt in einer Trinkflasche, im Rahmen, in den Naben und neuerdings sogar in den Laufrädern.


Legende zum Video: Wie sich ein versteckter Motor im Rennrad auswirkt, zeigt das Video des Global Cycling Network.

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Bei vielen E-Mountainbikes ist der Akku am Rahmen angebracht. Foto: Scott

 

Ob im Wettkampf oder in der Freizeit – in absehbarer Zeit wird ein E-Biker nicht mehr auf den ersten Blick als solcher zu erkennen sein. Weder für die Zuschauer anlässlich eines Radrennens, noch am Berg. Man wird sich wohl daran gewöhnen müssen, dass man in Zukunft auch dann ab und an mal locker überholt wird, wenn man in Höchstform und ‑intensität in die Pedale tritt. Bislang wanderte mein Blick in solchen Situationen meist zum Rahmen des Überholenden, der sich keine Mühe machte, sein Motor-Doping zu «vertuschen». In der Freizeit gehts bestenfalls um ein angekratztes Ego, aber im Rennsport um viel mehr. Muss man sich deshalb in einem Olympia-Jahr besondere Sorgen machen?

Was ist Ihre Meinung zum Thema Motor-Doping? Leidet der Ruf des Radsports zusätzlich, oder ist das einfach eine alternative Form des Schummelns?

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21 Kommentare zu «Kommt jetzt das Elektro-Doping?»

  • Mario Fessler sagt:

    Ich kann diejenigen verstehen, die ein E-Bike verwenden um zur Arbeit zu gelangen. Damit habe ich kein Problem. Was aber ein Elektromotor bzw. eine Batterie an einem Rennrad oder einem Mountainbike, welche ausschliesslich zu Freizeitzwecken verwendet werden, verloren haben, ist mir einfach schleierhaft. Ein Fahrrad ist in erster Linie ein Sportgerät. Wenn man einen Motor einbaut, macht man den ganzen Trainingseffekt zunichte. Dann kann man sich gleich einen Töff kaufen.

  • jos schmid sagt:

    Die Motorunterstützung à la Gruber Assist gibt es schon lange. Ich glaube es ist das Ende und nicht der Anfang des EDopings.
    Interessant würde ich allerdings soetwas wie KERS in der Formel 1 finden…vielleicht etwas zu gefährlich..

  • Werner Graf sagt:

    Die Diskussion ob e-Motor oder nicht ist sinnlos, da das Problem ganz anders gelagert ist. Es geht grundsätzlich um die nicht existierende Wettbewerbskultur. Es wird sich nichts ändern, solange nur der Sieg zählt und der der betrügt nur als blöd gilt wenn er sich erwischen lässt. Somit besteht zwischen einem überehrgeizigen Sportler der bescheisst und einem gewinnsüchtigen Banker der betrügt kein Unterschied.
    Die Regel, dass dass das Velo ausschliesslich über die Kurbel, die in einer Kreisbewegung durch die Beine des Fahrers bewegt werden dürfe, ist bereits wieder ein doppelbödiger Winkelzug der UCI. Sie will damit vor allem die Kubelform festschreiben um andere Velobauformen zu verhindern, denn die Rekorde werden heute ausserhalb der UCI gefahren (über 90km/h!).

  • maia sagt:

    Ich verstehe sowieso nicht, warum es all die Sportwettbewerbe gibt. Was führt jemanden dazu, sich mit anderen zu messen? das ist doch völlig unwichtig. Wichtig ist doch, dass man sich gut fühlt und mit sich selber zufrieden ist.

    • Roland K. Moser sagt:

      Diese Sportwettbewerbe machen Spass. Nur schon das ganze drumherum.
      Gehen Sie mal an ein MTB-Rennen, als Zuschauerin genügt.

      • maia sagt:

        Ich muss sie leider enttäuschen, auch als Zuschauerin langweilen mich solche Wettkämpfe. Spiele bieten einen gewissen Unterhaltungswert. Aber da wo es einfach darum geht schneller, höher, weiter….. da sehe ich überhaupt keinen Sinn dahinter.

  • Robert sagt:

    E-Bikes sind ok. Auch im Profisport ist nichts einzuwenden, wenn die Regeln – wie beim Boost des Formel 1 Autos – klar sind. Nur im Freizeitbereich würde ich mir eine Helm- und Versicherungspflicht wünschen. Es sind mehr Mopeds als Fahrräder. Das sollten auch den Fahrer bewusst gemacht werden. Ebenfalls würde ich eine Abgabe für die Batterieentsorgung gleich beim Kaufpreis verlangen. Das könnte nämlich die nächste Umwelt-Diskussion werden. Huuch, diese E-Bikes sind ja gar nicht so sauber ;).

    • Hotel Papa sagt:

      Helm- und Versicherungspflicht gibt es ja für die ü 25 km/h Variante. Das reicht. Die anderen überhole ich auch ohne Motor und Helm ;)

  • Spörri Max sagt:

    E-Mountainbikes machen v.a. für ältere Benutzer durchaus Sinn. Ich werde 73 und fahre jedes Jahr noch um die 40’000 bis 50’000 Höhenmeter, was mit einem normalen MTB nicht mehr möglich wäre. Das gibt, weil auch der körperliche Einsatz nicht ohne ist, die E. Bikes sind sicher 10 Kilo schwerer als ein normales MTB, auch eine sportliche Befriedigung

  • Hanspeter Müller sagt:

    Da heisst es immer Sport mache Spass, und alle Coachpotatoes würden so viel Spass verpassen und, und, und. und dann ist das Ego schon angeknackt, wenn man von einem Grosi auf einem eVelo überholt wird? Da frage ich mich schon, wo das Ego denn vorher war. Und ob es im Freizeitsport um Spass geht oder um Egopolitur.

  • Christoph Bögli sagt:

    Wie beim medizinischen Doping zeigt aber auch der Bereich, dass es im Prinzip eine riesige Grauzone gibt und die Differenzierung darum nicht immer einfach ist. Wo genau die maximale medizinische Betreuung unter Nutzung aller „legaler“ (sprich: noch nicht verbotener) Substanzen endet und wo das Doping anfängt, ist letztlich eine willkürliche Verbandsentscheidung. Genau so verhält es sich mit „technischem Doping“ in Form von Material-Optimierung. Die Batterie ist da zwar extrem und plakativ, ein besseres Material für den Rahmen o.ä. hat aber letztlich den gleichen Effekt. Konsequenterweise müssten also bei Wettkämpfen eigentlich alle mit einem identischen Standard-Velo an den Start gehen, damits wirklich fair wäre..

    • Hotel Papa sagt:

      Die Regeln, was ein Velo ist, sind sowieso extrem restriktiv und innovationsfeindlich. Seiht man auch jetzt wieder and der Definition des kreisförmigen Kurbelantriebs. Es gäbe deutlich ergonomischere Varianten, Muskelarbeit in Vortrieb umzusetzen.

    • Mark Carrier sagt:

      Was medizinisches Doping angeht, gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Beim technischen Doping hingegen sieht es doch etwas anders aus, eine Batterie ist um ein Vielfaches wirksamer als einige hundert Gramm Gewichtsreduktion. Und zumindest was den Strassenradsport betrifft (mit MTB kenne ich mich zuwenig aus), wirken zwei Dinge sehr gut: Zum einen das Gewichtslimit von 6.8kg, zum anderen die Vorschrift, dass jede Komponente im Handel erhältlich sein muss. Deswegen fahren an der TdF auch alle mehr oder weniger mit identischem Material.

  • Max sagt:

    Ich verstehe alle, welche ohne motorunterstützung nicht mehr zur arbeit fahren wollen. Das gleiche verständnis habe ich auch für alle, welche kinderanhänger oder ein transportvelo haben. Für ältere leute sowieso, weil die sonst nicht mehr velo fahren würden.
    ABER:
    Dazu braucht es keines dieser viel zu schnellen AKW töffli mit gelber nummer, die bald 45km/h und schneller fahren, sondern die langsameren genügen völlig.

    Es sind nämlich nur die viel zu hohen geschwindigkeiten, welche diese töfflis so gefährlich machen. Bei den normalen benzintöfflis hat man es auch geschafft, die 30km/h limite durchzusetzen. Warum soll das nicht auch bei den lautlosen elektrobikes möglich sein ?

    Wozu aber ein MTB einen motor haben soll, ist mir allerdings immer noch ein rätsel.

    • Philip Alig sagt:

      Mein Wort! Es ist (wieder typisch) eine schweizerische Eigenart, dass jede Hausfrau und Rentner mit den 45er Bikes herumkurvt. Der Anteil der Turbovelo ist im Vergleich mit z.B. Deutschland massiv höher, obschon wir ja massiv kleinräumiger sind. Wozu? Statussymbol oder dem Marketing aufgesessen? Auf alle Fälle nicht Vernunft! 45er im ZH-Verkehr! Idioten, die ihr Gefährt nicht der Situation entsprechend einsetzen , gibt es hier immer wieder zu erleben.
      MTB E-bike nicht besser, aber weiter…

  • Peter Ehrenreich sagt:

    Technische Entwicklungen lassen sich nun mal, einmal angestossen, nicht mehr aufhalten :-)! Ich fahre ohne Batterie … nur mit mir und meiner Eigenleistung die Berge hoch und runter und täglich zur Arbeit. Des weiteren mag ich die Belastung und auch das schwitzen , weil es mir sagt ich BIN und ich KANN das leisten … damit fülle ich meine „Batterien“ wieder auf!!! Das hat mit dem eigentlichen „Radfahren“ was zu tun und das findet ohne Hilfsmittel statt … genauso wie schwimmen :-)! Alles andere sind für mich persönlich keine richtigen Fahrräder mehr und demnächst werden an diesen “ Teilen“ sicher auch die Kurbeln und Ketten verschwinden, da die Antriebe immer effektiver werden …

  • Eduard J. Belser sagt:

    Braucht es den Profiradsport überhaupt? Wichtig ist doch, dass im Alltag möglichst viel Velo gefahren und das umweltschonende, Verkehrsfläche sparende, energieeffiziente und gesunde Verkehrsmittel Velo deutlich an Bedeutung zulegt. Dazu tragen die «rasenden Doping-Apotheken» doch im bei Licht besehen nicht das Geringsten bei. Viel wichtiger ist doch, dass für die Sicherheit der VelofahrerInnen mehr getan wird, d.h. in das Velowegnetz investiert wird und dass die Kinder und Jugendlichen wieder mehr zum Velofahren motiviert werden. Ich bin überzeugter Alltagsvelofahrer – noch im reinen «Hüftgold-Diesel»-Betrieb – und immer von neuem überrascht, was sich mit gutem Logistikzubehör mit dem Velo z. B. an Einkäufen usw. transportieren lässt. Das Velo lässt sich perfekt in den Alltag einbinden.

  • zimi sagt:

    Ich fahre Mountainbikes ohne Motor wecks Sport und Fitness, habe aber auch ein Strassen E-bike. Ich komme ohne ein mit schweiss durchnässtes Hemd zur Arbeit. Der zweite Grund ist dass ich meine kleine Tochter ab und zu im Fahrradanhänger zur Krippe bringe und abhole. Dank dem e bike bin ich dann bergaufwärts schneller, was auch bedeutet dass ich ein kürzerer Störfaktor auf der steilen Strasse für die Autos bin und daher ist es auch sicherer… und dann zu guter letzt bleibt auch das Hemd trocken. Aber den Uetzgi mit einem ebike rauf; niemals.

  • Martin sagt:

    diese Hilfsmittel im Freizeitsport sind der Hammer. Unverschwitzt ins Buero radeln. Perfekt.

  • Roland K. Moser sagt:

    Wenn man mit ein wenig Tempo einen Einfachen um die 25 mit seiner Freundin (kommen direkt aus der Badi) überholt, wird einem hinterher gerufen, man sei gedopt. Die Paranoia ist allzeit bereit.
    Es könnte sein, dass tatsächlich der Ruf zusätzlich angekratzt wird.
    Schlimmer aber, wenn man mit normalem Renntempo ohne Hilfsmittel unterwegs ist, einem nachgerufen wird, man sei gedopt, und ich bin kein Schneller. Anhalten und euthanasieren?

    • Paul Levi sagt:

      Ihre Kritik ist durchaus berechtigt. Es ist sicher kein Weltuntergang, aber es kann schon störend sein, wenn man ungerechtfertigt des Dopings bezeichnet wird.
      Doch Ihre Wortwahl ist voll daneben. Der Rufer soll euthanasiert werden? Wie bitte? Euthanasieren bedeutet töten und das wegen einem frechen Spruch? Das finde ich gar nicht witzig. Besonders nicht wenn man den geschichtlichen Bezug von diesen Ausdruck berücksichtigt. Also bitte ruhig Blut und solche Sprüche einfach ignorieren.

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