Hallo Trizeps!
Der Leidensweg des Yann C. auf dem Weg zum fitten Mann, eine Serie in acht Teilen.

Ist ein beweglicher Mann ein besserer Mann? (Urs Jaudas)
Und dann lernte ich Cindy kennen. Sie liess mich bei unserem ersten Mal ziemlich schlecht aussehen, gab mir ein Gefühl des Versagens. Als wir endlich fertig waren, empfand ich nur noch Leere. Cindy ist ein Crossfit-Work-out aus der Girls-Serie: 5 Pull-ups (Klimmzüge), 10 Push-ups (Liegestützen) und 15 Air-Squats (Kniebeugen). Ziel ist es, in 20 Minuten so viele Runden wie möglich zu schaffen.
Der Erfinder, so die Legende, soll den Übungen Frauennamen verpasst haben, weil nur Frauen ihn auch so schlecht haben fühlen lassen. Ich finde das ein bisschen ungerecht. Denn Frauen sind meiner Erfahrung nach überwiegend okay. Vielleicht war es ja der Crossfit-Erfinder, der mit seinem schlechten Benehmen die Frauen quasi nötigte, ihn schlecht zu behandeln.
Äusserst gut gebaut, aber menschlich ein Depp? Man weiss es nicht. Sicher aber ist: Ich befinde mich gedanklich längst auf einem Nebenschauplatz.
Der Guru und Cindy
Coach Sara Steinmann hätte das nicht gefallen. Sie betont regelmässig, wie wichtig es sei, die Übungen auch im Kopf durchzugehen, fokussiert zu bleiben. Statt mir also im My Gym sinnlose Gedanken über den Fitnessguru und seine Cindy zu machen, habe ich besser zu denken: Ich stemme jetzt diese 24 Kilogramm schwere, dunkelblaue Kettlebell. Denn genau das tat ich. Das ist insofern relevant, als ich noch vor vier Wochen bei 16 Kilogramm war. Manche Leser mögen sich noch an die erniedrigende Farbe dieses Leichtgewichts erinnern.
Ich habe also tatsächlich Fortschritte gemacht. Auch bei der Beweglichkeit hatte sich was getan. Meine starke Asymmetrie im Schulterbereich wurde etwas austariert. Führe ich heute meine Hände hinter dem Rücken übers Kreuz zusammen, geschieht das mittlerweile ohne ein begleitendes, lächerliches Krächzen, das an eine altersschwache Krähe erinnert. Für einen Einstieg in einen Yogakurs für Fortgeschrittene dürfte es aber noch immer nicht reichen. Selbst Coach Sara, nie um ein aufmunterndes Wort verlegen und auch aus meiner jämmerlichsten Darbietung an der Hantel noch das Positive herausziehend, sagt: «Also der Beweglichste bist du nicht.»
Muss ich das denn wirklich sein? Ist man, den Spagat beherrschend, ein besserer Mann? Mein bisher einziger Ausflug in die Yogawelt hatte jedenfalls bei mir zu Hause in Tränen geendet: Meine Version des herabschauenden Hunds löste bei meiner Tochter eine überraschend negative Reaktion aus. Es war nicht klar, ob der Kleinen einfach die dilettantische Ausführung missfiel oder sie Yoga als Hoheitsgebiet der Mutter betrachtete, wo ich, der tschuttende Vater, nichts zu suchen hatte.
Die Dominanz des Bauchfetts
Ich will ja eigentlich nur eines: Muskeln. Ich finde, ich bin diesbezüglich auf gutem Weg. Zum ersten Mal in meinem Leben zeigt sich mein Trizeps in einer Form, die nicht als Camouflage zu verstehen ist. Und was für mich nicht ganz so beabsichtigt ist: Das Bauchfett hat stark an Dominanz verloren. Der Tochter ist das zwar egal, ihre Mutter nimmt das aber überaus wohlwollend zur Kenntnis. Meine Wandlung zum Muskelberg nimmt also langsam Gestalt an.
Ich bin derzeit frohen Mutes, beinahe euphorisch. Steht am Ende dieses Weges gar die Krönung zum Fitnessguru mit einer eigenen Übungsserie? Ich hätte auf jeden Fall schon Namen. Bessere. Statt Frauen würde ich Fussballer nehmen: Chapuisat, Embolo, Shaqiri. Oder ist das jetzt wieder ein gedanklicher Nebenschauplatz?
* Yann Cherix, Teamleiter «Züritipp», mag jegliche Art von Ballsportarten, Tschutten ist ihm die liebste. Ein Fitnesscenter hat er aber noch nie von innen gesehen. Mit 38 Jahren realisiert er nun, dass er ziemlich ausser Form ist.
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