Von einem berühmten Badekurort zu Tale

Diese Woche von Leukerbad hinab nach Leuk (VS)

«BergBuchBrig»: ein feines Kulturfestival vom 3. bis 7. November in Brig. Es spricht Intellekt, Gemüt und Sinne gleichermassen an. Da lesen Schriftsteller wie Thomas Schenk, Sabina Altermatt, Emil Zopfi. Laufen Filme vom Bilderessay «Wordsworth’s Quest for the Sublime» bis zum Doku-Epos «Sherpas – die wahren Helden am Everest». Und natürlich wird der Klimawandel diskutiert.

Und dazu gibt es Museumsgespräche. Führungen. Kulinarische Happenings wie «Chouera und Chiächlini». Garantiert lachen wird man, wenn Kabarettist Gusti Pollak den postmodernen Stadtlandmix verulkt: den Alpöhi und seine Direktkundenmailings. Den Geissenpeter, der die Ziegen durch die Shoppingmeile lotsen muss. Die Bergmilch für den Städter, die der Senn im Aldi-Aktions-Sixpack kaufte.

Doch, an dieses Festival will man. Und wenn man grad im Wallis ist, kann man ein wenig wandern und so ein ideales Wochenende komponieren. Ich schlage die Route Leukerbad – Leuk vor: vom Kurort zu Tale. Ich wählte diese Strecke vor einiger Zeit als reine Verlegenheitslösung – dann gefiel sie mir sehr und fand ich sie wanderliche Vollwertkost.

Einkehrmöglichkeiten mit kulinarischen Köstlichkeiten

In Leukerbad bin ich jedesmal, vor allem winters, fasziniert, wenn ich vor der Beeindruckungskulisse der Gemmiwand die Hand in den Dorfbrunnen stecke und das heisse Wasser aus dem Berg fühle. Ein Besuch im Thermalbad drängt sich auf. Danach halten wir der Dala entlang talwärts. Zwei Wirtschaften bieten sich bald zur Einkehr an, Birchen und Bodmenstübli. Ich wählte an meinem Tag das Bodmenstübli, nahm nur einen Kaffee, merkte mir aber für ein andermal diverse Köstlichkeiten vor: Bergheusuppe, Teufelskäseschnitte, Aprikosenfondue.

Im Dorf Inden kann man wieder einkehren. Es ist der Verlierer des modernen Tourismus. Die Autos brausen durch, Richtung Leukerbad eben, in der Mitte stoppt keiner; die alte Leuk-Leukerbad-Bahn, die hier eine Station unterhielt, ist längst Historie. Unser Pfad gewinnt alsbald Dramaqualität: Wir steigen ab zur Dala, die sich tief ins Gelände eingesägt hat; queren den Wildfluss auf der Römerbrücke, wie wir überhaupt auf einem «Römerweg» unterwegs sind. Für Leukerbad sind archäologische Funde aus der Antike belegt.

Die Magie des Pfynwalds

Später, nach einer nicht ungefährlichen Passage der Strasse entlang, die man mit einem weiten Umweg linkerhand vermeiden könnte, wandern wir direkt über dem Rhonetal. Wir sehen in der Ferne Sion mit den Zwillingshügeln Valère und Tourbillon. Wir haben direkt unter uns Leuk, das mit dem mittelalterlichen Schloss in den Reben anmutet, als seien wir in Norditalien. Und dahinter erstreckt sich als amazonashafte, dunkelgrüne Fläche der Pfynwald.

A propos: Der Walliser Schriftsteller Wilfried Meichtry hat soeben ein herrliches Buch über seine Kindheit veröffentlicht: «Hexenplatz und Mörderstein» beschwört die Magie des Pfynwaldes und wirbelt die tollsten wahren und halbwahren Geschichten durcheinander. Es geht etwa um einen sagenhaften Schatz, den italienische Bauarbeiter klauen; aber auch um ein Ungeheuer, das Hunderte Schafe reisst und dem die Kantonsregierung einen international renommierten Grosswildjäger entgegensetzt.

Meichtry: starke Literatur. Inspirierende Lektüre. Womit wir wieder beim erwähnten Kulturfestival sind. Dort sind auch 1300 einschlägige Neuerscheinungen ausgestellt, darunter sicher manche solche Trouvaille.

Infos:

Route: Leukerbad – Birchen – Bodmen – Inden – St. Barbara – Leuk Dorf – Leuk Bahnhof.

Dauer: 3 ½ Stunden.

Höhendifferenz: 800 Meter abwärts.

Charakter: Lieblich im ersten Teil. Stotzig und feucht hinab zur Dala (Trittsicherheit vonnöten). Grosse Kulturlandschaft zum Schluss.

Höhepunkte: Leukerbads heisses Wasser. Die wilde Dala. Der Blick auf den Pfynwald. Das stolze Leuk.

Einkehr: Empfehlenswert ist das Bodmenstübli. Montag Ruhetag, nur tagsüber offen (9.15 bis 16.30). www.bodmenstuebli.ch

Landeskarte 1:25 000: 1267 und 1287.

Festival: www.bergbuchbrig.ch

Buch: Wildfried Meichtry, «Hexenplatz und Mörderstein», Nagel & Kimche.

Thomas Widmers Wanderbücher gibt es im Echtzeit-Verlag, www.echtzeit.ch

Wanderblog: http://widmerwandertweiter.blogspot.com

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3 Kommentare zu «Von einem berühmten Badekurort zu Tale»

  • Heike und Klaus Müller sagt:

    Hallo,

    wir beziehen häufig Anregungen aus Ihren Wandertipps. Das ungewöhnliche Photo von der „Römerbrücke“ machte neugierig. So haben wir gleich am Freitag bei bestem Bergwetter die schöne Tour gemacht – um die Knie zu schonen allerdings in umgekehrter Richtung ab Leuk. Wichtig war die Warnung, dass der Wanderweg ein Stück auf der recht stark befahrenen Strasse verläuft. Begeistert waren wir vom Zitronenlikör des Bodmenstübli.

    Wir freuen uns auf weitere Tips!

    Heike und Klaus-N. Müller

  • Godi Huber sagt:

    Danke für den Wandertipp. Der Römerweg ist wrklich ein Erlebnis, vorallem in der aktuellen Jahreszeit mit den bunten Herbstfarben.

  • Ehrenbolger Vitus sagt:

    Sehr geehrter Herr Widmer

    Eine solch erlebnisvolle Wanderweg-Beschreibung ist Balsam für Seele und Gemüt. Chapeau!
    Gruss, Vitus Ehrenbolger

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