Helden der Flimmerkiste

Kenny Belaey falls while attempting to cross the rock gap on a high line during his Balance project in La Plagne, France on July 13th, 2015 // Dom Daher/Red Bull Content Pool // P-20150916-00100 // Usage for editorial use only // Please go to www.redbullcontentpool.com for further information. //

Einfach nur verrückt? Kenny Belaey während seiner Slackline-Aktion. Foto: Dom Daher (Red Bull Content Pool)

Das Band, über das Kenny Belaey fährt, ist schmaler als seine Reifen. Darunter klafft ein 112 Meter tiefer Abgrund, der hauchdünne Untergrund fängt an zu wackeln. 18 Meter muss er zurücklegen, um sein verrücktes Vorhaben durchzuziehen: mit dem Bike über eine Slackline, weit über dem Boden, völlig ausgesetzt. Die psychische Anspannung – auch wenn Belaey professionell gesichert ist – ist extrem. Beim 80. Anlauf schafft er das Kunststück. Nach einem Jahr Vorbereitung. Wer schon einmal auf einer Slackline gestanden ist, kann sich vorstellen, welche Balance-Leistung der Stunt des neunfachen Trial-Weltmeisters darstellt. Natürlich sind am Ort des Geschehens, im französischen La Plagne, mehrere Kameras dabei, als der Belgier die medienträchtige Aktion angeht. Wie viele Extremsportler steht Belaey in Diensten des Salzburger Brauseherstellers mit Stierlogo. Das Video sammelt bei Youtube in wenigen Wochen über 500’000 Klicks und landet zudem auf grossen, publikumsstarken Websites.


Video: Mit dem Bike über den Abgrund – Kenny Belaey auf der Slackline.

Revolutionäre Aktion oder reisserische Marketinginszenierung?

In Bikerkreisen erntet das Video aber nicht ausschliesslich Hurrarufe. «Was hat ein Bike auf einer Slackline zu suchen? Effekthascherei, ein reiner Marketing-Gag», echauffieren sich User auf der grossen Plattform Mtb-news.de. Die andere Seite protestiert: «Wo würde das Mountainbiken heute stehen, wenn nie jemand etwas Neues ausprobiert und gewagt hätte?» Fakt ist, dass sich Videos von verrückten, waghalsigen und rekordträchtigen Aktionen im Netz nahezu überschlagen. Die Rede ist dann meist von «the next step …» oder «nie da gewesen …». Also das Verschieben von sportlichen Grenzen – oder doch nur Effekthascherei?

Hauptsache cool

Über die Antwort scheiden sich jedenfalls die Geister. Der Sinn des folgenden Videos darf auf alle Fälle angezweifelt werden: Biken auf dem Gletscher zwischen Gletscherspalten und Eisbrüchen. Hauptsache, es klingt gefährlich – oder zumindest «krass». Nun gut, wenigstens gibt einer der Protagonisten zu, dass sie eine «lächerliche Idee» umsetzen wollten. Zumindest das Ziel dieser Idee, nämlich viel Hubschrauberbenzin, Material und Budget zu «verbraten», um auf einem Gletscher ein Partylager aufzubauen und im sulzigen Schnee rumzurutschen, ist ihnen gelungen. Man muss jedenfalls kein grosser Alpinist sein, um bei diesem Anblick die Stirn in Falten zu legen.

Video: Hauptsache spektakulär – Biken auf dem Gletscher.

Unbegrenzte Möglichkeiten

Technische Neuerungen wie handliche Actionkameras und Drohnen, dazu Portale wie Youtube und diverse soziale Medien – kein Wunder, dass die Welt der bunten Flimmerbilder immer beliebter und zugleich spektakulärer wird. Gewinnspiele wie der «Best Line Videocontest» von Go Pro, dem weltweiten Marktführer für Actionkameras, tragen ihren Teil dazu bei. Da kann man schon mal auf komische Ideen kommen und auf dem Bike mit 70 Stundenkilometern in ein Wasserbecken einschlagen.


Video: Mit dem Bike die Staumauer hinab.

Todesmutig oder total dämlich?

Auch der Biker im folgenden Video wollte sich mit seinem Stunt in die Ruhmeshallen der Videogalerien eintragen. Sein Bike-Basejump-Versuch ist schiefgegangen. Kaum zu glauben, dass der Protagonist mit leichten Verletzungen davongekommen ist. Diese Jagd nach spektakulären Aufnahmen hätte auch ganz anders ausgehen können.


Video: Ein lebensgefährlicher Sensationsversuch.

Nicht falsch verstehen: Es gibt unfassbar gute Bikevideos mit sehenswerter Action – aber leider auch viele Negativbeispiele. Der Grat ist schmal, nicht nur aus fahrtechnischer Sicht.

Evolution des Sports oder verrücktes Marketing – wie sehen Sie Rekordvideos der Bikeszene? Rechtfertigt der Actionwahn Ihrer Meinung nach die lebensgefährlichen Stunts?

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3 Kommentare zu «Helden der Flimmerkiste»

  • Philippe sagt:

    Dieses Video vom Gletscher ist wirklich der Hammer:
    Dass ein ein paar bekiffte möchtegern Abenteurer auf eine so sinnlose Idee kommen ist ja noch verständlich. Unglaublich ist vor allem, dass dies tatsächlich jemand finanziert.

  • Hotel Papa sagt:

    Zur Kehrseite von „Cool“:

    Ich würde mir wünschen, dass besagter Brausehersteller seinen Kunden vermitteln würde, dass Aludosen in die Landschaft schmeissen völlig uncool ist. Insbesondere in Anbetracht dessen, dass der Inhalt an grauer Energie im Alu der Dose grösser ist, als im Zucker des „Energie spendenden“ Getränks…

    Ich sammle ab und zu auf meinem Arbeitsweg „gelitterte“ Dosen auf. Herrn Mateschitz‘ Produkte machen oft die Hälfte der Ernte aus…
    Mit der grauen Energie, die in einer einzigen 250 ml Dose steckt, würde eine 100W Birne (so sie denn noch erlaubt wäre) 2 h brennen…

    • Heinz sagt:

      Hallo Hotel Papa
      Ich dachte echt dass ich mittlerweile der Einzige bin den das stört. Schön gibts noch einen Zweiten. Gruss

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