Abenteuer im Alltag

Mario Angst über seinen Start in einen Sommer voller #microadventures. Denn Naturerlebnisse müssen nicht bedingen, um die halbe Welt zu fliegen. Und zwischen zwei 9-to-5 Tagen liegt ein 5-to-9 Tag, der die ganze Woche beflügeln kann.

Der erste sommerliche Frühlingsabend. Wir treffen uns mit den Velos verspätet vor meiner Haustür und pedalen entlang der Pfingstweidstrasse Richtung Sonnenuntergang. Bereits auf der alten Albisriederstrasse fühlen wir uns, als ob Zürich schon zwei Wochen Velotour entfernt wäre. Es wird dunkler und dunkler, wir fahren Hügelzug um Hügelzug und essen Mücken im Fahrtwind, als wir die Reuss überqueren. Irgendwann fangen wir an, auf der Suche nach einem Schlafplatz durch den Wald zu irren, und legen unsere Biwaksäcke am Ende am Rand eines Feldwegs aus.

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Ein etwas anderer Start in den Arbeitstag. Fotos: Mario Angst

Am nächsten Morgen wachen wir wohlig zerknittert mit den ersten Sonnenstrahlen auf, trinken einen kurzen Tee und fahren als erster Morgenverkehr zwischen Heuballen und goldig beschienenen Kirchtürmen zurück Richtung Zürich. Nicht einmal zwölf Stunden sind vergangen.

Mein Sommer voller kleiner Abenteuer hat begonnen. Der Plan ist, einmal pro Woche draussen zu übernachten. Für Tau, Vogelgezwitscher und Morgentee, egal ob bei Regen oder Sonne.

Die Idee der sogenannten Microadventures fokussiert auf das Nahe und Machbare. Die einzige Bedingung dabei ist, die Nacht im Freien zu verbringen. Egal wie weit weg, ob auf dem Uetliberg oder im nächsten Naturpark. Es sind einfache, kurze Expeditionen, die in jedes Zeit- und Geldbudget passen. Die Idee des englischen Abenteurers und Outdoor-Journalisten Alastair Humphreys hat in kurzer Zeit Anhänger gefunden, die ihre Erlebnisse unter #microadventure teilen und sich in sozialen Netzwerken zu lokalen Gruppen zusammenschliessen.

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#microadventures tun der Seele gut.

Naturerlebnisse müssen nicht bedingen, um die halbe Welt zu fliegen. Schlafsack und Schaumstoffmatte reichen vollends. Abenteuer zu erleben, heisst nur, seinen Horizont zu erweitern, egal ob geografisch oder im Kopf. Zwischen zwei Arbeitstagen liegt eine Nacht, die die ganze Woche beflügeln kann.

Dies stellt sich in meinem Fall nur als allzu wahr heraus.

In der zweiten Woche verschlägt es mich mitten in der Zeit der traditionellen Pfadi-Pfingstlager auf den Pfannenstiel, den am meisten unterschätzten Zürcher Haushügel. Ich schlafe zwar während mindestens zwei Nachtübungen mit Feuerwerk und Taufritualen, werde aber aufgeweckt durch einen alten Mann, der in der Nacht fast über meinen Biwaksack stolpert. Einmal mehr bin ich beeindruckt, welche Mühen Ornithologen auf sich nehmen, um ihren Lieblingseulen in der tiefsten Nacht nachzuspüren. Früh am nächsten Morgen habe ich das verwunschene Küsnachter Tobel dann für mich allein. Mit Gewitterwolken an den Fersen brause ich auf dem Bike Richtung See.

Abendstimmung mit Teekocher und Tarp-Zelt am Pfannenstiel.

Abendstimmung mit Teekocher am Pfannenstiel.

Nach einer Nacht auf der Lägeren eine Woche später bin ich vollends überzeugt: #microadventures tun der Seele gut. Warum? Darüber nächstes Mal.

Bis dahin ist genug Zeit für einige #microadventures. Zur Inspiration, Information und Absprache rund um Zürich gibt es bereits eine kleine Facebook-Gruppe, die mit Leben gefüllt werden will. Und wer eine solche Gruppe anderswo starten will, nur zu!

mario-angstZwischen Feierabend und Morgen hat ein ganzes Abenteuer Platz. In einer kleinen Sommerserie berichtet Mario Angst hier über seinen Sommer voller #microadventures.

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7 Kommentare zu «Abenteuer im Alltag»

  • Lina sagt:

    Gerade das Spontane, Einfache finde ich so toll an diesen Ausflügen. Einfach aus einer Laune heraus handeln, ohne gross zu planen… und dann etwas Unvergessliches erleben!
    Nächte im Freien sind einfach wunderbar. Ein Mätteli im Garten mit Blick zu den Sternen, das ist mir im Arbeitsalltag schon genug. Oder dann mal wieder ein Ausflug ins Umland… bin inspiriert.

  • Martin sagt:

    Ich gönne mir solche „Ausflüge“ seit über 30 Jahren in unregelmässigen Abständen und freue mich, dass auch andere ihre Freude daran finden. Ich teile meine Erlebnisse nur mit ganz wenigen um nicht zum Gespött zu werden und um keine Aufmerksamkeit zu wecken. Mario, ich bin gespannt, was noch kommt!

    • Mario Angst sagt:

      Hallo Martin,

      Vielen Dank für die netten Worte. Es ist klar und schön zu hören – in die Natur herausgegangen sind Leute ja schon immer, egal wie viele neue englische Namen man dem auch gibt. Aber ich denke jede Zeit fügt diesen Dingen ihre eigenen Aspekte hinzu. Heute ist es wohl das Teilen übers Internet und soziale Netzwerke.

      Das hat seine Vor- und Nachteile, wie andere Kommentatoren auch schon bemerkt haben. Aber am Wichtigsten ist schlussendlich, dass Leute dazu inspiriert werden, über das Alltägliche hinaus ihre Umwelt zu erkunden. Anders als in Bezug auf Bikepisten am Uetliberg hat es dafür nämlich durchaus genug Platz für viele Microadventures rund um Zürich. Daneben, ganz alles teile ich übrigens auch nicht :).

      Und ja, ich bin auch gespannt auf was noch kommt. Für morgen habe ich bereits eine lustige Idee.

  • urs sagt:

    Find ich super; mach ich auch seit Jahren. Aber muss man dafür unbedingt Werbung machen mit Zeitungsartikel und Facebook-Gruppe? Ist doch schon genug viel los IN Zürich.

    • Kirk sagt:

      @Urs

      Die meisten Leute tun solche Dinge nicht für sich, sondern um damit angeben zu können.

      Das selbe mit diesen Flow Valley Typen (Habe das im Fernsehen gesehen, habe kein FB)
      Wenn ein Bike-Spot „secret“ ist, dann stelle ich sicher keine Fotos davon ins Netz um es anderen unter die Nase zu reiben was ich da tolles habe. Also ich wäre nie auf die Idee gekommen meinen selbst gebuddelt Trail am Uetliberg ins Netz zu stellen.
      Die Ausrede sie wollen Leute dazu Animieren sich selber Trails zu suchen ist einfach Lächerlich.
      Es geht nur darum zu zeigen wie toll man ist.

      Zumindest scheint es mir so.

  • Alex sagt:

    Bisher wurde ich von meinen Kollegen tendenziell belächelt, wenn ich irgendwo im Wald (oder auch nur schon auf dem Balkon) übernachten ging statt zu Hause. Jetzt gibt es wenigstens einen Namen und – noch fast wichtiger – einen Hashtag dafür ;-) Die kleinen Freuden machen das Leben spannend!

    • Mario Angst sagt:

      Hallo Alex

      Wenn deine Kollegen ab jetzt reihenweise bei dir auf dem Balkon übernachten wollen weisst du, dass der Hashtag gewirkt hat. Nein, aber das mit dem Balkon muss ich mir merken, das ist mir noch gar nicht in den Sinn gekommen :).

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