Die Motivation des Tempomachers
Ein Gastbeitrag von Thomas Heiniger*

Wichtige Orientierungshilfe: Tempomacher sorgen unabhängig vom eigenen Wettkampferfolg für eine bestimmte Renngeschwindigkeit. (Flickr/a.froese)
Es war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Die Herausforderung hat mich einfach gereizt: Tempomacher am Zürich Marathon 2015 zu sein. Ich bin ja schon 10-mal in Zürich gelaufen; aber diesmal habe ich einen ganz neuen Fokus. Es stehen weder die persönliche Bestleistung noch irgendwelche politischen Ambitionen – wie 2007, kurz vor meiner ersten Amtsperiode – im Vordergrund: Ich laufe am 19. April 2015 quasi als Tempomat-Läufer mit. Durchschnittspace: 05:38 Minuten pro Kilometer. Laufzeit über 42 km: präzis 4 Stunden.
Kürzlich hat ein Leser des Outdoor-Blogs zum Thema «Wie man beim Joggen den Charakter erkennt» den Tempomat-Läufer so beschrieben: «Lässt sich ausser von Hundeangriffen von nichts und niemandem zu einem Herzfrequenzwechsel zwingen. […] Grüsst die Leute, joggt aber kompromisslos weiter […]. Ist total entspannt und in tiefer Meditation und tiefem Frieden versunken.» Das trifft im Wesentlichen die Herausforderung als Pacemaker des Zürich Marathon auf den Kopf: die Durchschnittspace als Massstab, die Läufergruppe als Motivation, der innere Schweinehund als Mahnfinger.
Die Verantwortung als Tempomacher
Ein Marathon ist ein Lauf von 10 km mit 32 km Anlauf. Nach drei Vierteln der Strecke muss meine Uhr ziemlich genau 3 Stunden anzeigen – die Durchschnittspace wäre dann perfekt. Wie steht es aber mit der Motivation der Läufergruppe: Laufen wir gefühlt kompakt? Bemühe ich mich aktiv darum? Vielleicht, damit ich selbst nicht aus dem Rhythmus gerate? Brauche ich in diesem Moment womöglich die Gruppe dringender als die Gruppe mich? Mit Blick auf die vorgegebene Pace und mit Rücksicht auf den Laufrhythmus wäre eine Schwächephase im letzten Viertel des Rennens geradezu ein Verrat an meinem Commitment, als zuverlässiger Tempomat zu fungieren – aber vor allem: zu reüssieren – damit meine Mitläuferinnen und Mitläufer mitreüssieren. Ich nehme die Verantwortung als Pacemaker ernst, Teil ihres individuellen Erfolgsrezepts am Zürich Marathon 2015 zu sein.
Gedanken sind frei. Und sie entfalten sich in diesen letzten Tagen vor dem Zürich Marathon umso ausgiebiger. Da lobe ich mir als Gegenstück dazu bewusst die Einfachheit einer sportlichen Weisheit: «Hier ist der Start, dort ist das Ziel – dazwischen musst du laufen.» Emil Zatopek hat damit 1952 in Helsinki Olympia-Gold im Marathon geholt – und ich in wenigen Tagen am Zürich Marathon 2015 hoffentlich die Bestätigung, dass der Pacemaker auch nur ein Läufer ist, der, wie viele andere auch, in präzis 4 Stunden ins Ziel laufen will – total entspannt, in tiefer Meditation und tiefem Frieden. Nicht mehr und nicht weniger.
*Thomas Heiniger ist Regierungsrat und Gesundheitsdirektor im Kanton Zürich.
8 Kommentare zu «Die Motivation des Tempomachers»
Viel Freude und Frieden!
Und vergessen Sie nicht zu mampfen und zu trinken.
Hallo zusammen,
ich laufe am Sonntag zum 4x als Tempomacher (3:45) mit und es ist für mich immer wieder eine grosse Aufgabe und Freude die LäuferInnen zu motivieren und in der gewünschten Zeit ins Ziel zu bringen.
Freut mich natürlich sehr, dass Thomas Heiniger als Pacemaker am Zürich Marathon mitläuft, sicher eine tolle Erfahrung…
wünsche allen einen tollen Lauf und bis dann…..
Rolf
Finde ich ganz stark ! Klasse !! – In meinen früheren Laufgruppen bin ich meistens auch als Pacemaker gelaufen, aber das waren nur 10-15 km.
Der Zürich Marathon bietet eine vielzahl an Tempomacher mit verschiedenen Laufzeiten an. Diese Auswahl wird nicht überall geboten und aus diesem Grunde bin ich am kommenden Sonntag mit dabei !
Ich möchte den Marathon diesmal in 4:45h finishen und setze auf den entsprechenden Tempomacher bzw Macherin.
Ich freue mich und bis bald !
Dann wünsche ich dir noch gute letzte Vorbereitungen und ein gutes Rennen am Sonntag!
„Ich laufe am 19. April 2015 quasi als Tempomat-Läufer mit. Durchschnittspace: 05:38 Minuten pro Kilometer.“
Was mich interessieren würde: Was ist ihre „normale“ Durchschnittspace…ist also der Marathon in dieser neuen Funktion tempomässig ein „Spaziergang“ und ändert sich sonst noch etwas für Sie?
ein kurzer Blick auf Datasport genügt um das zu sehen.
Herr Heiniger lief im Jahr 2013 den Zürich Marathon in beachtlichen 3 Stunden und 30 Minuten.
Somit sollte die 4 Stunden Limite für ihn keine Herausforderung sein, wobei man beachten muss, dass es als Pacemaker ein komplett anderes Rennen ist.
Wahlmarathon, Sechseläuten sind vorbei. Ich freue mich nun auf die 42 Kilometer in Zürich – kein Spaziergang, für alle, auch für mich: eine Herausforderung. Aber die packen wir!