Die Exoten sind auf dem Vormarsch

Outdoor

Über Stock und Stein: Trailläufer in der Region Blüemlisalp, Berner Alpen. Foto: Robert Bösch (Mammut)

Sie muten exotisch an: Ihre Laufschuhe haben benoppte Sohlen, sie tragen Trinkgurte oder Rucksäcke mit, ihre Gesichter sind vom Wetter gegerbt und braungebrannt, sie folgen dem Ruf der Freiheit – und während Strassenläufer beim Anblick einer Steigung leer Schlucken, funkeln ihre Augen: Die Trailläufer sind eine Paarung zwischen unbändigen Berglern und ausdauernden Läufern. Noch sind sie hierzulande Exoten, doch diese Spezies ist auf dem Vormarsch: Sie kommen von Westen her, denn in Frankreich sind sie bereits salonfähig, ihre Magazine prägen dort bereits seit Jahren die Medienlandschaft. Nun erobern die Trailläufer zusehends die Schweiz – eine Tatsache, die sich auch in der Wettkampfagenda widerspiegelt. Nahezu furchterregende Namen wie Irontail, Ultraks oder Mountainman erscheinen erst seit wenigen Jahren in den Laufkalendern und erst seit 2013 haben die Trailrunner ihre eigene Schweizer Meisterschaft. Und es werden noch mehr: Im kommenden Jahr finden die Ultraks nicht nur in Zermatt, sondern neu auch in Pontresina statt.

Wer aber Trail sagt, muss nicht unbedingt alpines Gelände und schier unüberwindbare Distanzen meinen. Es gibt sie überall, diese kleinen Pfade, die den Läufer vergessen lassen, dass er in der Agglomeration einer Grossstadt wohnt. Sie setzen seinen im Alltagstrott gefangenen Geist auf freien Fuss. Traillaufen ist sinnlich. Intensiver Bärlauchgeruch, raschelnde Blätter, leuchtendes Laub; die Natur vereinnahmt dabei den Läufer. Oder wie es die sechsjährige Olivia Reid die Socialmedia-Community wissen lässt: «Beim Traillaufen sieht man immer schöne Sachen wie Wasserfälle, Kreaturen und vor allem Käfer!»

(Quelle: Youtube).

Gefühle, die es nur abseits der Strassen gibt. Sie fordern aber ihren Tribut: Wurzeln, Dellen, Geröll und nasses Laub verlangen ungeteilte Aufmerksamkeit. Ein zweischneidiges Schwert, denn einerseits sind die Trails regelrechte Tankstellen für Geist und Herz. Andererseits sind sie gespickt mit Verletzungsfallen. Ist der Kopf nicht frei genug, um mit dem wechselhaften Untergrund zu recht zu kommen, kann der Lauf böse enden. Die Freiheit der Trailäufer hat ihren Preis: Anders als auf dem Asphalt dürfen hier die Füsse nicht schneller funktionieren als das Gehirn.

Trailrunning-Tipps von Markus Ryffel:

Fangen Sie klein an und tasten Sie sich ihren Füssen zuliebe langsam an die wurzelbestückten Trails heran. Diese müssen sich laufend auf ganz neue Untergrundsituationen einstellen und darauf reagieren können. Suchen Sie auf Ihrer Laufstrecke nach einem kurzen Trampelpfad und drosseln Sie darauf Ihr Tempo. Verlängern Sie mit der Zeit erst den Trailabschnitt und steigern Sie erst dann das Tempo.

Die Unebenheiten fordern Ihre Konzentration und Ihre Körperspannung: Um Verletzungen zu verhindern, müssen Sie rasch reagieren können. Verkürzen Sie dazu Ihre Schritte, richten Sie Ihren Blick vier bis fünf Schritte voraus und verlassen Sie den Trail, wenn Ihre Reaktionsfähigkeit nachlässt.

Die Fuss-, Wadenmuskeln und Gelenke sind auf unebenem Boden speziell gefordert. Darauf müssen sie vorbereitet sein. Hier drei einfache Übungen, die sich in den Alltag einbauen lassen und die nötige Stabilität bringen:

1. Barfuss auf einem Bein balancierend Zähne putzen ist ein guter Anfang, dann dieselbe Übung mit geschlossenen Augen. Oder gar: Den Kopf in den Nacken legen – erst mit offenen dann mit geschlossenen Augen.

2. Stellen Sie sich vor einen Polstersessel mit einem Fuss auf der Sitzfläche, verschieben Sie das Gewicht auf das hochgestellte Bein, drücken Sie sich mit dem anderen vom Boden ab und balancieren einen Augenblick auf dem Bein, das auf dem Polster steht. Wechseln Sie das Bein und wiederholen Sie die Übung zehnmal.

3. Barfussgehen stärkt die Fuss- und Unterschenkelmuskeln und rüstet sie für die Trails. Der regelmässige Wohnungsboden ist dabei nur der Anfang! Ein schuhloser Spaziergang oder gar lockerer Lauf auf einer saftigen Wiese ist ein nicht nur ein geeignetes Training sondern gerade in der Sommerhitze herrlich erfrischend

Impressionen vom Swiss Irontrail 2013

(Quelle: Youtube)

Video vom Matterhorn Ultraks Trail 2014

(Quelle: Youtube)

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5 Kommentare zu «Die Exoten sind auf dem Vormarsch»

  • hallo mitenand
    ich finde das gut wenn man so unterwegs ist. ich akzeptiere und respektiere diese trailläufer. das wort ist einfach anders. das haben wir im wallis bereits in den 1970er, 1980er und 1990er jahren als vorbereitung und konditionstraining für die himalaya expeditionen.
    ich wünsche diesen trailern viel spass.
    gruss von
    raphael wellig

  • Luise sagt:

    Faszinierend! Kenne das Gefühl, wenn ich 3, 4 Stunden in den Bergen trainiere. Leider braucht das Trailrunning sehr viel Zeit.

  • Forest Jump sagt:

    Früher hiess das „Crosslauf“. Heute Trailrunning. Same Sh…, different name.
    Aber im Ernst – mit der zunehmenden Zahl an Läufern, was man an den Teilnehmerzahlen der organisierten Läufe ausmachen kann, steigt selsbt bei gleichem prozentualem Anteil automatisch die absolute Zahl derer, die keine Lust auf Asphalt haben. Ausserdem war man vor fünfzehn Jahren als Marathoni noch was Besonderes. Heute muss man schon ein paar zusätzliche Höhenmeter bieten um sich abzusetzen von der Menge.
    Meine Sympathien gehen auch eher Richtung Landschaftslauf. Einfach, weil ich Asphalt und Städte nicht unbedingt für die ideale Laufumgebung halte. Aber das möge jeder für sich entscheiden.

  • Lukas Aeschbacher sagt:

    Ich verstehe das nicht ganz: Laufen die Trailrunners im Gelände oder auf Wanderwegen? Auf den Fotos vom Swiss Irontrail sieht es so aus, als ob immer auf Wanderwegen gelaufen wird. Solche Läufe gibt es allerdings schon lange (Swiss Alpine, Aletsch-HM, Jungfrau-M, etc). Was ist denn effektiv neu am Trailrunning? Ich selber laufe auch schon lange auf Wanderwegen – was mitunter von Wanderern mit gleich bösen Blicken taxiert wird wie MT-Biker.

    • Matthias sagt:

      Es gibt zwar keine allgemeingültige Definition von Trailrunning. Ein paar Unterschiede zum herkömmlichen Geländelauf:
      – wenn immer möglich auf Singletrails (Wurzelpfade etc) laufen
      – Konkurrenzgedanke und km-Zeiten treten eher in den Hintergrund
      – Ultratrails sind deutlich „abenteuerlicher“: Pflichtausrüstung nötig (Stirnlampe, Notwäsche etc), weniger Streckenposten, teils hochalpines Gelände
      – immer öfter wird auch mit Stöcken gelaufen (bzw. steil bergan gehen..)
      – Geländelauf: zB. Swiss-Alpine, Trailrun: zB. Swiss Iron Trail (bis 201km)

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