Frauenfest versus Zickenkrieg


Nach Bern hat nun auch Winterthur einen Frauenlauf. Damit reiht sich die Eulachstadt in eine Liste von Metropolen wie Paris, Wien und New York ein. Pink herrschte vor an diesem Tag, als rund 1700 Frauen in der Innenstadt an die Startlinie traten – und herzliche Ausgelassenheit. Männer – ihr versteht das nicht. Es geht an einem solchen Anlass nicht nur um Bestzeiten, Pulswerte, Kilometerschnitte und möglichst leichte Schuhe! An diesen Läufen reisen die Teilnehmerinnen für gewöhnlich auch nicht nur so knapp vor dem Start an, dass es gerade fürs Abholen der Startnummer und fürs Einlaufen reicht. Nein!

Die Läuferinnen reisen an, um zuerst miteinander in einem Kaffee ihrem Laufvorhaben einen würdigen Start zu verleihen. Die Verbissenheit rückt in den Hintergrund und macht der Geselligkeit Platz. Es geht um ein gemeinsames Erlebnis, darum, Zeit miteinander zu verbringen – es geht darum, Freundinnen zu unterstützen, ihnen im Ziel um den Hals zu fallen, um dann gemeinsam bei einer Erfrischung noch lange über das Erlebte, den Partner, die Kinder und überhaupt zu sprechen. Wer schon mal am Frauenlauf in Bern war, weiss das. Und glaubt mir, in Paris, Wien und New York spielen sich dieselben Szenen ab. Ein Frauenlauf ist ein Frauenfest.

Es geht nicht nur um Bestzeiten, Pulswerte, Kilometerschnitte: Frauenlauf Winterthur.

Es geht nicht nur um Bestzeiten, Pulswerte, Kilometerschnitte: Frauenlauf Winterthur.

Und jetzt, liebe Frauen, spiele ich den Advocatus Diaboli. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich an einem Frauenlauf die unsportlichste Szene von all meinen bisherigen Wettkämpfen erlebt habe: Ein heisser Tag in Bern. Der Startschuss fällt. Bereits beim ersten Verpflegungsposten sind alle Läuferinnen froh um eine Erfrischung. Von der Strassenmitte biege ich nach rechts Richtung Wasserstation und übersehe dabei eine Teilnehmerin, die rechts hinter mir läuft und keinen Halt machen will. Mein Manöver schneidet ihr den Weg ab, was sie – zu Recht – ärgert. Sie schimpft, was ich gut verstehen kann. Meine Entschuldigung hat sie mit 100-prozentiger Sicherheit gehört, sie quittiert sie nämlich mit einem abschätzigen «das war echt daneben».

Ein Mann hätte es wohl dabei belassen – sie nicht. Wir liefen per Zufall immer wieder zueinander auf. Und bei jeder Verpflegungsstation musste ich büssen: Sie schaffte es, mir ganze dreimal auf der 10 Kilometer langen Strecke den Weg abzuschneiden, bevor ich einen Becher zu fassen kriegte – und zwar mit Absicht. Eine derart zickige Aktion habe ich bei Männern noch nie erlebt!

Also, was ist ein Frauenlauf nun – ein Frauenfest oder ein Zickenkrieg?

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37 Kommentare zu «Frauenfest versus Zickenkrieg»

  • Petra Bart sagt:

    Ja, es gibt Männer und Männer. Sportliche Männer die kaum an „Wettkämpfen“ anzutreffen sind. Aber von Wettkämpferinnen wohl auch kaum wahrnehmbar. Eigentlich schade!

  • siegmaennchen sagt:

    Ich verstehe Frauen schon, die sich an Frauenläufen wohler fühlen. Aber diesselbe erwähnte Lockerheit ist auch an „normalen“, gemischten Läufen möglich. Der Frauenlauf Winterthur erscheint mir hingegen schon recht fragwürdig und schlichtwegs eine Geldmacherei unter dem eher dümmlichen Motto „ohne Frauen läuft nichts“. Über die Mitleids-Distanz von 5km, reingewürgt in die Altstadt in 3 Runden und unzähligen Kurven resp. rechten Winkeln, bezahlt Frau mehr als an manchem Marathon (Fr. 45). Dazu wird ein Frauenbild zelebriert, das scheinbar nicht nur mir befremdlich vorkommt. Die Give-aways umfassten ebenso aussschlieslich Pink-Beauty-Kram. Zur Sicherstellung der Political Correctness wurde ein eher symbolischer Beitrag ans Frauenhaus Winterthur überwiesen… dieser Anlass ist doch echt nur peinlich.

    • Lothar sagt:

      Wieso haben dann mehr als 1400 Läuferinnen freiwillig mitgemacht? Offenbar ist der Kriterienkatalog grösser und anderst gewichtet. Da der etablierte Frauenlauf Bern im Frühling stattfindet ist mit einem Teilnehmerinnenzuwachs zu rechnen.

      Zur erwähnten Lockerheit bei gemischten Läufen möchte ich folgende Feststellungen beim Fotografieren weitergeben.
      Um die schnellen Frauen herum beissen sich schnell einige ambitionierte Läufer fest. Ist die Läuferin zu stark, wird im Windschatten gelaufen, um sie eventuell kurz vor dem Ziel überspurten zu können.
      Bei den mittelschnellen Frauen gesellen sich extra zusätzliche Läufer dazu, die vom Publikumsapplaus für die Läuferinnen profitieren wollen.

  • Anastasia sagt:

    Mir sind Frauenläufe sowieso suspekt. Dann müsste es doch der Gleichberechtigung wegen auch Männerläufe geben. Warum diese spezielle Hervorhebung? Ich laufe nur bei gemischten Laufveranstaltungen mit und fühle mich dort sauwohl!

  • Lothar sagt:

    Wenn ich die Fotos sehe, sieht das eher nach einem tollen Lauffest aus. Bei mehr als Tausend Teilnehmerinnen gibt es auch bei Frauen ein paar wenige Spezielle. Selbstlos darüber hinwegschauen, lächeln und das Happening geniessen.

    Verpflegungsposten sind auch bei gemischten Läufen „kritische Orte“, denn die wenigsten greifen den Becher und trinken bei gleichem Tempo. Insbesondere wenn die Flüssigkeitsreichenden unerfahren sind, klappt selten die zeitnahe Übergabe, was teilweise schwierig für die Nachfolgenden ist. Deshalb ein Tipp fürs nächste Mal. Ausreichend Wasser trinken bis 1 1/2 Stunden vor Start und dann bei Belastungen von unter 45 Minuten nichts trinken – da nicht nötig – und die Verpflegungsposten locker umlaufen.

  • Ines sagt:

    welcher männerlauf käme auf die idee, alle männer in tarnfarbenshirts laufen zu lassen. pink gehört irgendwann mal als spezifische frauenfarbe abgeschafft. ich kann es nicht mehr sehen! das wäre für mich ein schritt emanzipation.

  • Max Hesdroom sagt:

    Und nun stelle man sich vor, es würde ein „Männerlauf“ ausgerufen, wo die Männer mal unter sich sein können. Das würde einen Aufschrei geben wegen Diskriminierung und allem.
    Aber umgekehrt muss man es einfach hinnehmen.
    Rein objektiv betrachtete ist das ärmste Wesen der weisse Mann, weil wenn er etwas für sich möchte immer jemanden Diskriminiert.

    • Beat Gruber sagt:

      Ich denke, solange ein Frauenlauf nicht zum Zickenlauf eskaliert und der Anstand gegenüber der Mitläuiferin gewahrt bleibt, sind solche Ego – Frauen vernachlässigbar. Geniessen Sie den Lauf uind vergessen Sie die verbissenen Masochistinnen.

  • Linus sagt:

    Es ist doch wie im „richtigen“ Leben: wo die Menschen an ihre Leistungsgrenze gelangen werden dann die Ellenbogen ausgefahren. Danke Frau Wertheimer für diesen Artikel. Er ist doch ein Plädoyer dafür, dass gerade an einem Frauenlauf auf den Ausbruch von negativem Ehrgeiz gefälligst verzichtet werden sollte. Die Ellenbogen-Frau (bestimmt nicht die Einzige dieser Sorte) hat sich vermutlich beim falschen Lauf angemeldet.

  • Felix Stern sagt:

    Ich glaube schon, dass sich die Art und Weise, wie Männer ihre Differenzen austragen und wie dies Frauen tun, unterscheiden. Man spricht ja auch von HahnenKAMPF und ZickenKRIEG. Männer können sich herrlich streiten und im nächsten Augenblick verbrüdern. Frauen sind da vielschichtiger, perfieder und oft genug nachtragender.

  • Waldi sagt:

    Sehr interessant: Die meisten Kommentare bestätigen mit ihren Äußerungen – wohl eher unbewusst – , dass sich Frauen doch wirklich so verhalten, wie es im Artikel erzählt wird.

  • Peter Dietiker sagt:

    Das ist genau der Grund, warum ich nie an einem solchen Lauf mitmachen würde. Ich hab’s generell nicht so mit Dränglern. Ich laufe lieber allein für mich selber. Da nervt mich niemand. Aber wenn ich Teilnehmer an so einem Lauf wäre, und mir jemand zum dritten Mal absichtlich den Weg abschneiden würde, dann würde ich ihm oder ihr halt mal von hinten ein bisschen auf die Fersen treten. Uups! Sorry! Ob Mann oder Frau ist egal, wir haben ja Gleichstellung.

  • Lenggenhager Kurt sagt:

    Früher konnten Frauen an Laufenveranstaltungen nicht teilnehmen oder nur inkognito z.B. Kathrine Switzer am Boston Marathon. Heute wollen Sie ihre eigenen Laufveranstaltungen – nur Frauen. Wie soll ich das verstehen?

    • Lia sagt:

      wie sollen Sie es NICHT verstehen? Am Boston Marathon rennen beide Geschlechter zusammen – beim Frauenlauf geht es, wie klar demonstriert wurde, nicht um die Verbissenheit, die oft bei Veranstaltungen mit Männern an den Tag gelegt wird, sonden um anderes. Deshalb habe ich den Frauenlauf auch nie als wirklichen Wettkampf wahr genommen, wenn ich einen Wettkampf suche, gehe ich an ein gemischtes Rennen.

      • Laufnomade sagt:

        Lia, bei einem Lauf entscheidet dein Wille und dein Körper, wie schnell und verbissen du rennst. Für das brauchst du keinen Frauenlauf. Kurt hat nur den geschichtlichen Hintergrund dieser Läufe erklärt und mitgeteilt, dass heute praktisch alle Sportarten und – veranstaltungen für beide Geschlechter offen sind. So wären die Frauenläufe eigentlich nicht mehr notwendig. Weshalb macht man sie trotzdem? Vielleicht aus Tradition (heikles Argument), vielleicht wegen der Nachfrage…

      • Lenggenhager Kurt sagt:

        Ich habe bei gemischten Laufveranstaltungen sowohl Männer als auch Frauen gesehen, die sehr verbissen gekämpft haben. Aber auch Frauen und Männer, die es locker nahmen.
        Vor Jahren, als die Frauenläufe gegründet wurden, konnte man noch sagen, dass viele Frauen Hemmungen haben, an gemischten Laufveranstaltungen teilzunehmen. Aber diese Zeiten sind doch wirklich vorbei.
        Wenn es auch separate Männerläufe gäbe, so wäre der Aufschrei bei vielen Frauen gross.

    • Oli Pfeffer sagt:

      Lia: Mir tut einfach die Frau leid, die sich mit anderen Frauen messen will und dann als verbissen verschrieen wird oder der Mann, der einfach Mal zum Spass an einem Rennen teilnehmen will. Anscheinend sind Abweichungen von den üblichen Klischees nicht vorgesehen.

  • Felix Heinzer sagt:

    Eine kezerische Frage: Was würde wohl heutzutags über einen Lauf geschrieben wo nur Männer zugelassen sind ?
    Ich habe nichts gegen Frauenläufe, finde diese aber überflüssig. Vor über vierzig Jahren haben sich die ersten Frauen einen Platz neben den Männern in den Marathonläufen buchstäblich erkämpft und heute sind Frauen an den Wettkämpfen eine selbstverständlichkeit bzw nicht mehr wegzudenken was ich auch gut finde.

  • Hans Meier sagt:

    3x auf 10KM an einen Wasserposten – wer kann denn so viel trinken ?

    • Gabriela sagt:

      Waren Sie schon mal an einem Lauf? Das ist 3 mal ein 2-dl Becher, mehr oder weniger gefüllt, von dem Sie die Hälfte verschütten, 2-3 Schluck trinken (hoffentlich ohne sich zu verschlucken) und den Rest über den Kopf giessen. Bleibt unterm Strich ein halber Dezi (ein ganzer, wenn Sie geübt sind) – auf 10 km verkraftbar, vor allem wenns so warm ist wie diesen Samstag.

  • arnold gasser sagt:

    Woher wissen wir, dass Sie sich diese Aktion nicht einfach nur einbildet und es gar keine Absicht war?

  • Oli Pfeffer sagt:

    Es sind doch einfach Menschen. Manche Menschen sind männlich und können trotzdem nur aus Spass und nicht wegen einer verbissenen Leistungsmessung an einem Rennen teilnehmen, manche Menschen sind weiblich und können trotzdem aggressiv sein. Bei den Newsnetz-Blogs geht es irgendwie in jedem zweiten Beitrag um „Männer sind …“/“Frauen sind …“. Diese Schubladen-Einteilerei tut doch nur allen Unrecht, die nicht dem Durchschnitt ihrer Geschlechts entsprechen.
    (Man stelle sich vor, es gäbe die ganze Zeit Beiträge „Schwarze sind …“/“Weisse sind …“ oder „Inländer sind …/Ausländer sind …“, dann würde es zurecht heissen, das sei diskriminierend).
    Nun ja, ich bin jedenfalls froh, dass es bei den Männern keine bestimmte Farbe gibt, die man tragen „muss“ um männlich zu sein.

  • Sabine sagt:

    Ich finde es schade, dass hier immer wieder die gleichen Stereotypen zementiert werden: Frauen haben es lieber gemütlich, keinen Ehrgeiz, sind jedoch zickig, wohingegen Männer ambitioniert sind und unkompliziert sind…
    Zur Information: es gibt tatsächlich auch Männer, die an Läufen teilnehmen, einfach um dabei gewesen zu sein, und Frauen, die mit sportlichen Ambitionen starten. Mit solchen Texten tun Sie den Frauen keinen Gefallen, liebe Frau Wertheimer, sie fördern das Bild, dass man Frauen/Frauensport nicht wirklich ernst nehmen muss, da es ja nur ein bisschen „dabei sein und dä Plausch ha“ ist.

    • Ricco Morales sagt:

      Mit Geschlechterklischees kann man halt Klicks erreichen. Gender sells…

    • Henä sagt:

      Richtig Sabine.
      Frau Wertheimer ihre Problemchen möchte ich haben….

    • C. Silly sagt:

      Danke Sabine, für denien Kommentar. Ich habe mir das gleiche gedacht. Wenn ich an einem Lauf starte, dann um meine Zeit zu verbessern und nicht um mit anderen Frauen die frische Luft zu geniessen.

  • tina sagt:

    konkurrenzkampf ist doch sogar eine eigenschaft, die als typisch männlich gilt. auch dieser text betont wieder die haltung, frauen sollen zusammenarbeiten. bei einem wettrennen ist das doch sowieso paradox, aber auch in anderen lebensbereichen sehe ich nicht ein, warum frauen negativ angekreidet wird, wenn konkurrenzkämpfe führen, während man von männern erwartet dass sie das tun, und es positiv findet. natürlich nicht, sich kindisch den weg abzuschneiden, aber idioten gibt es bekanntlich überall, und wenn das ein mann getan hätte (was durchaus hätte vorkommen können), dann hätte man gesagt, er habe ein problem mit frauen.

    • Nick Schott sagt:

      Ich finde Konkurenzkampf nie positiv, in Teamarbeit ist sie sogar schädlich und glücklich macht sie bestimmt auch nicht.

    • Sportpapi sagt:

      Naja, im Sport ist aber eigentlich schon sportliches Verhalten gefordert. Das hat aber nun gerade gar nichts mit fehlendem Konkurrenzkampf zu tun. Andererseits: Rechtfertigt ein solches Erlebnis diesen Artikel?

    • Felix Stern sagt:

      tina: Dieser Artikel bedient die klassischen Gender-Stereotypen. Ich habe kein problem mit diesem Stereotypen und finde sie eigentlich recht treffend. Sie haben aber recht, wenn Sie es nicht in Ordnung finden, wenn man bei Frauen männliche Eigenschaften ankreidet. Jede Frau darf und soll so ehrgeizig sein, wie sie will und wie sie veranlagt ist. Hier wird aber nicht der Konkurrenzkampf angekreidet sondern die Art, wie dieser ausgefochten wird und der unterscheidet sich bei Männrn und Frauen oft genug. Es heisst ja nicht um sonst HahnenKAMPF und ZickenKRIEG.

    • tina sagt:

      danke für eure feedbacks, ihr habt alle recht

  • Peter M. sagt:

    Ach Frau Wertheimer, eine Schwalbe macht doch noch keinen Sommer (1 aus Hunderten Teilnehmerinnen)! Oder gibt es weitere Beispiele?

  • Matthias sagt:

    Mit solchen Veranstaltungen wird verkrampft versucht, das alte Bild der Frau zu erhalten: alles liebe Huschelis, die Konkurrenz scheuen und lieber Händchen haltend mit ihrer auch in Pink angezogenen Freundin durch Bern zu Joggen, natürlich nur in einem Tempo, bei dem man noch gut aussehen kann. Dann ist man plötzlich ganz überrascht, wenn sich mal eine wie ein Mensch verhält und nicht wie eine Frau.

    Mit kann es ja egal sein, aber wenn eine Frau nicht befördert wird oder weniger Lohn erhält als der männliche Kollege, dann kann sie sich unter Anderem bei den Teilnehmerinnen der Frauenläufe bedanken.

  • tina sagt:

    oje. alsob männer nicht auch zicken würden, einfach anders. natürlich weniger oft frauen gegenüber

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