Mary Poppins hilft Indoor-Muffel

Fitness

Alles nutzen, was der Wald hergibt: Abwechslungsreiches Training mit Forest Fitness. Foto: Pia Wertheimer

Ich habe es zigmal probiert – und bin bis heute gescheitert: Ich kann mich einfach nicht überwinden, in einem Fitnesscenter meine Muckis zu stählen. Krafttraining schlechthin bleibt deshalb oft auf der Strecke. Denn wenn ich wählen kann, gebe ich dem Gefühl der Freiheit beim Laufen – auch wenn das Training hart ist –, dem Drill mit dem bitteren Nachgeschmack saurer Muskeln den Vorrang.

Den berühmten ersten Schritt auf dem Weg zu Besserung habe ich vor Jahren bereits getan. Ich bin längst zur Einsicht gelangt, dass ein Mindestmass an Krafttraining für Marathonprojekte unabdingbar ist. Genützt hat es allerdings wenig – ich kann mich damit einfach nicht anfreunden.

Am vehementesten wehre ich mich gegen den Drill im Fitnesscenter. An Maschinen Muskeln zu stärken, mag für manche motivierend sein – noch kein Center hat mich aber davon überzeugen können, mehr als ein Probeabo zu lösen. Auch vor Gruppenlektionen kneife ich bereits wenige Wochen nach dem Entschluss, endlich vernünftig zu sein – obschon ihr sozialer Aspekt die Sache vereinfachen würde. Der berühmte Selbstüberlistungstrick, zu Hause während meiner Lieblingsserie eine halbe Stunde Kraftübungen zu machen, klappt ebenfalls nur zu selten. Schade um die Hanteln, den Medizinball, die Matte, die Gewichte für die Fesseln und das Tera-Band, die in einer Ecke verstauben…

Ich bin auf der Suche nach dem «Löffelchen voll Zucker» aus meiner Kindheit, mit dem Mary Poppins das Zimmeraufräumen in ein spassiges Unterfangen verwandelte. «In jeder Arbeit, merkt euch das, steckt auch ein bisschen Spass», singt die zauberhafte Nanny. «Find den Spass und schnapp, die Arbeit klappt!» Ein Löffelchen voll Zucker, das die Medizin versüsst, könnte für Indoor-Muffel wie mich ein Angebot aus dem Zürcher Unterland sein: Es heisst Forest Fitness.

Charme und Drill

Pascale Trümpy und Corinne Rüegg heissen die beiden Drillcaptains oder Mary Poppins – je nach Auffassung der Teilnehmer. Sie verfügen jedenfalls beide über den motivierenden Charme der Nanny sowie die Bestimmtheit des Drillmeisters, der keine Faulheit zulässt und auf korrekt ausgeführte Übungen Wert legt. In einer Zeit, in der Bootcamps in den Städten Hochkonjunktur feiern, setzen sie in der Natur einen Kontrapunkt zum urbanen Trend. Ihr Gruppentraining dauert 90 Minuten und besteht aus einer Mischung aus Kraftübungen und Laufen. Anders als die herkömmlichen Vitaparcours nutzen die Instruktorinnen von Forest Fitness für das Training ausschliesslich, was der Wald bietet. Na ja fast, um die kleinen Matten unter den Händen bei den Liegestützen war ich bei der Testlektion jedenfalls dankbar – auch Tera-Bänder sind ab und an im Einsatz, sie haben schliesslich überall Platz.

Die beiden Frauen passen das Training den Gegebenheiten an: den Holzstapeln, die hier auftauchen und dort verschwinden, der Witterung sowie den Jahreszeiten. Wer also Routine braucht und ein festgelegtes Programm liebt, ist im Wald ob Oberweningen fehl am Platz und bleibt lieber im Fitnesscenter. Ich meinerseits könnte mit dem Angebot mein Löffelchen voll Zucker gefunden haben. Einziger Wermutstropfen: der lange Anfahrtsweg.

Mit einem Teelöffel Zucker…

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13 Kommentare zu «Mary Poppins hilft Indoor-Muffel»

  • Denise sagt:

    Das Forest Fitness Modell funktioniert ! Man bewegt sich draussen an der frischen Luft und dank der beiden gut ausgebildeten Trainerinnen ist ein ganzheitliches und persönliches Fitnessprogramm gewährleistet. Falsche Haltungen beim Training werden korrigiert und das Niveau jedem persönlich angepasst. Fitness in der Gruppe ist motivierend und mit dem fixen Termin im Kalender geht man auch eher hin. Es bringt dem Körper und der Psyche langfristig nutzen wenn man trainiert ! Da geht es nicht nur um’s abnehmen. Ob man Fitness lieber im Wald, in der Turnhalle, im Center oder ganz allein in der Stube oder irgendwo trainiert ist genauso wie das Trainingsziel jedermanns persönlichen Vorlieben überlassen.

  • Dani K sagt:

    Forest Fitness? Hauptsache, wieder ein englischer Trendbegriff mehr. Geht doch einfach auf den VITA-Parcours.

    Um mit Sport gesund zu bleiben, reichen genau 2 Worte aus dem Englisch-Wortschatz: „Fitness“ und „Jogging“. Den Rest kann man spülen.

    • Peter Camenzind sagt:

      Wenn die Welt so einfach wäre….. Mit Jogging bekomme ich mehr Ausdauer, mehr nicht. Fitness ist viel breiter.

  • Markus sagt:

    Ihr Bild ist ein super Negativbeispiel was man im Wald gerade nicht machen sollte: auf Rundholzhaufen rumzuklettern! Wir verbieten dies den Kindern beim OL-Training, weil es schlicht zu gefährlich ist und es jedes Jahr zu Unfällen mit Schwerverletzten und Toten kommt. Die Stämme können ins Rutschen kommen und einen zerquetschen.

    • heidi reiff sagt:

      Danke für die Antwort Markus v. 16.06 heute, theoretisch kenne ich diese Kraftmaschinen, früher waren es Hanteln, so Eisenstangen links und recht so schwere Räder glaub aus Stahl, auch so Gewichtsheber für die Hände, alles aus Material Stahl, in der Mitte so Federn, item ich halte nichts von Schlankheitswahn, Hollywood und Ballywood nein Danke, der Ami Arno Schwarzenegger ist glaub Weltmeister im Gewichteheben, in der heutigen Zeit wird für allerlei geworben, Tabletten gibs z.B. gegen das Schnarchen Nachts etc. etc. etc.

  • Peter Camenzind sagt:

    Finde ich super – jede Abwechslung im Training ist besser als immer das gleiche zu trainieren (z.B. laufen im Jogging-Tempo). Crossfit schlägt eine sehr breite Definition des Begriffs Fitness vor, die ich gut finde: Ausdauer (kardiovaskuläre/respiratorische Ausdauer und Durchhaltevermögen), Kraft (Leistung und Stärke), Beweglichkeit, Schnelligkeit, Geschicklichkeit, Balance, Koordination und Genauigkeit. Und je mehr dieser Dimensionen man trainiert desto fitter wird man. Übringens: Klassisches Fitness-Center Krafttraining an den Maschinen ist eigentlich Unsinn, weil nicht funktional. Wenn man Kraft (und Muckis) entwickeln will, sind Powerlifts mit der olympische Langhantel und entsprechenden Gewichten viel effizienter und effektiver. Aber Achtung: Da braucht es eine gute und solide Technik

  • marvin sagt:

    der beste weg, fit zu werden und langfristig gewicht zu reduzieren, ist, muskeln aufzubauen. die verbrennen kalorien auch in der ruhephase. gemütlich durch den wald zu mäandern mag angenehm und gesund sein (gesünder als in der kneipe zu sitzen jedenfalls), aber gegen übergewicht hilft das kaum. was eigentlich logisch ist, gilt auch fürs training: ohne fleiss kein preis (no pain – no gain). lieber 15 min hart trainiert, als 60 locker!

    • Matthias sagt:

      Dein letzter Satz ist Quatsch. 60min locker Joggen braucht mehr als doppelt soviel Energie wie 15min vollgas rennen. (Bsp. 12km vs. 4,5km)

      • Fufabo sagt:

        Das gilt nicht unbedingt als gesichert, wenn man den Nachbrenneffekt berücksichtigt¹!
        Auch kann Intervalltraining (HIIT) in einem Viertel der Zeit einen ähnlichen Trainingseffekt erreichen wie konventionelles Training². Der erhöhte Energiekonsum durch aufgebaute Muskelmasse wäre demnach auch vergleichbar

        ¹http://de.wikipedia.org/wiki/EPOC_%28Sportwissenschaft%29
        ²(Burgomaster, K. A. et al.: Similar metabolic adaptations during exercise after low volume sprint interval and traditional endurance training in humans. In: J Physiol. 586, Nr. 1, 2008, S. 151–160

  • Christoph Bögli sagt:

    Es geht aus dem Artikel nicht wirklich hervor, woran der Besuch im Fitnesscenter genau scheitert. Es ist ja klar, dass banales Krafttraining nicht Spass pur ist und das Setting sicher zu wünschen übrig lässt. Trotzdem sollten die Vorteile, die sich daraus ergeben, gerade für jemanden, der viel Zeit in den Sport investiert, Motivation genug sein. Zumal Krafttraining gegenüber klassischem Ausdauertraining sehr effizient gestaltet werden kann. Man muss keineswegs tagelang dort rumhängen (wie manche meinen), 2-3mal pro Woche à 30-60min reicht da völlig. Was letztlich wesentlich „schmerzfreier“ ist als stundenlang durch den Wald zu rennen..

  • Hans Müller sagt:

    Auf Rundholzstapeln rumzuhüpfen kann ziemlich ins Auge gehen, wenn die Baumstämme ins Rollen geraten. Da hilft dann auch Mary Poppins nicht mehr.

  • Marco Muster sagt:

    wieder ein modischer gag mehr, der übergewichtige dazu bringt, 2 wochen lang sport zu machen und dann wieder nicht mehr bis zum nächsten trend… nichts ersetzt krafttraining mit vernünftigem programm, progressivem overload der gewichte und zu > 80% guter ernährung.

  • Roland K. Moser sagt:

    Ich kann Ihnen Training im Fitness-Center wärmstens empfehlen, auch wenn Sie nur im Winter gehen.

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