Gut vorbereitet ist halb gemetzget

Vor zehn Jahren gewann Juan Antonio Flecha vor Paolo Bettini und Jerome Pineau: Tierische Zuschauerin an der Züri-Metzgete 2004. (Foto: Steffen Schmidt/Keystone)
Zum 100. Mal wird am 22. Juni 2014 die Züri-Metzgete durchgeführt. Wer Schlachtplatte und Bier erwartet, liegt nicht ganz richtig. An der Metzgete von Zürich geht es um schnelle Kilometer, die «Wand» am Siglisdorfer, Positionskämpfe und Schlusssprints. Bier und Wurst sind höchstens Nebendarsteller. 1910 wurde das Velorennen zum ersten Mal durchgeführt, damals als Meisterschaft von Zürich. Vor zwei Wochen wurde an einer Jubiläumsfahrt die Rennstrecke der ersten Ausgabe möglichst originalgetreu befahren, von Fans der Metzgete und ehemaligen Radprofis.
Ursprünglich wurde das Rennen ins Leben gerufen, um die Finanzprobleme des Veloklubs Westfalen-Zürich zu lösen. Dieser hatte sich mit seinen Anzügen aus feinstem Stoff übernommen, welche die Mitglieder offenbar lieber trugen als bezahlten. Von 1968 bis 2006 zählte die Züri-Metzgete zu den wichtigsten Eintagesrennen der ProTour der Profis. Aus finanziellen Gründen konnte sie diesen Status nicht behalten. Heute starten «nur» noch Amateur- und Elitefahrer mit Lizenz sowie Hobbysportler. Stetig geändert hat auch die Rennstrecke. In den letzten Jahren blieb Start und Ziel in Buchs ZH.
Die Züri-Metzgete trägt ihren martialischen Namen nicht ganz zu unrecht – auch mir und meinem Velo wurde das Rennen schon zum Verhängnis.
Sie war das erste «richtige» Velorennen, an dem ich teilnahm; vorher hatte ich nur Erfahrung mit Velokurier-Rennen. In strömendem Regen absolvierte ich 2008 in Regenhosen die 50 Kilometer der kleinen Volksmetzgete. Anschliessend radelte ich heim, um rasch ans Trockene zu kommen. Erst später erfuhr ich, dass ich schnellste Frau gewesen war! Nie hätte ich das erwartet.
Im Jahr darauf konnte ich dieses Resultat wiederholen, diesmal bei trockenem Wetter und nicht mehr so unerwartet. Wieder ein Jahr später hatte ich etwas aufgerüstet: Ich besass seit ein paar Monaten ein Carbon-Rennvelo und hatte in diesem Sommer bereits ein paar Rennen bestritten. Nun wollte ich die grosse Metzgete gewinnen – die 100 Kilometer lange. 2 Kilometer vor dem Ziel schien der Sieg zum Greifen nahe: Ich lag in Führung bei den Frauen! Dann, auf der Zielgeraden, touchierte mein Vorderrad das Hinterrad des ablösenden Vorfahrers und ich stürzte.
Zum Glück konnte mir die Gruppe ausweichen; einer wartete gar und ermunterte mich, aufhören zu fluchen und fertigzufahren. Also hängte ich die Kette ein und die Hinterbremse aus, damit sich das lädierte Rad drehen konnte, und holperte über die Ziellinie. Doch der Sieg war weg und der neue Velorahmen kaputt. Im Zielbereich kam sofort ein Tele-Züri-Reporter, zoomte auf mein blutiges Knie und fragte, ob ich wisse, warum das Rennen Metzgete heisse. Und ob!
Trotzdem trat ich im Jahr darauf wieder an, im Team eines Veloclubs der Region. Vorher zu trainieren, hatte ich nicht für nötig gehalten. Bergtouren sind nicht dasselbe wie Velorennen, musste ich merken: bereits nach einem Kilometer wurde ich an der ersten kleinen Steigung abgehängt. Ich fuhr die 100 Kilometer weitgehend alleine und musste mich von den Fahrern der hinteren Startblöcke überholen lassen. Nur weil ich Teil eines Teams war, fuhr ich das Rennen überhaupt zu Ende.
Lachend empfahl mir nachher Harry, der Chef des Veloclubs, besser mal mit ihnen zu trainieren. Ich nahm die Einladung an und begann letztes Jahr, einmal in der Woche mit Harry und seinem Club zu trainieren. Es nützte: Letzten Herbst konnte ich endlich die Damen-Kategorie der 100 Kilometer-Volksmetzgete gewinnen. Ohne Stürze und grössere Einbrüche, dafür mit Glück, etwas Vorbereitung und ein bisschen Hilfe von einem Italiener, der mich nach der ersten Siglisdorfer-Passage wieder ans Feld führte (Grazie!).
Das war letztes Jahr, und seither bin ich mich am Erholen, und ab und zu freue ich mich, dass ich die Hobby-Metzgete gewinnen konnte. Leider droht jetzt schon bald die nächste Ausgabe. Ich habe noch viel zu wenige Trainingskilometer in den Beinen und bin noch nicht sicher, ob ich mich der Herausforderung stelle. Mal sehen; anmelden kann man sich noch bis am Vortag.
Haben Sie eigene Erfahrungen mit der Züri-Metzgete?
Sind Sie dieses Jahr am Start?
Nachfolgend zwei Videos aus der Fahrerperspektive vom letzten Jahr zur Einstimmung:
7 Kommentare zu «Gut vorbereitet ist halb gemetzget»
Das war die Zürimetzgete 1947 mit Ferdi Kübler an der Spitze, dahinter Renzo Zanazzi. Die zwei Fahrer dahinter kann ich nicht identifizieren.
Nachtrag: Der hinterste Fahrer (mit Sonnenbrille) könnte Hugo Koblet sein.
Ich glaube nicht, dass das Koblet ist, wie Sie meinen. Das Cilo-Trikot sah anders aus. Es ist eher Bartali.
Es ist kaum glaubhaft, dass das eine Bild aus 1914 stammt. Man beachte die Kleidung, die Trinkflaschen, die Fototechnik (Verschlusszeit!) und vergleiche mit anderem Bildmaterial aus dieser Zeitepoche (vor dem 1. Weltkrieg).
Sie haben recht, Coradi. Die Info 1914 habe ich so bekommen, aber das Bild muss aus den 40er- oder 50er-Jahren sein.
Ich fahre nicht mit. Für die Autorin: an einem Rennen mitfahren macht auch Spass, wenn man nicht um den Sieg fährt.
Am Wochenende sind hier auch schon die ersten Sportradler gefahren. Zehn Mann die wie im Entenmarsch getrampelt sind, sah ziemlich nett aus :) Übrigens, der Artikel ist sehr schön zu lesen,Daumen hoch.