Die Überwindung beim ersten Mal
Ein Gastblog von Christian Andiel*

Die Rückkehr zum regelmässigen Laufen gestaltet sich jedes Frühjahr schwer. (Bild: Keystone)
Kommt der Winter, wirds für mich schwierig, den Laufrhythmus zu halten. Dabei wäre es so wichtig und wünschenswert, gerade weil ich im Winter viel unterwegs bin, im Auto sitze, vor dem Laptop hocke, unregelmässig esse. Also jeden November, wenn der alpine Ski-Weltcup losgeht, wieder der Vorsatz: Diesmal bin ich diszipliniert, nächsten März, wenn der Weltcupfinal vorbei ist, bin ich kein Hänger, bin ich immer noch ein Läufer.
17. März 2014. Der Weltcupfinal auf der Lenzerheide ist vorbei. Heute ist Ruhetag (persönlich). Der Rückblick auf den Winter ist niederschmetternd. Laufmässig betrachtet. Am Anfang noch eine relativ hohe Frequenz, relativ. Alles in allem war es natürlich nix, zu wenig auf den Trails, ein paar Mal im Fitnessraum auf dem Laufband. Und warum ist dann heute Ruhetag? Weil ich das verdient habe. Punkt.
18. März. Post abarbeiten, Wäsche waschen usw. usf. Keine Zeit zum Laufen. Warum hab ich das alles nicht gestern gemacht? Gestern war Ruhetag. Klar.
19. März. Morgen gehts für vier Tage in die Berge. Endlich Ruhe, endlich wieder draussen in der Natur, wandern gehen, frische Luft. Heute packen, die letzten Dinge erledigen und überhaupt bin ich eingesprungen auf der Redaktion, personeller Engpass. Mann, einfach keine Chance, endlich wieder laufen zu gehen. Mist.
24. März. Zurück aus der Surselva. Die Wanderung war richtig gut, aber richtig anstrengend war es nicht. Dass am Sonntag starker Schneefall zur Untätigkeit quasi gezwungen hat, ist auch kein wirkliches Problem gewesen.
Warum bloss ist es jedes Frühjahr so schwierig, die Rückkehr zum regelmässigen Laufen zu schaffen? Also zumindest für mich. Die Qualität der Ausreden, warum es gerade wieder nicht geht, ist geradezu atemberaubend. Der (tatsächlich bereits ausgebrochene) Heuschnupfen ist dabei noch der vernünftigste Grund. Aber sonst? Es ist trostlos. Einmal bin ich sogar mit dem Staubsauger durch die Wohnung, bloss damit ich die Laufschuhe ohne schlechtes Gewissen ignorieren konnte.
26. März. Am späten Nachmittag spielt der 1. FC Köln. Nach den Resultaten der Konkurrenz am Vortag muss gegen Karlsruhe ein Sieg her, sonst geht das Zittern wieder los. Das Thema beschäftigt mich vom Aufstehen weg, nichts geht, kein Buch, kein Magazin, immer ist da das Spiel.
Es kommt der Moment, wo nur noch eines geht: Umziehen, Laufschuhe an, runter an die Limmat, vor zum Höngger Wehr, rüber auf die andere Flussseite, zurück und über Wipkingen, Rotbuchstrasse (Baustelle ist fast weg!) heim zur Weinbergstrasse. Das Spiel war bald kein Thema mehr, dafür immer wieder die Frage: Gibt es keine einfacheren Mittel, diesen ersten Tag des Laufens hinzukriegen, irgendwelche Tricks und Tipps, Mittel, um sich selbst (und den Schweinehund) zu überwinden?
Auf jeden Fall bin ich wieder da, ich laufe wieder. Und Köln hat gewonnen. Geiler Tag. Jetzt geh ich mein Bike putzen.
* Christian Andiel ist Journalist und Produzent beim «Tages-Anzeiger».
24 Kommentare zu «Die Überwindung beim ersten Mal»
Laufen zum ersten Mal
Das wichtige wetter ist schon diese Tage, aber bei mir nur Spazieren lässt die Wunde tüchtig pochen. Lieber noch ein paar Tage Geduld haben, auch wenn ich den Finger ja kaum zum Laufen brauchen – ausser zum Schnüren der Schuhe…
So bleibt Zeit, es etwas ruhiger zu nehmen: Zum Beispiel auf Balkonien. :cool1_tb:
Ein lehne mich zurück und werfe einen Blick zu den Laufanfängen 2000. Anfangs April hatte ich mit einem Ziel gerichteten Lauftraining begonnen. Das war der Startschuss zu meiner “späten” Laufkarriere und als “Beigemüse” zur Website Lauftipps.ch.
:thumbup_tb:
Ich habe sogar die Lauftagebuch-Aufzeichnungen gefunden. Als Papier habe ich die nicht mehr. Das war mir zuviel “Papier”. Deshalb habe ich sie eingescannt und in elektronischer Form aufbewahrt. Das braucht fast kein Platz. Manchmal ist es toll, zurück zu blättern uns nachzulesen, was man alles ins Lauftagebuch eingetragen hat.
Aus der Aufzeichnung geht hervor, dass ich im Tessin in den Frühlingsferien und viel mit dem Rad unterwegs war. Ich musste mich mit Lauftraining etwas schonen, denn es war nicht einfach, eine sinnvolle Planung durchzuziehen. In der abgebildeten Woche lief ich bei Regen eine 10-km-Runde. Viel zu viel für die ersten Trainingswochen. Und gemäss Bemerkung war ich auch noch zu schnell unterwegs! Ich erinnere mich noch, wie ich auf dem Weg einen gelb-schwarzen Feuersalamander angetroffen habe. Etwas ehrer seltenes in der Schweiz.
Dann habe ich eine grosse Radtour unternommen: Von Ronco aus das malerische Valle Onsernone hoch bis Russo. Ein Aufstieg und eine Talfahrt der Superlative!
Und dann habe ich am Freitag auf einer Bergstrecke meinen Fahrrad-Maximalpuls ermittelt.
Dass einer durch den Winter nicht laufen gehen will, weil er zu bequem ist dafür, ist das eine. Darüber noch einen langweiligen Blog zu schreiben, das andere. …… und das noch zu kommentieren: das Letzte!!
„und das noch zu kommentieren: das Letzte!!“
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt auf dem Weg zur Besserung.
Als zusaetzlichen Motivator habe ich mir eine Sportuhr mit GPS/HRM gepostet. Damit laufe ich immer gezielt im idealen HF Bereich. Kein Uebertraining mehr. Es geht immer besser. Wenn man die Daten ins Netz herauflaedt und die Monatsuebersicht anschaut, das motiviert. Die Uhr kann man ueberall mitnehmen, bsp. Ferien.
Das tollste daran ist, dass der FC gewonnen hat. Ging mir ähnlich gegen 1860. Konnte nicht mehr zuschauen und bin laufen gegangen. Nach 1 1/2 Stunden war ich wieder da und der Tag war richtig geil….Fussball als Laufmoltivator klappt prima, auch im Winter.
Ich kann gar nicht einfacht so aufhören. Ich trainiere jeweils ca. 10 Stunden pro Woche und wenn ich abrupt aufhöre, dann tut mir alle weh.
Deswegen laufe ich nicht, sondern nehme das Velo zur Arbeit. Ist zwar als Workout nicht gleichwertig, aber gelenkschonender, und vor allem in den Alltag eingebaut. Licht ist mit den heutigen Mitteln auch kein Thema mehr. Mit der Velobeleuchtung meiner Schulzeit würde ich es im Winter nicht machen wollen.
In einem Winter wie dem letzten bekommt der Innere Schweinehund gar nicht erst eine Chance. Wenns öfter Katzen hagelt oder der Pflotsch vom Vortag auf den Velowegen gefroren ist, bellt er aber recht laut.
Aufstehen, anziehen, loslaufen alles in 5 Minuten > da wacht der ISH erst auf wenn du schon zur Tür raus bist ;-)
Der innere Schweinehund zu überwinden ist in der Regel einfach.
Bei schönem Wetter nach Hause kommen, rasch umziehen, kurz etwas trinken, und los…. Nach den ersten 300 Meter hat man schon Freude! Übrigens, in der Natur ohne Musik, wenn man noch die Vögel hört, ist viel schöner als die Knöpfe im Ohr.
Und bei schlechtem Wetter? Da gehe ich lieber auf den Hometrainer und schaue dazu eine Musik DVD meiner Lieblingsmusiker!
Dies mache ist seit knapp 2 Jahren so.
Bin somit leistungsfähiger im Beruf, kann besser schlafen, und der Cholesterinspiegel hat sich von 8.2 auf 3.4 (!!!!!!!) verbessert, Norm 5.0.
Und das bei einem Training von 2x 30 – 45 Minuten pro Woche.
Also, seit nicht faul, kurze Überwindung und los!
Es dankt es Euch die Gesundheit, die Frau (Body sieht auch schon besser aus) und das Glücksgefühl!
Dem Autor scheint das Laufen nicht viel Spass zu machen, wieso tut man sich das dann überhaupt an?
Diese Unlust kenne ich schlichtweg nicht. Wie das Laufen noch mehr Freude macht: Mit Kolleginnen und Kollegen rennen. Ein Paar von diesen neuen, farbigen Schuhen kaufen, eine gute Figur haben wollen, neue Musik auf den MP3Player laden, die Lauftermine in den Terminkalender eintragen.
Laufen kann man auch bei Dunkelheit..
Oh endlich sagt das mal jemand! Ich liebe es, in der Dunkelheit zu laufen. Mit einer guten Stirnlampe durch die Felder laufen, manchmal umhüllt von dickem Nebel, kalte Luft im Gesicht. Einfach nur schön! Ich bin immer ein bisschen traurig, wenn dieses spezielle Lauferlebnis vorbei ist und freue mich schon auf den nächsten Winter…nur was das joggen betrifft.
Noch schöner nur mit Himmelslicht. Es reicht, sogar im Wald.
ich laufe auch im dunkeln im wald auf dem käferberg. in 90% der fälle ist es so hell, dass man keine stirnlampe braucht. man sieht auch im mondlicht circa 50 meter. aber wehe ein hallogen-blender kommt entgegen. dasnn ist man für einige meter wie geblendet. rennt man selbst mit einer stirnlampe, ist man in einer hellen kuppe von 5m durchmesser „gefangen“ dahinter ist es dann wirklich dunkel…
Ja, in einer richtigen Stadt mit entsprechender Beleuchtung. Ich gehe zum Joggen raus aus’m Dorf und da ist absolute Dunkelheit. Und jede Menge Leute, die im Dunkeln ihre Hunde ausführen und frei herumlaufen lassen. Ich hab’s ein paar Mal versucht und irgendwann genervt sein lassen.
Seit ich zum Laufen immer ein Hörbuch höre, ist die Motivation kein Problem mehr. Ich freu mich drauf, die Geschichte weiterzuhören und dabei ist mir die Streckenführung und Dauer recht egal.
Gute Idee! Danke für den Tipp!
Ja, muss ich auch probieren!
In der Zeit von Ende Oktober bis Ende Winterzeit ist es auch nicht wirklich einfach, wenn man um 16:00 Uhr Feierabend hat, danach auch noch zu laufen. In dieser Zeit gehe ich eigentlich immer nur Samstagmorgens. Und bin heilfroh, über jeden Werktag, den ich es zusätzlich schaffe, um 16:45 mit den Laufschuhen auf der Straße zu sein. Bis Ende Februar kommt man dann aber trotzdem erst bei Dunkelheit heim. Dank Zeitumstellung (die sonst nicht den geringsten volkswirtschaflichen Nutzen bietet) geht es ab heute prinzipiell endlich wieder jeden Tag! Sogar, wenn man nach der Arbeit noch einkaufen war, oder noch eine Stunde zuhause rumtrödelt. Ab heute ist Hauptsaison!
@Rosche: geht mir genau gleich :-) Bloss nicht auch nur 10′ rumgammeln nach dem Nachhausekommen.
Auch ich musste in den letzten Wochen zu Beginn jeder Laufrunde mind. 3x den inneren Schweinehund bodigen, dank x Skitouren lag es nicht an der Kondition.
Von Mal zu Mal gings besser, die Lust am Laufen ist zurück, und inzwischen sind die Birkenpollen mein grösster Feind.
Heimkommen, kurz etwas trinken, umziehen und los. Das ist die einzige Möglichkeit. Egal ob Wäsche waschen oder Staub saugen ansteht. Das kann man auch nachher noch tun! Wäsche waschen alternativ auch so: Umziehen, Wäsche in die Maschine und schon hat man für eine Stunde Zeit fürs Laufen.
Der Schweinehund ist man selbst, da man die Ausreden jeden Tag neu erfindet, damit man nicht „muss“.
Das Mittel ist ganz einfach: im Winter einfach nicht aufhören zu laufen. Ist doch jammerschade, die von Frühling-Herbst aufgebaute Lauf-Form einfach dermassen abflachen zu lassen (da kann man noch so viel Langlauf, Skitouren usw. machen).
Den „normalen“ täglichen Schweinehund kann ich nur besiegen, indem ich SOFORT laufen gehe, nachdem ich aufgestanden bin oder von der Arbeit nach Hause komme. Gammle ich auch nur 10 Minuten rum, bringe ich den Hintern kaum mehr hoch.
wenn es ein Mittel gäbe den „inneren Schweinehund“ zu überwinden..wäre das tatsächliche überwinden des „inneren Schweinehundes“ nur noch halb so schön…wäre doch schade…also nein…ich möchte kein Mittel..ich mag den Kampf mit mir selber, dem wirklichen Schweinehund…