Training nach Plan: Clever oder verbissen?

Die Freude am Sport steht im Zentrum: Radfahrerin in den Schweizer Bergen. (Foto: Eddy Risch, Keystone)

Die Freude am Sport steht im Zentrum: Radfahrerin in den Schweizer Bergen. (Foto: Eddy Risch, Keystone)

Falls es einige unter Ihnen noch nicht gemerkt haben sollten: die Velosaison hat begonnen! Freunde von mir mit klaren Saisonzielen haben schon ihr erstes Trainingslager im noch wärmeren Süden hinter sich. Bereits im Dezember haben sie ihren Trainingsplan erstellt, ausgerichtet auf ein Langstreckenrennen Ende August. In dreiwöchigen Zyklen steigern sie abwechslungsweise den Umfang, also die Kilometer, und die Intensität der Trainings. Erst wenn die Grundlagen in Sachen Ausdauer vorhanden sind, stehen auch intensive Einheiten wie beispielsweise Intervalltrainings auf dem Programm. Die vierte Woche eines Zyklus dient immer der Regeneration. Damit soll dem Körper genug Erholung garantiert werden. Für ein paar vorbereitende Rennen sind meine Freunde auch bereits angemeldet. So ist bis zu ihrem Saisonhöhepunkt im Spätsommer mindestens jedes zweite ihrer Wochenenden verplant.

«Lieber ihr als ich!», dachte ich. Ein derart verplanter Sommer wäre mir ein Gräuel. Das Konzept des Trainingsplans habe ich mir erklären lassen, denn eigene Erfahrung mit einem gezielten Training habe ich nicht. Für mich ist die Zielstrebigkeit und Disziplin meiner Freunde aber bewundernswert. Und zugegeben, die Idee hat schon ihren Reiz: mal eine Saison alles auf eine Karte setzen, Training und Erholung optimieren, um zu schauen, was drin liegt.

Training nach Lust und Laune

Obwohl Sport mein grosses Hobby ist und meine Freizeit dominiert, möchte ich jedoch nicht im Voraus planen, wann und wie oft ich aufs Velo sitze oder aber die Lauf- oder Bergschuhe schnüre, das Badekleid oder die Kletterfinken anziehe. Für ein richtig fokussiertes Training würde mir die Disziplin fehlen. Mein einzig fixer Plan: mindestens ein Tag pro Woche ist sportfrei. Natürlich versuche ich schon, im Sommer etwas öfter zugunsten des Rennrades anstatt der Laufschuhe zu entscheiden, und wenn möglich gehe ich einmal pro Woche ins Velotraining des Clubs. Auch ich geniesse es, mich auf dem Velo fit zu fühlen, möglichst locker über Pässe radeln zu können und das eine oder andere Volksrennen zu meiner Zufriedenheit zu beenden. Dennoch bleibt mein Training grösstenteils durch Lust und Laune, Zeit und das Wetter bestimmt. Wäre es zielorientiert und geplant, würde mir die Freude am Sport vermutlich abhanden kommen. Nicht zu viel Zeit und Aufwand investiert zu haben, lässt zudem den Erfolgsdruck gering bleiben. Für Volksrennen melde ich mich nur an, wenn ich meine Form für ausreichend halte, und ob ich wirklich fit bin oder nicht, ist meist eine Überraschung.

«Ohne Ziel macht ein Trainingsplan keinen Sinn», bestätigt mein Freund. Wer sich aber hohe persönliche Ziele steckt, für den ist ein Trainingsplan sicher wichtig. Wer an Radrennen gute Ränge erreichen will, muss sich zudem deutlich besser vorbereiten, falls er ein Mann ist. Im Männerfeld ist das Niveau auch im Hobbybereich oft hoch, während die Frauen stets arg in der Minderheit sind und die Leistungsdichte deutlich tiefer ist. An sich bedauernswert, hat die Tatsache doch den Vorteil, dass man als Frau auch ohne verbissenes Training mal auf einen ansehnlichen Rang fahren kann.

Ein Ruhetag pro Woche

Was für mich am ehesten für eine Trainingsplanung spricht, ist die Gefahr eines Übertrainings. Ich hatte auch schon gesundheitliche Probleme, wenn ich meinem Körper genug Erholung verwehrte. Richtig schlimm hat es mich aber bisher noch nie erwischt, und darum wurde meine Ein-Ruhetag-pro-Woche-Regel eingeführt.

Mit meinem chaotischen Rezept bin ich nicht immer gut gefahren, aber immer wieder. Meine Saison 2014 bleibt darum wieder mehr oder weniger dem Zufall überlassen. Dass ich nie mit einem ehrgeizigen Trainingsplan endgültig herausgefunden habe, wie viel denn wirklich in mir steckt, lässt mir die Freiheit zu träumen: Hätte ich mich mal für ein richtiges Training in den Arsch geklemmt, so wäre ich bestimmt Schweizer Meisterin! Oder? Möglich wärs!

Wie packen Sie die Radsaison an? Haben Sie konkrete Ziele und einen Trainingsplan?

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16 Kommentare zu «Training nach Plan: Clever oder verbissen?»

  • Hallo Anette
    Hier ein Geheimtipp für den Saisonstart: der 31. Grand-Prix Ilanz-Vals am 4. Mai. Das Comeback des Radklassikers ist nach sechs Jahren Unterbruch wieder zurück. Stell‘ Dich der Herausforderung und dem Duell mit dem Postauto! Der erste grosse Formtest der Saison von Ilanz bis nach Vals. Informationen unter http://www.ilanz-vals.ch.
    Vielleicht erinnerst Du Dich an mich? Wir sind mal gemeinsam am Granfondo die Tremola hochgefahren.
    Wäre toll, Dich am Start zu sehen!
    Gutes Training und liebe Grüsse
    Judith (OK Ilanz-Vals)

  • M. sagt:

    „Mein einzig fixer Plan: mindestens ein Tag pro Woche ist sportfrei.“ – Haha… – ich bin froh, wenn ich zwischen Kind und (unsportlicher) Partnerin an einem Tag pro Woche überhaupt mal Sport machen kann! Mit Training hat das nichts zu tun, entsprechend entwickeln sich meine Skills auch nur langsam. Das hindert mich aber nicht daran, an der Bike-Attack teilzunehmen :-)

  • Eugen sagt:

    Hallo liebe Anette,

    früher waren für mich Trainingspläne ein muss ob auf dem Fahrrad, am Tisch oder im Fitnessstudio! Solange man eine Sportart mit einem gewissen Ziel betreibt muss man das auch sich unbedingt Trainingspäne erstellen.
    Ich bin schon aus dem Alter wo man sich so hohe Ziele setzt, daher fahre ich für mich selber, owblohl ich immer noch die Steigungen vor dem „los“ fahren berechne und mir die Strecke genau anschaue!

    Weiter so! Grüße aus den Dolomiten!

    Eugen

  • Chris sagt:

    Strukturiertes Training und Saisonziele sind von gestern. Jetzt habe ich Strava und fahre einfach jede Ausfahrt vollgas.

  • Whistle Blower sagt:

    Radfahren ist ein Genussmittel, Leute; ein naturverwobener, naturverborgener Gedankenpark steht zur Verfügung, hinter die Landschaft schauend, hinter ihr sich versteckend, hinter ihr sich ausbreitend – als Landschaft ganz bei sich sein: Entdeckt die Welt, Leute, ent-deckt euch selbst! Lasst euch ein Stück fallen und rollt in die Welt hinaus; langweilig jenes Leben, das Autobahnen benützt mit Leitplanken, wo es existentiell geradeaus geht.

    „(…) alles easy hier, blitzte es durch den Kopf; Flocken tanzten ruhig und fröhlich dem Boden entgegen, keine Bewegung verursachte ein Geräusch, als hätte alle Lautlosigkeit der Welt gerade diesen Wald auserwählt und besetzt gehalten; kein Laut drang mehr herein, ich war eingebetet im Kokon vollkommener Stille, verschluckt von einer barmherzig flauschigen Natur; wohlige Wärme überschwemmte meinen Körper, die Anstrengung war geflohen und überliess das Feld einer voraussetzungslosen Glückseligkeit; dabei fuhr ich doch berghoch, nicht steil, aufreizend langsam im knapp zehn Zentimeter tiefen Pulverschnee (…)
    Dieser Zustand endlos schwebender Balance zog mich immer weiter nach oben, ich saugte, gar selig wie ein Kind geworden, alle Bilder der Natur in Hochzeitskleidern auf; alles Schauen, Fühlen, alles Gedankengeflöckel war um einen Punkt zentriert; kein Trachten, kein Sehnen, alle Bedürfnisse wie weggeblasen; das Aussen, eine unendlich geschmückte und verzierte Natur, war Teil eines faszinierten Innen geworden.“

    (Aus: „Die Weltverwässerer“ – Fertigstellung ca. 10.-15. April)

  • Christoph sagt:

    Ich feile an meinem Trainingsplan immer wieder. Nicht um hohe Ziele zu erreichen, sondern um eben möglichst alle Muskeln und die Ausdauer so zu trainieren, dass ich nicht in die diversen Fallen laufe. Übertraining ist so eine, vernachlässigte Muskelgruppen das andere, push und pull sollte gleichermassen trainiert werden, die Übungen sollten sich nicht ständig wiederholen um den Körper nicht an die Belastung zu gewöhnen. Dazu kommen die Gleichgewichts-, Geschicklichkeit- Reaktions-, Gelenk- und Dehnungsübungen, schliesslich soll der ganze Körper noch weitere 50 Jahre einigermassen geölt laufen. Auch die Technik muss man ständig im Auge behalten. Ohne Trainingsplan geht das schlicht nicht, dazu ist Fitness eine viel zu komplexe Angelegenheit.

  • Rosche sagt:

    Ein Trainingsplan aus irgendeinem Buch oder noch schlimmer von einer Website ist eh nicht auf einen persönlich zugeschnitten. Ich komme zwar schwergewichtig vom Laufen her, doch gilt das auch fürs Rennradfahren. Ergo habe ich mich recht vertieft mit der Trainingslehre auseinandergesetzt und trainiere zwar sehr strukturiert, jedoch nicht nach Plan. Es ist echt keine Rocket-Science…

    3 Qualitätseinheiten (Intervall, Tempo, lang und langsam), 2mal locker Tschoggen und 2mal aufs Rennrad. Works like a charm. Bei einer 42h-Woche würde ich mir das natürlich nicht antun :-)

  • Markus Boesch sagt:

    Interessant: „Die Velosaison hat begonnen“
    Stimmt vielleicht für einige, bei mir hat sie nie aufgehört. Dank dem extrem milden Winter bin ich mehrheitlich immer mit dem Velo zur Arbeit unterwegs. Ich freue mich allerdings dass es wieder hell ist am Morgen.

  • Büchsenspannerin sagt:

    Ich wechsle gerne ab, indem ich Trainingsschwerpunkte lege: während der einen Woche liegt der Fokus auf dem Radtraining, dann auf dem Laufen, dann Schwimmen. Klar ist aber auch, dass ich mit einem ausgefeilten Trainingsplan meine Leistung klar steigern – es kommt eben drauf an, wieviel Zeït ich neben anderen Verpflichtungen noch zur Verfügung habe.

  • Peter Ehrenreich sagt:

    Zur Zeit fahre ich nur noch nach Lust und Laune! Der Genuss steht im Vordergrund + die Kaffeepause … Ich versuche auf die selbe Art und Weise eines auf Erfolg bestimmten Trainingsplanes das ganze auf mein Wohlbefinden auszurichten … also einen rundum schönen Tag! Und das sind mitunter auch sehr grosse Einheiten …
    Ich habe allerdings auch 3-4 Jahre lang richtig Gas gegeben und nach Trainingsplan trainiert, sowie fast alle bekannten Marathon in der EU gefahren. Es war auch eine schöne Zeit :-) Dann hat mich die Wiederholung genervt und der Trainingsaufwand, Urlaub, Reisen … bei dem für nichts anderes mehr Zeit geblieben ist …
    Und im Grunde geht es doch bei allem immer nur um mich! Ich / Jeder sollte doch zufrieden und glücklich sein mit dem was er macht, ob mit oder ohne Trainingsplan :-)

  • Roland k. Moser sagt:

    Mein Trainingsplan sieht so aus, dass ich 3 bis 4 mal pro Woche trainiere (ca. 1 mal davon Jogging), nach jedem Training mindestens 1 Tag Pause mache, und jede 4 bis jede 5 Woche stark reduziert oder gar nicht trainiere.

  • M. Stamberger sagt:

    Ich bin auch eher für Lust und Laune und schönes Wetter. Struktruriert trainiere ich im Keller auf der Rolle mit dem Kopfhörer im Ohr zu meiner Musik.
    Volksrennen: Nie und nimmer. Daran habe ich zwei Mal teilgenommen. Es besteht höchste Lebensgefahr durch Drittgefährdung. Es hat einfach zu viele durchgeknallte Möchtegern-Barodeure die auf Teufel komm raus beweisen wollen, dass sie beim TdF schauen genau aufgepasst haben.(Zu 99% männlich, was ich selber auch bin)
    Drum nehme ich an Triathlons teil. Da fahren alle für sich, man sucht sich bestenfalls für ein paar kurze Minuten ein paar gleichgesinnte auf dem eignen Niveau zum Windschatten fahren und Erholen und passt auf, von den Schiris nicht dabei erwischt zu werden. Am Schluss hat man seine Zeit gemessen, kann vergleichen, Fort- und Rückschritte feststellen und hatte erst noch Zeit, etwas von der meist sehr schönen Landschaft mitzukriegen. Nachteil: Vorher muss man schwimmen und nachher noch laufen.

    • Dominik sagt:

      Du bist mir echt ein Held! Im Triathlon gilt Windschattenverbot und Typen wie Du mit einer solchen Einstellung ruinieren diesen Sport. Echt traurig sowas!

      • Amalia sagt:

        „Ruinieren“ dünkt mich jetzt ein bisschen ein starkes Wort für ein wenig Windschattenfahren…

  • Matthias sagt:

    Ich trainiere nach einem eigentlich sehr strikten Jahresplan, eigentlich wüsste ich schon heute genau was ich am 5. Juni oder am 12. August machen werde. Allerdings halte ich mich nur bei 2-3x pro Woche stattfindenden Qualitätseinheiten daran, beim Rest trainiere ich nach Lust und Laune bzw. Gefühl. Kann sein, dass ich dann statt eine Stunde Laufen eine Stunde Schwimme oder auch mal mit Freunden Fussball spielen gehe. Was aber wichtig ist: Jede Abweichung von einem guten Plan bedeutet halt, dass man Training verliert und am Tag X ein klein bisschen weniger schnell sein wird. Ich denke hier muss jeder selber entscheiden wie viele Abweichungen er in Kauf nimmt. Ich bin also eher der verbissene Typ, der immer mit Wattmesser und GPS unterwegs ist, was für mich aber überhaupt keine negative Eigenschaft ist. Leben und leben lassen…

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