Ins Reich des Sandsteins
Diese Woche von Stettlen nach Krauchthal und auf die Kreuzfluh (BE).
Sonnig war der Wandertag, aber auch eiskalt. Von der Station Stettlen zogen wir ins Dorf hinein, hielten dessen nach Süden schauenden Wohnhang hinauf, mussten uns dann entscheiden: Es gab zwei Varianten, auf den Ferenberg zu kommen. Wir wählten die weit nach links ausholende Schleife via Buechholz und bereuten es nicht; von einer Anhöhe blickten wir hinüber zum Gurten und hatten einen Teil der Stadt Bern zu Füssen. Dann der Ferenberg, ein kleiner Weiler mit einem grossen Restaurant. Wer im «Alpenblick» auf der Terrasse hockt, hat Eiger, Mönch und Jungfrau vor Augen. Und er isst gut, wie ich von früheren Besuchen weiss.
Fast 200 Meter hoch
Diesmal zogen wir durch. Wir gingen weiter Richtung Krauchthal, erblickten ganz nah den Hügel Bantiger mit dem Swisscom-Turm; das schlanke Ding ist samt der Antenne fast 200 Meter hoch. Wir kamen in den Wald, der Weg stieg an, senkte sich wieder, tief unten lag zu unserer Rechten das Lindentälchen. Und vor uns der Thorberg. Spulen wir die Zeit 200 Jahre zurück, wird aus der heutigen Strafanstalt eine Erziehungsanstalt; spulen wir noch weiter zurück, sehen wir auf dem Sandsteinklotz Kartäusermönche. Sie übernahmen den Thorberg vom gleichnamigen Rittergeschlecht.
Im Wald lag stellenweise ein feines Schneelein, eine Vorschau auf den richtigen Winter sozusagen. Wir mussten vorsichtig gehen, als wir von der Chlosteralp Richtung Fluehüsli abstiegen; die Holzstufen in der Steilpassage waren nass und glitschig. Wenn ich den Leser warne, dann aber in erster Linie wegen des Pfades nach dem Fluehüsli. Dort wandert man plötzlich nah an der Geländekante, und es folgt ein seilgesichertes Stück auf der Schneide eines abrupt sich senkenden Hügelsporns. Wir hatten Mühe, waren extrem vorsichtig; wir hätten eventuell besser den Umweg via Lindentälchen genommen.
Unten atmeten wir auf und unterhielten uns hernach längere Zeit über das Fluehüsli. Krauchthal ist berühmt für die Höhlenwohnungen, die dort in den Berg gepasst sind. Ein Schräglift für Transporte führt vom Lindentälchen hinauf, die Behausungen ruhen geborgen unter einem leicht überhängenden Sandsteinfelsen, der das Dach und einen Teil der Wände ersetzt.
Sandstein-Themenpfad
Krauchthal, Mittagszeit. Wir hatten uns zum Essen den «Hirschen» vorgemerkt und entdeckten ihn am nördlichen Rand des Dorfes, das selber am nördlichen Rand liegt – dem des Emmentals. Unser Restaurant sah unscheinbar aus. Aber das Essen war hervorragend. Es gab spanische und Schweizer Küche, ich nahm eine Berner Schweinsbratwurst mit pikanten spanischen Bratkartoffeln. Auf den Tisch kamen auch Muscheln an einer Knoblauchsauce. Und flambierter Chorizo.
Über dem Dorf erhebt sich eine fast 100 Meter hohe Sandsteinklippe. Müssen wir machen, fanden wir. Im Aufstieg merkten wir, dass Krauchthal auch einen Sandstein-Themenpfad besitzt; wir absolvierten, indem wir auf einem halbstündigen Rundweg die Fluh bestiegen, eine Art Kurzfassung. Wie oben der Aussichtspavillon direkt an die jähe Kante gebaut war, liess uns leer schlucken. Noch beeindruckender fanden wir den stillgelegten Sandsteinbruch in der Fluh, einen von vieren in Krauchthal. Wir standen inmitten himmelwärts strebender Senkrechtwände von vollkommener Glattheit, darüber wölbte sich der blaue Himmel: eine Naturkathedrale!
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Route: Stettlen, Station (S7 ab Bern RBS) – Stettlen, Dorf – Buechholz – Ferenberg – Chlosteralp – Krauchthal, Fluehüsli (Sandsteinwohnungen) – Krauchthal. Hernach fakultativer Abstecher auf die Kreuzfluh (Rundweg).
Gehzeit: Bis Krauchthal 2 1/2 Stunden. Plus eine halbe Stunde für den Abstecher.
Höhendifferenz: 370 Meter auf, 340 ab bis Krauchthal. Plus je knapp 100 Meter auf und ab für den Abstecher.
Wanderkarte: 243 T «Bern» und 233 T «Solothurn», 1: 50 000.
Verlängerung: Sehr schön ist die Fortsetzung von Krauchthal nach Burgdorf SBB via Schloss Burgdorf. Zusätzlich drei Stunden.
Charakter: Nah bei Bern und doch sehr ländlich – der Rand des Emmentals. Zwischen Chlosteralp und Krauchthal einige steile und heikle Stellen. Bei Nässe Vorsicht! Die allerheikelste Passage zwischen den Sandsteinwohnungen und Krauchthal kann man mit dem Wanderweg umgehen, der ins Lindentäli hinab führt.
Höhepunkte: Der Blick zu den Alpen von Ferenberg aus. Die Sandsteinwohnungen vor Krauchthal. Die grandiose Kreuzfluh, der «Hausberg» von Krauchthal. Und vor der Fluh der Sandsteinbruch, dessen senkrechte Wände zum Himmel streben wie die einer gotischen Kathedrale.
Kinder: Unbedingt beaufsichtigen ab Chlosteralp!
Hund: Keine Probleme.
Einkehr: «Alpenblick» in Ferenberg, Mi/Do Ruhetag. Gästezimmer.
«Hirschen» in Krauchthal, So Ruhetag. Spanische und schweizerische Küche.
Wanderblog: widmerwandertweiter.blogspot.com
2 Kommentare zu «Ins Reich des Sandsteins»
Danke, Herr oder Frau Estermann, gute Ergänzung. Schuhkrallen werden in den nächsten Wochen immer nützlicher.
Ohne ihren guten und relastischen Bericht vorgehend zu kennen,machte ich diese Strecke am 06.11.13 in umgekehrter Folge.
Durch die ebenfalls mehrheitlich sehr brauchbaren Wanderberichte bei > Hikr.org< hatte ich vorsichthalber Schuhkrallen bei mir.
Diese kleinen ,sehr nützlichen Dinger waren wieder einmal mehr eine grossartige Hilfe an dieser an sonst wenig Anforderung stellenden, interessanten Tuor.
Stets ab November sind bei mir Krallen mit ihrem Minimalgewicht ,der möglichen Unfälle wegen ,egal ob T1-T4 ein fixer Begleiter.