Was Normalsterbliche von Weltrekordlern lernen können

Ein Blog von Siri Schubert*.

Chris Ley auf dem Rhein. (Foto: Chris Ley)

Auch Hobbysportler können von Leistungssportlern profitieren: Stand-up-Paddler Chris Ley während seiner Weltrekordfahrt. (Foto: Chris Ley)

Weltrekordhalter, so scheint es, sind fast eine andere Gattung Mensch. Sie sind unglaublich schnell, stark, ständig motiviert und nie müde. So wie Carter Johnson, der den Strecken-Weltrekord im 24-Stunden-Paddeln im Kajak mit 449,02 Kilometern hält und der häufig in meinem ehemaligen Club in Berkeley in Kalifornien trainierte. Oder Chris Ley, der Ende August den Rhein von der Quelle bis zur Mündung auf dem Stand-up-Paddleboard bewältigte. 9 Tage, 4 Stunden und 45 Minuten brauchte er für die 1200 Kilometer. Schön für ihn, möchte man sagen. Aber was hat das mit mir zu tun?

Chris Ley auf dem Rhein. (Foto: Chris Ley)

Chris Ley bereitet sich auf dem Rhein vor. (Foto: Screenshot Video Chris Ley)

Eine ganze Menge. Denn selbst wenn die Leistungen der Weltrekordler extrem erscheinen, die Mechanismen hinter Motivation und Erfolg sind die gleichen, egal ob Extremsportler oder Ex-Couch-Potato mit minimalem Bewegungsdrang. Chris Ley muss es wissen, denn wenn er sportlich nicht in eigener Sache unterwegs ist, trainiert er als Personal Trainer vor allem Leute, die einfach nur ein bisschen fitter, schlanker oder ausdauernder werden möchten.

Hier seine Tipps, wie sich die Lehren aus dem Leistungssport auch auf den Hobbysportler übertragen lassen:

  • Das Ziel muss klar definiert sein. Ein bisschen fitter werden zu wollen, ist kein guter Leitfaden. Deshalb setzt Chris Ley auf die sogenannten SMARTen Ziele, die also spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein sollen. In einem Jahr einen Halbmarathon in unter zwei Stunden laufen zu wollen, wäre ein solches Ziel – und das unterscheidet sich im Prinzip auch nicht so sehr von Chris Leys Ziel, in Weltrekordzeit den Rhein hinunter zu paddeln. «Ich suche mir für jedes Jahr ein grösseres sportliches Ziel», sagt Ley. «Das motiviert mich und fokussiert mein Training.» Was er sich für nächstes Jahr vorgenommen hat, will er allerdings noch nicht verraten. Nur so viel: «Stand-up-Paddeln wird es nicht sein.»
  • Das Motiv muss stimmen. «Warum mache ich das nur?», hat sich mit Sicherheit jeder bei einem anstrengenden Training schon einmal gefragt. Diese Frage ist tatsächlich extrem wichtig. Denn nur wenn das Motiv stimmt, ist auch die Motivation längerfristig vorhanden. Ein Pärchen, das Chris Ley trainiert, will fit für einen Traumurlaub werden. Die Motivation ist kein Problem. Schwieriger ist es, wenn das Motiv von aussen kommt – etwa vom Arzt oder Partner. Dann muss man trainieren, auch wenn man es eigentlich gar nicht will. Auch abnehmen zu wollen, ist kein ideales Motiv, weil der Sport nur Mittel zum Zweck ist. Wird das Ziel nicht schnell erreicht, ist der Frust gross und die Motivation futsch. «Ich versuche, das Training mit abwechslungsreichen Bewegungen interessant zu gestalten», sagt Ley. «Wenn Leute merken, dass Bewegung an sich Spass macht, bewegen sie sich auch viel lieber.» Und dann geschieht das Abnehmen oft auch noch fast nebenbei.
  • Jeder ist anders. Während es für den einen nichts Schöneres gibt, als morgens um 6 Uhr auf einem spiegelglatten See zu rudern, braucht der nächste die Geschwindigkeit und das Teamwork des Wasserballspiels, um sich richtig gut zu fühlen. «Auf diese Vorlieben sollte man unbedingt hören», sagt Ley. «Einen Marathon nur zu laufen, weil es gerade in ist und es der Kollege vielleicht auch macht, ist nicht besonders sinnvoll», meint er. Viele geben den Versuch dann auch bald wieder auf. Für ihn selbst hat die Bewegung auf dem Wasser einen starken Reiz. Als er mit seiner Freundin auf Mallorca eine Radtour machte, sah er das Meer und dachte sich: «Warum bin ich eigentlich nicht auf dem Wasser?» Aus diesem Gedanken entstand der Wunsch, eine längere Tour auf dem Stand-up-Board zu machen – und das führte zum Weltrekord.
  • Ohne Team sind gute Leistungen nur schwer möglich. Auch Einzelsportler brauchen Unterstützung. Für Chris Ley war es sein dreiköpfiges Team, das bei der Rekordfahrt auf dem Rhein mit dem Camper dabei war, das Essen vorbereitete und die kurzen, zwanzigminütigen Schlafpausen ermöglichte. «Einmal war ich so fertig, dass ich mich nur noch weinend auf den Kies setzen wollte», erinnert er sich. Wenn sein Team damals nicht an ihn geglaubt hätte und ihn ermutigt hätte, wer weiss, ob er sein Ziel erreicht hätte. Auch Normalsportler brauchen ein Team, das sie unterstützt. Sei es der Partner, der mitkommt oder zumindest nicht nörgelt, wenn abends ein Training ansteht, oder der Trainer, der auch kleine Erfolge würdigt.
  • Flexibel bleiben. Pläne sind gut und wichtig, aber nicht immer geht der Plan auch auf. Chris Ley erlebte das, als er mit starkem Gegenwind zu kämpfen hatte. Er und sein Team entschieden, die Pause zu verlängern, bis der Wind nachgelassen hatte, und sich nicht beim Kampf gegen die Naturgewalt zu verausgaben. Auch für Normalsportler ist es wichtig, die Pläne anzupassen. Wenn abends noch ein wichtiger beruflicher Termin ansteht, heisst das ja nicht, dass gar kein Sport möglich ist. Morgens zu joggen oder in der Mittagspause eine Runde zu Fuss zu gehen, sind Alternativen, die auf jeden Fall besser sind, als sich aus Frust über den geplatzten Plan erst einmal eine Tafel Schokolade einzuverleiben.

Welche Strategien haben bei Ihnen Erfolg gezeigt? Ich freue mich auf Ihre Tipps!

*Siri Schubert ist Journalistin, Medienberaterin und begeisterte Wassersportlerin. Nach mehr als 10 Jahren in den USA, die meiste Zeit davon in Kalifornien, lebt sie jetzt in Basel.

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2 Kommentare zu «Was Normalsterbliche von Weltrekordlern lernen können»

  • Fabian sagt:

    Danke für den motivierden Artikel! Finde es immer gut, wenn der Personal Trainer selbst auch begeisterter Sportler ist und selbst seine Grenzen sucht. Der Personal Trainer Zürich etwa war selber mal Leistungssportler und kann einem somit sicherlich eine gute Hilfestellung geben. Die Tipps am Ende finde ich auch sehr hilfreich!

  • Stefan sagt:

    Herzlichen Dank für den anregenden Artikel! Im Leben geht es eigentlich immer irgendwie ums Ziele setzen, denn Ziele geben Sinn. Freilich sehen die Ziele ganz unterschiedlich aus. Einige sagen, mit Planung kann man den Zufall durch einen Irrtum ersetzen. Planung als eine Art Kompass erhöht aber eindeutig die Wahrscheinlichkeit ein Ziel zu erreichen: Wer ein Ziel hat, weiss was er tun muss. Wer weiss, was er tun muss, tut eher das Richtige. Wer das Richtige tut, macht weniger Fehler. Und wer weniger Fehler macht, ist letztlich erfolgreicher.

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