Wie ich einen Olympiasieger kennenlernte
Bei Sonne und Biswind fuhr ich von Bulle auf den Jaunpass. Die Reise ist ein Erlebnis, was schon mit dem Busterminal von Bulle beginnt. Die graue Grossanlage erinnert an eine amerikanische Greyhound-Station. Hernach sieht man aus dem Bus viel Schönes: das Schloss Greyerz. Den klotzigen Moléson. Den Stausee von Montsalvens und den Wasserfall von Jaun.
Oberhalb von Jaun, auf dem Kappelboden, musste ich den Bus wechseln: Zuvor war ich mit den Freiburger Transportbetrieben tpf gefahren, nun chauffierte mich und eine Handvoll weiterer Wanderer ein Riesencar, der einem Fuhrhalter aus Bolligen im Kanton Bern gehörte. Bald danach waren wir auf dem Jaunpass. Er entstand erst nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71; man beschloss damals den Bau der Strasse zu strategischen Zwecken, man wollte die Garnisonsstädte Bulle und Thun verbinden.
Friedliche Alpgegend
Ich stieg aus, der Eiswind blies mich fast um. Gleich sah ich mein Ziel, das Bäderhorn. Von meinem Standpunkt aus war es kein Horn, sondern ein breiter Bergriegel, dessen Grün durchzogen war von weissem Kalkstein. Im Folgenden staunte ich über die vielen Einkehrgelegenheiten auf dem nicht allzu bedeutenden Pass. Wenn ich richtig gezählt habe, drängen sich auf kleinem Raum fünf Betriebe von Kioskbuvette über Alpkäserei bis klassisches Restaurant.
Die nächsten 40 Minuten vollzogen sich auf Asphalt. Nach dem Campingplatz geriet ich in eine friedliche Alpgegend, Weiden und Kühe. Eine Tafel informierte mich, dass ich durch das Naturschutzgebiet Chuchifang ging. Dann die Bäderalp, eine Freiluftwirtschaft. Eine Frau kam zur Tür heraus, ich fragte, ob ich den Rucksack deponieren dürfte, ich wolle dann bei der Rückkehr einkehren. Ich durfte.
Man erobert sich das Bäderhorn von der Bäderalp aus nicht in der Direttissima, sondern in einer weiten Linksschlaufe. Der Aufstieg war etwas ruppig, der Weg stellenweise schmal, aber nicht ausgesetzt. Kurz vor dem Gipfel erkundete ich einen Stollen, der aber nach wenigen Metern endete. Und schon langte ich auf dem Gipfel an. Da war ein Kreuz. Ein Buch, in das ich mich eintrug. Und eine gewaltige Rundsicht mit den Bergen des Simmentals und der Freiburger Alpen.
Vreneli ab em Guggisbärg
Besonders freute ich mich über den Anblick der zahnigen Gastlosen-Kette. Sie erinnert mich jedes Mal an den verstorbenen Berner Schriftsteller Walther Kauer und seinen Roman «Gastlosen». In dem Buch baut Kauer das Guggisberglied, in dem es um das Vreneli ab em Guggisbärg und Simes Hans-Joggeli ännet dem Berg geht, zur Liebesgeschichte in traurigen Zeiten aus. Fahrend und sesshaft können nicht dauerhaft beieinander bleiben; die gnädigen Herren und ihre Bauern machen sich auf zur Landjegi, einer Art Pogrom gegen das fahrende Volk.
Vorsichtig, aber doch speditiv stieg ich ab. Auf der Bäderalp nahm ich meinen Rucksack wieder an mich, setzte mich und schaute einem kleinen Bub zu, der eine gewaltige Meringue verputzte. Ich bestellte einen Käseteller und bekam Hobelkäse, Geisskäse und Kuhkäse in Kombination, alles von höchster Qualität. Die Bäderalp werde für ihren Käse immer wieder mal prämiert, las ich in der Menükarte nach. Ihr Hobelkäse gewann an der Bergkäseolympiade – nicht gewusst, dass es die gibt! – auch schon den höchsten Preis. Und also habe ich auf dieser Wanderung einen Olympiasieger kennengelernt.
Route: Jaunpass – Bäderalp – Bäderhorn und retour.
Gehzeit: 3 Stunden.
Höhendifferenz: Je 500 Meter auf und ab.
Wanderkarte: 253 T «Gantrisch», 1: 50 000.
Verlängerung: Vom Jaunpass hinab nach Weissenbach im Simmental oder via Abländschen nach Jaun.
Charakter: Leicht, zuerst lange auf Asphalt, durch Weidegelände zur Bäderalp am Fuss des Bäderhorns. Dann steiler Bergweg ohne grosse Gefahr, Trittsicherheit trotzdem vonnöten. Aussichtsreich.
Höhepunkte: Die Busfahrt auf den Pass. Die Einkehr auf der Bäderalp, deren preisgekrönter Spitzenkäse. Der Rundblick vom Bäderhorn.
Kinder: Machbar; im Aufstieg zum Gipfel muss man sie aber beaufsichtigen.
Hund: Gut machbar.
Einkehr: Diverse Möglichkeiten auf dem Jaunpass. Bäderalp: Freiluftwirtschaft, offen bis ca. Mitte Oktober.
Wanderblog: widmerwandertweiter.blogspot.com
2 Kommentare zu «Wie ich einen Olympiasieger kennenlernte»
Ich kenne diesen Berg! Das ist der Poritsch-Berg! ich war dort oben im 1969.
Das ging nämlich so: ich war damas in einem Sonntagsschul-Lager mit Homebase auf dem Jaunpass.
Und jeden morgen (2 Wochen lang!) gab’s Poritsch zum z’Morge!
Und am letzten Freitag mussten/durften wir zusammenfassen, was wir denn so erlebt hätten.
Unsere Gruppe erzählte vom Poritsch-See, vom Poritsch-Dorf, vom Poritsch-Wald, vom Poritsch-Kloster (haben wir auch besucht, weiss nicht mehr wie es hiess), und eben vom Poritsch-Berg.
Bergwanderungen hab ich seither noch viele gemacht, aber hab NIE mehr Poritsch gegessen.
Poritge (oder CH-Deutsch Poritsch) passt eben zu homebase. In zelteten in Basislagern und zum Zmorge gabs Cacao, Brot mit
4-Frucht-Konfi ohne Butter.