Zwei Walliser Weltwunder und Godard als Surprise
Diese Woche die Staumauer Grande Dixence und der unterirdische See von St-Léonard.
Jawohl, dies ist eine Wanderkolumne. Aber auch Wanderer wollen mal Pause machen, Gelenke, Sehnen, Muskeln entlasten und entspannen; auch Wanderer wollen mal nicht wandern. Hier zwei leichte Ausflüge im Unterwallis – Erlebnisfutter für alle, auch für Nichtgeher und speziell für Familien mit Kindern. Wir waren kürzlich an beiden Orten, waren zweimal begeistert, das sind Weltwunder.
Dixence, «Le Ritz» und Godard
Zuerst die Staumauer Grande Dixence zuhinterst im Val d’Hérémence. Auf der Höhe von Pralong tauchte das Gewaltsding vor uns auf, ein Ah! schoss durch den Bus. Bei 285 Metern Höhe ist das die höchste Gewichtsstaumauer der Welt; dieser Typus trotzt dem Wasserdruck allein durch sein Gewicht, wohingegen Bogenstaumauern den Druck auf die Seitenfundamente ableiten. Sechs Millionen Kubikmeter Beton wurden verbaut.
Um 10:50 Uhr kamen wir oben in «Dixence, Le Chargeur» an, so heisst die Endhaltestelle unterhalb der Mauer. Als erstes gingen wir hinüber zum Infopavillon und buchten eine Führung samt Seilbahnfahrt hin und retour; von Le Chargeur trägt eine Gondel den Besucher komfortabel hinauf zur Mauerkrone.
Jean-Luc Godards erster Film
Wir tranken Kaffee vor dem riesigen Hotel-Restaurant «Le Ritz», der alten Arbeiterunterkunft aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren, als die Mauer entstand. Dann die Führung in die Mauer. Eine junge Frau, Medizinstudentin im Sommerjob, erklärte zweisprachig das Bauwerk. 32 Kilometer lang sind die Gänge unter Tag. Einen kleinen Abschnitt begingen wir – eventuell ist das also doch eine Wanderkolumne. Es feuchtelte. Es hallte. Es plitschte. Gewaltig der Eingriff in die Natur durch die Mauer: Von weit her, von Zermatt und Arolla unter anderem, wird das Wasser diverser Bäche hinübergeleitet, um dem Lac des Dix, wie der Stausee heisst, genug Inhalt zu verschaffen.
Am Schluss der Führung gab es, in einem Minikino, immer noch in der Mauer, einen sechsminütigen Film zu sehen, zusammengeschnitten aus dem originalen 16-Minüter von 1954. Betonkübel schweben am Seilbahnseil eingeklinkt in die Höhe; heroische Proletarier mit südländischen Gesichtern dienen zu; langsam wächst die Mauer; rundum gleissen die Berge. Überraschend der Name des Regisseurs. Jean-Luc Godard himself, Kultgestalt der Sechzigerjahre, realisierte hier seinen ersten Film.
Treppe in die Unterwelt
Soweit die Grande Dixence, die wir zum Schluss, Seilbahn sei Dank, auch von oben würdigten. Doch nun zum See von St-Léonard, dem grössten unterirdischen See Europas. Anderthalb Stunden reichen für die Visite, das Hin und Zurück eingerechnet. St-Léonard liegt an der Bahnstrecke Sion-Sierre. Man steigt aus, folgt den Schildern, läuft 15 Minuten. Im Rebhang findet man einen Kiosk und ein Restaurant, zahlt Eintritt, steigt über eine Treppe ab in die Unterwelt. Barken warten.
Schwerelos gleitet die Barke nun über die souverän sparsam beleuchtete Fläche. Hat man Glück, sitzt man (anders als wir) nicht neben einer Holländerfamilie, die die halbe Stunde durchschnattert. Gut 20 Meter breit und 300 Meter lang ist der See, die Fahrt über den dunklen Spiegel gemahnt vage an antike Mythen, an den Hades vor allem. Hübsch diesseitig im Kontrast die Kommentare des Führers wie dieser: «Gott sei Dank ist dies Wasser und nicht Weisswein. Wir Walliser hätten den See sonst schon längst ausgetrunken.»
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Grande Dixence: Wenige Direktbusse ab Sion pro Tag, Fahrplan studieren!
www.grande-dixence.ch
Godards Sechzehnminüter: «Opération ‹Béton›» findet man auf Youtube.
Esstipp: Wer das im Tagesplan unterbringt, unterbricht die Fahrt im Weiler Pralong kurz vor der Staumauer. Schönes Restaurant «du Val des Dix».
www.val-des-dix.ch
St-Léonard: Vom Bahnhof ist man zu Fuss in einer Viertelstunde beim unterirdischen See, der Weg ist ausgeschildert.
Die Bootsfahrt mit Führer dauert eine halbe Stunde.
www.lac-souterrain.com
Esstipp: Hervorragend isst man im «Buffet de la Gare», Mo/Di geschlossen
www.buffetdelagare-st-leonard.ch
Wanderblog: widmerwandertweiter.blogspot.com
4 Kommentare zu «Zwei Walliser Weltwunder und Godard als Surprise»
hallo mitenand
als urwalliser kann ich sagen: „das muss man als schweizer einfach gesehen haben.
da bleibt einem nur das staunen.
ich wünsche allen viel spass und schöne wanderung.
gruss von
raphael wellig http://www.raphaelwellig.ch
Ich empfehle das Wallis und Walliser Produkte generell zu boykottieren. Eine Bevölkerung welche die sie umgebende Natur nur durch einen selbstgerechten Tunnelblick wahrnimmt sollte nicht noch für ihr Unvermögen belohnt werden. Wenn ein paar hobbymässig gehaltene Schafe das Existenzrecht des Wolfes, oder auch anderer Raubtiere gefährdet, dann erscheint die Tourismuswerbung mit der „Walliser Natur“ geradezu höhnisch. Schade, es ginge problemlos anders.
@Dr Üsserschwiizer: Das Wolf-Experiment ernährt in der Schweiz ein paar Dutzend Menschen (dank Steuermitteln!) und kostet pro Jahr ein paar Hundert Schafen den Tod durch ein beisswütiges Raubtier, das sinnlos tötet (25 Schafe in 35 Tagen = 25 kg Fleischvernichtung pro Tag!). Das Wolf-Experiment hat nichts mit Natur zu tun, ist bloss Zoo ohne Gitterstäbe, lächerlich teuer und ohne Relevanz für die Natur bzw. für das Überleben des Wolfs in Europa. Das haben die naturverbundenen Walliser längst erkannt. Der Wolf in der Schweiz ist doch bloss ein weiteres Feigenblatt selbstgerechter Gutmenschen.
Ein Wolf ist kein beisswütiges Raubtier, sondern ein Tier, welches tötet um zu überleben. Bei einer Gemse erwischt er halt höchstens 1 Tier, während die anderen Herdenmitglieder davonrennen. Da Schafe aber zusammenbleiben, hat der Wolf sein Jagdverhalten geändert und tötet auf Vorrat mir der Absicht, wieder zu kommen und nach und nach seine Beute zu verspeisen. Da aber die Menschen seine Beute wegschaffen, ist er dazu gezwungen neue Tiere zu reissen.
Ob der Wolf Platz hat in der Schweiz wird sich zeigen, aber in einigen Kantonen dürfte man sich schon etwas mehr um Herdenschutz bemühen.