Freundliche Fluchtwege im Tessin


Eigentlich wäre letzte Woche ja ein Besuch des Giro d’Italia am Stilfserjoch geplant gewesen, wie so viele Outdoorpläne fiel aber auch dieser dem miserablen Frühlingswetter zum Opfer. Als Alternative für ein paar trockene und recht warme Velokilometer bot sich das Tessin an – zwar ohne Profirenn-Spektakel, dafür mit mehr Zeit zum selber Radeln.

Doch welche geeigneten Rennvelostrecken gibt es im Südkanton? Meine Favoriten präsentiere ich Ihnen hier kurz, zusammengestellt und ausprobiert mit der Unterstützung meines Agenten vor Ort. Alle Empfehlungen hier sind aus verschiedenen Gründen (sehr enge Strassen und Kurven, immer wieder Splitt oder gar ungeteerte Abschnitte, nur für Velos durchlässige Strassensperren, lärmempfindliche Anwohner, Fauna und Flora, etc.) absolut ungeeignet für Motorräder. Die meisten beinhalten einen Abstecher nach Italien. Das bedeutet: Neben dem Flickzeug auch die Identitätskarte und paar Euros für die Kaffeepause einpacken.

1. Valle Cannobina – Centovalli


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Rundtour ab Locarno, 75 km mit gut 700 Höhenmetern. Traumhaft schöner Aufstieg zum Pass durch ein einsames und verkehrsarmes Tal, nie steil. Abfahrt durchs Centovalli. Manchmal hat es viel Verkehr auf der Seestrasse bis Cannobio und Lastwagen im Centovalli. Nicht empfehlenswert ist der Abstecher nach Domodossola: Auf der Rückfahrt muss man sich einen langen Tunnel ohne Radstreifen, dafür mit konstant 10 Prozent Steigung hinaufkämpfen.

2. Alpe di Neggia


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Wer zahlreiche steile Höhenmeter mag, wird hier glücklich. Die klassische Runde führt direkt und mit bis zu 14 Prozent Steigung vom Lago Maggiore auf den Pass (1200 Höhenmeter; ein Drittel über 10 Prozent), bei Indemini in der Abfahrt über die Grenze, und schliesslich ab Maccagno dem See entlang zurück. In der Abfahrt lässt sich ein lohnenswerter Umweg zum Passo Forcora mit knapp 300 Höhenmeter Gegenanstieg einbauen. Schön ist auch die Fortsetzung der Tour mit zusätzlichen bis zu ca. 700 Höhemetern in den Hügeln des Malcantone über Astano und Breno. Oder das Ganze umgekehrt: Der Aufstieg auf die Alpe di Neggia ist von der italienischen Seite her landschaftlich fast schöner und zudem weniger steil.

3. Valle Mara – Alpe d’Orimento


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Ab Lugano und zurück 62 km, 1000 Höhenmeter. Fast könnte man die Kletterausrüstung gebrauchen bei dieser Strecke, die von der italienischen Seite her bis auf 1300 Meter über Meer auf den Monte Generoso führt. Nach der Abzweigung bei Maroggia am Lago di Lugano geht es bereits recht steil bergauf. Nach Arogno wird das Valle Mara eng und die Strasse bis zu 18 Prozent stotzig. Unterwegs keucht man über die Grenze; nach einer Kreuzung lässt einen die Piano delle Noci zu etwas Schnauf kommen, bevor es wieder teilweise steil und auf schlechter Strasse in die Höhe geht. Der Abschnitt durchs Valle Mara gehöre zu Cadel Evans‘ Trainingsstrecke, erfährt man im Tessin. Der australische Radprofi, der vorletztes Jahr die Tour de France gewonnen hat und soeben Dritter im Giro d’Italia wurde, lebt im Südtessin.

Hat jemand nach einer Rundfahrt noch nicht genug, gibt es im ganzen Tessin Täler, in die man beliebig weit hinein und wieder hinaus radeln kann. Schön sind beispielsweise das Onsernonetal nahe Locarno oder das Calancatal bei Bellinzona (Okay, das liegt bereits auf Bündner Boden).

Die Google-Maps-Strecken oben sind nicht im Detail genau und ignorieren Radwege (da diese Funktion bei Google Maps zwar in der Schweiz, nicht aber in Italien funktioniert). Sie sollten aber reichen, um die Strecken nachzufahren.

Was sind ihre Lieblingsstrecken im Tessin?


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28 Kommentare zu «Freundliche Fluchtwege im Tessin»

  • Pirmin.K sagt:

    Das Tessin ist ein herrliches Feriengebiet, wir besuchen regelmässig die Region Lago Maggiore. Speziell Locarno und Acona sind einmalig schön. Viele Informationen und schöne Fotos findet man auch hier: http://urlaub-tessin.de/tessin-erleben

  • Julian sagt:

    gibt’s den rund um Lugano keine Rundstrecken? mag hin und zurück nicht so… bin da ende sommer zwei Wochen.

    • Roland K. Moser sagt:

      Eine Strasskarte hilft. Und für die Distanz das ganze mit Google Maps ausloten.

      Höhenmeter sind leider nicht dabei (Hallo Google-Fritzen in Zürich, Patrik Warnking, gelesen?), aber auf der Strassenkarte aus Papier :-) einfach ein wenig zusammen zählen.

  • Robin sagt:

    Die Strecke Locarno – Centovalli – Cannobio ist sehr zu empfehlen. Vor allem die Strecke durch das Centovalli Tal ist unter der Woche sehr ruhig und gut befahrbar. Ab und zu verwirt sich allerdings ein ‚Auslaender‘ mit seinem BMW X5 ;-). Sehr zu empfehgelen ist auch das Dorf Mergozzo in der Naehe von Verbania. Es besitzt eine wunderschoene Seepromenade.

  • Peter Hochstrasser sagt:

    Ohne jede Einschränkung zu empfehlen: Rennrad/Strassenrad von Locarno/Ascona nach Fusio im sagenhaften Maggiatal. 40 Kilometer: Locker angehen. 1000 Höhenmeter: Locker bleiben und tief durchatmen. Zu nahrhaft? In Bignasco (Mitte Maggiatal) Schwenk ins Val Bavona. Eines der schönsten Täler der Schweiz – ein Kraftort allererster Güte! Verschwitzt? Kein Problem: Glühende Waden im glasklaren Maggia-Wasser kühlen.

    • Lutz sagt:

      Wen die Kraft reicht, geht die asphaltierte Strecke nach Fusio noch weiter hinauf, so 20-25km. Da wird es dann noch mal richtig steil vor und nach dem Lago di Sambuco. Und es kommen nochmal einige hundert Höhenmeter zusammen. Am besten gute Freunde mitnehmen und sich gegenseitig hochbeamen. Toll, dann auf über 2000m Höhe anzukommen. Und dann 65km bergab nach Locarno zurück.

  • Daniel sagt:

    Wow, super Strecke! Jetzt hoffen wir mal auf schönes Wetter!

  • Heinz Kern sagt:

    Wer eine spezielle Radlerroute Airolo zum Lukmanierpass mit einigen Höhenmetern fahren will, für den habe ich folgenden Vorschlag: Airolo – Lago Ritom – zurück via Deggio Quinto – Biasca – Acquarossa – Leontica – Pianezza – Piancra – Monti di Gana – oberhalb von Olivone in die Lukmanierstrasse – Lukmanierpass. Die Strecke Leontica – Pianezza kann man leicht mit „Alpe d’Huez del Ticino“ bezeichnen. Viel Vergnügen, aber es isch es bizzeli en Chrampf.

  • dirk sagt:

    .. ich bin Teile der Strecke vor Jahren-an die schöne Basilica() erinnere ich mich noch gut- im Herbst gefahren.
    von Mailand/Locarno aus über´s Tessin, Piemonte, Aostatal und später Montblanc/Montreux.
    Mit dem Rennrad und Rucksack. Das Licht im Herbst war herrlich, Z.T. wenig Verkehr, da keine Schulferien waren, liebliche Täler und viel Musse.
    Die Strecken in Norditalien sind nicht so lang im Vergleich zu einer mehrwöchigen Gesamtitalienfahrt, so dass man immer noch Zeit für kulturelles und kleine Nebenstrecken hat. Hier und da ein Konzert, eine Ausstellung o. ein Fest. So macht Radfahren Spass! Einige ital. Rennradler begleiteten mich über Stunden,, wenn ´mal der Zielort oder die Strecke unbekannt waren.
    Leider hat mich der Wettergott am Col delacroix mit Regen über Tage hinweg heimgesucht, so dass ich die letzet 800 m mit sbb antreten musste, von Brienz aus nach D.

  • M. Pfenninger sagt:

    Die erste Variante habe ich vor einigen Jahren schon einmal gemacht, allerdings in die andere Richtung. Ich finde die Tour wirklich sehr schön und absolut empfehlenswert. Ansonsten ist es im Tessin halt schon recht schwierig Rundtouren in dieser Art zu finden. Eine weiter Möglichkeit wäre Lugano-Ponte Tresa-Lago Maggiore-Monte Ceneri-Lugano. Wie der Verkehr auf dieser Route ist, weiss ich aber nicht.

  • Alfredo Ducati sagt:

    Hoffentlich bleiben die Velofantiker auf diesen Strecken und meiden endlich die richtigen Pässe, welche primär für echte Männer da sind.

    • M. Pfenninger sagt:

      Was sind denn für Dich echte Männer? Solche, die mit Motorrädern sinnlos über die Pässe bolzen oder diejenigen, die sie mit eigener Muskelkraft bezwingen? Die Strassen sind für alle da und ein Velofahrer stört sicher weniger als ein Auto mit Wohnwagen, das kaum den Berg hochkommt.

    • Fausto Coppi sagt:

      Die einzige Erektion, welche Raser noch bekommen, ist diejenige im Fuss beim Gas geben, Herr Ducati.

  • Jack sagt:

    Danke für die interessanten Tourenvorschläge. Freue mich schon jetzt darauf, diese nachzufahren.

  • margrit klaus sagt:

    …wunderschöne Fotos, Frau Michel – vielen Dank!

  • Campa sagt:

    Fahre selber jeden Frühling im Tessin Täler hinauf und hinunter. Aber die schönste Tour ist für mich ganz klar die Alpe di Neggia. Aber aufgepasst; im Sommer ist der zwar steilere aber auch schattigere Nordaufstieg empfehlenswerter. Im Frühling und Herbst aber unbedingt vom Süden her. Ein phänomenales Panorama lässt einem den Chrampf erträglicher scheinen. Und Anette..hast du dich vor dem Marco Pantani-Denkmal in der Valle Canobbina verneigt oder warst du zu schnell unterwegs ;-) ? Sehr interessant auch all die Vorschläge vom „Iron Man“ TicinoBergler46 auf der weltweiten Weberseite „Quäl dich“ http://mein.quaeldich.de/TicinoBergler46. 46 ist übrigens der Jahrgang dieses Herrn – nicht schlecht! Eine Herausforderung die Tour Arbedo – Alpe di Gesero – Alpe Laura – Roveredo (und natürlich zurück!) Die bekannte Website salite.ch schenkt der Westrampe mehr Härtepunkte als bekannten Pässen wie dem Mortirolo oder dem Galibier. Sportliche Grüsse und lass uns nicht immer so lange warten :-)

    • Ueli Eichenberger sagt:

      Ich denke nicht, dass sich jemand vor dem Denkmal eines solchen Betrügers verneigen sollte.

      • Campa sagt:

        Naja, war meinerseits auch nicht wirklich ernst gemeint. Aber welcher (Ausdauer-) Sport ist schon über jeden Zweifel erhaben und doch brauchen wir Helden ;-)

        • Roland K. Moser sagt:

          Wenn dann endlich in der Formel 1 und dem Fussball die positiven Dopingproben nicht mehr durch negative ersetzt werden, kennt er noch mehr Betrüger.

  • Greenhorn84 sagt:

    Tour 2 – tatsächlich ein Klassiker und sehr empfehlenswert, die leicht erweiterte Variante letztes Wochenende wieder unter die Räder genommen, Beschrieb hier (nicht von mir):

    http://www.quaeldich.de/touren/alpe-di-neggia-doppio-plus/

    Nettofahrzeit hatte ich knapp über 4 Stunden, inkl. Pausen 4h 10min, falls es gemütlicher sein sollte würde ich 4.5h bis 5.5h reine Fahrtzeit rechnen…

    Abstecher zum Lago d’Elio absolut empfehlenswert, von Staumauer super Ausblick Richtung Magadino-Ebene…

  • Fredi Moser sagt:

    Tour 1 und 2 bin ich schon gefahren – mit schwerem Motorrad. Absolut kein Problem, wärmstens zu empfehlen.
    Das „absolut ungeeignet für Motorräder“ ist ein absolut ungeeigneter Bluff, Motorräder fernzuhalten.

    • michael klein sagt:

      Danke für den Tip, meine GTR und ich haben noch ein paar frei Termine – jetzt endlich weiss ich wo ich sie zubringen werde !

      • Remo Meier sagt:

        @Klein: ScHade, dass sie noch kein Hobby entdeckt haben, das jeweils nicht Hunderte von Leuten nervt.

    • Martin Brennwald sagt:

      Zu dick fürs Rennrad ? Oder was soll der Kommentar ? Einfach mal selber was leisten.

      • Fredi Moser sagt:

        Wenn ich auf mein Mountain-Bike sitze, fahre ich durch einheimische Wälder vor der Haustüre. Da brauche ich nicht die Züge unnötig vollzustopfen und den anderen Reisenden die Karrenschiere an die Beine zu streichen. Oder fahren Sie mit dem Velööli auf dem Dach Ihres PW ins Tessin? 2 oder 3 Stunden im Stau?
        Sollten Sie aber mit Drahtesel unter Ihrem Hintern über die Pässe ins Tessin fahren, dann ziehe ich den Hut. Nur reicht es dann noch für eine dieser Touren, bevor man schon wieder Richtung Norden pedalen muss?

        • Remo Meier sagt:

          @Moser: Müssen sie ihr schlechtes Gewissen kompensieren? Schmeissen sie doch viel besser ihren Töff dorthin, wo er hin gehört: auf den Schrotthaufen!

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