Vogelbeerenschnaps und die Bahnhofskatze Felix
Diese Woche von Saignelégier durch die Tabeillonschlucht nach Glovelier (JU).
Die Wanderung durch die Tabeillonschlucht trug mir ein Souvenir ein: In einem Hofladen kaufte ich mir einen Schnaps. Auf der Etikette stand «Sorbus Aucuparia». Ich hatte keine Ahnung, was das war. Meine Begleiterin Frau Z., die kenntnisreiche Gastrojournalistin, konnte für einmal auch nicht helfen.
Wikipedia wusste Bescheid. Laut der Online-Enzyklopädie handelt es sich um die Vogelbeere. Sie sei, las ich, entgegen ihrem Ruf nicht giftig. Allerdings enthielten die Beeren eine Säure, die den Magen irritieren könne. Koche man die Beeren, werde die Säure zerstört.
Der Schnaps war dann in der Tat köstlich. Er ist – wir begingen diese Route letzten November – längst getrunken.
Gestartet waren wir in Saignelégier, triumphal schien die Sonne, gesteigert wurde unsere Freude dadurch, dass ein Gutteil der Schweiz samt Zürich und Bern im Nebel hockte. Die ersten anderthalb Stunden via Les Rouges-Terres nach Pré-Petitjean stellten sich nun als lockere Schlenderei heraus. Gruppen von Tannen auf weiten Weiden, niedrige Steinmäuerchen, an manchen Stellen nackter Kalk war, was wir sahen. Kurz vor Pré-Petitjean kamen wir an dem erwähnten Hofladen vorbei. Die Bauernfamilie Farine bietet Tee an. Hausgemachte Spätzle. Und, eben, Sorbus Aucuparia.
In Pré-Petitjean frohlockten wir; wir hatten Hunger, die Auberge de la Gare war offen, ein helles, freundliches Lokal. Auf einem der Hocker an der Bar sass ein fetter oranger Riesenkürbis; sicher ein unerlöster Märchenprinz. Und bald sichtete ich den ersten Totché meines Lebens. Es handelt sich um eine jurassische Spezialität, einen salzigen Nidelkuchen mit porösem Brotteig. Frau Z. hatte ihn als Hauptspeise, ich durfte probieren, fand ihn toll.
Ein roter Wurm zog an uns vorbei
Wir zogen weiter, zuerst längere Zeit auf Hartbelag; unser Wanderweg folgte mehr oder minder den Schienen der Chemins de fer du Jura hinab nach Glovelier. Ein kleiner süsser Zug, ein roter Wurm, zog an uns vorbei. Um La Combe schlug uns eine Reihe von Etangs, versumpften, riedbestandenen, charmanten Weihern, in den Bann. Am schönsten fanden wir den ersten, den Plain de Sagne.
Die Bahn verabschiedete sich, wir betraten die Tabeillonschlucht, es wurde dunkel. Und sehr feucht, schliesslich war Spätherbst, und eine Serie von Regentagen war vorangegangen. Wir liebten die nächsten drei Viertel Stunden: das Raschellaub, die vermoosten Äste, den Bach, die glitschigen Holzbrücklein. Doch, die Combe Tabeillon kann mit jurassischen Konkurrentinnen wie der Wolfsschlucht bei Welschenrohr, der Teufelsschlucht bei Hägendorf, der Areuseschlucht zwischen Neuenburgersee und Val de Travers mithalten.
Glovelier hat eine Bahnhofskatze
Irgendwann liess der Zauber nach, die Schlucht endete und gab zwei beeindruckte Wanderer frei. Es dauerte freilich, bis wir in Glovelier anlangten, das uns stil- und trostlos vorkam. In der «Colibri»-Bar tranken wir ein Bier. Und einige Zeit darauf nahmen wir in der Buvette am Bahnhof einen Kaffee, derweil der Abend heranzog. Alle kannten sich in der Kleinststube, wir waren die Fremden, man befragte uns, woher wir kämen und welchen Weg wir gewandert seien.
Ich meinerseits erkundigte mich nach der schwarzweissen Katze, die ich vor dem Fenster des Stationsvorstands-Büros gesehen hatte, und erfuhr: Glovelier hat eine Bahnhofskatze. Sie wird von den Bähnlern gefüttert, die sie als ihr Maskottchen anschauen. Sie heisst Felix. Ich hoffe nun, Felix habe den langen jurassischen Winter gut überstanden.
Route: Bahnhof Saignelégier – Les Rouges-Terres – Pré-Petitjean – La Combe – Tabeillonschlucht – Glovelier Dorf – Glovelier Bahnhof.
Gehzeit: 5 Stunden.
Höhendifferenz: 80 Meter auf-, 540 abwärts.
Wanderkarte: 222 T «Clos du Doubs», 1: 50 000.
Kürzer: Erst in Pré-Petitjean starten, so dauert die Wanderung bis Glovelier noch 3 1/2 Stunden.
Charakter: Juraweiden und dann eine wilde Schlucht. Sonne und Schatten, sumpfige Weiher, Kalk und weidende Kühe. Leicht, weil es vor allem abwärts geht.
Höhepunkte: Der Weiher Plein de Sagne. Die Spitzkehre der Bahn bei Combe-Tabeillon. Die Tabeillonschlucht.
Kinder: Gut machbar. Allenfalls die Kurzvariante nehmen. Im Sommer ist die Schlucht angenehm schattig. Dann kann man die Strecke auch mit dem Trottinett machen, Miete in Saignelégier: Juratourisme.ch
Hund: Keine Probleme.
Einkehr: Die Auberge de la Gare in Pré-Petitjean ist am Montag zu. Auch in Les Rouges-Terres (Le Sapin, Di Ruhetag) und La Combe (Buffet de la Gare, Di, Mi Ruhetag) kann man einkehren.
Wanderblog: widmerwandertweiter.blogspot.com
10 Kommentare zu «Vogelbeerenschnaps und die Bahnhofskatze Felix»
Ich würde sagen, sicher eine halbe Stunde länger.
Wie lange dauert’s, wenn man den umgekehrten Weg geht?
Frau Feldmann, kriegt das Pferd auch nen Schluck?
quellen-wasser ja……..was dachten sie den???(kommt natürlich aufs pferd draufan) mega-grins!!!
ein WAKERE usrit, und dann einen zünftigen schnaps……..ich muss ins jura……………
He hallo, wir sind hier nicht in Glaris… :-)
aber au nöd szürii(grins)
Und nicht zu vergessen das Café Wenger in Le Noirmont, nur ein paar Bahnstationen entfernt. Herrliche Süssigkeiten!
der jura ist eine wilde oase, wie man sie fast nicht mehr findet…….
So ist es. Weiter Blick, rauhe Natur und immer die Wolken über uns. Zum Träumen und Sichverlieren.